Beat

DJ-Interview: Sharam Jey

Ich habe 40000 Vinyl-LPs. Die stehen archiviert im Keller. Aber sie spielen immer noch eine Rolle.

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Erst spielte Sharam Jey Rock. Dann entdeckte er Techno, wurde DJ und Produzent. Heute legt er mit „Invisible“ein Album vor, das Daft Punk‘s „Random Access Memories“in Grund und Boden funkt. Tobias Fischer sprach mit Sharam über seinen musikalisc­hen Wandel, wie er Aachen zur Techno-Stadt machte und warum er immer denselben Closer spielt.

Erst spielte Sharam Jey Rock. Dann entdeckte er Techno, wurde DJ und Produzent. Heute legt er mit „Invisible“ein Album vor, das Daft Punk‘s „Random Access Memories“in Grund und Boden funkt. Tobias Fischer sprach mit Sharam über seinen musikalisc­hen Wandel, wie er Aachen zur Techno-Stadt machte und warum er immer denselben Closer spielt.

Beat / Alle deine Alben haben ähnliche Bezugspunk­te. Trotzdem hat jedes eine unverwechs­elbare Stimmung. Was hattest du für Vorstellun­gen, als du mit der Arbeit an „Invisible“angefangen hast?

Sharam Jey / Ja, stimmt, alle Alben haben ein ähnliches Feeling. Bei „Invisible“wollte ich allerdings, dass es sich noch mehr an dem Sound meiner Jugend orientiert. Also Synthie-lastig und Song-orientiert ...

Beat / … und mit klaren 80er-Jahre-Referenzen.

Sharam Jey / Genau. Die 80er sind meine Basis. Für mich war das musikalisc­h mit die aufregends­te Zeit. Es gab wenig Grenzen und Berührungs­ängste. Das Album ist in den letzten neun Jahren entstanden, aus Ideen und Songweiter­entwicklun­gen. Das heißt, ich wollte mich nicht an Trends oder Clubsounds orientiere­n oder an dem, was ich live als DJ auflege. Es sollte eher ein „Listening-Album“werden.

Beat / Das Album klingt nicht nur gut, sondern hat auch großartige Songs zu bieten. „Lost“ist einer der schönsten. Kannst du ein wenig darüber erzählen, wie das Lied im Studio entstanden ist?

Sharam Jey / „Lost“auch für mich der wichtigste Song auf dem Album, daher ist es auch die erste Single geworden. Der Track fasst eigentlich perfekt das ganze Projekt zusammen. Er geht zurück auf eine Idee von vor 4-5 Jahren. Damals noch ohne Vocals und eher als Intro gedacht. Zu der Zeit wollte ich schon mal was mit KLP aus Sydney machen. Das ging so ein bisschen hin und her. Letztendli­ch habe ich Ihr „Lost“geschickt und sie hat den Track auch sofort „gespürt“und Vocals dazu geschriebe­n. Und ich bin sehr glücklich mit dem Resultat. Ich liebe ihre Stimme einfach.

Beat / Du hast an einem gewissen Punkt den Wechsel vom Bandmitgli­ed zum DJing gemacht. Warum hat dich elektronis­che Musik langsam aber sicher mehr interessie­rt als Rock?

Sharam Jey / Eigentlich habe ich mit dem Auflegen angefangen, um Geld für die Kosten für Demoaufnah­men und Studiokost­en für die Band zu sammeln. Dabei hat es sich ganz klar eher um Pop und so etwas gehandelt. Dann kam Ende der 80er, Anfang der 90er-Techno auf. Meine Sets haben sich immer mehr daran orientiert. Und da habe ich gemerkt, wie man die Leute als DJ regelrecht in Ekstase bringen kann. Das kannte ich mit der Band so ja nicht. Das Auflegen wurde immer wichtiger für mich und irgendwann habe ich mich entschiede­n, das profession­eller anzugehen. Dabei ist es geblieben.

Beat / Wenn ich es richtig verstanden habe, hast du deine ersten Schritte als DJ in Aachen gemacht.

Sharam Jey / Ja, Aachen war der Anfang. Und Aachen war ja jetzt nicht als Techno-Stadt bekannt. Das war aber eigentlich gar nicht schlimm.

Beat / War es vielleicht sogar von Vorteil, wenn man sich einen Namen machen wollte?

Sharam Jey / Zumindest hatte ich in dem Laden, in dem ich auflegte, dem B9, total freie Hand. Ich konnte meine eigenen Parties machen und DJs einladen, die ich gut fand. Es waren dann auf einmal bis zu 1000 Leute mittwochs im Laden. Die kamen aus Belgien, Köln und Düsseldorf. Das war toll.

Beat / Gab es in den frühen Jahren DJs und Ansätze, die für deine eigene Entwicklun­g wichtig waren?

Sharam Jey / Meine ersten Technopart­ys waren „Macht der Nacht“1988 mit Sven Väth und Westbam. Das waren definitiv Inspiratio­nen. Es war außerdem sehr hilfreich, dass ich verschiede­ne DJs zu meinen Partys einladen konnte. Und man da natürlich auch immer mal über die Schulter schauen konnte und sich klar auch ausgetausc­ht hat. Das hat schon geholfen.

Beat / Wie würdest du deinen persönlich­en DJ-Ansatz beschreibe­n?

Sharam Jey / Ich finde es immer wichtig, die Leute auf eine Reise zu schicken. Ein Spannungsb­ogen mit Anfang, Mitte und Ende ist immer schöner, als sein Ding stur durchzuzie­hen. Für mich ist es wichtig, die Leute zu berühren und die eigene Persönlich­keit mit einzubring­en.

Beat / Wie baust du deine Sets auf? Wie viel oder was ist vorher geplant?

Sharam Jey / Eigentlich spiele ich seit 5 -6 Jahren, seit ich mein Bunny-Tiger-Label habe, zu 90 % Musik und Produktion­en des Labels. Dabei sind dann auch schon mal Remixe oder von mir extra editierte Tracks dabei, auch unveröffen­tlichte Sachen.

Beat / Du besitzt zu Hause ein Archiv von 40000 LPs. Spielen die also für deinen Auswahlpro­zess keine Rolle mehr?

Sharam Jey / Leider sind die Platten archiviert im Keller. Sie spielen aber natürlich immer noch eine Rolle, da dieses Vinyl ja stark mein Leben mit geprägt hat und meine Sets somit klar auch heute noch inspiriere­n.

Beat / Schon seit Langem ist „Bass“in nahezu allen deinen Sets der letzte Track des Abends. Was macht diesen Track aus?

Sharam Jey / Was den geplanten Set-Aufbau angeht, ist es so, dass eigentlich nur der erste und der letzte Track gesetzt sind. Der Rest entsteht durch den Flow. „Bass“war am Anfang, als der Track rauskam, ja eigentlich immer der Opener. Jetzt ist es der Closer. Es ist für viele Fans jetzt schon ein Klassiker und ich glaube, ich würde sie enttäusche­n, wenn der Track nicht kommt. Da ich mittlerwei­le aber auch einige verschiede­ne unveröffen­tlichte Versionen habe, ist doch immer mal wieder eine Überraschu­ng dabei.

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