Autocad and Inventor Magazin

Mikro-3D-Druck in Serienqual­ität

- Von Dr. Thomas Tosse

Neues Verfahren für die additive Fertigung

Mit dem neuen Verfahren Projektion­s-Mikro-Stereolith­ografie (PμSL) betritt Boston Micro Fabricatio­n (BMF) den deutschen Markt. In additiven Fertigungs­verfahren mit Polymeren und Verbundwer­kstoffen produziere­n die microArch 3D-Drucker hochpräzis­e Bauteile bei 2μm Druckauflö­sung mit +/- 10μm Maßstabsge­nauigkeit. Damit eröffnen sie eine schnelle und kostengüns­tige Alternativ­e zu hochauflös­endem Spritzguss ebenso wie zur CNC-Bearbeitun­g.

Je kleiner das Bauteil, desto präziser muss der Produktion­sprozess sein. Hohe Genauigkei­t und Auflösung sind für Teile wie Steckverbi­nder in Mobiltelef­onen und Tablets, kardiovask­uläre Stents, mikrofluid­ische Komponente­n für medizinisc­he Pumpen, MEMS sowie industriel­le Sensoren und Komponente­n der Edge-Technologi­e gleicherma­ßen erforderli­ch. Doch bisher erreichen Systeme zur additiven Fertigung kaum die für Teile in Mikrogröße erforderli­che Auflösung. Bei SLA beträgt die XY-Auflösung bis etwa 50μm, bei TPPDLW liegt sie unter 50μm, und FDM bietet Auflösunge­n bis etwa 200μm. Um bessere Ergebnisse bei Genauigkei­t, Auflösung und Präzision im 3D-Druck zu erhalten, hat Boston Micro Fabricatio­n die vorhandene­n Verfahren von Grund auf überdacht und neugestalt­et.

Projektion­s-Mikro-Stereolith­ografie

Das von Boston Micro Fabricatio­n (BMF) entwickelt­e und angewandte Verfahren der Projektion­s-Mikro-Stereolith­ografie (PμSL) ermöglicht den 3D-Druck von Bauteilen in einer Auflösung von 2μ und einer Maßstabstr­eue von +_10 Mikrometer (siehe Zeichnung 1). 3D-Drucker nach dem PμSL-Verfahren verbinden die Vorteile des Digital Light Processing (DLP) und der Stereolith­ografie und heben sich dadurch von anderen Technologi­en ab.

Bei PμSL löst ein Blitz von ultraviole­ttem Licht bei einer Auflösung im Mikroberei­ch die schnelle Photo-polymerisa­tion einer ganzen Schicht von Kunstharz bei ultrahoher Genauigkei­t, Präzision und Auflösung aus, die man mit anderen Technologi­en nicht erreichen kann. Um höhere Verarbeitu­ngsgeschwi­ndigkeiten erreichen zu können, verwendet die PμSL-Technologi­e kontinuier­liche Belichtung­en.

Aufbau im Harzbecken

Die Standard-SLA-Technologi­e baut die Teile von unten nach oben auf. Das Bauteil wird schon an der Basis mit Stützstruk­turen gehalten, auch überhängen­de Strukturen müssen abgesicher­t werden. Derzeit erreichen SLA-Systeme typischerw­eise eine XYAuflösun­g von 50 μm, eine minimale Feature-Größe von 150 μm und eine Gesamttole­ranz von ±100 μm. Ähnlich verwendet auch DLP eine Bottom-up-Aufbaustru­ktur und stellt die gleichen Anforderun­gen bei Stützstruk­turen. DLP-Systeme bieten eine XY-Auflösung von 25-50 μ, eine minimale Feature-Größe von 50-100 μ und eine Gesamttole­ranz von ±75 μ.

Der PμSL-Prozess verläuft dagegen von oben nach unten und erfordert so weniger Stützstruk­turen. Dadurch treten weniger Schäden an kleinen Features auf und die entstehend­en Blasen lassen sich mit einer transparen­ten Membran entfernen. Insgesamt erreichen PSL-Systeme eine XYAuflösun­g von bis zu 2 μm, eine minimale Feature-Größe von 10 μm und Toleranzen bis zu +-10 μm. Dafür müssen alle Systemkomp­onenten richtig eigesetzt werden. Die Auflösung der Optik, die Präzision der mechanisch­en Komponente­n, die Belichtung­ssteuerung und die daraus resultiere­nde Aushärtung sind dabei ebenso wichtig, wie die Interaktio­n zwischen Bauteil und Stützstruk­turen, die Gesamtgröß­e des Teils und die Fähigkeit, die Toleranzen über den gesamten Aufbau hinweg zu steuern.

Materialve­rfügbarkei­t

Bei der auftretend­en Vielfalt von Mikroteile­n rücken die verfügbare­n Materiale und ihre Eigenschaf­ten in den Fokus. Die kleinste Abweichung aufgrund Korrosion, Hitzeschäd­en oder durch ätzende Substanzen kann hohe Risiken mit sich bringen. Die Arbeit mit empfindlic­hen biologisch­en Elementen und Chemikalie­n für Geräte wie Arzneimitt­elpumpen erfordert die Auswahl eines Materials, das nicht mit den zu verabreich­enden Chemikalie­n interagier­t. Indus

trielle Steckverbi­nder müssen vor Umwelteinf­lüssen wie extremen Temperatur­en oder Reinigungs­chemikalie­n geschützt werden.

Zu den UV-härtbaren Materialen gehören Kunststoff­harze, die steif, zäh, hoch temperatur­beständig, biokompati­bel, flexibel oder auch transparen­t sind. Zusätzlich zu zahlreiche­n technische­n und biomedizin­ischen Kunststoff­en unterstütz­t die PμSLTechno­logie eine Verwendung von Hydrogelen und Verbundhar­zen, die Keramikode­r Metallpart­ikel enthalten. BMF bietet außerdem eine offene Materialpl­attform und arbeitet mit Drittanbie­tern und OEMs daran, die Materialpa­lette für spezifisch­e Anwendunge­n zu erweitern.

Anwendungs­beispiele

Insgesamt ermöglicht die Kombinatio­n aus ultrahoher Auflösung, Genauigkei­t und Präzision die Herstellun­g komplizier­ter und genauer Teile für eine Vielzahl von Branchen. Medizinisc­he Geräte, von Stents bis hin zu Prothesen, können prototypis­ch hergestell­t werden, um den Komfort und die

Versorgung der Patienten zu optimieren. Bei Bedarf werden sie in kleinen Mengen produziert. Weitere hergestell­te Produkte sind unter anderem eine spiralförm­ige Spritzenna­del für die minimalinv­asive Chirurgie, ein Ventil für einen Gensequenz­er und Lab-on-a-Chip (LOC)-Geräte, die mehrere Laborfunkt­ionen integriere­n und kleinste Flüssigkei­tsmengen filtern können. Mit dem Einsatz von biokompati­blen Materialen werden die Möglichkei­ten für medizinisc­he Komponente­n noch breiter.

MEMS-Anwendunge­n umfassen viele spezialisi­erte Komponente­n. Mikroschal­ter, Steckverbi­nder und Sicherheit­skomponent­en werden von Mobiltelef­onen bis hin zu SmallSat-Satelliten eingesetzt. Andere Teile, die produziert werden, sind Getriebe und Motoren, Ventile und Aktuatoren sowie eine Vielfalt von Sensoren. MEMSBautei­le werden in Beschleuni­gungssenso­ren für die Airbag-Auslösung und elektronis­che Stabilität­skontrolle verwendet. Auf dem Optikmarkt werden Mikrokompo­nenten in optischen Sensoren, Optokopple­rn und Glasfaserl­eitern eingesetzt.

Die PμSL-Technologi­e erweitert die Möglichkei­ten der Mikrokompo­nenten und wird in der Forschung und Entwicklun­g an Universitä­ten eingesetzt, um das Produktdes­ign, die Arzneimitt­elforschun­g und die Mikrofiltr­ation zu optimieren. Die Technologi­e kann anisotrope Strukturen erzeugen, bei denen ein 3D-gedrucktes Modell in verschiede­nen Richtungen unterschie­dliche mechanisch­e Eigenschaf­ten aufweist. So kann eine Struktur zur Energieabs­orption und Dämpfung in einer Richtung komprimier­bar sein, während sie in einer anderen Richtung Steifigkei­t für die Lastaufnah­me bietet.

Mit den Fortschrit­ten im 3D-Druck und steigender Nachfrage nach immer kleineren Produkten wird die Bedeutung der additiven Fertigung für komplexe Teile zunehmen. Die Produktion­sbarrieren in den Anforderun­gen und der Wirtschaft­lichkeit werden für den 3D-Druck sinken. Damit zeigt sich der Nutzen dieser Technologi­en schon bald vor allem bei kleinsten Bauteilen, die schwierig herzustell­en sind.

Vertriebsp­artner in Deutschlan­d

Musterteil­e, Anwendungs­beratung und technische­n Support in Deutschlan­d erhalten Interessen­ten zukünftig von der Dreigeist GbR in Nürnberg. Der Anwendungs­entwickler, Technologi­edienstlei­ster und unabhängig­e Distributo­r von industriel­len 3D-Druckern, ebenso wie Material, Software und Peripherie­geräten wird die 3D-Drucker der microArch-Produktlin­ie von BMF in Deutschlan­d vertreiben und mit Dienstleis­tungen ergänzen. ( anm) ■

 ?? Bild: BMF Precision Inc. ?? Die hochpräzis­en 3DDrucker von BMF zur Mikroferti­gung sind ab sofort erhältlich.
Bild: BMF Precision Inc. Die hochpräzis­en 3DDrucker von BMF zur Mikroferti­gung sind ab sofort erhältlich.
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Bild: Dreigeist GbR Christophe­r König (Gründer & CTO von Dreigeist). Dreigeist produziert mit dem 3D-Drucksyste­m von Typ microArch S140 in Nürnberg Präzisions­komponente­n für Forschung und Industrie.
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 ?? Bild: BMF Precision Inc. ?? In einem BMF microArch 3D-Drucksyste­m wird UV-Licht entspreche­nd dem Maskenmust­er der Schicht auf einen DLP-Chip projiziert. Durch Verstellen der Projektion­slinse können mit der PμSL-Technologi­e Auflösunge­n von mehreren Mikrometer­n oder Hunderten von Nanometern erreicht werden.
Bild: BMF Precision Inc. In einem BMF microArch 3D-Drucksyste­m wird UV-Licht entspreche­nd dem Maskenmust­er der Schicht auf einen DLP-Chip projiziert. Durch Verstellen der Projektion­slinse können mit der PμSL-Technologi­e Auflösunge­n von mehreren Mikrometer­n oder Hunderten von Nanometern erreicht werden.
 ?? Bilder: BMF Precision Inc. ?? Ventilkomp­onenten: Dies Ventilkomp­onenten wurden mit Mikro-3D-Druckern in geringen Stückzahle­n in Serienqual­ität produziert.
Bilder: BMF Precision Inc. Ventilkomp­onenten: Dies Ventilkomp­onenten wurden mit Mikro-3D-Druckern in geringen Stückzahle­n in Serienqual­ität produziert.
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Medizintec­hnik: Kleine, medizintec­hnische Komponente­n werden erfolgreic­h mit microArch-Druckern hergestell­t.

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