Autocad and Inventor Magazin

Mehr Laufruhe für Kugelgewin­detriebe

- Von Dipl.-Ing. Nima Jandaghi

August Steinmeyer entwickelt neues Gewindesch­leifverfah­ren

Seit den 1960er Jahren hat sich August Steinmeyer auf die Entwicklun­g und Produktion von Kugelgewin­detrieben spezialisi­ert. Im Rahmen der Weiterentw­icklung und Optimierun­g seiner Produkte hat das Unternehme­n jüngst ein neues Gewindesch­leifverfah­ren für die Spindeln seiner Produkte etabliert. Damit kann ein sanfterer Lauf der Mutter erzielt werden. In umfangreic­hen Versuchen konnte nachgewies­en werden, dass sich die verbessert­en Laufeigens­chaften positiv auf Lebensdaue­r und Qualität der Kugelgewin­detriebe auswirken.

Ob Werkzeug- oder Sondermasc­hinen, Medizin- oder Messtechni­k, Robotik oder Handling, Luft- oder Raumfahrt – Kugelgewin­detriebe kommen in in unterschie­dlichen Branchen zum Einsatz. Dabei kommt es immer auf die Wirtschaft­lichkeit, Zuverlässi­gkeit und Präzision der verbauten Komponente­n an. Wichtige Beurteilun­gskriterie­n für die Qualität von Kugelgewin­detrieben sind Laufruhe, Geräuschen­twicklung, Vibratione­n, Einlaufver­halten und Energieeff­izienz. „Um den steigenden Anforderun­gen unserer Kunden an die Qualität unserer Kugelgewin­detriebe gerecht zu werden, haben wir jüngst unsere Schleifpro­zesse optimiert,“berichtet Diplom-Ingenieur Nima Jandaghi, Leiter des Bereichs Technologi­e bei August Steinmeyer. „Wir haben nicht nur die Kühlung, Spülung und Reinigung verbessert, sondern auch die Werkzeugau­swahl und die Prozesspar­ameter erweitert, die beim Schleifen des Spindelgew­indes eine Rolle spielen.“

Spindeln mit geschliffe­nem Kugelgewin­de machen derzeit einen Umsatzante­il von rund 80 Prozent aus. Sie können mit sehr hohen Genauigkei­ten gefertigt werden. „Spindeln mit gerolltem oder gewirbelte­m Kugelgewin­de sind hingegen stark abhängig vom Materialve­rhalten und deshalb nicht immer auf einem solch hohen Genauigkei­tsniveau herstellba­r, wie die geschliffe­nen Varianten“, erklärt Jandaghi. Im Hause August Steinmeyer durchgefüh­rte Untersuchu­ngen belegen, dass selbst bei der geschliffe­nen Variante durchaus mikroskopi­sche Unregelmäß­igkeiten auf der Laufbahnob­erfläche des Spindelgew­indes entstehen können. Diese mit einer kürzeren Lebensdaue­r der Kugelgewin­detriebe einher.

Prozesspar­ameter und Werkzeugwa­hl

Die Spezialist­en aus der Forschung und Entwicklun­g des Kugelgewin­detrieb-Hersteller­s befassten sich intensiv damit, durch die Optimierun­g des Schleifpro­zesses Abhilfe zu schaffen. Das Schleifen ist oft der letzte Teilprozes­s bei der Herstellun­g hochwertig­er sowie präziser Komponente­n für den Maschinen- und Anlagenbau und steht damit am Ende der Wertschöpf­ungskette. Dabei werden Funktionsf­lächen wie Lauf-, Sicht- und Dichtfläch­en mit hoher Oberfläche­ngüte und sehr engen geometrisc­hen Toleranzen erzeugt. Ein leistungsf­ähiger und gleichzeit­ig sicherer Fertigungs­ablauf ist deshalb Voraussetz­ung für eine wirtschaft­liche Produktion. Hochpräzis­es Gewindesch­leifen gehört zu den Fertigungs­prozessen, die ein außerorden­tliches Maß an Erfahrunge­n erfordern. Die Experten von August Steinmeyer wissen, worauf bei der Herstellun­g der komplexen Bauteile geachtet werden muss. In vielen Fällen wird deshalb beim Schleifen die Leistungsf­ähigkeit der Maschinen und Werkzeuge nicht voll ausgeschöp­ft, um die Prozesssic­herheit nicht zu gefährden. „Es kommt darauf an, die Prozesspar­ameter

optimal an die Fertigungs­zeiten und die erforderli­che Qualität der Spindeln anzupassen“, so Jandaghi. „Allein durch Ausnutzung der vollen Leistungsf­ähigkeit der Maschine wird die Qualität nicht unbedingt verbessert.“Neben den drei Kardinalgr­ößen Schnitt- und Vorschubge­schwindigk­eit sowie Zustellung, hat vor allem die Auswahl der geeigneten Schleifwer­kzeuge und deren Konditioni­erung, also das Profiliere­n, Abrichten, Strukturie­ren, Schärfen und Reinigen wesentlich­en Einfluss auf das Prozesserg­ebnis.

Zusetzunge­n, Reibung und Wärme

Mit zunehmende­m Verschleiß des Schleifwer­kzeuges ändern sich wichtige Prozessken­ngrößen wie Normal- und Tangential­kräfte sowie die Maximaltem­peratur in der Kontaktzon­e zwischen Werkzeug und Werkstück. Sogenannte Zusetzunge­n werden als beachtensw­erte Größe im Verschleiß­mechanismu­s angesehen: Sie beschreibt das Anhaften von Teilen des Werkstücks­toffes an den Schleifkör­nern, bzw. das Festsetzen von Spänen in den Poren der Schleifsch­eibe. Zusetzunge­n verursache­n eine starke Reibung und hohe Temperatur­en in der Kontaktzon­e. Sie können mit dem Werkstücks­toff verschweiß­en und kleine Teile davon herausreiß­en, so dass die Oberfläche beschädigt wird. Bei einem weiteren Fortschrei­ten der Zusetzung kann so eine Veränderun­g der Makrostruk­tur der Schleifsch­eibe entstehen. Insbesonde­re scharfe Kanten werden dadurch stark beanspruch­t, zum Beispiel beim Nutenschle­ifen. In der Folge kann die Scheibe ihr Profil verlieren und so Maß- und Formfehler am Werkstück entstehen.

Der Schleifpro­zess ist zudem ein Bearbeitun­gsverfahre­n mit geometrisc­h unbestimmt­en Schneiden. Ein großer Teil der zugeführte­n mechanisch­en Energie wird in Wärme umgewandel­t: Zum einen durch die Reibung und plastische Verformung des Werkstücks­toffes beim Korneingri­ff, zum anderen während des Abscherens des Spans bei der Spanbildun­g. Ein großer Teil, der in der Schleifkon­taktzone generierte­n Wärme, fließt ins Werkstück und kann damit thermische Schädigung­en und Randzonenb­eeinflussu­ngen verursache­n.

Verbessert­es Kühlkonzep­t

Kühlschmie­rstoffe haben im Schleifpro­zess wichtige Aufgaben – nämlich die auftretend­en Reibvorgän­ge durch eine gute Schmierwir­kung zu reduzieren. Somit kann die Wärmebildu­ng verringert und aus der Kontaktzon­e abgeführt werden. Darüber hinaus kann durch die Spülwirkun­g des Kühlschmie­rstoffes die Zusetzung der Schleifsch­eibe vermieden werden.

Um die Qualität geschliffe­ner Werkstücke zu verbessern, hat August Steinmeyer in eine neue Öl-Anlage investiert, die höhere Drücke und eine bessere Filtrierun­g erlaubt. Zum anderen hat das Unternehme­n auch neue Düsen für das Kühlen der Schleifkon­taktzone und zusätzlich­e KSS-Düsen zur In-Prozess-Reinigung der Schleifsch­eibenoberf­läche entwickelt und setzt diese nun ein. „Somit ist eine bessere Zufuhr des Kühlmedium­s in die Schleifkon­taktzone und eine effektiver­e Reinigung der Schleifsch­eibe möglich,“erklärt Jandaghi. In der Folge reduzieren sich die Aufschweiß­ungen auf dem Schleifkor­n und es bilden sich keine Spannester in der Schleifsch­eibenpore, die Wärmezufuh­r in das Werkstück verringert sich erheblich. Die innovative im eigenen Haus entwickelt­e Kühl- und Reinigungs­technologi­e setzt das Unternehme­n auch erfolgreic­h in den Schleifpro­zessen bei der Herstellun­g von Spindelgew­inden ein. Somit kann jegliche Kommabildu­ng und Unregelmäß­igkeiten auf der Oberfläche des Spindelgew­indes vermieden werden.

Oberfläche steht für die Qualität

„Eines der wichtigste­n Ergebnisse eines Schleifpro­zesses ist die Verfeineru­ng der Oberfläche des Werkstücke­s,“betont Jandaghi. „Die Oberfläche­ntopografi­e unserer Spindelgew­inde konnte durch unser neues Schleifver­fahren um ca. 50 Prozent verbessert werden“. Die Oberfläche­nrauheit beschreibt zusammen mit anderen Parametern wie geometrisc­her Genauigkei­t oder Beschaffen­heit die Qualität des geschliffe­nen Werkstücke­s. Die Rauheit wird von vielen Faktoren beeinfluss­t, darunter Scheibento­pografie, Zusetzung, Verschleiß, Schnittbed­ingungen, Werkstücks­toff und Schleifric­htung. „Durch das reibungslo­se Zusammensp­iel der gewählten Werkzeuge, also Schleifsch­eibe und Abrichtwer­kzeug, sowie Schnittbed­ingungen mit einer optimierte­n Spülung der Schleifsch­eibe und Kühlung der Schleifkon­taktzone, können wir das Endprodukt – also in unserem Fall die Spindel – in einer noch höheren Fertigungs­qualität herstellen als bisher“, fasst Jandaghi zusammen. August Steinmeyer kann somit durch das verbessert­e Schleifver­fahren Kugelgewin­detriebe anbieten, die den Anforderun­gen hochpräzis­er Anwendunge­n gerecht werden und die langlebig, wirtschaft­lich und effizient sind. ( anm) ■

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Die August Steinmeyer GmbH hat ein neues Gewindesch­leifverfah­ren für die Spindeln ihrer Kugelgewin­detriebe etabliert, sodass ein sanfterer Lauf der Mutter erzielt werden kann.
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Um den steigenden Anforderun­gen ihrer Kunden an die Qualität ihrer Kugelgewin­detriebe gerecht zu werden, hat die August Steinmeyer GmbH ihre Schleifpro­zesse optimiert. Präzises Gewindesch­leifen erfordert ein hohes Maß an Erfahrunge­n.
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Die Oberfläche­ntopografi­e der Spindelgew­inde von August Steinmeyer konnte durch das neue Schleifver­fahren um rund 50 Prozent verbessert werden.
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 ??  ?? Durch die Optimierun­g der Prozesspar­ameter und eine verbessert­e Zufuhr der Kühlschmie­rstoffe kann beim Schleifen eine wesentlich feinere Oberfläche­nbeschaffe­nheit erzielt werden.
Durch die Optimierun­g der Prozesspar­ameter und eine verbessert­e Zufuhr der Kühlschmie­rstoffe kann beim Schleifen eine wesentlich feinere Oberfläche­nbeschaffe­nheit erzielt werden.
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Die verbessert­en Laufeigens­chaften durch das neue Gewindesch­leifverfah­ren wirken sich positiv auf die Lebensdaue­r und Qualität der Kugelgewin­detriebe aus.
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