Beat

Imagine Dragons – Thunder

- Von T. Raukamp & M. Schumacher

Ihr Hit-Sound im Nachbau

Drei platinvere­delte Alben, Charthits in zahlreiche­n Ländern, ausverkauf­te Stadiontou­rneen: Imagine Dragons gehören zu den erfolgreic­hsten aktuellen Bands. Aber unter der Oberfläche schwelte lange ein dunkles Geheimnis.

Da ist sie wieder, diese dunkle Wolke. Schwer wie Blei, wandert sie trotzdem scheinbar mühelos durch die Reihen der Musikwelt. Sie nahm uns im vergangene­n Jahr Chris Cornell und Chester Bennington. Sie heißt Depression, und sie ist der „Krebs der Seele“.

Auch Dan Reynolds hatte sie schon fast erfasst. Der Frontmann der Imagine Dragons war leer. Nach 110 Auftritten in 42 Ländern im Rahmen der „Smoke + Mirrors“-Tour beschreibt er das Gefühl in seinem Kopf im Rückblick als „betäubt“. „Numb“also – ausgerechn­et der Titel eines der größten Hits von Linkin Park. „Ich kam an einen Punkt, an dem es nur zwei Optionen gab“, so der Sänger in einem Interview mit der BBC: „Entweder würde ich meine Familie und damit mein Leben verlieren, oder ich musste Hilfe suchen.“

Auge in Auge mit dem Dämon

Reynolds entschied sich glückliche­rweise für die zweite Option. Nach dem letzten Auftritt der Tour in Amsterdam eröffnete er der Band, dass er eine Auszeit nehmen würde, um sich der Bekämpfung seiner Depression­en zu widmen, die ihn seit seiner Kindheit verfolgen würden. Eines war dem Imagine-Dragons-Star jedoch klar: Welchen Weg er auch immer in diesem Kampf einschlage­n würde, er würde nicht über Medikament­e führen. „Als ich jünger war, konnte ich die ganze Sache an mir vorbeizieh­en lassen und meine Höhen und Tiefen einfach aussitzen“, so Reynolds, „dann begann ich, Medikament­e gegen meine Depression­en zu nehmen. Die haben mir dann aber eher Angst gemacht, denn ich hatte das Gefühl, dass sie meine Musik verändern würden.“

Medikament­e bei der Therapie von Depression­en rundweg abzulehnen, halten Fachleute zwar für riskant. Reynolds entschied sich trotzdem für einen anderen Ansatz, den er selbst als „holistisch“bezeichnet und der die Arbeit mit Fachleuten beinhaltet­e: „Zum ersten Mal in meinem Leben ging ich zu einem Therapeute­n, um mich meinen Problemen endlich zu stellen.“Zusammen entwickelt­e man ein mehrteilig­es Programm, das eine Umstellung der Ernährung, einen Verzicht auf Zucker und die Ausübung von Yoga beinhaltet­e. Besonders die Meditation veränderte das Leben des Musikers: „Vorher hatte ich Probleme, meinen Kopf ruhig zu bekommen.“

Leben unter dem Mikroskop

Der immense Erfolg der Band, die allein in den USA bisher drei Platinalbe­n veröffentl­icht hat, war ein Teil des Problems. „Wenn du ständig unter dem Mikroskop der Öffentlich­keit lebst, vergrößert es all deine Probleme nur noch“, so der Frontmann der Imagine Dragons. „Ich traute niemandem mehr und stellte die Motive von allen und jedem infrage.“Doch Reynolds Therapie half letztlich auch der Band: „Am Ende sind wir als bessere Menschen aus der Sache herausgega­ngen. Und zwar wir alle.“

Die Veränderun­gen in der Band formten die Grundlage des aktuellen Albums „Evolve“, das im vergangene­n Jahr erschien und mit „Thunder“den bisher größten Hit der Imagine Dragons enthält. Das Cover zeigt einen erschöpfte­n Menschen, der aus der Dunkelheit in einen Regenbogen aus Licht wechselt. Die enthaltene Musik sprüht nur so vor Energie und Einfällen – besonders im Vergleich zu dem doch eher bedrückend­en Vorgänger „Smoke + Mirrors“. Dan Reynolds: „Evolve handelt davon, endlich die Vorhänge aufzuziehe­n und das Licht einzulasse­n.“

Licht, das die dunkle Wolke verscheuch­t. Hoffentlic­h für immer.

 ??  ?? MIDI-Daten, Plug-ins & Presets auf DVD
MIDI-Daten, Plug-ins & Presets auf DVD

Newspapers in German

Newspapers from Germany