Test: Warm Audio WA-87
Auch das erste Mikrofon aus der texanischen Schmiede Warm Audio wurde von einem Klassiker inspiriert, dem legendären Neumann U87.
Das junge texanische Unternehmen Warm Audio hat bereits eine Reihe an Nachbauten von legendärem Vintage-Equipment im Angebot, die unter hohen Qualitätsstandards in den USA gefertigt werden und verhältnismäßig günstig zu haben sind. Das Portfolio umfasst API-Preamp, 1167- und LA-2A-Kompressor und Pultec-EQ. Mit dem WA-87 bewegt sich Warm Audio einen Schritt weiter nach vorne in der Signalkette und präsentiert ein vom Klassiker Neumann U87 inspiriertes Mikrofon.
Inspiriert, nicht kopiert
Beim WA-87 handelt es sich um ein Großmembran-Kondensatormikrofon. Schon die Form mit dem sich nach unten verjüngenden Korpus erinnert deutlich an das berühmte Vorbild. Das Metallgehäuse ist gut verarbeitet und macht einen robusten und wertigen Eindruck. Die mitgelieferte elastische Aufhängung (Mikrofonspinne) ist ebenfalls im typischen Neumann-Stil, alternativ ist auch ein einfacher Mikrofonhalter im Paket enthalten.
Das Innenleben ist international gestaltet. Die Einzoll-Doppelmembrankapsel ist mit japanischem Mylar bespannt, sie wurde gemeinsam mit einem nicht konkret genannten australischen Unternehmen entwickelt, der Transformer stammt von der amerikanischen Firma CineMag und weitere Bauteile wurden unter anderem vom deutschen Traditionsunternehmen WIMA geliefert. Ähn- lich der U87-Kapsel besitzen Vorder- und Rückmembran eine eigene Backplate, und wie beim Original lässt sich die Richtcharakteristik zwischen Niere, Kugel und Acht umstellen. Beim WA-87 dient hierfür ein kleiner Schiebeschalter. Beim Ausgangsübertrager geht Warm Audio dagegen einen etwas anderen Weg und setzt auf einen aktuellen Transformer von CineMag. Dies spricht aus Sicht von Warm Audio für so gute Qualität, dass das Unternehmen sogar das Dritthersteller-Logo auf das Gehäuse drucken lässt – eher ungewöhnlich bei einer einzelnen verbauten Komponente.
Das WA-87 besitzt ein zuschaltbares Hochpassfilter, das Frequenzen unterhalb von 80 Hz absenkt und so Trittschall und andere tieffrequente Störgeräusche wirksam unterdrückt. Ein Pad-Schalter senkt die Eingangsempfindlichkeit ab, um auch lautere Signalquellen verzerrungsfrei aufnehmen zu können.
Gute Messwerte
Im Test zeigte das WA87 bei Auswahl der Nierencharakteristik einen äußerst linearen Frequenzgang mit nur ganz leichter Präsenzanhebung im Bereich um 3 bis 4 kHz. Damit ist das Mikrofon ein idealer Partner für möglichst neutrale Aufnahmen. In der Kugelstellung ist die Höhenanhebung wie beim Original prägnanter, das WA-87 zeigt aber etwas stärkere Frequenzschwankungen im Mittenbereich. Die Achtercharakteristik dagegen nimmt die Höhen etwas zurück und betont die oberen Mitten, auch hier ist die klangliche Ähnlichkeit zum U87 unverkennbar. Die Unterschiede zwischen den drei Charakteristika sind in der Praxis aber doch geringer als wir vermutet hätten und spielen sich eher auf Detailebene vor allem im Höhen- und Präsenzbereich ab.
Der Rauschabstand ist für ein Mikrofon, das mit einfacher 1-FET-Technik arbeitet, als sehr gut zu bezeichnen. Bei den üblichen Anwendungsszenarien ist das Eigenrauschen des WA87 vernachlässigbar.
Klanglich überzeugend
Der Klangtest bestätigt die Messwerte. Der lineare Frequenzgang erlaubt sehr neutrale Aufnahmen, wobei die Mitten allerdings nicht so markant erscheinen wie bei einem Original Neumann U87. Der Unterschied ist insbesondere bei Sprachaufnahmen gut hörbar, das WA87 klingt nicht ganz so kompakt, direkt und intim bei Nahbesprechung. Dafür ist der Klang ausgewogen und rund, die Höhen werden angenehm unangestrengt abgebildet. Der Nahbesprechungseffekt ist nur gering ausgeprägt, insgesamt verhält sich das Mikrofon bei Aufnahmen sehr gutmütig. Der ausgeglichene Frequenzgang macht das WA87 zu einem wahren Allrounder, neben Sprache und Gesang gelangen im Test auch Aufnahmen verschiedener Instrumente durchaus überzeugend. Hierzu tragen auch die guten Ergebnisse bei Nutzung der Kugel- und Achter-Charakteristik bei, die uns im Test teilweise sogar besser gefallen haben als beim Original. Im Vergleich mit anderen Mikrofonen in derselben Preisklasse schlägt sich das WA-87 auf jeden Fall hervorragend.
Fazit
Warm Audio gelingt mit dem WA87 ein überzeugendes Debüt im Mikrofon-Bereich. Die Charakteristik des Neumann U87 wird gut getroffen, auch wenn der markante Mittenbereich des deutlich teureren Originals nicht ganz erreicht wird. Dafür präsentiert sich das WA87 als etwas moderner klingender und flexibler Allrounder mit professionellem Sound für nahezu alle Aufnahmesituationen, und das zum günstigen Preis.