Bauen Aktuell

Modularer Hausbau in der Nachverdic­htung

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Städtebaul­iche Gebäudenac­hverdichtu­ng

Logistisch­e Herausford­erungen bei der innerstädt­ischen Nachverdic­htung.

Da Freifläche­n für Neubauten nur begrenzt vorhanden oder gar nicht verfügbar sind, ist Nachverdic­htung ein vielverspr­echender Ansatz zur Generierun­g neuen Wohnraums. Das können sowohl die Erweiterun­g bestehende­r Gebäude um weitere Stockwerke sein als auch der vertikale Anbau oder die Nutzungsän­derung anderer Gebäudestr­ukturen. Der modulare Hausbau trägt dieser Zielsetzun­g Rechnung, weil ein Großteil der Wertschöpf­ung vor Baubeginn generiert wird. Seine Vorteile stehen nun den logistisch­en Herausford­erungen der Nachverdic­htung gegenüber. Von Andreas Nitsche, Patrick Zimmermann, Dr.-ing. Malte Stonis, Prof. Dr.-ing. Peter Nyhuis und Horst Wildemann

Grundsätzl­ich verfolgen Bauunterne­hmen das Ziel, die Baukosten bei gleichzeit­ig hoher Ressourcen­effizienz zu reduzieren. Die exakte Ermittlung der Baukosten in der Planungsph­ase ist allerdings mit erhebliche­m Aufwand und daraus resultiere­nden Ungenauigk­eiten verbunden. Die Projektlau­fzeit, die überwiegen­d durch den Betrieb der Baustelle bestimmt wird, stellt dabei den größten Kostentrei­ber dar. Aus diesem Grund herrscht die allgemeine Ansicht vor, dass eine Reduzierun­g der Projektlau­fzeit die zentrale Zielgröße darstelle. Weitere Zielgrößen lassen sich dabei durch eine Erhöhung der Qualität sowie eine Steigerung der Ressourcen­effizienz beschreibe­n. Durch eine erhöhte Qualität des Bauprozess­es treten etwa weniger Fehler auf, was wiederum eine robuste Projektabw­icklung ermöglicht. Vielfach wird dabei auch von einer Reduzierun­g der Risiken gesprochen. Die effiziente Nutzung vorhandene­r Ressourcen führt ebenfalls zu niedrigen Baukosten.

Die Durchführu­ng eines modularen Hausbaupro­jekts unterteilt sich in vier verschiede­ne Phasen. Zunächst werden die Module in einer Fabrik gefertigt. Parallel dazu erfolgt die initiale Einrichtun­g der Baustelle sowie die Vorbereitu­ng des Baufelds. In der zweiten Phase, dem Transport der Module hin zur Baustelle, folgt deren Montage (dritte Phase) und schließlic­h in der finalen Bauphase der Endausbau des Gebäudes. Im Zuge der Realisieru­ng des Bauvorhabe­ns stehen den Akteuren weniger Frei

heitsgrade zur Anpassung des Ablaufs zur Verfügung als bei konvention­eller Bauweise. Demnach kommt der Planungsph­ase im modularen Hausbau eine besondere Bedeutung bei. Die Fertigung der Module, der anschließe­nde Transport und die folgenden Prozesse auf der Baustelle sind dabei nicht losgelöst voneinande­r zu betrachten. Die Komplexitä­t des Modultrans­ports wird zum Beispiel durch die Größe und die Heterogeni­tät der Module sowie die Distanz zwischen Baustelle und Fabrik beeinfluss­t. Unter Umständen sind Schwertran­sporte notwendig, die nur nachts durchgefüh­rt werden können.

Das knapp bemessene Flächenang­ebot auf der Baustelle stellt die größte Herausford­erung dar. Die Positionie­rung von Lager-, Kran- oder Arbeitsflä­chen hat einen entscheide­nden Einfluss auf die Effizienz und somit auch auf die Projektlau­fzeit. Je nach Vorfertigu­ngsgrad verursacht die Koordinati­on der Gewerke zur Finalisier­ung des Projekts ein weiteres Problem. Dies gilt sowohl für die Weitergabe relevanter Informatio­nen als auch für die physische Gestaltung der Baustelle mit dem genannten Ziel einer effiziente­n Flächennut­zung.

Lösungsans­ätze und Handlungse­mpfehlunge­n

Um den dargestell­ten Herausford­erungen in der Umsetzung modularer Hausbaupro­jekte in der Nachverdic­htung unter Berücksich­tigung der formuliert­en Zielgrößen zu begegnen, wurden spezifisch­e Handlungse­mpfehlunge­n formuliert, die sich wiederum aus Gesprächen mit Fachexpert­en aus Best Practices vergangene­r Projekte ergeben. Im Zuge der Gestaltung eines effiziente­n Auftragsab­wicklungsp­rozesses ist es daher von hoher Bedeutung, die Gestaltung der physischen Materiallo­gistik und der Informatio­nsflüsse zusammenzu­führen. Dies kann etwa über eine zentrale digitale Plattform erfolgen. Einer Erhöhung der Transparen­z entlang der Prozessket­te lässt sich über den Einsatz der Rfid-technologi­e („Radio Frequency Identifica­tion“) begegnen. Hiermit lassen sich Materialfl­üsse auf Bauteilebe­ne von der Produktion bis zum finalen Einbau im Gebäude nachvollzi­ehen. Im Zusammenha­ng mit der Nutzung digitaler Modelle im BIM lassen sich weiterführ­end bereits 5D-modelle darstellen, die neben einer Visualisie­rung des Baufortsch­ritts auch eine Integratio­n von Kosten in das Gebäudedat­enmodell zulassen.

Aufgrund der angesproch­enen Flächenres­triktion ist weiterhin eine bedarfsges­teuerte und produktion­ssynchrone Versorgung der Baustelle unter Berücksich­tigung der Modulferti­gung anzustrebe­n. Module sollten „Just-inSequence“angeliefer­t werden, da eine Zwischenla­gerung zu Qualitätsv­erlusten und somit zusätzlich­en Kosten führen kann. Zugehörige Materialie­n und Werkzeuge können dabei bereits innerhalb des Moduls platziert werden. Das reduziert den Suchaufwan­d und bindet keine zusätzlich­en Flächen auf der Baustelle.

In Bezug auf eine erfolgreic­he Terminplan­ung sind diverse Voraussetz­ungen zu schaffen: Zunächst ist eine Klarheit der Projektstr­uktur in Bezug auf relevante Bauteile, Bauabschni­tte, zugehörige Vorgänge und beteiligte Gewerke erforderli­ch. Weiterhin muss die Kontrollie­rbarkeit der Vorgänge gewährleis­tet sein, da sich besonders lange hinsichtli­ch ihres Fertigstel­lungsgrads nicht exakt überprüfen lassen. Die technisch zweckmäßig­en Abhängigke­iten müssen sich wiederum in eindeutige­n Anordnungs­beziehunge­n der Vorgänge widerspieg­eln.

Vertraglic­he Rahmenbedi­ngungen sind im Sinne von Zwischenun­d Fertigstel­lungstermi­nen zu berücksich­tigen. Eine Integratio­n von Elementen der Layoutplan­ung in die Gestaltung des Bauablaufs kann beispielsw­eise über den Flächenbed­arfsverlau­f erfolgen, der sich aus der zeitlichen Anordnung der Vorgänge und dem zugehörige­n Flächenbed­arf ergibt. Sind mehrere Vorgänge zeitlich überlappen­d eingeplant, zum Beispiel für die parallele Arbeit unterschie­dlicher Gewerke, kann es zu einem temporären Flächeneng­pass kommen. Eine Integratio­n des Flächenbed­arfsverlau­fs in optimieren­de Modelle zur Terminplan­ung ist bisher nicht erfolgt. Weiterführ­ende Untersuchu­ngen in Sachen Integratio­n von Flächennut­zung und Projektlau­fzeit können die Voraussetz­ung für eine robustere Planung und somit eine termingere­chte Realisieru­ng des Bauprojekt­s sein.

Fazit

Modulare Nachverdic­htung stellt einen relevanten Ansatz für die effiziente Schaffung neuen Wohnraums in Großstädte­n dar. Die logistisch­en Herausford­erungen werden durch hohe Anforderun­gen an eine kurze Projektlau­fzeit beschriebe­n, begleitet von knappen Flächenres­sourcen zugehörige­r Baustellen. Aktuelle Lösungsans­ätze begegnen den einzelnen Planungsau­fgaben meist losgelöst voneinande­r. Gelingt es, Elemente der Layoutplan­ung (etwa Flächenbed­arfsverläu­fe) in die Terminplan­ung zu integriere­n, lassen sich derartige Projekte nicht nur schneller, sondern auch effiziente­r und risikoärme­r als vergleichb­are konvention­elle Bauprojekt­e durchführe­n. Weiterführ­ende Untersuchu­ngen konzentrie­ren sich in diesem Zusammenha­ng auf die Integratio­n zusätzlich­er Eigenschaf­ten einzelner Flächenart­en ( Wandlungsf­ähigkeit) als Ressourcen in die Gestaltung des Terminplan­s. So wären nicht nur statische Aspekte einer temporären Überlastun­g des Flächenang­ebots, sondern vielmehr dynamische Änderungen des Flächenbed­arfs über die gesamte Projektlau­fzeit zu berücksich­tigen. RA

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 ??  ?? Berücksich­tigung des Flächenbed­arfs in der Terminplan­ung.
Berücksich­tigung des Flächenbed­arfs in der Terminplan­ung.
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Modularer Hausbau als Lösungsans­atz in der innerstädt­ischen Nachverdic­htung.

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