Keine Chance für den Funkenschlag
Jeder kennt das Phänomen der elektrostatischen Entladung: Berührt man im „aufgeladenen“Zustand zum Beispiel einen Autogriff, erfolgt schon einmal ein kleiner elektrischer Schlag. Was im Alltag unangenehm ist, kann in der Produktion fatal sein. Um das zu verhindern, müssen Arbeitsplätze in sogenannten ESD-Zonen (Electrostatic Discharge) normgerecht ausgerüstet sein.
In der Fertigung führen elektrostatische Entladungen zur Beschädigung oder gar Zerstörung von empfindlichen elektronischen Bauteilen, Komponenten oder Geräten. Deshalb müssen Arbeitsplätze in sogenannten ESDZonen (Electrostatic Discharge) bis zur kleinsten Komponente normgerecht ausgerüstet sein. Kein Problem mit den sicheren ESD-Bedienteilen, die das Heinrich Kipp Werk im Sortiment hat.
„Der Mensch bemerkt elektrostatische Entladungen bis zu 2.000 Volt meistens gar nicht“, so Andreas Blocher, Pro
jektleiter Vorentwicklung bei Kipp. „Ab ca. 3.000 Volt knistert es, und Funken fliegen erst ab ca. 5.000 Volt. Das sind überraschend hohe Spannungsbelastungen.“Diese stellen für Mensch und Tier kein Problem dar – wohl aber für Platinen oder andere elektronische Bauteile, die weitaus empfindlicher sind und bereits ab 100 V beschädigt oder zerstört werden können. Um Schäden von vornherein zu verhindern, müssen die Produktionsumgebungen mit elektrisch ableitfähigen Komponenten ausgerüstet sein, die der DIN EN 61340-5-1 entspre
chen – das gilt von der Arbeitskleidung über die Möblierung bis hin zu den eigentlichen Fertigungsvorrichtungen.
Know-how im Bereich der ESD-Kunststoffe
Der Markt hat sich auf diesen speziellen Bedarf eingerichtet. Das Heinrich Kipp Werk erhielt vor ca. sechs Jahren erste Anfragen. Interessant sind die ESD-Bedienteile damals wie heute vor allem für Händler und den Export. Das Produktmanagement von Kipp nahm sich
des Themas an und prüfte in einem ersten Schritt, welche Bedienteile in diesem Bereich vorrangig benötigt werden. Als schließlich die Auswahl für die eigene Produktlinie feststand, begann das Entwicklungsteam mit der Arbeit. „Für ESDBedienteile sind spezielle Kunststoffe erforderlich“, schildert Andreas Blocher. „Sie sind mit Füllstoffen angereichert, um eine elektrische Ableitfähigkeit gemäß DIN EN 61340-5-1 zu erzielen.“
Ein Kunststoff „von der Stange“konnte also nicht zum Einsatz kommen. Bei der Entwicklung baute Kipp in kurzer Zeit viel Know-how auf – sowohl bezüglich der Werkstoffe als auch der Produzierbarkeit der einzelnen Produkte. Insgesamt betrug die Entwicklungszeit fast zwei Jahre. Heute umfasst die Produktlinie Bügel-, Stern- und Flügelgriffe, Pilzknöpfe, Stellfüße sowie Klemmhebel. Behälter bzw. Greifschalen dürfen ebenfalls nicht fehlen. 2020 ergänzten Rändelschrauben und Rändelmuttern das Sortiment. Aktuell hat Kipp zusätzlich ESD-Schnellspanner auf den Markt gebracht.
Vielfältige Anwendungen
„ESD-Bedienteile sind nach wie vor eine Nischenanwendung, erfreuen sich aber steigender Nachfrage“, betont Andreas Blocher. „Unsere Kunden profitieren vom bewährten Kipp Design und garantierter Qualität.“Die Produkte sind bezüglich elektrischer Ableitfähigkeit vom TÜV Süd geprüft und werden nach der Fertigung mit einem speziellen Messgerät
zusätzlich getestet. Zur eindeutigen Identifikation wird abschließend das gelbe ESD-Logo aufgedruckt.
Anwendungsbereiche für das Sortiment sind die Elektrotechnik, der Maschinen- und Anlagenbau, die Energie- und Verkehrstechnik sowie ITSicherheitsräume. Bedienteile werden unter anderem in der Fertigung, der Montage und dem Transport benötigt. ESD-Produkte von Kipp erfüllen auch die ATEX-Richtlinie 2014/34/EU und können somit zusätzlich in explosionsgefährdeten Bereichen verwendet werden. Weil eine elektrostatische Funkenentladung verhindert wird, entzünden sich auch keine Gase und Stäube, welche in geschlossenen Räumen zu einer Explosion führen können. „Wir garantieren mit unseren ESD-Produkten eine hohe Sicherheit für Gerätehersteller“, betont Andreas Blocher. „Wichtig ist jedoch, dass wir nur normgerechte Einzelkomponenten liefern. Unsere Kunden müssen darauf achten, dass ihr Endprodukt die entsprechenden ESD- und ATEX-Richtlinien erfüllt.“
Alternativer Werkstoff-Mix
Die Funktion der ESD-Bedienteile unterscheidet sich nicht von den Standardkomponenten; anders gelöst ist nur die Kombination der verwendeten Materialien. Anschaulich erklären lässt sich das anhand der neuen ESD-Schnellspanner. Bei der regulären Ausführung sind die Kunststoffteile nicht leitfähig bzw. isolierend, was in diesem Fall auch so gewünscht ist. Bei der ESD-Ausführung muss jedoch laut Norm eine Ableitfähigkeit gewährleistet sein. Griffelemente sowie Schutzkappen sind deshalb aus elektrisch leitendem Polyamid bzw. Elastomer gefertigt, sodass die Spannung über das Stahlgestell abgeleitet werden kann. Die Schnellspanner dienen als Montage- und Haltevorrichtung – zum Beispiel lassen sich damit Platinen festklemmen, um sie weiter zu bearbeiten. Funktional überzeugen sie durch einen ergonomischen Griff, wartungsfreie Gelenkbuchsen und einen nachhaltig konstanten Krafteinsatz beim Öffnen und Schließen. Stabilität wird durch den konischen Spannarm mit U-Profil erreicht.
Sonderlösungen
„Im Bereich der ESD-Bedienteile bieten wir bereits ein großes Sortiment, das viele Anwendungen abdeckt“, so Andreas Blocher abschließend. „Darüber hinaus können wir unseren Kunden jedoch kurzfristig auch andere Größen, unterschiedliche Gewinde oder sogar Sonderlösungen anbieten.“Nachdem nun das Know-how rund um die ableitfähigen Kunststoffe vorhanden ist, lassen sich bei Bedarf relativ einfach weitere Produkte herstellen – als Sonderlösung denkbar sind zum Beispiel Handräder in einer ESD-Ausführung. Hier punktet KIPP erneut mit der flexiblen Eigenfertigung direkt vor Ort. Eine „zündende Idee“für alle Kunden, die in der Produktion den Funkenschlag vermeiden wollen und müssen.