Test: MI Clouds & Braids
Neben VCV Rack unterstützt nun auch Softube Modular die Module von Mutable Instruments. Clouds und Braids sind die ersten gelungenen Portierungen.
Mutable Instruments goes soft-modular
Mit der kürzlichen Veröffentlichung von Mutable Instruments Braids und Clouds gibt es experimentelle Frischlinge für Softube Modular, die in der Hardware-Welt Kultstatus genießen. Ein Pflichtkauf?
Clouds von Mutable Instruments
Mutable Instruments Clouds ist in der Softube-Variante dem Original komplett nachempfunden und entsprechend ein extrem vielseitiger Granular Texture Synthesizer. Doch anstelle einer internen Klangerzeugung ist Clouds auf anliegende Signale angewiesen, die dann in einem Zwischenspeicher landen, in bis zu 16 kleine Teile (Grains) zerhackt werden und sich weiterverarbeiten lassen. So ist es möglich, die Sample-Position und -Länge zu variieren, um beispielsweise aus einem gespeisten Drumloop nur ein kurzes Stück der Kickdrum zu verwenden. Ab dann geht’s ab: Pitch-CV und -Regler machen ein tonales Spiel ebenso möglich wie klassische Pitchshifting-Effekte. Über den Trigger- und Freeze-Eingang lassen sich zerhackte Stotter-Beats erzeugen, wenn man einen externen Sequenzer hinzuzieht. Der interne Hall-Prozessor mit Feedback-Steuerung erzeugt bei hohen Einstellungen ein verträumtes „wolkenhaftes“Ambiente. Um die Klangqualität herabzusetzen, gibt es zu guter letzt noch einen Button, um aus vier Qualitätsstufen zu wählen (8 und 16 Bit, mono und stereo). Ab dann werden aus detaillierten Klangwolken rauschhafte Bitcrusher-Sounds.
Fazit
Zugegeben: der Funktionsumfang von Clouds ist riesig und zunächst nicht sofort fassbar, da das Modul täuschend übersichtlich aussieht. Doch nach einer tiefen Einarbeitung wird man mit einem außergewöhnlichen Effekt-Modul belohnt, das jedes Signal in etwas völlig Neues verwandeln kann. Kristallklare Sound-Wolken sind ebenso machbar wie experimentelle Beats, leiernde Vocal-Schnipsel oder Lo-fi-Bässe. Klasse, dass dieses Ausnahme-Modul nun auch in Softube Modular zugänglich ist.
Braids von Mutable Instruments
Ve r g l i c h e n m i t Clouds ist Braids eher leichte Kost und ein schnell zu durchschauender (Makro-)Oszillator. Dieser arbeitet monofon und stellt dem Anwender gleich 33 Algorithmen zur Synthese bereit. Von klassischen Wellenformen über Vokal- und Formant-Synthese bis zu Physical Modelling ist eine Menge dabei, sodass der Überraschungseffekt ein ständiger Begleiter ist (sogar Klassiker wie 808-Kickdrums sind drin). Das Tolle ist, dass lediglich zwei Regler – Timbre und Color – die internen Synthese-Arten ordentlich in Wallung bringen, was schnelle Ergebnisse hervorbringt. Wenn man diese z.B. via CV durch einen Sequenzer moduliert, klingen auch simpelste Melodien stets interessant - weniger ist manchmal mehr. Das Editieren von tiefergehenden Funktionen, die nicht auf der Oberfläche sichtbar sind, gelingt über den Edit-Regler, ist in der Praxis aber eine Fummelarbeit – genau wie beim Hardware-Original. Schön ist, dass man dort einen Grundton und eine Skala definieren kann. Das ist sehr sinnvoll, da der Oszillator mit samt seinen CV-Eingängen und Synthese-Arten dazu einlädt, heftigste Klangexperimente zu veranstalten. Durch eine aktive Skala behält man jedenfalls auf tonaler Ebene den Überblick.
Fazit
In der Praxis macht die Arbeit mit Braids sehr viel Spaß, da das Finden der richtigen Klangfarbe durch die 33 Synthese-Arten schnell von der Hand geht: metallische FM-Sounds, experimentelle Blas-Instrumente, Vokal-Klänge, organische Glocken, klassische Vintage-Synths, Kickdrums und vieles mehr. Dynamische Klangänderungen sind über CV- und Frequenz-Modulationen zackig erledigt. Auch der Klang lässt kaum Wünsche übrig: hochauflösend und druckvoll bringt es auf den Punkt. Wer es etwas dreckiger mag, kann auch die Bitrate herunterschrauben und in die Lo-Fi-Welt eintauchen. Dieser Oszillator ist ein echter Mehrwert für Softube Modular und sollte unbedingt ausprobiert werden.
Vergleich mit VCV Rack
Noch bevor der Name Mutable Instruments im Shop von Softube auftauchte, konnten Anwender des kostenlosen Konkurrenz-Systems VCV Rack schon in den Genuss von Clouds & Co. kommen. Auch die VCV-Rack-Versionen emulieren die Original-Hardware, dementsprechend sind Layout und Funktionsumfang identisch zu den Modulen von Softube. Im Klang gibt es jedoch kleine aber feine Unterschiede, denn bei den Softube-Varianten von Braids und Clouds sind einfach mehr Details zu hören. Auch der Bassbereich wirkt definierter und druckvoller. Klangpuristen werden mit den Softube-Varianten zufriedener sein, doch muss man auch den hohen CPU-Verbrauch und den Kaufpreis mitbedenken. Bei VCV Rack kann man sofort loslegen, denn es kostet nichts.