Test: UJam Virtual Bassist
In der Tieftonregion mancher Produzenten kann es bald so richtig krachen. UJam liefert schnelle Hilfe beim Arrangieren von traditionellen Bässen. Gleich drei Bassmodelle samt Phrasen sorgen für realistische Bassspuren.
Realistische Bassspuren per Knopfdruck
Beim Produzieren von Synthbässen können Sie im Sequencer tricksen und auch den Arpeggiator bemühen. Anders sieht es bei traditionellen Bässen aus: Ein Bassist spielt und phrasiert normalerweise anders als Sie auf einer Tastatur. Dies wird schnell deutlich, sobald Sie einen E-Bass aus dem Sampler im Sequencer aufnehmen. Es fehlen meist Slides, Deadnotes und andere artikulatorische Feinheiten, die entscheidend zur lebendigen Spielweise beitragen. Wer sich mit dem echten Bassspiel auskennt, kann sich zwar mit einer guten Sample-Bibliothek behelfen, benötigt aber schon längere Zeit für die perfekte Rekonstruktion. Mit Audio-Loops kommen Sie auch nicht weiter, wenn Sie ihre eigenen Akkorde im Kopf haben. Natürlich können Sie sich einen fähigen Bassisten ins Studio holen. In diesem Fall sollten Sie aber tontechnisch bewandert sein und eine ordentliche Gage abdrücken. Dieses Honorar wird sicherlich höher liegen als der Preis für eines der drei Plug-ins, die UJam vorgestellt hat.
Traditionelles Trio
Das Virtual Bassists Bundle offeriert quasi für jeden Stilbedarf einen Player: „Royal“ist ein universell verwendbarer E-Bass. Rockig zeigt sich „Rowdy“mit heißem Amping und Fuzz-Box. Einen akustischen Kontrabass vertritt „Mellow“und empfiehlt sich für Jazz, Latin oder HipHop. Jedes dieser Instrumente kann entweder im Instrument-Modus (per Midi nuancenreich spielbar) oder im Player-Modus (gibt Phrasen nach vorgegebener Tonart und Akkordfolge wieder) verwendet werden. Genau dies mag der Praktiker: Die Benutzeroberfläche ist ansprechend und konzentriert sich auf wesentliche Dinge. Ein Blick ins Manual ist eigentlich nicht nötig, vieles erklärt sich von selbst. Alle Bässe bieten eine Klang- und Effektparametrisierung. Sie müssen aber nicht am Klang feilen. Jeder virtuelle Bassist bringt eine großzügig bemessene Preset-Bibliothek mit, die praktisch alle Standardtypen (Ballad, Pop, Rock, Funk, Soul, Latin, Indie, RnB und Hip-Hop, Reggae und Ska) abdeckt. Klanglich sind alle Bässe sehr präsent und druckvoll. Sie kommen jeweils ihrem Original akustisch sehr nahe. Im Instrument-Modus spielen Sie selber. Es lassen sich typische Artikulationen (Legato, Dead Notes, Slides, etc.) per Key Switches abrufen. Spontan lässt sich der Klang noch per Modulations- und Pitchbending-Rad formen.
Arrangierpraxis
Im Player-Modus agieren Sie durch Triggern von Midi-Noten, die jeweils eine Phrase abspielen. Die Noten ab C3 bestimmen jeweils den Akkord, unterhalb von C3 lassen sich die Riffs anwählen. Der Player unterscheidet zwischen geläufigen Phrasen und Riffs, die genau zum ausgewählten Style passen. Mit Fills lassen sich die Bassläufe auflockern. Nach dem Fill wechselt der Bassist automatisch zurück zum Basismuster – ein sehr praktikables Detail. Mit etwas Übung gelingen ihnen schon bald tolle Basslinien. Ein hoher Staunfaktor oder große Aufregung stellt sich beim persönlichen Anspielen jedoch nicht ein. Die virtuellen Bassisten kommen angenehm bodenständig zur Sache. Es sind keine Selbstdarsteller, sondern dienen ihrem Song. An Details wie Feeling, Swing oder Timing-Verhalten ist auch gedacht worden.
Großes Plus ist die Preset-Bibliothek. Nicgt weniger als 40 Styles und 450 Phrases ergeben reichlich Stoff. Die Vorlagen sind bei allen drei Bässen nach Musikstilen sortiert und aussagekräftig benannt worden, auch konkrete Tempoangaben fehlen nicht. Ein Bass allein macht aber übrigens noch keinen Track. Zum Fundament gehört noch ein Schlagzeug. Hier wäre es hilfreich, unerfahrenen Musikern eine Pattern-Bibliothek zu bieten, die zu den geläufigsten Bass-Presets einen passenden Beat liefert. Dies könnte auch per Website mit Midi- und Audio-Demos umgesetzt werden. Vielleicht denkt UJam auch über einen weiteren Player nach, der Bass und Drums kombiniert.
Fazit
Dreifaches Kompliment : Alle Bässe klingen souverän und machen spielerisch einen guten Job. Der positive Eindruck wird noch besser, wenn Sie die Marktsituation berücksichtigen: Während sich die Guitar Player überhäufen, sieht es beim Bass ziemlich düster aus. UJam dominiert mit den drei virtuellen Bässen am Markt, Alternativen zu diesem Bundle gibt es kaum. Es finden sich zwar Software-Instrumente mit traditionellen Bassklängen (siehe Alternativen), die aber selber keine Phrasen liefern und erst bei erfahrenen Arrangeuren zu ähnlich guten Ergebnissen führen.
Noch nie war das Arrangieren von traditionellen E-Bässen oder Kontrabässen in populärer Musik so einfach – vielen Dank an UJam für dieses enorm praktische Bundle. Auch der Preis ist sehr musikerfreundlich kalkuliert worden. Alles bässtens!