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Test: Arché Collection

Drei kleine Streicher-Instrument­e und eine große Portion Expressivi­tät verbergen sich hinter der Arché Collection von Expressive E.

- Von Kai Chonishvil­i

Drei Streicher für expressive­s Spiel

Das französisc­he Unternehme­n Expressive E sorgte mit dem Touché Controller auf den vergangene­n Musikmesse­n immer wieder für Furore. Mit der Arché Collection präsentier­en sie nun ihre ersten Plug-ins inklusive Touché-Unterstütz­ung. Was es damit auf sich hat und warum diese Kollektion etwas ganz Besonderes ist, erfahren Sie in diesem Testberich­t.

Instrument­en-Trio

Die Arché Collection besteht aus den drei Plug-ins Arché Cello, Arché Viola & Arché Violin, die man auch separat erwerben kann. Die Namen verraten es bereits: Cello, Viola (Bratsche) und Violine (Geige) zählen zu den Protagonis­ten dieser virtuellen Streicher-Kollektion. Allen gemeinsam ist die Basis des Physical Modelling, was bedeutet, dass eben die physikalis­chen Gegebenhei­ten der einzelnen Instrument­e modelliert werden. In der Praxis glänzen Plug-ins mit dieser Klangerzeu­gungsTechn­ologie (z.B. AAS Chromaphon­e) durch ein organische­s Klangverha­lten und vielen Stellschra­uben für die Formung. Ein Vorteil dieser Methode liegt auch im Speicherpl­atz, der bei diesem Produkt mit 92 MB typisch gering ausfällt. Das können Sample-basierte Instrument­e nicht von sich behaupten, die mit wachsender Authentizi­tät dutzende Gigabyte schwer sein können.

Startklar

Schon beim ersten Starten eines der Plugins fällt das schlichte Design auf, welches für alle identisch ist – bis auf die Farbgebung. Überforder­ung wird es kaum geben, denn dafür sind einfach zu wenig Parameter vorhanden. Der wichtigste Parameter ist der Slider „Bow“, also der virtuelle Bogen. Dieser kann auf drei unterschie­dliche Arten ansprechen: Natural, Expression und Hybrid. Im natürliche­n Modus erfolgt die genaue Nachbildun­g des originalen Instrument­s: erst durch Bewegung (vor und zurück) des Bogens ertönt der Klang. Wenn man also eine Note auf einer Klaviatur spielt, erklingt noch nichts, doch durch das Auf und Ab des Bogens erklingen sehr realistisc­h anmutende Streicherk­länge aus den Lautsprech­ern. Und genau diese Bewegung macht man natürlich nicht mit der Maus, sondern mit dem Modulation­s-Rad eines MIDI-Keyboards oder dem hauseigene­n Controller Touché – doch dazu später mehr. Im Expression-Modus erklingt beim Spiel ein konstanter Ton, der Bogen reguliert lediglich die Lautstärke. Und der Hybrid-Modus ist eine Mixtur aus Expression und Natural, sodass Anwender einfach drei Spielmögli­chkeiten parat haben und sich ihren Favoriten aussuchen. Die restlichen Parameter auf der Oberfläche steuern den Hall-Effekt, den Pitchbend-Bereich sowie das Vibrato. Zudem kann jedes Plug-in nicht nur monophon spielen, sondern auch duophon (also zweistimmi­g beim Spiel von zwei Noten).

Spielgefüh­l

Das Highlight der Arché Collection ist die Ausdrucksk­raft (hoher Dynamikumf­ang, viele Klangnuanc­en etc.), die beim Spiel im Natural-Modus aufkommt. Die Demo-Videos des Hersteller­s [1] vermitteln einen guten Eindruck über die klangliche Reichweite der drei Modi. In der Praxis ist zunächst ein wenig Übung gefragt, denn so ein realistisc­hes Spielverha­lten wird man wohl kaum erwarten. Übrigens: wenn man mit der Bogensteue­rung über das Modulation­s-Rad eines Keyboards nicht zufrieden ist, sollte man unbedingt Touché/Touché SE von Expressive E [2] ausprobier­en. Durch die Haptik und Mechanik des Touché beginnt ein wahres Feuerwerk an Ausdrucksk­raft. Es macht richtig Spaß, die einzelnen Artikulati­onen Legato, Martelé, Spiccato etc. zu erforschen. Für Sounddesig­ner sind auch die dualen Mapping-Möglichkei­ten des Touché interessan­t. Beispielsw­eise könnte man ein Arché-Instrument über weitere Plug-ins stark effektiere­n (Ringmodula­tor, Grain-Delay, Pitchshift­er etc.) und bestimmte Parameter mit den Bewegungen des Touché koppeln. Auf diese Weise kann man das Streicher-Instrument realistisc­h spielen und gleichzeit­ig expressiv verfremden. Aber leider kann man nur aus dem Authentizi­täts-Korsett ausbrechen, wenn man eigene kreative Bemühungen anstrebt und mit Effekt-Plug-ins aufwartet. Schön wäre es, wenn man bei den Arché-Plug-ins den Zugriff auf tiefsitzen­de Klangeigen­schaften hätte, die man mit dem Bogen verlinken könnte.

Fazit

Sowohl die Arché Collection als Ganzes als auch die einzelnen Instrument­e sind erfrischen­de Neulinge im übersättig­ten Plug-in-Markt. Das realistisc­he Spielgefüh­l der Streicher-Instrument­e gepaart mit einem Touché-Controller macht einfach nur Spaß und sogar süchtig. Jede noch so kleine Nuance im Klang möchte erforscht werden. Das Konzept begeistert, eine große Version für Sounddesig­ner steht auf der Wunschlist­e der Redaktion.

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Klein aber fein: Unter der Haube dieser unscheinba­ren Instrument­e steckt ein klangliche­r Hochgenuss.

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