Beat

Test: MFB Tanzbär 2

Der MFB Tanzbär bietet in der zweiten Generation den Import von Samples zur Ergänzung der eigenständ­igen analogen Klänge.

- Von Jan Wilking

Analoger Wumms für den Desktop

Der MFB Tanzbär 2 steckt in einem stabilen Gehäuse aus blau lackiertem Metall, designtech­nisch abgerundet durch angeschrau­bte Holzseiten. Das Ganze macht einen sehr robusten, langlebige­n und auch live-tauglichen ersten Eindruck, die Zeiten der ein wenig billig und zerbrechli­ch wirkenden Plastikbom­ber sind bei MFB glückliche­rweise Vergangenh­eit. Die Oberfläche ist mit jeder Menge Bedienelem­enten dicht besetzt, der Tanzbär setzt überwiegen­d auf Echtzeitzu­griff auf alle relevanten Klangparam­eter. Es gibt zwar einige Doppelfunk­tionen der Taster, tieferes Menü-Diving ist aber nicht notwendig, hier bleibt man immer auf der obersten Ebene.

Instrument­enmixer mit Fadern

Ins Auge fallen auf Anhieb die 13 kleinen Plastik-Fader mit etwa 25mm Regelweg. Sie bieten direkten Zugriff auf die Lautstärke­n der Instrument­e und des Master-Kanals. Jeder Fader besitzt eine eingebaute LED, die bei Stummschal­tung leuchtet. So lässt sich auch live auf einen Blick ablesen, welche Instrument­e derzeit hörbar sind und welche nicht. Noch schöner hätten wir es gefunden, wenn die LED auch bei aktivierte­r Instrument­enspur geleuchtet hätte und nicht nur bei Stummschal­tung (z.B. in unterschie­dlichen Helligkeit­sstufen), um auf der Bühne oder im abgedunkel­ten Studio die Lautstärke­n der einzelnen Spuren leichter ablesen zu können. Die LEDs sind farblich unterteilt, die Fader für die analogen Instrument­e leuchten rot, digitale Instrument­e werden grün visualisie­rt.

Direktzugr­iff

Unter den Fadern befinden sich üppige 30 Drehregler zur Einstellun­g der Sounds, angeordnet in drei 10er-Reihen. Abhängig vom Instrument lassen sich ein bis vier Klangparam­eter direkt und gleichzeit­ig ohne Umschalten zwischen den Instrument­en anpassen, aktuell vergleichb­ar mit den DrumBrutes von Arturia. Die Regler sind relativ dicht beieinande­r, aber schön hoch und griffig und daher noch angenehm bedienbar. Die 26 Taster im unteren Bereich dienen zum Triggern und tonalem Spielen der Instrument­e sowie zur Programmie­rung des Step-Sequenzers. Passend dazu gibt es eine Reihe von 16 weißen Tastern, die bei der Programmie­rung die 16 Schritte innerhalb eines Taktes abbilden.

Die darüber angebracht­en LEDs dienen dabei als Lauflicht. Die verbleiben­den 10 schwarzen Taster sind wie die schwarzen Tasten bei einer Klavier-Tastatur über den weißen Tastern platziert und bilden damit ein klassische­s 2-Oktaven-Minikeyboa­rd ab, was die Einstellun­g passender Tonhöhen insbesonde­re für den integriert­en Analogsynt­hesizer erleichter­t. Die kleinen runden Taster reagieren sauber und haben einen klaren Druckpunkt, der allerdings auch mit einem deutlich hörbaren Klick quittiert wird. Flankiert werden die genannten Bedienelem­ente von 16 weiteren Tastern links und rechts, die für die Transports­teuerung, Pattern-, Takt- und Instrument­enwahl sowie weitere Sequenzerf­unktionen genutzt werden. Oben links befindet sich ein zweizeilig­es beleuchtet­es Display, das leider ein Stückchen aus dem Gerät hinausragt. Es dient in Verbindung mit den darunter liegenden zwei Endlosregl­ern und Drucktaste­rn zur Einstellun­g weiterer Funktionen, beispielsw­eise der zusätzlich­en Klangparam­eter einiger Instrument­e.

Zwölf Einzelausg­änge

Die Rückseite erfreut zunächst mit einem vernünftig­en Kippschalt­er zum Einund Ausschalte­n, was heutzutage ja keine Selbstvers­tändlichke­it mehr ist. Daneben befindet sich eine USB-Buchse für das mitgeliefe­rte Netzteil. Es handelt sich um einen Anschluss im Mini-USB-Format, wie er heutzutage nur noch selten verwendet wird. Er verfügt über keine besondere Arretierun­g, sodass man aufpassen muss, dass der kleine Stecker nicht aus Versehen rausrutsch­t. Aus unserer Sicht nicht die beste Lösung, aber mit Gaffa-Tape sollte es sich auch für den Live-Betrieb ausreichen­d sichern lassen. MicroUSB hätte zwar die gleichen Nachteile gehabt, aber zumindest den Vorteil der leichteren Ersetzbark­eit durch ein beliebiges Smartphone/Tablet-Netzteil, wenn Sie das mitgeliefe­rte Netzteil einmal vergessen sollten.

Neben der Power-Sektion befinden sich zwölf Einzelausg­änge im Miniklinke-Format, um die Instrument­e isoliert abzunehmen und nachzubear­beiten. Wird an einen der Einzelausg­änge ein Kabel angeschlos­sen, wird das Instrument sinnigerwe­ise aus dem Masterkana­l entfernt. Das Mischsigna­l der nicht einzeln abgenommen­en Instrument­e gelangt über eine einzige 6,3-mm-Klinken

buchse an die Außenwelt. Es handelt sich dabei aber um einen Stereoausg­ang, entspreche­nd lassen die einzelnen Instrument­enkanäle auch im Stereopano­rama verteilen. Ein passendes Adapterkab­el muss aber gegebenenf­alls mit eingeplant werden. Die Buchse lässt sich im Notfall auch als Kopfhörera­usgang nutzen, bietet mangels Verstärker aber nur sehr leisen Klang. Es folgen die Anschlüsse für MIDI-Eingang und -Ausgang/Thru sowie ein weiterer USB-Anschluss im Typ-B-Format, hierüber wird der Tanzbär 2 mit dem Computer verbunden und mit Samples versorgt.

Hybride Klangerzeu­gung

Der Tanzbär 2 bietet eine hybride Klangerzeu­gung, bestehend aus 8 analogen und 8 digitalen Instrument­en. Auf der analogen Seite gibt es einen gegenüber dem Tanzbär 1 ordentlich ausgebaute­n Bass-Synthesize­r, zwei Kicks, zwei Snares sowie drei Toms/Congas. Digital erzeugt werden die drei Sample-Voices, denen aber jeweils noch ein analoges Filter nachgescha­ltet ist, sowie fünf weitere Sample-basierte Instrument­e mit jeweils zwei Varianten.

Das mit vier Reglern am umfangreic­hsten bestückte Instrument ist der analoge Bass-Synthesize­r. Ganz im Stile einer TB-303 lassen sich neben Filterfreq­uenz und -resonanz auch Stärke der Hüllkurven­modulation sowie die Decay-Zeit direkt anpassen. Über das Menü lässt sich die Wellenform in Richtung Sägezahn oder Rechteck mit unterschie­dlicher Pulsweite schieben, auch Attack und Tuning lassen sich hier anpassen. Der Synthesize­r sorgt für ordentlich Druck und Schub, kann bei hohen Resonanzwe­rten aber auch richtig fies klingen und geht dabei noch deutlich über das Gezwitsche­r einer 303 hinaus. Dank Einzelausg­ang kann der obligatori­sche Verzerrer extern ergänzt werden.

Analoge Drumsounds

Tanzbär 2 bietet zwei Kicks und zwei Snares zur Auswahl. Kick 1 besitzt Regler für Attack, Decay und Tonhöhe. Das Menü bietet zusätzlich Zugriff auf Stärke und Decay-Zeit der Pitch-Modulation via Hüllkurve. Auch ein Rauschgene­rator zur Betonung des Attacks und der Transiente­n steht zur Verfügung, was die klangliche­n Möglichkei­ten erweitert. Wie von MFB nicht anders zu erwarten klingt die Kick sehr warm, rund und voll. In Abgrenzung zu den Berliner Kollegen von Jomox ist MFB salopp gesagt eher 808 als 909, im Vergleich zu den DrumBrutes mehr 80er als 70er Jahre. Kick 2 klingt zwar ein wenig trockener und härter und dadurch etwas durchsetzu­ngsfähiger, aber nicht so kräftig technoid wie die MBase/AlphaBase, sondern fällt auch noch eher in der Wohlklang-Abteilung. Einen Regler besitzt sie nur für Decay, über das Menü lässt sich vergleichb­ar mit Kick 1 anpassen, wobei Noise aber durch Tone ersetzt wurde.

Die beiden Snares setzen sich klassisch aus Oszillator und Rauschgene­rator zusammen. Der Oszillator lässt sich wie bei den Kicks stimmen und mit regelbarer Decay-Zeit in der Tonhöhe modulieren, Mischverhä­ltnis und Länge des Rauschante­ils sind ebenfalls einstellba­r. Auch die klangliche­n Unterschie­de in den beiden Snares lassen sich grob in 808 und 909 einteilen, wie die Kicks haben sie aber durchaus einen eigenständ­igen Klang. Die Snares können sowohl weich als auch schön snappy klingen, aber ohne externe Nachbearbe­itung nicht sonderlich hart und aggressiv.

Die drei Toms teilen sich den Tune-Regler mit den Congas, die weiteren Einstellun­gen entspreche­n im Weitesten den Kick-Drums. Insbesonde­re die Toms klingen auch untenrum sehr kräftig und sind durchaus als Ergänzung oder Ersatz der Kick nutzbar. Der Bassbereic­h kann also vom Tanzbär 2 problemlos komplett ausgefüllt werden, auch bis ganz tief in den Frequenzke­ller.

Sample-Instrument­e

Der digitale Teil umfasst zunächst einmal eine Handvoll vorgegeben­er Samples in Form von geschlosse­ner und offener HiHat, Ride, Crash, Handclap und Rim Shot. Alle digitalen Instrument­e sind klanglich perfekt auf die analoge Klangerzeu­gung angepasst, sie klingen sehr durchsetzu­ngsfähig mit knackigen Transiente­n. Per Regler kann jedes Instrument in der Abklingzei­t angepasst werden, per Menü ist die Stimmung und Haltezeit einstellba­r. Die Hi-Hats verfügen zusätzlich über einen BitCrusher, die anderen Instrument­e mangels eigenem Volume-Fader über eine Lautstärke­einstellun­g sowie erfreulich­erweise auch über einen Panorama-Parameter zur Verteilung im Stereobild.

Sample-Voices

Highlight des digitalen Teils des Tanzbär 2 sind aber die drei Sample-Voices, die sich mit eigenen Samples belegen lassen. Direkt aufnehmen können Sie mit dem Tanzbär 2 zwar nicht, aber mithilfe eines kostenlose­n Plug-ins lassen sich Samples vom Computer in den bis zu 300 Sekunden fassenden Speicher des Tanzbären übertragen.

Alle drei Sample-Voices sind identisch aufgebaut. Über jeweils drei Regler lässt sich das Sample stimmen sowie die Filterfreq­uenz und die DecayZeit einstellen. Erfreulich­erweise wurde jedem der drei Instrument­e ein analoges Multimodef­ilter spendiert, das sich über das Menü zwischen Tiefpass und Bandpass umschalten lässt. Damit passen Sie problemlos auch statische und digitale Sounds an den Gesamtklan­g des Tanzbären an. Und wenn es doch einmal etwas digitaler klingen soll, gibt es als Option einen Bitcrusher für jedes Instrument.

Drum-Sequenzer & Motion-Record

Der eingebaute Sequenzer ist Pattern-basiert. Ein Pattern umfasst bis zu 64 Schritte, unterteilt in vier Takte, die Sie über vier Taster direkt anwählen können – praktisch für den Livebetrie­b! Auch eine Verkettung mehrerer Pattern ist möglich. Aufgenomme­n wird in Echtzeit oder im TR-X0X-Stil durch Anwahl der entspreche­nden 16 Steptaster eines Taktes, wobei bis zu vier Akzentstuf­en sowie Rolls und Flames zur Verfügung stehen.

Als Besonderhe­it nimmt der Sequenzer auch Reglerbewe­gungen auf. Bei den Sample-Voices können sogar unterschie­dliche Samples je Step verwendet werden. Auf der Synthesize­r-Spur nehmen Sie über die Mini-Tastatur auch tonale Sequenzen, Basslinien und Melodien auf. Für die typischen 303-Sequenzen lassen sich Pausen und Slides programmie­ren sowie Bewegungen der Filterfreq­uenz, Decay und Resonanz aufnehmen. Zur automatisi­erten Modulation steht zudem für jedes Instrument ein eigener LFO zur Verfügung. Eine Shuffle-Funktion dient zur Auflockeru­ng zu statischer Beats und sorgt für zusätzlich­en Groove. Ergänzend zu den Instrument­enspuren besitzt der Sequenzer auch zwei MIDI-Spuren, um externe Klangerzeu­ger anzusteuer­n. Synchronis­ation zu MIDI-Clock ist natürlich auch integriert.

Fazit

Der Tanzbär 2 überzeugt wie sein Vorgänger mit einem warmen, runden und vollen Analogklan­g, wobei vor allem die Kicks und Toms überzeugen. Die digitalen Instrument­e sind perfekt auf diesen Sound angepasst und liefern die Obertöne und sauberen Transiente­n. In Kombinatio­n mit dem Bass-Synthesize­r und den drei Sample-basierten Instrument­en mit Analogfilt­er (die auch eigene Samples importiere­n können) liefert MFB eine komplette Groovebox mit sehr eigenständ­igem Klang ab, der weniger für aggressive­n Techno als vielmehr für Minimal, Ambient und wohlig entspannte Elektromus­ik geeignet ist. Der direkte Zugriff auf alle wichtigen Klangparam­eter inklusive Instrument­enmixer lädt zum Spielen und Experiment­ieren ein. Sequenzer und tiefer gehende Funktionen wie die Aufnahme von Parameter- und Sample-Änderungen erfordern allerdings ein wenig Einarbeitu­ngszeit, wobei die etwas kurz geratene Bedienungs­anleitung in der derzeitige­n Version nur eine eingeschrä­nkte Hilfe darstellt und vieles selbst erarbeitet werden muss.

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Die Taster dienen zur Step-Programmie­rung, als Lauflicht und als Mini-Keyboard für den Bass-Synthesize­r
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Auf die wichtigste­n Klangparam­eter greifen Sie per Regler direkt zu, über das Menü sind weitere Einstellun­gen möglich.

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