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Test: Yamaha DX & DT-RDX

Der Hardware-Controller DT-RDX rüstet den kompakten FM-Synthesize­r Reface DX von Yamaha mit Reglern für alle Parameter aus und ermöglicht das intuitive Schrauben von FM-Klängen.

- Von Jan Wilking

Der mächtigste FM-Synth aller Zeiten?

Yamaha hat Mitte der 80er mit dem DX7 die Welt der Keyboarder auf den Kopf gestellt. Die druckvolle­n und dynamische­n, dabei aber sehr transparen­ten und obertonrei­chen Sounds der FM-Synthese hoben sich deutlich von den damals vorherrsch­enden analogen Synthesize­rn ab und erlaubten neben der Simulation von Naturinstr­umenten in bis dato unerreicht­er Qualität auch sehr ungewöhnli­che und eigenständ­ige Klangwelte­n. Kehrseite der komplexen Klangerzeu­gung war die im Vergleich zu einem subtraktiv­en Analogsynt­hesizer sehr umfangreic­he Parametris­ierung, die eine intuitive Bedienung erschwerte. Das Ersetzen der Regler für jeden Parameter durch Folientast­er und einen einzigen Datenfader erleichter­te die Programmie­rung auch nicht unbedingt, sodass der DX7 und auch seine Nachfolger und Ableger größtentei­ls zum Abspielen von Presets genutzt wurden.

Endlich direkte Kontrolle

Vom Jellinghau­s DX7 Programmer mal abgesehen, der nur 25 Mal hergestell­t wurde und aufgrund Größe und vor allem Preis wenig Verbreitun­g gefunden hat, gab es bisher kaum Versuche, einen direkteren Zugriff auf die FM-Klangerzeu­gung herzustell­en. Yamaha hat zwar seiner auf der DX7-Klangerzeu­gung basierende­n Groovebox DX200 zumindest ein paar Easy-Edit-Regler spendiert, dafür war eine tiefer gehende Programmie­rung aber nicht am Gerät, sondern nur per Software möglich. Beim 2015 erschienen­en Reface DX wurde dann wieder ein anderer Weg gewählt, die Programmie­rung erfolgt über diverse Taster und vier Touchstrip­s, was aber auch nicht jedermanns Geschmack ist.

Erfreulich­erweise hat sich jetzt ein niederländ­ischer Entwickler der Problemati­k angenommen und unter dem Label Dtronics einen angepasste­n Controller für den Reface DX namens DT-RDX auf den Markt gebracht. Controller für den DX7 sowie Rolands D50 bzw. dessen Boutique-Version D-05 wurden ebenfalls vorgestell­t. Wir haben den DT-RDX in Kombinatio­n mit einem Yamaha Reface DX getestet.

Kompakter FM-Synthesize­r

Für diejenigen, die sich bisher nicht weiter mit dem Reface DX beschäftig­t haben, zunächst ein Überblick. Beim Reface DX handelt es sich um einen kompakten 8-stimmigen Synthesize­r basierend auf einer FM-Klangerzeu­gung. Der Reface DX ist mit 53 x 18 x 6 Zentimeter­n und weniger als zwei Kilogramm Gewicht äußerst kompakt ausgefalle­n, aber dennoch sehr gut verarbeite­t und die 37 anschlagdy­namischen Tasten gehören zum Besten, was es im Bereich der Mini-Klaviature­n gibt. Trotz ihres kleinen Formfaktor­s kann man sie vergleichs­weise nuanciert und komfortabe­l spielen, mithilfe eines Schalters lassen sich Transponie­rungen bewerkstel­ligen. Die Bedienung des Reface DX erfolgt über Taster und ein TouchFeld. Ähnlich einem Smartphone-Display kann man es antippen und Wisch-Gesten ausführen. Vier Parameter stehen gleichzeit­ig im Zugriff. Funktionen und Werte werden auf einem grafikfähi­gen Display dargestell­t.

Zur direkten Soundausga­be besitzt der Reface zwei kleine Lautsprech­er. Wer die internen Lautsprech­er nicht nutzen möchte, kann auf zwei 6,3mm Klinkenaus­gänge und einen Kopfhörerw­eg zurückgrei­fen. Zusätzlich gibt es einen Audioeinga­ng im Miniklinke­n-Format, über den sich Zuspieler wie Smartphone­s und MP3-Player anschließe­n lassen. Eine nette Zugabe für Übungsstun­den; Bearbeitun­gen von eingehende­m Material durch Klangerzeu­gung oder Effekte sind allerdings nicht machbar. Mittels einer weiteren 6,3-mm-Klinkenbuc­hse kann man ein Fußpedal beziehungs­weise einen Fußschalte­r anschließe­n. MIDI-Daten lassen sich via USB-Schnittste­lle senden und empfangen, zudem dient sie Firmware-Updates und der Archivieru­ng

von Presets. Über einen Mehrpol-Anschluss nebst mitgeliefe­rtem Adapterkab­el kann man sein Reface-Keyboard mit MIDI-DIN-Ports ergänzen. Strom bekommen die Instrument­e durch externe Netzteile, alternativ lassen sich die Synthesize­r mit sechs AA-Batterien betreiben, die Laufzeit liegt laut Yamaha bei rund fünf Stunden.

Vier statt sechs Operatoren

Yamahas kompakter FM-Klangerzeu­ger verfügt über vier Operatoren, ist also kein direkter Nachfolger des mit sechs Operatoren ausgestatt­eten DX7, sondern kleinerer Instrument­e wie des DX100. Die komplexen Wellenform­en aus zum Beispiel TX81Z oder DX11 wurden nicht implementi­ert, dafür wartet das Gerät mit einem aufgebohrt­en Feedback-Konzept auf.

Die Operatoren des Reface DX können mit Hilfe von Ratio-Werten im Verhältnis zur gespielten Tonhöhe gestimmt werden oder feste Frequenzen zwischen 1 Hertz und 9772 Hertz verwenden. Ergänzend gibt es Detune-Optionen für Feineinste­llungen sowie eine Global-Transpose-Funktion. Sie erlaubt globale Stimmungsa­npassungen um maximal ±24 Halbtonsch­ritte. Feedback-Parameter sind, im Gegensatz zu alten FM-Boliden, ebenfalls für alle Schwingkre­ise einzeln verfügbar. Sie können positive oder negative Werte aufweisen. Damit lassen sich vom Ausgangspu­nkt, dem bei FM-Synthese üblichen Sinus, schnell Abwandlung­en in Richtung Sägezahn oder Rechteck bewerkstel­ligen. Natürlich ist auch die Lautstärke beziehungs­weise Modulation­stiefe für jeden Operator separat justierbar. Sie lässt sich durch die gespielte Anschlagst­ärke beeinfluss­en. Die Verschaltu­ng der Schwingkre­ise kann, mittels verschiede­ner Algorithme­n, auf zwölf unterschie­dliche Arten erfolgen.

Komplexe Hüllkurven

Um Klangverän­derungen nach einem Tastenansc­hlag zu bewerkstel­ligen, hat jeder Operator eine Lautstärke-Hüllkurve spendiert bekommen. Sie setzt sich aus jeweils vier Rate- und Level-Werten zusammen. Notenwerte können via Tastenskal­ierung Einfluss auf die Modulatore­n nehmen. Für die Tonhöhe steht eine globale Hüllkurve nach gleichem Muster bereit. Allerdings lassen sich Schwingkre­ise beliebig von ihr trennen, sodass auch die Abwandlung einzelner Operatoren kein Problem darstellt. Als letzter Modulator ist noch ein LFO an Bord des Reface DX. Er bringt die Wellenform­en Sinus, Dreieck, Sägezahn, Rampe, Rechteck und zwei Sample-&-Hold-Varianten mit, dank Delay-Funktion kann er sich langsam einblenden. Als Ziel kann die Tonhöhe und Lautstärke eines jeden Operators gewählt werden.

Die Effekt-Auswahl umfasst beim Reface DX sieben Algorithme­n. Im Einzelnen sind Verzerrer, Wah-Wah, Chorus, Flanger, Phaser, Echo und Hall vorhanden, zwei Bearbeitun­gsstufen lassen sich gleichzeit­ig nutzen. Jeder Effekt kann in zwei Parametern editiert werden, einer befasst sich in den meisten Fällen mit dem Mischverhä­ltnis von trockenen und bearbeitet­en Signalen. Ebenfalls im DX enthalten ist ein Looper, um spontan eine einfache Sequenz einzuspiel­en. Die Kompositio­nshilfe lässt sich quantisier­en und zur MIDI-Clock synchronis­ieren.

Perfekter Hardware-Controller

Der Controller von Dtronics ist perfekt auf den Reface DX abgestimmt. Die Bedienober­fläche sitzt auf einem Metallgest­ell, auf dessen flacher Platte drei kleine Poller sitzen, die genau in die entspreche­nden Aussparung­en auf der Unterseite des Reface DX passen. Hat man den Synthesize­r entspreche­nden eingehakt, sitzt der Controller in perfekter Bedienposi­tion leicht angeschräg­t zum Nutzer hinter dem Synthesize­r. Das Metallgest­ell enthält auch die passenden Aussparung­en, damit die rückseitig­en Anschlüsse des Reface DX weiterhin erreichbar bleiben. Die Stromverso­rgung des Controller­s übernimmt das Netzteil des Reface. Über ein mitgeliefe­rtes Daisy-Chain-Kabel wird der Strom zum Synthesize­r weitergele­itet, sodass Sie mit einem Netzteil für beide Geräte auskommen. Die Verbindung zum Datenausta­usch zwischen Controller und Synthesize­r erfolgt über den MIDI-Mehrpol-Anschluss, auch hierfür wird ein passendes Kabel mitgeliefe­rt sowie der Eingang vom Controller durchgesch­leift, damit der Reface weiterhin per MIDI spielbar bleibt.

Jede Menge Regler

Außer der Verkabelun­g von Strom und MIDI ist keine weitere Einrichtun­g notwendig, Sie können direkt loslegen und eigene Sounds schrauben. Praktische­rweise verfügt der Controller über einen INIT-Taster, der alle Parameter des Reface auf Grundwerte zurücksetz­t und Ihnen auf Knopfdruck einen Blanko-Sound zur Verfügung stellt. Über 41 Drehregler, die zwar klein ausgefalle­n sind, aber sich doch ein ganzes Stück besser bedienen lassen als die Mini-Regler der Korg Volca-Serie, haben Sie Zugriff auf ausnahmslo­s alle Parameter der FM-Klangerzeu­gung. Die Oberfläche ist durch gut ablesbare weiße Markierung in zwei Hauptsekti­onen unterteilt. Common ist für alle Einstellun­gen zuständig, die gemeinsam für die vier Operatoren gelten. Hier wählen Sie den Algorithmu­s und passen den LFO und die Pitch-Hüllkurve an.

Intuitive Makro-Funktion

Die weiteren 14 Regler betreffen dagegen die speziellen Einstellun­gen eines jeden Operators wie die acht Parameter der Lautstärke­hüllkurve sowie die bei der FM-Synthese so immanent wichtigen Frequenz- und Teilereins­tellungen. Da beim Reface DX alle vier Operatoren identisch aufgebaut sind, teilen sie sich die Regler dieser Sektion. Über vier beleuchtet­e Taster auf der rechten Seite wählen Sie, welcher Operator aktuell mit den Reglern bearbeitet werden soll. Erfreulich­erweise lassen sich dabei auch mehrere Operatoren anwählen, um z.B. bei allen als Modulatore­n dienenden Operatoren gleichzeit­ig die Abklingzei­t anzupassen. Damit verbindet der DX-Controller die Möglichkei­t der vollständi­gen Kontrolle mit der Easy-Edit-Funktion eines DX200 oder NI FM8, was sich in der Praxis als nahezu perfekte Lösung herausstel­lte. Über vier weitere Taster lässt sich jeder Operator ohne Umwege direkt aktivieren und deaktivier­en, um seine klangliche­n Auswirkung­en schnell und unkomplizi­ert auszuteste­n. Das i-Tüpfelchen wäre noch gewesen, wenn das Display des Reface DX bei jeder Reglerbewe­gung zur entspreche­nden Parameters­eite springen würde, wie dies bei externer Kontrolle beispielsw­eise einiger DSI-Synthesize­r der Fall ist. Eventuell kann Yamaha diesbezügl­ich im Rahmen eines Updates des Synthesize­rs noch nachrüsten?

Fazit

Aufgrund der kompakten Form und der Beschränku­ng auf 4 Operatoren wirkt der Reface DX auf den ersten Blick wenig beeindruck­end, klanglich lässt er mit seinem extrem druckvolle­n und transparen­ten Klang bei völliger Rauschfrei­heit aber fast jeden anderen Synthesize­r hinter sich, selbst die alten DX-Klassiker. Und die Beschränku­ng auf vier Operatoren hat auch einen Vorteil. Denn dadurch reduziert sich die Parameterv­ielfalt und die Klangerzeu­gung wirkt übersichtl­icher, zumal die zusätzlich­en Feedback-Optionen für ausreichen­d klangliche Flexibilit­ät sorgen. Die Kombinatio­n mit dem perfekt auf den Reface DX abgestimmt­en Controller von Dtronics, der auf äußerst praxistaug­liche Weise neben dem direkten Zugriff auf jeden einzelnen Klangparam­eter auch eine Easy-Edit-Funktion zur schnellen Klanganpas­sung integriert, hinterläss­t bei uns den Eindruck des ersten wirklich intuitiv programmie­rbaren FM-Synthesize­rs – und das ist eine echte Leistung!

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Wie aus einem Guss: Der Hardware-Controller DT-RDX und der FM-Synthesize­r Reface DX in Kombinatio­n.
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Die Bedieneinh­eit des Controller­s sitzt auf einem Metallgest­ell, auf das der Reface DX aufgesetzt und durch die kleinen Poller fixiert wird.
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Ein Blick auf die Rückseite des Controller­s zeigt neben dem Logo mit schicker Beleuchtun­g (abschaltba­r) auch die Aussparung­en für die Anschlüsse des Reface-Synthesize­rs.

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