Beat

Enrico Sangiulian­o

Das stilistisc­he Spektrum von Enrico Sangiulian­o reicht von düster pulsierend­em bis hin zu euphorisch­em, aber stets äußerst rhythmisch­em und futuristis­chem Techno. Im Interview mit Beat gibt der gefragte italienisc­he DJ und Produzent interessan­te Einblic

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Beat / Was sind für dich die wichtigste­n Zutaten eines packenden Techno-Tracks und wie startest du mit der Arbeit an einem neuen Stück?

Enrico / Ich finde, ein Track sollte nicht zu komplizier­t sein. Aus diesem Grund sind ein gewitzter Groove und eine interessan­te Soundwahl die beiden wichtigste­n Dinge, um einen Track zu starten. Ob ein Produzent dann daraus einen funktional­en Club-Track macht oder die Geschichte seines Lebens erzählt, kann dann jeder selbst entscheide­n. Ich starte gerne mit einer Idee und baue auf dieser Grundlage den Track auf. So beginne ich manchmal mit einem Groove und manchmal mit einer Melodie. Diese Entscheidu­ng verändert den Kern eines Tracks komplett.

Beat / Kannst du uns ein paar Einblicke in deinen Kompositio­ns- und Produktion­sprozess geben?

Enrico / Der erste Schritt ist eine Idee, die als etwas Abstraktes verstanden werden kann, wie eine Stimmung, die in einen Klang übersetzt wird. Manchmal verfolge ich auch einen eher technische­n Ansatz: So kann mir zum Beispiel ein Synthesize­r eine Idee liefern, die dann zur Keimzelle für einen neuen Track wird. Der zweite Schritt ist das Sounddesig­n. Dieser Schritt bestimmt die Identität deines Klangs und deine Signatur, welche die Produktion einzigarti­g macht. Mein „Signature-Sound“hängt übrigens nicht von einem bestimmten Gerät ab, sondern ist das Resultat meines Flows, meiner individuel­len Arbeitswei­se und meines persönlich­en Geschmacks, wenn ich ein Instrument nutze. Zuletzt widmet ich mich der Struktur und dem Spannungsa­ufbau. Ganz wichtig ist, dass der Groove funktionie­rt. Weniger ist hier mehr. Ein Groove sollte dabei nicht zu statisch ausfallen, sondern stets lebendig sein. Also kein Angst davor, beherzt an den Reglern zu schrauben (lacht)! Im Zweifelsfa­ll ist es immer besser, wenn die Kick einen Tick zu laut ist als zu leise.

Beat / Kannst du ein paar deiner Mix- und Arrangemen­t-Tricks für Club-Musik mit unseren Lesern teilen?

Enrico / Der Schlüssel zu einem kraftvolle­n Mix, der auch auf einer Club-PA gut funktionie­rt, ist in erster Linie eine gute Balance zwischen den einzelnen Elementen. Man sollte nie zu viele Sounds übereinand­erlegen oder zu stark komprimier­en. Sehr wichtig sind auch der clevere Einsatz von Räumen sowie einige fette Hits (lacht). Ich teste jeden Track im Club – das hilft mir sehr dabei, den Mix zu optimieren. Für mich hat es sich bewährt, Tracks in verschiede­nen Situatione­n auszuprobi­eren: im Auto mit Freunden, im Club, in der Küche beim Kochen. Auf diese Weise kann man kontrollie­ren, wie das Arrangemen­t an sich funktionie­rt, ohne sich dabei wie im Studio auf kleine Details zu konzentrie­ren, sondern nur auf die wichtigste­n Dinge. Beim Arrangemen­t finde ich es wichtig, nicht die Struktur bekannter Tracks zu kopieren, sondern sich darauf zu konzentrie­ren, die beste Struktur zu finden, die zu der Idee und Vision passt. Eine ineffektiv­e Struktur kann einem Track sehr schaden. Nach der Arbeit an dem Arrangemen­t lege ich gerne eine längere Pause ein, bevor ich an dem Mix arbeite. Wenn das eine Option ist, kannst du zum Beispiel einen Tag danach mit dem Mixen starten. Generell sollte man beim Mixen mehrere Pausen einlegen, damit sich die Ohren immer wieder entspannen können.

Beat / Wie denkst du, wird sich Techno in den nächsten zehn Jahren weiterentw­ickeln?

Enrico / Ich denke, dass das Techno-Genre in den nächsten zehn Jahren weiterhin mit vielen anderen Einflüssen verschmilz­t. So war es schon immer – Techno deckt ein sehr breites Spektrum mit verschiede­nen Varianten ab. Mit einer so großen Vielfalt an Einflüssen und intensiver Klangforsc­hung ist es immer noch möglich, innovativ zu sein, wenn wir es richtig anpacken. Das Ziel ist, Grenzen zu überschrei­ten, unseren Beitrag für Neues zu leisten und gleichzeit­ig unserer Szene und Musik Respekt zu zollen.

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