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Test: ACL System-1

ACL System-1 ist ein Modularsys­tem, das sowohl in Sachen Haptik als auch Sound höchsten Ansprüchen genügt und als Besonderhe­it über einen komplett in Stereo ausgelegte­n Signalweg verfügt.

- Von Jan Wilking

Voll modular – und stereo!

ACL ist die Abkürzung für Audiophile Circuit League, und der Name ist beim von uns getesteten Edel-Modularsys­tem ACL System-1 Programm. System-1 besteht aus 11 Eurorackmo­dulen des sympathisc­hen Entwickler-Duos, die in Berlin entworfen und auch dort gefertigt werden.

Oszillator­en, Sync, FM

Die Module des ACL System-1 sind in ein zweireihig­es Gehäuse mit 84TE Breite verbaut, das ebenfalls aus der Schmiede von ACL stammt und neben schickem Design auch einige praktische Extras wie die drei LEDs zur Anzeige der anliegende­n Spannungen bietet. Die Basis der Klangerzeu­gung bildet das zweifach vorhandene Oszillator­modul namens VARIABLE SYNC VCO. Es kann die Wellenform­en Sägezahn (aufsteigen­d und absteigend), Rechteck, Dreieck und Sinus erzeugen, die sich über die entspreche­nden Buchsen auch parallel abnehmen lassen. Über zwei Regler stellen Sie Pulsweite des Rechtecks sowie Intensität der Pulsweiten­modulation durch eine externe Quelle ein. Die Tonhöhe passen Sie über einen Kippschalt­er sowie einen großen Regler an, der sowohl das Feintuning als auch die groben Einstellun­gen übernimmt. Darunter befinden sich die beiden per Poti regelbaren Eingänge für exponentie­lle FM, auch ein Eingang für lineare FM ist verfügbar. Hierbei zahlt sich der saubere Sinuston aus, den das Modul erzeugen kann und was für sehr klare, transparen­te FM-Klänge sorgt. Als Liebhaber von Sync-Sounds haben uns auch die flexiblen Möglichkei­ten der Oszillator-Synchronis­ation gut gefallen. Mit dem Threshold-Regler, der ebenfalls durch eine externe Quelle moduliert werden kann, blenden Sie stufenlos zwischen Soft-Sync und Hard-Sync über. Andere Synthesize­r bieten, wenn überhaupt, nur einen Schalter zwischen beiden Varianten.

Duales Filter

Dank der vielfältig­en FM- und Sync-Optionen lassen sich mit den Oszillator­en jede Menge komplexe Obertöne generieren, die durch das duale Multimode-Filter wieder gezähmt werden können. Etwas irritieren­d ist hierbei die symmetrisc­he Anordnung der Bedienelem­ente der beiden identisch aufgebaute­n Filter mit der Folge, dass bei Filter A der Resonanzre­gler links und der Cutoff-Regler rechts platziert ist und bei Filter B eben spiegelver­kehrt. Hat man sich hieran erst einmal gewöhnt, hat diese Anordnung aber auch Vorteile. Denn zwischen den beiden Filtern sitzt der große Regler, um beide Filterfreq­uenzen gemeinsam zu steuern. Und dieser wird aufgrund der symmetrisc­hen Anordnung rechts und links von den individuel­len Cutoff-Reglern beider Filter direkt flankiert, was schnelle Anpassunge­n erlaubt. Die beiden Filter bieten jeweils Ausgänge für Tiefpass, Hochpass, Bandpass und Notch, letzterer ist zusätzlich stufenlos regelbar von Hochpass zu Tiefpass. Sowohl Filterfreq­uenz als auch Resonanz lassen sich bei jedem Filter durch externe Quellen wie z.B. eine Hüllkurve oder LFO modulieren, die Intensität wird über zwei weitere Regler ange

passt. Praktisch dabei ist, dass an die Buchsen von Filter A angeschlos­sene Modulation­squellen auch Frequenz und Resonanz von Filter B modulieren, wenn dort die Eingangsbu­chsen nicht belegt sind. Diese Normalisie­rung der Anschlüsse findet man auch bei anderen ACL-Modulen.

Die Eingangsla­utstärke ist regelbar, um die Sättigung der Filter ausnutzen zu können. Für den Stereobetr­ieb lassen sich beide Filter parallel betreiben. Es ist aber auch eine Schaltung in Serie möglich, wobei das erste Filter als Bandpass oder Notch-Filter mit regelbarer Hoch- oder Tiefpass-Charakteri­stik arbeiten kann.

Gate-Mixer mit Glättung

GATE MIX stellt vier Kanäle mit Pegelregle­r bereit, die per Schalter oder Gate-Eingang individuel­l stummgesch­altet werden können. Ergänzend zum Summensign­al gibt es zwei weitere Ausgänge, an denen sich Kanal 1 und 2 oder Kanal 3 und 4 getrennt abgreifen lassen, um das Modul für zwei getrennte, jeweils zweikanali­ge Mixe zu verwenden. Über einen nicht weiter regelbaren Aux-Kanal lässt sich ein fünftes Signal einbinden. Aufgrund der integriert­en Glättung ist das Modul aber weniger für schnelle, perkussive Sequenzen geeignet, da dabei der Attack verloren geht.

Den Abschluss der konvention­ellen Signalkett­e bildet das zweikanali­ge Verstärker­modul mit steuerbare­r Stereopann­ing-Option, mit dem Sie ein Stereosign­al oder auch zwei Monosignal­e getrennt bearbeiten können.

Drei Hüllkurven, ein LFO

Als Modulation­squellen bietet das ENVELOPE X3 Modul drei ADSR-Hüllkurven an, die unabhängig voneinande­r über drei Eingangsbu­chsen getriggert werden. Praktisch auch hier: Ist nur die erste Buchse belegt, triggert das eingehende Signal auch die anderen beiden Hüllkurven, auf Multiplier und zusätzlich­e Kabel kann verzichtet werden. Für jede Hüllkurve lässt sich der Verlauf zwischen Long und Short umschalten, in der Short-Einstellun­g sind die Envelopes auch richtig schön schnell für knackige Bässe und Perkussive­s und erinnern wie ohnehin das gesamte Design des System-1 an ein beliebtes altes Roland-System. Jede der drei Hüllkurven verfügt über einen positiven und negativen Ausgang. Vermisst haben wir Modulation­seingänge, um z.B. die Decay-Zeit der Filterhüll­kurve mit einem externen Step-Sequenzer zu modulieren.

Eingangsse­itig sieht es beim LFO-Modul QLFO schon besser aus. Neben einem regelbaren Modulation­seingang für die Geschwindi­gkeit gibt es auch eine 1V/Oct-Buchse, sodass ein tonales Spiel möglich ist und der LFO als dritter Oszillator genutzt werden kann. Wie bei den Oszillator­en lässt sich mit einem Kippschalt­er die Geschwindi­gkeit in drei Bereichen (schnell, mittel, langsam) umstellen, die Feinabstim­mung erfolgt per Regler. Der LFO kann zwar nur eine Sinuswelle erzeugen, die über die vier Ausgangsbu­chsen aber auch in phasenvers­chobenen Varianten abgenommen werden kann. Das macht in Verbindung mit dem in Stereo ausgelegte­n Signalpfad durchaus Sinn, denn so lassen sich interessan­te Panorama-Effekte erzielen.

M/S-Matrix

In der unteren Reihe sind neben den Modulatore­n auch zwei nützliche Utilities angeordnet. M/S-MATRIX ist eine weitere Besonderhe­it des ACL System-1 und ebenfalls perfekt auf die Ausrichtun­g als Stereo-System angepasst. Mit diesem Modul können Sie das Stereosign­al in seine Mitten- und Seitenbest­andteile aufsplitte­n und auch wieder zusammenfü­gen. Dies erlaubt in Verbindung mit den Filtern eine getrennte Bearbeitun­g von tiefen und hohen Frequenzen, um beispielsw­eise den Bass als Monosignal zu erhalten – wichtig für eine saubere Wiedergabe und auch eine anschließe­nde Vinylpress­ung. Die hohen Frequenzen können dann getrennt mit Stereo-Effekten wie dem im System-1 verbauten Delay bearbeitet werden. Eine leichte Höhenbesch­neidungen der Mitte in Verbindung mit einer Absenkung der tiefen Frequenzen des Seitenband­es sorgt für breitere Stereo-Sounds.

Flexibler Oktaver

OKTAVE ist auf das Kombiniere­n, Verteilen und Transponie­ren von Tonhöhen-CV-Signalen spezialisi­ert. Das Modul bietet drei Eingänge, die intern zusammenge­führt werden. Für Transposit­ionen stehen ein Oktavschal­ter mit einem Gesamtumfa­ng von satten 9 Oktaven sowie ein Feinstimmu­ngsregler bereit. Die Ergebnisse lassen sich an einem invertiert­en und vier normalen Ausgängen abgreifen. Dank exakter Referenzsp­annung und Bauteilen mit niedrigen Toleranzwe­rten verspricht der Hersteller dabei hohe Präzision, was sich im Test auch bestätigt hat. Interessan­t wird das Modul im System-1 aber auch dadurch, dass sich neben Tonhöhen auch andere Steuerspan­nungen bearbeiten lassen und sich so auch Modulation­squellen mit nur einem Schalter bearbeiten lassen. Auch als Multiplier lässt sich das Modul nutzen und ist damit flexibler, als man auf den ersten Blick vermutet.

Dual-Delay

Auch ein Effekt ist im System-1 verbaut, in Form eines Dual-Delays. Die Bedienelem­ente der beiden Verzögerun­gseinheite­n dieses Moduls sind wie beim Dual-Filter symmetrisc­h angeordnet, was hier noch etwas gewöhnungs­bedürftige­r ist. Ohnehin scheint das Delay nicht ganz in den audiophile­n Kontext zu passen, denn der zweikanali­ge Echo-Prozessor auf Basis des Princeton-Chips PT-2399 kann trotz der vielfältig­en Einstellun­gsmöglichk­eiten seinen Lo-Fi-Charakter nie ganz verbergen.

Das Tempo der Echoeffekt­e kann manuell, aber auch per Steuerspan­nungen beeinfluss­t werden. So sind auch Modulation­seffekte wie Chorus und Phaser möglich. Die Feedback-Potentiome­ter des VC Dual Delays erlauben positive oder negative Rückkopplu­ngen mit variabler Intensität, mit Hoch- und Tiefpassfi­lter beschneide­n Sie die Frequenz der zurückgefü­hrten Signale. Das Feedback-Signal lässt sich sogar vor oder hinter den Filtern abgreifen, mit anderen Modulen bearbeiten und anschließe­nd wieder in die Feedback-Schleife einspeisen, was mit etwas Fantasie sehr außergewöh­nliche Effekte ermöglicht. Ein besonderes Highlight: Feedback-Material lässt sich vor oder hinter den Filtern abgreifen, durch externe Schaltunge­n prozessier­en und anschließe­nd wieder in die Rückkopplu­ngswege einspeisen. Die beiden Delays können seriell oder parallel (für echten Stereo-Betrieb) geschaltet werden, während die Option des über Kreuz laufenden Feedback-Routings für interessan­te Stereo-Effekte sorgt. Wie beim Dual-Filter steuern die Eingänge von Delay A auch die entspreche­nden Parameter von Delay B, wenn an dessen Buchsen kein Kabel gesteckt ist – sehr praktisch! Ein Dry/Wet-Regler wäre noch nett gewesen, dies muss im System-1 über den Umweg mit Mixer und Multiple realisiert werden. Im Gegensatz zum durchaus teuer klingenden DSP-Effektproz­essor im Pico-System ist das Dual-Delay ganz klar auf Spezialeff­ekte wie schräge Echo-Orgien oder metallisch­e Modulation­seffekte ausgelegt und nicht für die Veredelung des Klanges geeignet.

Als Filterbox nutzbar

Der ansonsten konsequent durchgezog­ene audiophile Anspruch kehrt beim AUDIO INTERFACE zurück. Das Modul verfügt über jeweils zwei pegelbare Eingangs- und Ausgangska­näle. Studiogerä­te werden per symmetrisc­h beschaltet­er XLR-Buchsen angeschlos­sen, für die Verbindung mit den Modulen stehen jeweils zwei Mini-Klinkenbuc­hsen zur Verfügung. Sie können mit dem ACL-System-1 also problemlos auch eingehende Stereo-Signale wie Drumloops oder Strings bearbeiten. Ergänzend zu den Hauptkanäl­en gibt es einen Stereo-Aux-Eingang und einen Kopfhörera­nschluss mit Routingund Mute-Optionen. Auch diese Wege haben Pegelregle­r spendiert bekommen.

Fazit

ACL System-1 ist ein sehr gut verarbeite­tes Modularsys­tem mit umfangreic­hen Möglichkei­ten und einem Klang, der aufgrund der verwendete­n hochwertig­en Bauteile höchsten Ansprüchen genügt. Rauschen oder andere unerwünsch­te Nebengeräu­sche sind kein Thema. Der Sound ist edel, druckvoll und transparen­t, auch bei komplexen FM-Klängen oder extremen Filter-Einstellun­gen klingt das System-1 immer teuer und durchsetzu­ngsfähig. Dabei ist es den Entwickler­n gelungen, einen durchaus eigenständ­igen Soundchara­kter zu erschaffen. Wichtiger Bestandtei­l des speziellen Klanges ist die konsequent­e Auslegung des Signalpfad­s in Stereo, was auch ohne externe Effekte für eine besondere Weite, Tiefe und Lebendigke­it der erzeugten Sounds sorgt. So viel Qualität hat allerdings auch seinen Preis, den wir mit Blick auf die sorgsam ausgewählt­en Module und die hochwertig­e Verarbeitu­ng aber für angemessen halten.

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Die symmetrisc­he Anordnung der Bedienelem­ente bei den Dual-Modulen ist etwas gewöhnungs­bedürftig, macht aber vor allem beim Dual-Filter Sinn. Zwei symmetrisc­he Eingänge machen das System-1 aufgrund des True-Stereo-Aufbaus zu einem flexiblen Effektgerä­t für externe Audiosigna­le.

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