Test: TC Vintage Guitar Bundle
Was vor vierzig Jahren schon gut war, kann heute nicht schlecht sein. Das dachte sich TC Electronic und legte ein Bundle renommierter Effektpedale als Software-Plug-ins auf.
TC Electronics Vintage Guitar Pedal Bundle nativ bildet in Software nach, was Gitarristen damals an Hardware benutzten – vor dem Amp. Bestehend aus Chorus/Flanger, Booster mit Distortion, Phaser, Dual Equalizer und Sustainer, lässt es sich in allen DAWs einsetzen. Das GUI ist fotorealistisch mit Gebrauchsspuren gestaltet, aber keine Angst, das wird nicht mehr werden! Die Bedienelemente orientieren sich am Original, das ergibt zwangsläufig eine sehr gute Bedienbarkeit. TC Electronic reklamiert auch ansonsten, detailgetreu nachgebildet zu haben. Nach allem, was der Test hergibt, muss man das unbedingt glauben.
Für Gitarre und Bass
Wie Chorus, Distortion, Phaser und EQ arbeiten, muss man heute nicht mehr erklären, und wenn man weiß, dass der TC Sustainer eigentlich ein Kompressor ist, hat man auch das schon drin. Natürlich hat TC Electronic zunächst mal Gitarristen im Auge, das Eingangsmaterial spielt klar eine Rolle und will man die Sounds von damals originalgetreu nachbilden, muss man grob wissen, was man tut. Echte Gitarren kommen hier zwangsläufig am besten, dafür waren die Teile ja auch gebaut. Single Coils kriegen mit Phaser und Flanger mehr Twäng, Humbucker mit dem Booster mehr Beef. Distortion klingt nicht nach billigem Verzerrer, und wer von Feedback-Orgien träumt, der nutzt den Sustainer. Crunchy Sounds gehen so: TC Booster, viel Distortion, Treble ganz raus und Volume auf 6 (das ist eigentlich 11). Wild oder mild, das liegt bei Ihnen.
Für Keyboards
Wenn Ihnen das als Keyboarder jetzt nichts sagt, dann macht das nichts. Für Sie haben wir das hier: Nehmen Sie aus dem Bundle den Chorus und jagen mal ein Synth-Pad wie Logics Analog Spheres da durch, spielen Sie dabei im unteren Bereich. Legen Sie Blade Runner ein und vergleichen Sie mal mit den Sounds von Vangelis, man muss das hören. Ge- rade der originale Stereo-Chorus von TC war seinerzeit auch bei Keyboardern beliebt (Rhodes!), und man kriegt eine Idee warum. Andere Empfehlung: Beat-DVD Nummer 130, Orchestral Companion Strings von Sonivox! Laden Sie die Ensemble Strings, legen Sie den TC Chorus auf und spielen Sie eine Solo-Linie tief unten – plötzlich lebt das! Nehmen Sie die Staccato Strings und legen Sie den TC Booster and Distortion in den Signalweg, lassen Sie dabei alles in der Stellung, in der das Plug-in auf den Schirm kommt. Ergebnis: Das Preset hat nun deutlich mehr Biss. Diese Staccatos kommen generell bei allen Librarys ein wenig zahm daher, gerade für ein heftiges Hans-zimmereskes Ostinato braucht es da mehr.
Und natürlich geht auch das hier: Nehmen Sie ein cleanes Gitarren-Preset aus der Dose, wie Logics Classic Clean. Legen Sie den Chorus drauf, und lassen Sie alle Regler in Mittelstellung. Classic Clean hat ganz unten Akkorde, die man gerne übersieht, und das sollten Sie mal hören. Zeigen Sie das nicht Ihrem Gitarristen, das Plug-in kriegen Sie nie wieder zurück. Alle Plug-ins gehen sehr gut zusammen mit Amp-Simulationen. In Verbindung mit Logics Amp Designer kommen da Sounds zustande, denen man die Algorithmen nur noch dann anhört, wenn man sie direkt mit irgendwas aus Holz, Draht und heißen Röhren vergleicht – man kann da nur staunen.
Drums und Perkussion
Bauen Sie mal den Drum Break in Stings Englishman in New York bei etwa Minute 2:30 nach: TC Sustainer, alle Knöpfe in Mittelstellung – voilà, viel näher kann man der Sache auf die Schnelle nicht kommen. Überhaupt sind Loops dankbar für die Bearbeitung mit dem Bundle, spielen Sie da beim TC Sustainer mal mit dem Threshold: Instant Technofication! Und dann senden Sie Ihre Hi-HatSpur noch durch den Flanger – Humanizing mit dem alten Bauerntrick.
Fazit
Mit diesem Bundle können Sie ernsthaft Spaß haben! Offenbar kocht man bei TC Electronic nicht nur mit Wasser, hier sind klar hochprozentige Stoffe am Werk. Der Chorus ist, verglichen mit Standard-Tools, schlicht ein Highlight, und der kommt hier aus dem Studio überhaupt nicht mehr raus. Alle Plug-ins inspirieren und klingen organisch und warm. Sie haben nicht diese Schärfe, die manchen Plug-ins zu eigen ist, und auch die Höhen klingen nicht übertrieben. Klare Empfehlung für Gitarre, Bass und Keyboards und auch für heftiges Sounddesign mit Drums und perkussiven Loops.