Test: Doepfer Dark Energy III
Die dritte Generation des kompakten Analog-Synthesizers vereint die Vorteile der beiden Vorgängermodelle, das Resultat ist der beste Dark Energy aller Zeiten.
Analog-Knirps – ganz groß
Auch in der dritten Generation zeigt sich der kompakte Analog-Synthesizer Dark Energy vom Grundaufbau her unverändert. Weiterhin zeichnen Doepfers monophonen Synthesizer ein komplett analoger Signalweg und ein direkter, roher Charakter aus. Die Klangerzeugung basiert auf einem Oszillator. Er lässt sich per Regler im Bereich von einer Oktave hinauf oder hinunter stimmen, per internem Jumper ist der Regelbereich auf ± 2,5 Oktaven erweiterbar. Wie schon beim Sprung von Version 1 zu Version 2 unterscheidet sich auch der VCO des Dark Energy III deutlich vom Vorgänger. Damals war die Änderung notwendig, da die All-in-One-Curtis-Chips nicht mehr zur Verfügung standen. Das neue Design des Dark Energy II hatte aber den Nachteil, dass der VCO nach dem Einschalten erst angeheizt werden musste und es durchaus 15 Minuten oder mehr dauern konnte, bis der Oszillator ausreichend stimmstabil lief. Deshalb wurde der VCO im Dark Energy III komplett neu überarbeitet, die Aufwärmzeit fällt dadurch weg und Sie können nach dem Einschalten direkt loslegen. Angenehmer Zusatzeffekt ist ein sauberes 1V/Oktave-Tracking über 8 Oktaven.
Dreieck statt Sägezahn
Im Rahmen des Re-Designs wurde der Oszillator von sägezahn-basiert auf dreieck-basiert umgestellt. Dies mag zunächst wie ein untergeordnetes technisches Detail klingen, hat aber durchaus hörbare Auswirkungen. Der Dark Energy verfügt zwar nur über einen Oszillator, der aber wie beispielsweise bei einer Roland SH101 mehrere Wellenformen gleichzeitig zur Verfügung stellt. Per Kippschalter wählen Sie, ob die Rechteckwelle mit einer Sägezahn- oder Dreieckwelle ergänzt werden soll. Die Option der Dreieckwelle ist neu beim Dark Energy III und höchst willkommen, denn dadurch kann noch einmal ordentlich Schub untenrum bei Bass-Sounds hinzugefügt werden. Für lebendigere und vollere Sounds lässt sich die Pulsweite der Rechteckwelle nicht nur manuell einstellen, sondern auch in regelbarer Intensität von LFO oder Hüllkurve modulieren (PWM). Die Rechteckwelle können Sie bei entsprechender Einstellung der beiden Regler auch komplett ausblenden, wenn Sie nur Sägezahn oder Dreieckwelle in den Filter schicken wollen. Frequenzmodulation ist ebenfalls per LFO oder Hüllkurve möglich. Der zwischen verschiedenen Geschwindigkeitsstufen umschaltbare LFO reicht bis in den Audiobereich, sodass neben Sirenen und Vibrato auch typische analoge FM-Sounds durch Modulation der Oszillatorfrequenz machbar sind. Und wenn Sie die ebenfalls in drei Stufen umschaltbare ADSR-Hüllkurve als Modulator in schnellster Einstellung nutzen, sind perkussive Klänge bis hin zu kräftigen Kraftwerk-Zaps kein Problem für den kleinen Synthesizer.
Stufenloses Multimodefilter
Das Signal des Oszillators wandert in das 12dB-Multimodefilter, das sich stufenlos zwischen Tiefpass, Hochpass, Bandpass und Notch regeln lässt. Dieses Filter hat schon im Dark Energy II überzeugt, wo es das musikalisch etwas unergiebige 24dB-Tiefpassfilter des ersten Dark Energy ersetzt hat, und es wurde richtigerweise unverändert in den Dark Energy III übernommen. Das Filter verfügt über einen CV-Eingang zur Modulation durch externe Spannungserzeuger, mit Hilfe der Audio-Eingangsbuchse können Sie auch externe Audiosignale einspeisen und den Dark Energy als Filterbox nutzen oder um weitere Oszillatoren ergänzen. Intern ist die Filterfrequenz direkt mit LFO oder Hüllkurve modulierbar, die Stärke der Modulation lässt sich per Regler positiv oder negativ einstellen. Wie bei der Modulation der Oszillatorfrequenz zahlt sich auch hier der weite Geschwindigkeitsbereich von LFO und Hüllkurve aus, Filter-Zaps sind ebenso möglich wie überzeugend klingende Filter-FM.
Tolle FM-Sounds
In Verbindung mit den verschiedenen Filtertypen erweitern die FM-Möglichkeiten den Klangumfang der eigentlich ja reativ simpel aufgebauten Klangerzeugung enorm. Und was noch viel wichtiger ist: Die FM-Sounds klingen sehr gut! Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, virtuell-analoge Synthesizer und Plug-ins haben nach wie vor arge Schwierigkeiten, diesen Bereich klanglich überzeugend nachzubilden. Und selbst bei einigen analogen Synthesizern, vor allem wenn sie mit digital erzeugten LFOs ausgestat
tet sind, klingen Oszillator- und Filter-FM oftmals unangenehm aggressiv, kratzig und verwaschen. Beim Dark Energy III dagegen behalten die Klänge den transparenten, kernigen und durchsetzungsfähigen Klang, der Doepfer-Synthesizer schon immer auszeichnet.
Das Filter verfügt natürlich auch über regelbare Resonanz. Hohe Resonanzwerte versetzen es in Eigenschwingung, bei aktiviertem Filter-Tracking (neben Full gibt es die Optionen Half und Off ) lässt sich der dabei erzeugte klare Sinuston auch tonal über die Tastatur spielen.
LFOs mit Reset-Eingängen
Auch die beiden LFOs sind weitgehend unverändert geblieben, verfügen jetzt aber über Reset-Eingänge. Über zwei Buchsen auf der Oberseite können Sie per Gate-Signal die beiden LFO getrennt voneinander neu starten und so zum Tempo synchronisieren oder als zusätzliche Hüllkurve nutzen. Dafür mussten im Vergleich zum Dark Energy II zwar die Ausgänge für Hüllkurve und LFO1 weichen, diese Steuerspannungen lassen sich aber weiterhin intern abgreifen. Ebenfalls durch Modifikation im Gehäuseinneren ist auch eine invertierte LFO-Spannung möglich.
Die beiden LFOs sind identisch aufgebaut und haben jeweils die Wellenformen Dreieck und Rechteck im Angebot. Über den bereits angesprochenen Schalter wählen Sie zwischen drei Geschwindigkeitsbereichen, die sich im Detail dann über den Frequenzregler anpassen lassen. Von ganz langsamen Durchläufen, die sich durchaus auch über mehr als eine Minute in der Extremeinstellung hinziehen können, bis hin zum Audiobereich bis 5 kHz ist hier alles möglich. Erwähnt werden muss allerdings, dass der LFO bei sehr hoher Geschwindigkeit in den VCA „durchblutet“, also als leiser sirrender Ton hörbar ist. In der Praxis ist das aber verschmerzbar, denn bei Modulation von Tonhöhe, Filter oder VCA wird das Störgeräusch unterdrückt, ansonsten kann es durch Anwahl einer langsamen Geschwindigkeit ausgeblendet werden. Eine LED visualisiert den Verlauf der Schwingung.
Flexible Hüllkurve
Als weitere Modulationsquelle besitzt der Dark Energy eine klassisch aufgebaute ADSR-Hüllkurve, die ebenfalls über einen dreistufigen Schalter zur Einstellung des regelbaren Bereichs verfügt und sowohl lange Drones als auch schnelle perkussive Sounds und knackige Bässe erlaubt.
Interessant für Drones und auch zum Filtern von externem Audiomaterial wie Drumloops ist die zusätzliche Option, den Verstärker manuell aufzudrehen, sodass er das Audiosignal dauerhaft und unmoduliert von Hüllkurve und LFO durchlässt. Natürlich können LFO oder Hüllkurve mit einem weiteren Regler auch zur Amplitudenmodulation genutzt werden, wobei wiederum der schnelle LFO seine Stärken ausspielt und neben Tremolo auch jede Menge interessante AM-Klänge ermöglicht.
CV-Eingänge & Mods
Abgenommen wird das vom Dark Energy III erzeugte Audiosignal über eine eurorack-freundliche Miniklinken-Buchse auf der Oberseite. Links daneben befinden sich 4 CV-Eingänge zur Modulation von Oszillator- und Filterfrequenz, Pulsweite und Verstärker sowie 3 Gate-Eingänge für die Hüllkurve und die beiden LFOs. Mittendrin im Getümmel ist auch der Audioeingang platziert. Schraubt man das Gerät auf, bieten sich technisch versierten Nutzern einige weitere Anschluss- und Modifikationsmöglichkeiten. Hard- und Softsync ist hier in Verbindung mit einem weiteren VCO realisierbar, ebenso das isolierte Abgreifen der einzelnen Wellenformen des VCO und diverse weitere Optionen wie lineare FM in Ergänzung zur direkt erreichbaren exponentiellen FM, wobei auch die bereits vorhandenen Buchsen umgepatcht werden können.
MIDI/CV-Interface
Die Rückseite bietet neben dem Anschluss für das externe Netzteil einen Eingang für MIDI-Signale in Form einer bewährten DIN-Buchse sowie eines USB-Anschlusses für USB-MIDI in Verbindung mit einem Rechner. Der USB-Anschluss zeigte sich im Test allerdings etwas wählerisch, nur einer unserer beiden Testrechner konnte den Synthesizer auf Anhieb erkennen und korrekt per USB-MIDI ansteuern. Auf der Rückseite befinden sich auch die CV/Gate-Ausgänge, und zwar ganze 5 Stück. Denn der Dark Energy III besitzt ein flexibles MIDI/CV-Interface, das neben Gate und Notenwert auch drei weitere Controller wie Pitchbend, Velocity oder Modulationsrad in analoge Spannung umwandeln und über verschiedene Buchsen ausgeben kann. Sogar ein versteckter Arpeggiator ist vorhanden, der mithilfe einfacher Programmwechsel umgeschaltet wird. So lässt sich der kleine Synthesizer nicht nur problemlos in ein Modularsystem einbinden, sondern kann auch eine umfangreiche Schnittstelle zwischen DAW und rein analogem Equipment bilden.
Verbaut ist der Dark Energy III in ein sehr kompaktes, robustes Metallgehäuse mit schicken Holzseiten. Die gesamte Haptik einschließlich der Regler und Schalter ist hervorragend und hebt den Doepfer-Synthesizer von anderen günstigen Kompakt-Synthesizern ab.
Fazit
Auch in der dritten Generation kombiniert der monophone Analog-Synthesizer eine tolle Haptik mit einem durchdachten Design, das die Grundlage für den überzeugenden Klang bildet. Der Dark Energy III ist ein Sweetspot-Synthesizer, der bei nahezu jeder Einstellung einen edlen, transparenten und dennoch rohen Analog-Klang bietet und sich daher als Brot-und-Butter-Synthesizer für Vintage-Sounds von Synthpop über Indie bis hin zur Berliner Schule empfiehlt. Extrem druckvolle Bässe, durchsetzungsfähige Leads, bissige Filterresonanzen, fette Sweeps und abgefahrene Effektsounds sind die Markenzeichen des dunklen Energiepakets. Der neue VCO merzt die Nachteile des Dark Energy II aus, in Verbindung mit dem morphbaren Multimodefilter und den erweiterten LFO-Optionen macht er die Neuauflage zum bisher besten Dark Energy.