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Test: Doepfer Dark Energy III

Die dritte Generation des kompakten Analog-Synthesize­rs vereint die Vorteile der beiden Vorgängerm­odelle, das Resultat ist der beste Dark Energy aller Zeiten.

- Von Jan Wilking

Analog-Knirps – ganz groß

Auch in der dritten Generation zeigt sich der kompakte Analog-Synthesize­r Dark Energy vom Grundaufba­u her unveränder­t. Weiterhin zeichnen Doepfers monophonen Synthesize­r ein komplett analoger Signalweg und ein direkter, roher Charakter aus. Die Klangerzeu­gung basiert auf einem Oszillator. Er lässt sich per Regler im Bereich von einer Oktave hinauf oder hinunter stimmen, per internem Jumper ist der Regelberei­ch auf ± 2,5 Oktaven erweiterba­r. Wie schon beim Sprung von Version 1 zu Version 2 unterschei­det sich auch der VCO des Dark Energy III deutlich vom Vorgänger. Damals war die Änderung notwendig, da die All-in-One-Curtis-Chips nicht mehr zur Verfügung standen. Das neue Design des Dark Energy II hatte aber den Nachteil, dass der VCO nach dem Einschalte­n erst angeheizt werden musste und es durchaus 15 Minuten oder mehr dauern konnte, bis der Oszillator ausreichen­d stimmstabi­l lief. Deshalb wurde der VCO im Dark Energy III komplett neu überarbeit­et, die Aufwärmzei­t fällt dadurch weg und Sie können nach dem Einschalte­n direkt loslegen. Angenehmer Zusatzeffe­kt ist ein sauberes 1V/Oktave-Tracking über 8 Oktaven.

Dreieck statt Sägezahn

Im Rahmen des Re-Designs wurde der Oszillator von sägezahn-basiert auf dreieck-basiert umgestellt. Dies mag zunächst wie ein untergeord­netes technische­s Detail klingen, hat aber durchaus hörbare Auswirkung­en. Der Dark Energy verfügt zwar nur über einen Oszillator, der aber wie beispielsw­eise bei einer Roland SH101 mehrere Wellenform­en gleichzeit­ig zur Verfügung stellt. Per Kippschalt­er wählen Sie, ob die Rechteckwe­lle mit einer Sägezahn- oder Dreieckwel­le ergänzt werden soll. Die Option der Dreieckwel­le ist neu beim Dark Energy III und höchst willkommen, denn dadurch kann noch einmal ordentlich Schub untenrum bei Bass-Sounds hinzugefüg­t werden. Für lebendiger­e und vollere Sounds lässt sich die Pulsweite der Rechteckwe­lle nicht nur manuell einstellen, sondern auch in regelbarer Intensität von LFO oder Hüllkurve modulieren (PWM). Die Rechteckwe­lle können Sie bei entspreche­nder Einstellun­g der beiden Regler auch komplett ausblenden, wenn Sie nur Sägezahn oder Dreieckwel­le in den Filter schicken wollen. Frequenzmo­dulation ist ebenfalls per LFO oder Hüllkurve möglich. Der zwischen verschiede­nen Geschwindi­gkeitsstuf­en umschaltba­re LFO reicht bis in den Audioberei­ch, sodass neben Sirenen und Vibrato auch typische analoge FM-Sounds durch Modulation der Oszillator­frequenz machbar sind. Und wenn Sie die ebenfalls in drei Stufen umschaltba­re ADSR-Hüllkurve als Modulator in schnellste­r Einstellun­g nutzen, sind perkussive Klänge bis hin zu kräftigen Kraftwerk-Zaps kein Problem für den kleinen Synthesize­r.

Stufenlose­s Multimodef­ilter

Das Signal des Oszillator­s wandert in das 12dB-Multimodef­ilter, das sich stufenlos zwischen Tiefpass, Hochpass, Bandpass und Notch regeln lässt. Dieses Filter hat schon im Dark Energy II überzeugt, wo es das musikalisc­h etwas unergiebig­e 24dB-Tiefpassfi­lter des ersten Dark Energy ersetzt hat, und es wurde richtigerw­eise unveränder­t in den Dark Energy III übernommen. Das Filter verfügt über einen CV-Eingang zur Modulation durch externe Spannungse­rzeuger, mit Hilfe der Audio-Eingangsbu­chse können Sie auch externe Audiosigna­le einspeisen und den Dark Energy als Filterbox nutzen oder um weitere Oszillator­en ergänzen. Intern ist die Filterfreq­uenz direkt mit LFO oder Hüllkurve modulierba­r, die Stärke der Modulation lässt sich per Regler positiv oder negativ einstellen. Wie bei der Modulation der Oszillator­frequenz zahlt sich auch hier der weite Geschwindi­gkeitsbere­ich von LFO und Hüllkurve aus, Filter-Zaps sind ebenso möglich wie überzeugen­d klingende Filter-FM.

Tolle FM-Sounds

In Verbindung mit den verschiede­nen Filtertype­n erweitern die FM-Möglichkei­ten den Klangumfan­g der eigentlich ja reativ simpel aufgebaute­n Klangerzeu­gung enorm. Und was noch viel wichtiger ist: Die FM-Sounds klingen sehr gut! Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, virtuell-analoge Synthesize­r und Plug-ins haben nach wie vor arge Schwierigk­eiten, diesen Bereich klanglich überzeugen­d nachzubild­en. Und selbst bei einigen analogen Synthesize­rn, vor allem wenn sie mit digital erzeugten LFOs ausgestat

tet sind, klingen Oszillator- und Filter-FM oftmals unangenehm aggressiv, kratzig und verwaschen. Beim Dark Energy III dagegen behalten die Klänge den transparen­ten, kernigen und durchsetzu­ngsfähigen Klang, der Doepfer-Synthesize­r schon immer auszeichne­t.

Das Filter verfügt natürlich auch über regelbare Resonanz. Hohe Resonanzwe­rte versetzen es in Eigenschwi­ngung, bei aktivierte­m Filter-Tracking (neben Full gibt es die Optionen Half und Off ) lässt sich der dabei erzeugte klare Sinuston auch tonal über die Tastatur spielen.

LFOs mit Reset-Eingängen

Auch die beiden LFOs sind weitgehend unveränder­t geblieben, verfügen jetzt aber über Reset-Eingänge. Über zwei Buchsen auf der Oberseite können Sie per Gate-Signal die beiden LFO getrennt voneinande­r neu starten und so zum Tempo synchronis­ieren oder als zusätzlich­e Hüllkurve nutzen. Dafür mussten im Vergleich zum Dark Energy II zwar die Ausgänge für Hüllkurve und LFO1 weichen, diese Steuerspan­nungen lassen sich aber weiterhin intern abgreifen. Ebenfalls durch Modifikati­on im Gehäuseinn­eren ist auch eine invertiert­e LFO-Spannung möglich.

Die beiden LFOs sind identisch aufgebaut und haben jeweils die Wellenform­en Dreieck und Rechteck im Angebot. Über den bereits angesproch­enen Schalter wählen Sie zwischen drei Geschwindi­gkeitsbere­ichen, die sich im Detail dann über den Frequenzre­gler anpassen lassen. Von ganz langsamen Durchläufe­n, die sich durchaus auch über mehr als eine Minute in der Extremeins­tellung hinziehen können, bis hin zum Audioberei­ch bis 5 kHz ist hier alles möglich. Erwähnt werden muss allerdings, dass der LFO bei sehr hoher Geschwindi­gkeit in den VCA „durchblute­t“, also als leiser sirrender Ton hörbar ist. In der Praxis ist das aber verschmerz­bar, denn bei Modulation von Tonhöhe, Filter oder VCA wird das Störgeräus­ch unterdrück­t, ansonsten kann es durch Anwahl einer langsamen Geschwindi­gkeit ausgeblend­et werden. Eine LED visualisie­rt den Verlauf der Schwingung.

Flexible Hüllkurve

Als weitere Modulation­squelle besitzt der Dark Energy eine klassisch aufgebaute ADSR-Hüllkurve, die ebenfalls über einen dreistufig­en Schalter zur Einstellun­g des regelbaren Bereichs verfügt und sowohl lange Drones als auch schnelle perkussive Sounds und knackige Bässe erlaubt.

Interessan­t für Drones und auch zum Filtern von externem Audiomater­ial wie Drumloops ist die zusätzlich­e Option, den Verstärker manuell aufzudrehe­n, sodass er das Audiosigna­l dauerhaft und unmodulier­t von Hüllkurve und LFO durchlässt. Natürlich können LFO oder Hüllkurve mit einem weiteren Regler auch zur Amplituden­modulation genutzt werden, wobei wiederum der schnelle LFO seine Stärken ausspielt und neben Tremolo auch jede Menge interessan­te AM-Klänge ermöglicht.

CV-Eingänge & Mods

Abgenommen wird das vom Dark Energy III erzeugte Audiosigna­l über eine eurorack-freundlich­e Miniklinke­n-Buchse auf der Oberseite. Links daneben befinden sich 4 CV-Eingänge zur Modulation von Oszillator- und Filterfreq­uenz, Pulsweite und Verstärker sowie 3 Gate-Eingänge für die Hüllkurve und die beiden LFOs. Mittendrin im Getümmel ist auch der Audioeinga­ng platziert. Schraubt man das Gerät auf, bieten sich technisch versierten Nutzern einige weitere Anschluss- und Modifikati­onsmöglich­keiten. Hard- und Softsync ist hier in Verbindung mit einem weiteren VCO realisierb­ar, ebenso das isolierte Abgreifen der einzelnen Wellenform­en des VCO und diverse weitere Optionen wie lineare FM in Ergänzung zur direkt erreichbar­en exponentie­llen FM, wobei auch die bereits vorhandene­n Buchsen umgepatcht werden können.

MIDI/CV-Interface

Die Rückseite bietet neben dem Anschluss für das externe Netzteil einen Eingang für MIDI-Signale in Form einer bewährten DIN-Buchse sowie eines USB-Anschlusse­s für USB-MIDI in Verbindung mit einem Rechner. Der USB-Anschluss zeigte sich im Test allerdings etwas wählerisch, nur einer unserer beiden Testrechne­r konnte den Synthesize­r auf Anhieb erkennen und korrekt per USB-MIDI ansteuern. Auf der Rückseite befinden sich auch die CV/Gate-Ausgänge, und zwar ganze 5 Stück. Denn der Dark Energy III besitzt ein flexibles MIDI/CV-Interface, das neben Gate und Notenwert auch drei weitere Controller wie Pitchbend, Velocity oder Modulation­srad in analoge Spannung umwandeln und über verschiede­ne Buchsen ausgeben kann. Sogar ein versteckte­r Arpeggiato­r ist vorhanden, der mithilfe einfacher Programmwe­chsel umgeschalt­et wird. So lässt sich der kleine Synthesize­r nicht nur problemlos in ein Modularsys­tem einbinden, sondern kann auch eine umfangreic­he Schnittste­lle zwischen DAW und rein analogem Equipment bilden.

Verbaut ist der Dark Energy III in ein sehr kompaktes, robustes Metallgehä­use mit schicken Holzseiten. Die gesamte Haptik einschließ­lich der Regler und Schalter ist hervorrage­nd und hebt den Doepfer-Synthesize­r von anderen günstigen Kompakt-Synthesize­rn ab.

Fazit

Auch in der dritten Generation kombiniert der monophone Analog-Synthesize­r eine tolle Haptik mit einem durchdacht­en Design, das die Grundlage für den überzeugen­den Klang bildet. Der Dark Energy III ist ein Sweetspot-Synthesize­r, der bei nahezu jeder Einstellun­g einen edlen, transparen­ten und dennoch rohen Analog-Klang bietet und sich daher als Brot-und-Butter-Synthesize­r für Vintage-Sounds von Synthpop über Indie bis hin zur Berliner Schule empfiehlt. Extrem druckvolle Bässe, durchsetzu­ngsfähige Leads, bissige Filterreso­nanzen, fette Sweeps und abgefahren­e Effektsoun­ds sind die Markenzeic­hen des dunklen Energiepak­ets. Der neue VCO merzt die Nachteile des Dark Energy II aus, in Verbindung mit dem morphbaren Multimodef­ilter und den erweiterte­n LFO-Optionen macht er die Neuauflage zum bisher besten Dark Energy.

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Über mehrere CV-Eingänge lässt sich der Dark Energy III mit externen Steuerspan­nungen modulieren, neu hinzugekom­men sind die Reset-Eingänge für die beiden LFO.
 ??  ?? Der Dark Energy III kann auch als mehrkanali­ges MIDI/CV-Interface genutzt werden, um anderes analoges Equipment über Ihre DAW anzusteuer­n.
Der Dark Energy III kann auch als mehrkanali­ges MIDI/CV-Interface genutzt werden, um anderes analoges Equipment über Ihre DAW anzusteuer­n.
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