Test: Dent 2 & Indent 2
Distortion extrem!
Distortion extrem! Dent 2 und Indent 2 sind wahre Spezialisten auf dem Gebiet der harmonischen Verzerrung.
Unfiltered Audio haben ihre zerstörerischen Plug-ins Dent und Indent auf Version 2 gehoben und den Pool an Sounddesigner-Möglichkeiten weiter nach oben korrigiert. Was steckt drin und für eignen sich die Plug-ins?
Vorgänger
Die beiden Plug-ins Dent und Indent sind schon seit 2016 auf dem Markt und wurden als umfassende Distortion-Tools vermarktet. Neben etlichen Typen der kreativen Wellenform-Zerstörung war vor allem das modulare Routing-System von Unfiltered Audio das Alleinstellungsmerkmal. Dieses kennt man auch von anderen Produkten des Herstellers und ist ein Garant für abgefahrenes Sounddesign. So konnte man LFOs, Hüllkurven-Verfolger, Makro-Regler etc. auf nahezu alle Plug-in-Parameter routen und sehr komplex-klingende Effekte realisieren. Während Dent als großer Bruder auftritt, war Indent einfach eine abgespeckte Variante für weniger anspruchsvolle Effektierungen.
Mehr als nur Sättigung
Mit Version 2 fällt das Featureset nun wesentlich üppiger aus: gleich sechs neue Sättigungs-Algorithmen sind hinzugekommen, womit unter anderem auch harmonische Obertöne wie bei einer Röhren- oder Band-Sättigung möglich sind. Als Modulator ist endlich ein flexibler Step-Sequenzer mit verschiedenen Abspielrichtungen an Bord. So kann man beispielsweise die Distortion- und Modulations-Intensitäten als rhythmische Sequenz steuern. Besitzer eines ROLI Lightpad-Controller dürfen sich ebenfalls freuen, denn hierfür steht nun ein eigener Modulator bereit, mit dem das Lightpad als expressive Steuereinheit emporsteigt. Gab es beim Vorgänger lediglich ein Tiefpass-Filter, hat man es nun mit einem Multimode-Filter zu tun, dessen Klang wie schon zuvor sehr hochwertig klingt. Besonders in Verbindung mit hohen Resonanz-Werten und intensiver Übersteuerung gewinnt das Filter an musikalischer Eigendynamik, die einfach Spaß macht! Wirklich sinnvoll ist der neue Complex Mode: Dadurch wird die Übersteuerung in drei Phasen unterteilt und für jede wählt der Anwender einen eigenen Algorithmus. Dadurch klingt die Sättigung differenzierter und wesentlich hochwertiger. Ebenfalls sinnvoll ist die automatische Gain-Anpassung, denn dadurch bleibt die Lautstärke endlich konstant und bricht nicht permanent aus, wenn die Übersteuerung zu deftig wird. Die Neuerungen sind allesamt eine Bereicherung, keine Frage!
Tricks in der Anwendung
Dent 2 und Indent 2 einfach nur in die Distortion-Schublade zu stecken, würde den Plug-ins nicht gerecht werden. Vielmehr ist es eine groß angelegte Colorbox, die mit zahlreichen Stellschrauben für die Übersteuerung eine hochauflösende und dynamische Klangfärbung bis -zerstörung bietet. Ein Beispiel: der Input-Follower – eine Art Hüllkurven-Verfolger – erzeugt ein Steuersignal in Abhängigkeit des Eingangs-Signals (beispielsweise einer Bassline). Dieses Steuersignal könnte man nutzen, um mehrere Distortion-Parameter, die Filter-Frequenz und das Mischverhältnis zu beeinflussen - so hätte man eine dynamisch verzerrte Bassline. Oder aber man nutzt den Step-Sequenzer, um eine resonante Filterung inklusive massiver Übersteuerung rhythmisch zu aktivieren. Die Sequenzer-Intensität könnte man wiederum durch einen Makro-Regler steuern und dann hochschrauben, wenn es der Song verlangt. Sie sehen schon: die Kombination aus Modularität und umfassenden Übersteuerungs-Möglichkeiten ist ein solider Grundstein für eine lange Partnerschaft.
Abgespeckt: Indent 2
Während Dent 2 die volle Power bietet, begnügt sich Indent 2 mit weniger Features und ist genau dann der richtige Partner, wenn der Einsatz von Dent 2 zu viel des Guten wäre. Glücklicherweise nutzt Indent 2 die gleichen Sättigungs-Algorithmen und Modulations-Möglichkeiten. So ist auch dieses Tool für viele Zwecke ausreichend: Vocals „färben“, Beats massiv übersteuern, Flächen-Sounds zum „Wobbeln“bringen und so weiter. Doch wenn es um das Abtauchen in die komplexe Distortion-Welt geht, muss Dent 2 her.
Fazit
Wer sich in die zunächst wuselige Struktur von Dent 2 eingearbeitet hat, wird mit einem sehr gut klingenden Distortion-Werkzeug belohnt, das seinesgleichen sucht. Von traditionellen Anwendungen bis zu abgedrehten Sounddesigner-Wünschen liefert Dent 2 eigentlich alles, was man braucht. Lediglich ein Equalizer im Signalweg wäre der Hammer gewesen. Wer weniger Eingriffsmöglichkeiten braucht, greift ansonsten zur kleinen Version Indent 2. Ein Ausprobieren der Demo ist Pflicht!