Linearantriebe lassen es glänzen
Automatisierung von LackAushärtungsanlagen
Voraussetzung für ein perfektes, hochglänzendes Finish bei der Autolackierung ist die korrekte und gleichmäßige Aushärtung der einzelnen Schichten zwischen den Arbeitsgängen. Dafür hat US Autocure ein neues System entwickelt. Beim Bewegen der Stahlträger und Seitenteile bewähren sich spezialisierte Linearantriebssysteme.
Das Aushärten ist bei der Autolackierung nicht nur für das Trocknen des Lacks erforderlich, sondern auch für bestimmte chemische Reaktionen, die abgeschlossen sein müssen, bevor die nächste Schicht aufgetragen werden kann. Als bevorzugte Wärmequelle für diesen Vorgang werden immer häufiger sogenannte gaskatalytische Infrarotstrahler eingesetzt; allerdings ist hierbei die maximale Aushärtung auf die Bereiche beschränkt, die sich im direkten Einwirkungsfeld des Infrarotstrahls befinden. US Autocure, ein im US-Bundesstaat Arizona beheimatetes Spezialunternehmen für Beschichtungen, hat daher ein System entwickelt, das die Infrarotstrahlen automatisch und gleichmäßig über die konturenreichen Oberflächen von FahrzeugKarosserien verteilt. Dabei galt es jedoch, eine große Herausforderung zu bewältigen: Schwere Stahlträger und Seitenteile müssen möglichst sanft, geräuscharm und unter Einhaltung der Sicherheitsvorschriften für Lackierkabinen bewegt werden.
Revolution in der Infrarot-Aushärtung
Nach Applizieren der Grundierung, des Basis- oder des Klarlacks erfolgt bei den meisten Fahrzeug-Beschichtungsverfahren das Aushärten der Schichten, indem die Luft in der Lackierkabine aufgeheizt wird. Das kann pro Schicht mehr als 30 Minuten dauern, weshalb häufig bereits nach 60-prozentiger Aushärtung der nächste Arbeitsgang erfolgt. Das genügt zwar meist, um die nächste Schicht aufzutragen, ist aber nicht ideal. Mittlerweile gehen viele Karosseriewerkstätten jedoch dazu über, die Schichten direkt mit Infrarotwellen zu erwärmen, anstatt die gesamte Spritzkabine zu beheizen. Das kann den Zeitaufwand beim Lackieren zwar deutlich reduzieren, hat aber einen Nachteil. Da die meisten Infrarotstrahler in einer festen Position verankert sind, und die Infrarotstrahlen primär die Bereiche aufheizen, die sie direkt bestrahlen, werden konturierte Automobiloberflächen ungleichmäßig erwärmt. Mobile Infrarotstrahler bieten mehr Flexibilität, bedeuten aber mehr Arbeitsaufwand, wobei das manuelle Umstellen ebenfalls die Gleichmäßigkeit gefährdet.
Das Aushärtungssystem Phoenix 1000 von US Autocure löst genau dieses Problem mit einem beweglichen Portalrahmen für die automatische Positionierung der Infrarot-Heizstrahler über 13 Bewegungsachsen. Das Ergebnis ist eine gleichmäßige Aushärtung des gesamten Fahrzeugs, inklusive Tür-Oberkanten, Seitenschwellern sowie die Ober- und Unterseiten von überstehenden Bauteilen und Stoßfängern. „Unser Rahmen passt in jede Lackierkammer und läuft auf zwei am Boden montierte Schienen“, erläutert Mark Abel, Ingenieur bei US Autocure. „Beim Fahren von vorne nach hinten bewegt sich ein Querträger mit montierten InfrarotLampen auf und ab, um den Änderungen der Fahrzeughöhe zu folgen. Gleichzeitig fahren seitliche, mit Strahlern bestückte Klappen in einer vorprogrammierten Reihenfolge ein und aus, um sich den Konturen anzupassen. Dieses Prinzip erlaubt einen vollautomatischen Betrieb, bei dem sich Kameras an beiden Seiten ebenfalls auf und ab bewegen, auf diese Weise die Höhe und Breite des Fahrzeugs erfassen – und diese Positionsdaten an die Steuerung zurückgeben.“
Durchbruch bei Geräuschentwicklung
Angesichts vielen beweglichen Teile stellte sich die Herausforderung, den Betrieb des Phoenix 1000 möglichst geräusch- und vibrationsarm zu gestalten. „Die Gehäuse am Querträger und an den Seitenklappen sind aus Stahlblech gefertigt, sodass die Gefahr übermäßiger Vibrationen und Geräuschentwicklung besteht“, so Abel weiter. „Am Querträger sind vier Heizstrahler montiert, seitlich jeweils drei, zusammen mit Motoren, Verkabelung und Armaturen. Wenn sich eine derart schwere Vorrichtung bewegt, entstehen Vibrationen, die Schäden an den elektrischen Komponenten, den Heizstrahlern und den Sensoren bewirken können. Die Langlebigkeit der einzelnen Bauteile ist ein Hauptproblem.“Um dieses Problem anzugehen, testeten die Ingenieure von US Autocure Antriebslösungen wie Spindelwellen und freiliegende Kugelgewindetriebe, aber jede getestete Variante verursachte zu starke Vibrationen, konnte das Gewicht nicht tragen oder brachte neue Probleme mit sich – bis ihr Automatisierungsanbieter die Produkte von Thomson Industries empfahl.
„Bei allen erwogenen Lösungsansätzen bevor wir auf Thomson kamen, bewegte sich Metall auf Metall“, erklärt Mickey Meyer, CoGeschäftsführer von US Autocure. „Das war nicht nur in Bezug auf Geräuschentwicklung, Vibrationen und Verschleiß ein Problem, sondern auch ein erhebliches Sicherheitsmanko. Wir arbeiten in einem explosionsgefährdeten Bereich der Klasse 1, Division 2. Jede Art von Reibung mit möglicher Funkenbildung kann die vernebelten Lackdämpfe entzünden. Mit den Thomson-Lineareinheiten konnten wir Kunststoffmuttern verwenden, die darüber hinaus weniger Verschleiß und eingesparter Energie bedeuten.“Wie Abel berichtet, gab der Ruf von Thomson für zuverlässige Komponenten ebenso den Ausschlag für die Entscheidung wie auch die niedrigeren Kosten im Vergleich zu anderen Linearsystemen derselben Klasse und Größe. Ein weiteres zentrales Argument war die Möglichkeit für Sonderlösungen. So arbeiteten die Anwendungsingenieure von Thomson eng mit dem Team von US Autocure zusammen, um die Getriebeübersetzung solange anzupassen, bis das optimale Geschwindigkeitsprofil erreicht war.
„Bewegt sich der Querträger zu langsam, könnte das Finish verbrennen“, so Abel. „Bewegt er sich zu schnell, laufen die chemischen Reaktionen nicht ab. Wir mussten also genau den perfekten Punkt für jede Fahrzeug-Beschichtungskombination finden. Eine ungleichmäßige Aushärtung kann zudem klebrige Bereiche und Fehlstellen verursachen.“
Problem gelöst
US Autocure implementierte die Thomson Movopart MG-K Linearantriebssysteme in drei Größen. Der Movopart besteht aus einem Kugelgewindetrieb und einem Schlitten, der sich auf der Oberseite der Einheit bewegt. Ein Abdeckband, das durch die spezielle Konstruktion auch nach längerem Betrieb nicht nachgespannt werden muss, schützt Gewindetrieb und Führung vor Verschmutzung. Der Anbau der MovopartEinheiten an die Schrittmotoren des Systems erfolgt mit den Thomson RediMount Montage-Adapterkits. Diese Komponenten erlauben die Installation in wenigen Minuten.
„Die SchnellmontageTechnologie von Thomson hilft uns dabei, modular vorzugehen“, erläutert Abel. „Wir montieren die Maschinen in unserer Werkshalle, entfernen dann unsere Klappen und Querträger und laden alles zusammen mit den Schienen auf den LKW zur Auslieferung an den Kunden.
Dort bauen wir nach dem Einbau der Schienen wieder alles zusammen. Insgesamt müssen wir dabei nur sechs Teile zusammenfügen.“Zwei senkrecht eingebaute Thomson M100-Linearantriebe bewegen den Querträger mit den Überkopf-Heizstrahlern auf und ab, während die Anlage von vorne nach hinten fährt. Zwei ThomsonEinheiten vom Typ MG07 sind waagerecht montiert, um die Bewegung der Klappen anzusteuern. Sie beeinflussen den Winkel der seitlichen Strahler für eine maximale Abdeckung der Flächen, und um überstehenden Teilen wie Seitenspiegeln auszuweichen. Zwei weitere Thomson M100-Einheiten werden senkrecht montiert. Sie steuern die Auf- und Abbewegung der Kameras zum Erfassen der Fahrzeugabmessungen, die als Positionierungsdaten an die Steuerungskomponenten übermittelt werden. Die Kombination aus diesen Linearsystemen positioniert die zehn Heizstrahler, sodass Dach, Seiten, Front und Heck des Fahrzeugs vollständig abgedeckt sind, Ist die Aushärtung abgeschlossen, sind alle Teile gleichmäßig erwärmt worden, was ein perfektes Finish ohne Verbrennungen, klebrige Bereiche oder Fehlstellen ermöglicht. Basis der Bewegung sind vorprogrammierte Abläufe in speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS), die über die angeschlossenen Servomotoren die ThomsonLinearantriebe bewegen. Diese Beschichtungsabläufe werden für verschiedene im Verfahren genutzte Materialien, aber auch für die Besonderheiten jedes einzelnen Fahrzeugtyps abgespeichert. Eine Wetterstation erlaubt zudem die Justierung der Abstände gemäß den herstellerseitigen Temperatur- und Feuchteparametern für unterschiedliche Beschichtungsrezepturen. Zudem können die Lackierer Abläufe speichern und wieder abrufen. Die Bedienung des Systems erfolgt über eine grafische Oberfläche. Die Bewegungen können direkt am Touchscreen gesteuert werden. Über das Kamerabild sehen die Bediener, wo genau sich das Fahrzeug gerade in der Kabine befindet.
Allheilmittel für Fahrzeugbeschichtung
Mit dem Phoenix 1000 lassen sich Aushärtungsvorgänge, die üblicherweise 30 Minuten dauern, in der Regel bei höherer Qualität in zehn Minuten durchführen. Das ermöglicht einen Ausbau der Kapazität ohne zusätzliche Lackierkabinen, sodass sich das System in neun bis zwölf Monaten amortisiert haben dürfte. Die Systeme von US Autocure haben sich bereits für viele Karosseriewerkstätten bezahlt gemacht. Jetzt expandiert das Unternehmen in den gesamten Vereinigten Staaten, indem Modelle für Automobilproduktionsanlagen entwickelt werden und in der Materialtechnologie geforscht wird. Außerdem hat das Unternehmen Interesse in der Schwerindustrie geweckt und Maschinen für Fabrikanlagen und Montagelinien konstruiert. ( anm) ■