Test: Nano Studio 2 App
Kreativ-DAW für das iPad?
Schnell, effizient und preiswert Beats produzieren? Mit Nanostudio 2 erscheint auf dem iPad eine App, die jeder ambitionierte iOS-Musiker kennen und auch einmal probieren sollte. Eine der besten iDAWs jemals geht in die zweite Runde.
Langes Warten hat nun ein Ende: Nach rund sechs Jahren hat Matt Borstel sein mobiles Studio endlich überarbeitet und seit Kurzem im AppStore veröffentlicht. Wer Nanostudio von Blip Interactive vielleicht noch nicht kennen sollte: Dieser Klassiker zählt zu den frühesten iOS-Apps, die ein iPhone seinerzeit souverän in ein mobiles Musikstudio aus Sequencer, Sampler, Synthesizer und Mixer verwandeln konnten. Good news: Die Ur-Version ist nun gratis zu bekommen. Testen Sie diese App und lernen Sie das sympathische Konzept selber kennen. Das neue Nanostudio läuft flüssig auf dem iPad und sieht gut aus. Anders als noch bei der ersten Version von Nanostudio liefern die Demos sehr deutlich elektronische Musik ab. Jazz, Rock und Pop ist ein Randthema. Nanostudio 2 ist ein fulminanter Start mit insgesamt acht optionalen Soundpacks (je 7,99 per In-AppKauf ). Sie warten mit einigen akustischen Instrumenten auf und bedienen vor allem Dance, Dubstep, Hip-Hop, Trap, Industrial und verwandte Stile. Mit diesem üppigen Aufgebot sind Produzenten elektronischer Musik klanglich schon ziemlich breit aufgestellt.
Zwei Instrumente
Das Studio bringt zwei sehr flexibel nutzbare Klangerzeuger mit. Sie müssen also nur mit zwei Instrumenten zurechtkommen und nicht in einer Masse aus Plugins abtauchen – ein gesunder Minimalismus. Obsidian Synth beherrscht mit seinen drei Oszillatoren und 18 Filtertypen insgesamt sieben Syntheseformen (Analog, Wavetable, FM, etc.) und verfügt über eine ausgeklügelte Modulationsmatrix. Die werkseitige Offerte mit rund 300 Sounds zeigt, wie gut und differenziert dieser Synthesizer klingt. Schon beim Lead- und Bass Synths bekommen Sie viele brauchbare und geschmackvoll erstellte Presets. Schwach auf der Brust ist Nanostudio 2 bei Pianos, Gitarren und anderen akustischen Instrumenten. Abhilfe schaffen teilweise die Soundpacks. Wer gern Klänge bearbeitet oder selbst produziert, kommt voll auf seine Kosten.
Das zweite Instrument ist der Performance-Sampler namens Slate. Den 32 Pads lassen sich Samples zuweisen und diese per Filter und Effekte bearbeiten. Die Bibliothek umfasst über 30 Sets mit insgesamt 500 Samples. Es sind Drums, Percussion und Klangeffekte, die sauber und druckvoll kommen. Etwas schade ist es, dass inspiriende Audio-Loops oder Vocals bei den Factory-Sets fehlen.
Sequencing & Mixer
Ein klassisches MIDI-Sequencer-Arrangement tritt auf den Plan. Wie bei Korg Gadget müssen Sie tricksen, wenn längere Audio-Takes (Vocal, Guitar, etc.) ins Arrangement einfließen sollen. Anstelle der nicht-vorhandenen Audiospuren müssen Sie sich mit Sampling behelfen und die aufgenommenen Parts per Sample-Clips einfliegen. Eine klassische Mischpult-Ansicht steht Nanostudio 2 gut zu Gesicht, die insgesamt elf Effekt-Typen glänzen aber qualitativ nicht.
Beliebige AU-Instrumente (Auv3) und -Effekte lassen sich einbinden. Sehr gut finde ich auch, dass externe Midi-Instrumente angesprochen und Takartenwechsel erzeugt werden können. Ein Song kann schließlich als Standard MIDI File und auch als Audio-Datei exportiert werden. Das ist wichtig, denn anders als bei Korg Gadget, Steinberg Cubasis 2 oder Apple GarageBand können eigene Songprojekte nicht direkt in einer entsprechenden Desktop-Version geöffnet werden.
Die musikalische Animation beim Einspielen von Midi-Noten fällt eher bescheiden aus. Ein raffinierter Arpeggiator und Step-Sequenzer stehen jedenfalls bei mir weit oben auf der Wunschliste. Sie könnten das Erstellen von Phrasen etwas kurzweiliger werden lassen. Gut und schnell zu bewältigen ist die Automation beliebiger Effekt- und Klangparameter, was zu dynamischen Tracks führt.
Fazit
NanoStudio 2 lässt das iPad neu funkeln. Es ist zwar deutlich umfangreicher und in Teilbereichen komplexer als die bisherige Version, bleibt aber dem erfreulich simplen Gesamtkonzept mit zwei Instrumenten, Sequencer und Mischer treu. Dass momentan noch keine Audio-Spuren vorhanden sind, mindert das Potenzial für kreative Anwender kein bißchen. Die beiden Instrumente sind enorm praxistauglich und bieten spätestens nach einem In-App-Kauf einen tollen Soundfundus für Spielarten elektronischer Musik.
Wer sich von Steinberg Cubasis, Korg Gadget oder einer anderen iDAW nicht mehr so richtig inspiriert fühlt zu neuen Tracks, sollte unbedingt zu Nanostudio wechseln und diese App noch heute installieren. Schon jetzt ein Lob verdient sich die liebevolle Produktpflege. Für 2019 sind bereits einige Features wie Audiospuren und Faltungshall versprochen worden. Mister Borstel, well done!