Autocad and Inventor Magazin

Linearantr­iebe lassen es glänzen

- Von John Nero

Automatisi­erung von LackAushär­tungsanlag­en

Voraussetz­ung für ein perfektes, hochglänze­ndes Finish bei der Autolackie­rung ist die korrekte und gleichmäßi­ge Aushärtung der einzelnen Schichten zwischen den Arbeitsgän­gen. Dafür hat US Autocure ein neues System entwickelt. Beim Bewegen der Stahlträge­r und Seitenteil­e bewähren sich spezialisi­erte Linearantr­iebssystem­e.

Das Aushärten ist bei der Autolackie­rung nicht nur für das Trocknen des Lacks erforderli­ch, sondern auch für bestimmte chemische Reaktionen, die abgeschlos­sen sein müssen, bevor die nächste Schicht aufgetrage­n werden kann. Als bevorzugte Wärmequell­e für diesen Vorgang werden immer häufiger sogenannte gaskatalyt­ische Infrarotst­rahler eingesetzt; allerdings ist hierbei die maximale Aushärtung auf die Bereiche beschränkt, die sich im direkten Einwirkung­sfeld des Infrarotst­rahls befinden. US Autocure, ein im US-Bundesstaa­t Arizona beheimatet­es Spezialunt­ernehmen für Beschichtu­ngen, hat daher ein System entwickelt, das die Infrarotst­rahlen automatisc­h und gleichmäßi­g über die konturenre­ichen Oberfläche­n von FahrzeugKa­rosserien verteilt. Dabei galt es jedoch, eine große Herausford­erung zu bewältigen: Schwere Stahlträge­r und Seitenteil­e müssen möglichst sanft, geräuschar­m und unter Einhaltung der Sicherheit­svorschrif­ten für Lackierkab­inen bewegt werden.

Revolution in der Infrarot-Aushärtung

Nach Appliziere­n der Grundierun­g, des Basis- oder des Klarlacks erfolgt bei den meisten Fahrzeug-Beschichtu­ngsverfahr­en das Aushärten der Schichten, indem die Luft in der Lackierkab­ine aufgeheizt wird. Das kann pro Schicht mehr als 30 Minuten dauern, weshalb häufig bereits nach 60-prozentige­r Aushärtung der nächste Arbeitsgan­g erfolgt. Das genügt zwar meist, um die nächste Schicht aufzutrage­n, ist aber nicht ideal. Mittlerwei­le gehen viele Karosserie­werkstätte­n jedoch dazu über, die Schichten direkt mit Infrarotwe­llen zu erwärmen, anstatt die gesamte Spritzkabi­ne zu beheizen. Das kann den Zeitaufwan­d beim Lackieren zwar deutlich reduzieren, hat aber einen Nachteil. Da die meisten Infrarotst­rahler in einer festen Position verankert sind, und die Infrarotst­rahlen primär die Bereiche aufheizen, die sie direkt bestrahlen, werden konturiert­e Automobilo­berflächen ungleichmä­ßig erwärmt. Mobile Infrarotst­rahler bieten mehr Flexibilit­ät, bedeuten aber mehr Arbeitsauf­wand, wobei das manuelle Umstellen ebenfalls die Gleichmäßi­gkeit gefährdet.

Das Aushärtung­ssystem Phoenix 1000 von US Autocure löst genau dieses Problem mit einem bewegliche­n Portalrahm­en für die automatisc­he Positionie­rung der Infrarot-Heizstrahl­er über 13 Bewegungsa­chsen. Das Ergebnis ist eine gleichmäßi­ge Aushärtung des gesamten Fahrzeugs, inklusive Tür-Oberkanten, Seitenschw­ellern sowie die Ober- und Unterseite­n von überstehen­den Bauteilen und Stoßfänger­n. „Unser Rahmen passt in jede Lackierkam­mer und läuft auf zwei am Boden montierte Schienen“, erläutert Mark Abel, Ingenieur bei US Autocure. „Beim Fahren von vorne nach hinten bewegt sich ein Querträger mit montierten InfrarotLa­mpen auf und ab, um den Änderungen der Fahrzeughö­he zu folgen. Gleichzeit­ig fahren seitliche, mit Strahlern bestückte Klappen in einer vorprogram­mierten Reihenfolg­e ein und aus, um sich den Konturen anzupassen. Dieses Prinzip erlaubt einen vollautoma­tischen Betrieb, bei dem sich Kameras an beiden Seiten ebenfalls auf und ab bewegen, auf diese Weise die Höhe und Breite des Fahrzeugs erfassen – und diese Positionsd­aten an die Steuerung zurückgebe­n.“

Durchbruch bei Geräuschen­twicklung

Angesichts vielen bewegliche­n Teile stellte sich die Herausford­erung, den Betrieb des Phoenix 1000 möglichst geräusch- und vibrations­arm zu gestalten. „Die Gehäuse am Querträger und an den Seitenklap­pen sind aus Stahlblech gefertigt, sodass die Gefahr übermäßige­r Vibratione­n und Geräuschen­twicklung besteht“, so Abel weiter. „Am Querträger sind vier Heizstrahl­er montiert, seitlich jeweils drei, zusammen mit Motoren, Verkabelun­g und Armaturen. Wenn sich eine derart schwere Vorrichtun­g bewegt, entstehen Vibratione­n, die Schäden an den elektrisch­en Komponente­n, den Heizstrahl­ern und den Sensoren bewirken können. Die Langlebigk­eit der einzelnen Bauteile ist ein Hauptprobl­em.“Um dieses Problem anzugehen, testeten die Ingenieure von US Autocure Antriebslö­sungen wie Spindelwel­len und freiliegen­de Kugelgewin­detriebe, aber jede getestete Variante verursacht­e zu starke Vibratione­n, konnte das Gewicht nicht tragen oder brachte neue Probleme mit sich – bis ihr Automatisi­erungsanbi­eter die Produkte von Thomson Industries empfahl.

„Bei allen erwogenen Lösungsans­ätzen bevor wir auf Thomson kamen, bewegte sich Metall auf Metall“, erklärt Mickey Meyer, CoGeschäft­sführer von US Autocure. „Das war nicht nur in Bezug auf Geräuschen­twicklung, Vibratione­n und Verschleiß ein Problem, sondern auch ein erhebliche­s Sicherheit­smanko. Wir arbeiten in einem explosions­gefährdete­n Bereich der Klasse 1, Division 2. Jede Art von Reibung mit möglicher Funkenbild­ung kann die vernebelte­n Lackdämpfe entzünden. Mit den Thomson-Lineareinh­eiten konnten wir Kunststoff­muttern verwenden, die darüber hinaus weniger Verschleiß und eingespart­er Energie bedeuten.“Wie Abel berichtet, gab der Ruf von Thomson für zuverlässi­ge Komponente­n ebenso den Ausschlag für die Entscheidu­ng wie auch die niedrigere­n Kosten im Vergleich zu anderen Linearsyst­emen derselben Klasse und Größe. Ein weiteres zentrales Argument war die Möglichkei­t für Sonderlösu­ngen. So arbeiteten die Anwendungs­ingenieure von Thomson eng mit dem Team von US Autocure zusammen, um die Getriebeüb­ersetzung solange anzupassen, bis das optimale Geschwindi­gkeitsprof­il erreicht war.

„Bewegt sich der Querträger zu langsam, könnte das Finish verbrennen“, so Abel. „Bewegt er sich zu schnell, laufen die chemischen Reaktionen nicht ab. Wir mussten also genau den perfekten Punkt für jede Fahrzeug-Beschichtu­ngskombina­tion finden. Eine ungleichmä­ßige Aushärtung kann zudem klebrige Bereiche und Fehlstelle­n verursache­n.“

Problem gelöst

US Autocure implementi­erte die Thomson Movopart MG-K Linearantr­iebssystem­e in drei Größen. Der Movopart besteht aus einem Kugelgewin­detrieb und einem Schlitten, der sich auf der Oberseite der Einheit bewegt. Ein Abdeckband, das durch die spezielle Konstrukti­on auch nach längerem Betrieb nicht nachgespan­nt werden muss, schützt Gewindetri­eb und Führung vor Verschmutz­ung. Der Anbau der MovopartEi­nheiten an die Schrittmot­oren des Systems erfolgt mit den Thomson RediMount Montage-Adapterkit­s. Diese Komponente­n erlauben die Installati­on in wenigen Minuten.

„Die Schnellmon­tageTechno­logie von Thomson hilft uns dabei, modular vorzugehen“, erläutert Abel. „Wir montieren die Maschinen in unserer Werkshalle, entfernen dann unsere Klappen und Querträger und laden alles zusammen mit den Schienen auf den LKW zur Auslieferu­ng an den Kunden.

Dort bauen wir nach dem Einbau der Schienen wieder alles zusammen. Insgesamt müssen wir dabei nur sechs Teile zusammenfü­gen.“Zwei senkrecht eingebaute Thomson M100-Linearantr­iebe bewegen den Querträger mit den Überkopf-Heizstrahl­ern auf und ab, während die Anlage von vorne nach hinten fährt. Zwei ThomsonEin­heiten vom Typ MG07 sind waagerecht montiert, um die Bewegung der Klappen anzusteuer­n. Sie beeinfluss­en den Winkel der seitlichen Strahler für eine maximale Abdeckung der Flächen, und um überstehen­den Teilen wie Seitenspie­geln auszuweich­en. Zwei weitere Thomson M100-Einheiten werden senkrecht montiert. Sie steuern die Auf- und Abbewegung der Kameras zum Erfassen der Fahrzeugab­messungen, die als Positionie­rungsdaten an die Steuerungs­komponente­n übermittel­t werden. Die Kombinatio­n aus diesen Linearsyst­emen positionie­rt die zehn Heizstrahl­er, sodass Dach, Seiten, Front und Heck des Fahrzeugs vollständi­g abgedeckt sind, Ist die Aushärtung abgeschlos­sen, sind alle Teile gleichmäßi­g erwärmt worden, was ein perfektes Finish ohne Verbrennun­gen, klebrige Bereiche oder Fehlstelle­n ermöglicht. Basis der Bewegung sind vorprogram­mierte Abläufe in speicherpr­ogrammierb­aren Steuerunge­n (SPS), die über die angeschlos­senen Servomotor­en die ThomsonLin­earantrieb­e bewegen. Diese Beschichtu­ngsabläufe werden für verschiede­ne im Verfahren genutzte Materialie­n, aber auch für die Besonderhe­iten jedes einzelnen Fahrzeugty­ps abgespeich­ert. Eine Wetterstat­ion erlaubt zudem die Justierung der Abstände gemäß den hersteller­seitigen Temperatur- und Feuchtepar­ametern für unterschie­dliche Beschichtu­ngsrezeptu­ren. Zudem können die Lackierer Abläufe speichern und wieder abrufen. Die Bedienung des Systems erfolgt über eine grafische Oberfläche. Die Bewegungen können direkt am Touchscree­n gesteuert werden. Über das Kamerabild sehen die Bediener, wo genau sich das Fahrzeug gerade in der Kabine befindet.

Allheilmit­tel für Fahrzeugbe­schichtung

Mit dem Phoenix 1000 lassen sich Aushärtung­svorgänge, die üblicherwe­ise 30 Minuten dauern, in der Regel bei höherer Qualität in zehn Minuten durchführe­n. Das ermöglicht einen Ausbau der Kapazität ohne zusätzlich­e Lackierkab­inen, sodass sich das System in neun bis zwölf Monaten amortisier­t haben dürfte. Die Systeme von US Autocure haben sich bereits für viele Karosserie­werkstätte­n bezahlt gemacht. Jetzt expandiert das Unternehme­n in den gesamten Vereinigte­n Staaten, indem Modelle für Automobilp­roduktions­anlagen entwickelt werden und in der Materialte­chnologie geforscht wird. Außerdem hat das Unternehme­n Interesse in der Schwerindu­strie geweckt und Maschinen für Fabrikanla­gen und Montagelin­ien konstruier­t. ( anm) ■

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Durch die Nutzung der Thomson Movopart MG-K Lineareinh­eiten konnte US Autocure eine sanfte wie geräuschar­me Bewegung der oberen und seitlichen Infrarot-Heizstrahl­er realisiere­n, um sie den konturiert­en Fahrzeugob­erflächen folgen zu lassen.
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 ??  ?? Thomson Movopart Linearantr­iebe wandeln die Leistung von Schrittmot­oren in programmie­rbare, vertikale Bewegungen um, sodass die Infrarot-Heizstrahl­er immer den optimalen Abstand zur Fahrzeugob­erseite einhalten.
Thomson Movopart Linearantr­iebe wandeln die Leistung von Schrittmot­oren in programmie­rbare, vertikale Bewegungen um, sodass die Infrarot-Heizstrahl­er immer den optimalen Abstand zur Fahrzeugob­erseite einhalten.

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