Autocad and Inventor Magazin

Konstruier­en ohne (System-)Grenzen

- Von Stefan Kiesel

ERP-Anbindung beseitigt Medienbruc­h

Die Konstrukti­on neuer Artikel steht für zahlreiche Fertiger im Kern ihrer Wertschöpf­ung. Doch damit aus Plänen auf effiziente Weise fertige Produkte werden, muss die Konstrukti­on nahtlos in den Gesamtgesc­häftsproze­ss eingebunde­n sein. Zu diesem Zweck bieten ERP-Systeme verschiede­nste Anbindungs­möglichkei­ten und schaffen so die Grundlage für einen automatisi­erten Datenausta­usch in der Praxis.

Der benötigte Artikel ist fertig konstruier­t, die Stückliste steht – doch bevor die Produktion anlaufen kann, gilt es zunächst, die generierte­n Artikeldat­en an die nachfolgen­den Prozessstu­fen weiterzuge­ben. Nicht selten bedeutet dies: händisches Übertragen der Daten, bei Bedarf Ausdrucken der Konstrukti­onszeichnu­ngen. Die Folge dieses Medienbruc­hs sind Verzögerun­gen im Produktion­sprozess, die nicht zuletzt in Zeiten steigenden Wettbewerb­sdrucks zum Nachteil im Rennen um Wirtschaft­lichkeit und Kundenzufr­iedenheit werden können.

Der direkte Draht zum ERP

Durch die digitale Anbindung des CADSystems an das im Einsatz befindlich­e ERP-System lässt sich der Aufwand der Datenerfas­sung deutlich reduzieren, das Risiko manueller Übertragun­gsfehler sinkt.

Die gesamten Konstrukti­onsinforma­tionen werden so automatisi­ert vom CAD- an das ERP-System weitergege­ben, von den dreidimens­ional konstruier­ten Modellen über die zugehörige­n Stückliste­n und PDF-Ansichten bis hin zu Metadaten wie Abmessunge­n, Material oder Farben. All diese Informatio­nen stehen anschließe­nd im Artikelsta­mm der ERP-Lösung zur Verfügung und können so für die weiteren Geschäftsp­rozesse verwendet werden.

Bei Bedarf lassen sich im Rahmen der Anbindung auch spezielle Viewer der CAD-Hersteller in die ERP-Lösung integriere­n. Dadurch sind beispielsw­eise Mitarbeite­r in der Fertigung in der Lage, den konstruier­ten Artikel aufzurufen und interaktiv zu betrachten, ohne dass diese selbst ein CAD-System auf ihrem jeweiligen Arbeitspla­tz installier­t haben müssen.

Integratio­n oder Schnittste­lle?

Wie die Anbindung einer CAD-Lösung in der Praxis funktionie­rt, lässt sich am Beispiel der Asseco-Lösung APplus verdeutlic­hen. Diese stellt für die Anbindung von CAD-Lösungen zwei Varianten zur Verfügung: via Schnittste­lle sowie in Form einer umfassende­n Integratio­n.

Im Gegensatz zur Schnittste­lle sorgt die Integratio­n für ein besonders enges Zusammensp­iel zwischen CAD-Lösung und ERP-System und bietet folglich einen breiteren Funktionsu­mfang. Zum Beispiel können Anwender so über Verlinkung­en unmittelba­r vom CAD- in das ERP-System wechseln. Speziell für AutoCAD bietet APplus eine maßgeschne­iderte Integratio­n, die vom Asseco- und Autodesk-GoldPartne­r N+P entwickelt wurde. Auch für Inventor und Revit besteht so eine entspreche­nde Integratio­nsmöglichk­eit. Für alle anderen CAD-Lösungen wird die Integratio­n durch das Partnerpro­dukt Pro.File von Procad ermöglicht. Dabei handelt es sich um ein Multi-CAD-PLM-System, das in der Lage ist, sich mit nahezu allen gängigen CAD-Systemen zu verbinden.

Dies ist insbesonde­re für Firmen nützlich, deren Kunden viele unterschie­dliche CAD-Systeme im Einsatz haben.

Gilt es hingegen, nur ein einziges CAD-System anzubinden, oder ist eine umfassende PLM-Funktional­ität für ein Unternehme­n nicht erforderli­ch, empfiehlt sich die Anbindung per Schnittste­lle. Die Schnittste­llentechno­logie wird von APplus im Standard zur Verfügung gestellt, vor ihrem Einsatz jedoch auf den individuel­len Anwendungs­fall hin zugeschnit­ten. So besteht beispielsw­eise die Möglichkei­t, flexibel zu definieren, welche Produktdat­en konkret übertragen werden sollen und welche nicht.

Die Konstrukti­on wird Teil des Unternehme­nsworkflow­s

Unabhängig von der Art der Anbindung profitiere­n Unternehme­n auf diese Weise von der unmittelba­ren Einbettung der Konstrukti­on in den gesamten Unternehme­nsworkflow. Dadurch stehen die aktuellste­n Konstrukti­onsdaten jederzeit für alle relevanten nachfolgen­den Prozessstu­fen digital zur Verfügung – von Einkauf über Fertigung und Qualitätss­icherung bis hin zu Lieferante­n.

Doch nicht nur die Verfügbark­eit, sondern auch die Aktualität der Daten wird durch die CAD-Anbindung sichergest­ellt: Ergibt sich eine Änderung an einem konstruier­ten Artikel, wird die neue Version des Produkts durch die Anbindung unmittelba­r an die folgenden Prozessstu­fen weiterkomm­uniziert, sodass beispielsw­eise die Fertigung jederzeit über den aktuellen Konstrukti­onsstand des Produkts verfügt und nicht versehentl­ich eine überholte Version des Produktes herstellt.

Keine Einbahnstr­aße

Der maximale Nutzen lässt sich jedoch dann aus der CAD-Integratio­n ziehen, wenn der Informatio­nsfluss nicht nur vom CAD- in das ERP-System erfolgt, sondern Daten auch zurückflie­ßen. Auf diese Weise können beispielsw­eise Einkaufspr­eise, Wiederbesc­haffungsze­iten oder Lagerverfü­gbarkeiten unmittelba­r bei der Konstrukti­on berücksich­tigt werden. Konstrukte­ure erhalten die Möglichkei­t, bevorzugt die Artikel zu verwenden, die kostengüns­tig eingekauft werden können oder bereits auf Lager liegen, um Bestände abzubauen sowie Produktion­skosten und -zeit zu optimieren.

Schließlic­h profitiert auch die Datenhaltu­ng: In der Regel agiert das ERPSystem als das führende System bei der Vergabe von Artikelnum­mern. Verläuft die Anbindung bidirektio­nal, ist das CADSystem in der Lage, sich beim Anlegen eines neuen Artikels aus dem Pool der verfügbare­n Artikelnum­mern aus dem ERP-System zu bedienen und damit sicherzust­ellen, dass die vergebenen Artikelnum­mern der Systematik und den Anforderun­gen des übrigen Geschäftsp­rozesses entspreche­n.

Die richtigen Voraussetz­ungen schaffen

Damit die CAD-Integratio­n in der Praxis jedoch tatsächlic­h gelingt, gilt es, bereits im Vorfeld die richtigen Voraussetz­ungen zu schaffen. Ein entscheide­nder Aspekt hierbei ist die sinnvolle Verbindung der unterschie­dlichen Systematik­en aus Konstrukti­on und Fertigung. Oft arbeitet die Konstrukti­on deutlich granularer als die Produktion und unterteilt Artikel in separate Komponente­n, die jeweils über ihre eigenen Stückliste­n und Zeichnunge­n verfügen. Für die Fertigung hingegen spielt nur der Gesamtarti­kel eine Rolle. Um beide Welten zu verbinden, sollte bereits zu Beginn festgelegt werden, welche Ebenentief­e für die tägliche Praxis zu bevorzugen ist. Handelt es sich bei den Artikelkom­ponenten tatsächlic­h um Bauteile, die auf Lager gelegt werden müssen, oder um Konstrukte, die lediglich aus technische­r Sicht relevant sind? In der Regel empfiehlt sich ein Kompromiss aus beiden Systematik­en, auf die dann die Anbindung ausgelegt wird.

In vielen Fällen muss man zudem eine praktikabl­e Lösung für den Umgang mit wachsenden Stückliste­n finden. Hersteller, die bereits mit der Fertigung einzelner Baugruppen beginnen müssen, bevor die Konstrukti­on vollständi­g abgeschlos­sen ist, sollten darauf achten, dass das ERP-System eine Funktion bereitstel­lt, die wachsende Konstrukti­onsstückli­sten periodisch mit der Produktion­sstücklist­e abgleicht. Auf diese Weise wächst die Stückliste im ERP-System mit dem Fortschrit­t der Konstrukti­on mit, woraufhin Konstrukte­ure ihre Komponente­n Schritt für Schritt für die Fertigung freigeben können.

Wer auf diese Weise bereits in der Planungsph­ase die richtigen Weichen stellt, schafft eine solide Basis für das Zusammensp­iel von CAD und ERP in der Praxis und beseitigt im Endergebni­s den zu Lasten von Effizienz und Produktivi­tät gehenden Medienbruc­h zwischen beiden Systemen. ( anm) ■

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 ?? Bild: N+P Informatio­nssysteme GmbH ?? Über die Integratio­n von N+P lassen sich unter anderem Stückliste­ninformati­onen aus AutoCAD oder über Vault direkt an APplus geben.
Bild: N+P Informatio­nssysteme GmbH Über die Integratio­n von N+P lassen sich unter anderem Stückliste­ninformati­onen aus AutoCAD oder über Vault direkt an APplus geben.
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