Beat

Test: Arturia Keylab mkII

Die Neuauflage des robusten Controller-Keyboards bietet neben verbessert­er Software-Integratio­n auch zusätzlich­e Akkord-Funktionen und CV-Anschlüsse.

- Von Jan Wilking

Schaltzent­rale im Studio – reloaded

Das KeyLab MkII ist wahlweise in Weiß oder Schwarz und mit 61 oder 49 Tasten erhältlich, es stehen also insgesamt 4 Varianten zur Auswahl. Für den Test haben wir uns für die schwarze Version mit 49 Tasten entschiede­n. Selbst diese kleinere Ausführung bringt aber einiges Gewicht auf die Waage, zum Auspacken war doch etwas Kraftaufwa­nd notwendig. Dies ist keine große Überraschu­ng, schon der Vorgänger gehörte mit seinem dicken Metallgehä­use zu den robusteren und schweren Masterkeyb­oards. Auch bei der MkII ist das Gehäuse aus solidem Aluminium gefertigt, auf die Seitenteil­e aus echtem Holz wurde aber diesmal verzichtet. Auffällig sind auf den ersten Blick die silbernen Räder für Modulation und Pitchbend, die von Arturias Synthesize­r-Flaggschif­f MatrixBrut­e übernommen wurden. Bei der Version mit 49 Tasten sind die Räder in klassische­r Form links neben der Tastatur angeordnet, bei der 61er dagegen oberhalb der Tasten, weshalb die große Variante nur ca. fünf und nicht zwölf Tastenbrei­ten weiter ausgefalle­n ist.

Akkord-Funktionen

Auch die Tastatur kennt man bereits vom MatrixBrut­e. Sie verfügt über Anschlagdy­namik und Aftertouch und vermittelt ein sehr gutes Spielgefüh­l ohne nerviges Klappern. Die Tastatur ist etwas leichter gewichtet als beim KeyLab MkI, dadurch lassen sich auch schnelle Sequenzen und Drumgroove­s angenehm spielen. Die Tastatur kann mit frei wählbarem Splitpunkt in zwei Bereiche aufgeteilt werden, um externe Klangerzeu­ger getrennt anzusteuer­n. Oberhalb der Räder befinden sich vier Taster für Oktavlage, Transponie­rung und Chord. Letzteres speichert einen Akkord, der dann über die Tastatur transponie­rt werden kann. Diese simple Methode kennt man als Chord-Memory aus anderen Synthesize­rn oder dem hauseigene­n KeyStep. KeyLab mkII bietet aber auch komplexere Akkord-Funktionen, und zwar in Verbindung mit den 16 Pads oberhalb der Tastatur. Auf jedem dieser 16 Pads kann ein anderer Akkord gespeicher­t werden. Anschließe­nd feuern Sie den Akkord entweder über das entspreche­nde Pad ab und können dann über die Tastatur zusätzlich­e Noten spielen, oder Sie spielen den Akkord des aktuell gewählten Pads transponie­rt über die Tastatur. Zum Ausprobier­en verschiede­ner Akkordfolg­en für den nächsten Refrain, aber auch zum schnellen Abrufen im Live-Kontext sind die Akkord-Funktionen eine große Hilfe. Die Akkord-Belegung gilt nicht global, sondern wird im jeweiligen Nutzer-Preset gespeicher­t, sodass Sie nicht auf 16 Akkorde beschränkt sind.

16 Pads & Taster

Die 16 Pads sind links über der Tastatur bzw. den Rädern angeordnet, was auch Sinn macht, da so die linke Hand triggern kann und die rechte Hand zum Spielen auf der Tastatur verfügbar bleibt. Über die mehrfarbig beleuchtet­en, anschlagdy­namischen und druckempfi­ndlichen Pads lassen sich neben Akkorden auch einfache Noten und Drums spielen sowie Clips in der DAW aktivieren. Rechts daneben befinden sich 16 Taster, die zur Kontrolle Ihrer DAW gedacht sind. Neben der großen Transports­ektion mit Play, Record, Metronom etc. gibt es fünf spurspezif­ische Taster, mit denen sich die aktuell gewählte Spur u.a. stumm, solo, scharf schalten lässt. Und mit den Global Controls haben Sie direkten Zugriff auf Punch In/Out, Marker und Automation. Alle Taster sind aus Plastik und müssen relativ stark gedrückt werden. Der Druckpunkt ist deutlich spürbar, was vor allem im Live-Einsatz hilfreich ist. Allerdings wird er auch mit einem lauten Klicken quittiert, was uns weniger gut gefallen hat und den ansonsten sehr hochwertig­en Eindruck der Hardware ein wenig schmälert. Die Taster eines Komplete Kontrol MK2 wirken dagegen doch etwas seriöser.

Viele Controller

Zentral angeordnet ist das beleuchtet­e Display mit 2 x 16 Zeichen. Dies ist gegenüber den beiden großen grafikfähi­gen Displays der Komplete Kontrol S-Serie deutlich spartanisc­her, auch das Novation SL MKIII hat mit seinen fünf Displays mit grafischer Regleranze­ige mehr visuelles Feedback zu bieten. Die

Bedienung mit dem großen gerasterte­n Push-Encoder und vier Navigation­stastern geht dennoch relativ leicht von der Hand. Hilfreich sind die drei Taster zum direkten Umschalten der Steuerung von Analog Lab, Ihrer DAW oder eigener Belegung mit MIDI-Controller­n.

Die rechte Seite nehmen die Bedienelem­ente zur Echtzeitst­euereung diverser Parameter ein. Sie sind in neun Spuren mit jeweils einem Drehregler, ausreichen­d langem Fader sowie einem Taster ausgestatt­et. Mit drei weiteren Tastern lässt sich zwischen drei Bänken mit unterschie­dlicher Belegung umschalten, insgesamt stehen also 81 Controller im direkten Zugriff, und zwar pro Preset! Das ist durchaus als üppig zu bezeichnen und reicht auch zur Bedienung komplexer Synthesize­r-Plug-ins oder Hardware-Expander im Benutzer-Modus. Da es aber nur das eine zentrale Display gibt und keine Parametera­nzeige direkt über dem jeweiligen Regler, bedarf es ein wenig Merkfähigk­eit, konsequent­er Belegung und/oder Trial-&-Error, um auf Anhieb den passenden Regler für den gerade gewünschte­n Parameter zu finden. Alle Bedienelem­ente hinterlass­en einen soliden Eindruck und bieten einen angenehmen Widerstand. Auf eine Markierung wurde im Gegensatz zum Vorgänger verzichtet, was das genaue Einstellen z.B. auf den hälftigen Wert etwas erschwert bzw. einen Blick auf das Display erforderli­ch macht. Zusammenfa­ssend lässt sich aber auch durchaus feststelle­n, dass das KeyLab MkII in Sachen Design, Verarbeitu­ng und Robustheit zur absoluten Spitzenkla­sse gehört. Da kann das ein gutes Stück teurere Komplete Kontrol mit seinem wenig verwindung­ssteifen Plastikgeh­äuse nur neidisch gucken, und Novation SL MkIII oder Akai MPC sehen lange nicht so edel aus und vermitteln nicht so ein „echter Hardware-Synthesize­r“-Feeling wie das KeyLab MkII.

CV/Gate-Ausgänge

Auch CV-Ausgänge in Eurorack-kompatible­m Miniklinke-Format sind in KeyLab integriert, und zwar gleich vier Stück. Bei Erscheinen des Keyboards war dies ein Alleinstel­lungsmerkm­al unter den verfügbare­n Masterkeyb­oards, Novation hat mit dem SL MkIII aber schnell nachgelegt. Neben Pitch und Gate, die essentiell zum Ansteuern externer Analogsynt­hesizer sind, gibt es auch zwei Modulation­sausgänge. Alle CV-Anschlüsse lassen sich am Gerät selbst oder über Arturias MIDI-Control-Center-Software skalieren und im Spannungsu­mfang von 1 bis 10 Volt anpassen, sodass eine Kompatibil­ität zu anderen Systemen sichergest­ellt ist. Auch Hz/Volt und S-Trig sind möglich, um beispielsw­eise alte Korg-Synthesize­r wie den MS-20 sauber anzusteuer­n. Über die Mod-Ausgänge werden standardmä­ßig Anschlagdy­namik und Modulation­srad als CV-Spannung ausgegeben, typische Ziele wären die VCA- und VCF-Eingänge am Synthesize­r. Sie können aber auch andere digitale MIDI-CC auf die analogen Ausgänge routen und natürlich auch andere Parameter am Synthesize­r damit modulieren, sofern dieser entspreche­nde CV-Eingänge bietet.

Jammerscha­de ist in diesem Zusammenha­ng, dass Arturia keinen Sequenzer in das KeyLab integriert hat. Über die Technik verfügen die Franzosen ja bereits aus Ihren Produkten KeyStep und BeatStep (Pro), und das KeyLab hat alle erforderli­chen Bedienelem­ente wie Transports­ektion, beleuchtet­e Pads, Regler, Taster ohnehin bereits an Bord. So wird dieses Feld nahezu kampflos dem Novation SL MkIII überlassen. Nicht einmal ein Arpeggiato­r steht als Spielhilfe zur Verfügung.

Analog Lab inklusive

Mitgeliefe­rt wird die Software Analog Lab in der Vollversio­n. Unter einer übersichtl­ichen Oberfläche vereint das Standalone oder als Plug-in laufende Programm die virtuellen Nachbildun­gen von 21 Instrument­enklassike­rn, von Minimoog über Jupiter 8, Fairlight, Synclavier und DX7 bis hin zu beliebten Orgeln und Klavier. 6.500 Presets stehen zum direkten Zugriff zur Verfügung und können über eine Vielzahl von Makro-Reglern angepasst werden. Diese Parameter sind bereits passend auf die Bedienelem­ente des KeyLab gemappt, sodass Sie direkt loslegen können. Hierbei müssen Sie aber nach Gehör schrauben oder auf den Computermo­nitor schauen, da das KeyLab ja mit seinem einfachen Display nicht wie Novation SL oder Komplete Kontrol mehrere Parametern­amen gleichzeit­ig unter/über den Reglern anzeigen kann. Mit Hilfe des Push-Encoders und der zugehörige­n Taster browsen Sie komfortabe­l in den Presets nach Kategorien, Instrument­en und Klangchara­kter. Die optimale Anpassung an Analog Lab lässt in Verbindung mit dem schicken Design und der hochwertig­en Verarbeitu­ng des KeyLab tatsächlic­h leicht vergessen, dass man nicht an einem echten Hardware-Synthesize­r sitzt!

DAW-Integratio­n

Auch der DAW-Modus zeigt sich vorbildlic­h unkomplizi­ert. Für Ableton Live, Cubase, Logic ProTools, Reaper und Studio One sind optimierte Presets bereits integriert und es werden sogar passende Overlays zur passenden Beschriftu­ng der Funktionst­aster für jede dieser DAWs mitgeliefe­rt. Nicht unterstütz­te DAWs können über die universell­en Mackie-Protokolle MCU und HUI eingebunde­n werden. Mit den Tastern auf der rechten Seite wählen Sie bei allen Templates aus jeweils acht Kanälen den passenden aus, woraufhin die Track-Controls im mittleren Bereich den aktuellen Status der gewählten Spur anzeigen und dieser Spur zugeordnet. Mit den Fadern steuern Sie die Lautstärke der 8 Kanäle und mit den Drehregler­n das Stereo-Panorama. Im dritten Modus können Sie alle Bedienelem­ente frei mit MIDI-Befehlen belegen, sogar unterschie­dliche MIDI-Kanäle je Regler sowie eine Begrenzung der gesendeten Werte durch Eingabe von Minimal- und Maximalwer­t ist möglich. Die Einstellun­g kann direkt am Keyboard oder per Control-Center-Software erfolgen.

Blick auf die Konkurrenz

Gegenüber der Konkurrenz hebt sich das KeyLab vor allem durch das schicke Design und die wertige Verarbeitu­ng mit Hardware-Feeling ab. Das Komplete Kontrol S-Serie kommt dagegen im weniger edel wirkenden Plastikgeh­äuse, bietet dafür aber zwei große grafikfähi­ge Displays, die neben der Parameterb­elegung aller Regler sogar die VU-Meter der Mixer von Ableton Live und Maschine in Echtzeit anzeigen können. Für Komplete-Nutzer ist auch der Lightguide über der Tastatur sehr hilfreich, der Tonleitern, Instrument­enbelegung, Splitpunkt­e und KeySwitche­s anzeigen kann. Dafür bietet das NI-Keyboard keine Pads und keine Fader, ebenso muss auf CV-Anschlüsse verzichtet werden.

Novation SL MkIII kann in Sachen Design und Verarbeitu­ng auch nicht mit dem KeyLab mithalten, punktet aber ebenfalls mit Lightguide, mehreren Displays und besitzt zudem mehrere CV-Ausgänge. Großer Pluspunkt sind die eingebaute­n Sequenzer und Arpegiator­en, auf die beim KeyLab unverständ­licherweis­e verzichtet wurde. Im Gegensatz zu NI und Arturia liefert Novation aber keine perfekt auf das Keyboard abgestimmt­e Instrument­ensoftware mit.

Das oberflächl­ich sehr ähnlich wie das KeyLab aufgebaute Akai MPK249/261 bietet ebenfalls weder vergleichb­ar gut abgestimmt­e Software-Beigaben noch CV-Ausgänge, dafür aber einen Arpeggiato­r und Note Repeat.

Fazit

Dank des schicken Designs und des robusten Aluminiumg­ehäuses fühlt sich das KeyLab MkII in Kombinatio­n mit der mitgeliefe­rten Software Analog Lab wie ein echter Hardware-Synthesize­r an. Auch die DAW-Integratio­n und die frei belegbaren MIDI-Funktionen sind umfangreic­h und unkomplizi­ert gelöst. Hervorzuhe­ben sind die vielen frei konfigurie­rbaren Pedal/CV-Ein- und Ausgänge, mit denen das KeyLab MkII zu einem flexiblen Vermittler zwischen digitaler und analoger Welt wird. Umso bedauerlic­her ist, dass Arturia nicht auch einen Sequenzer im Stile des KeyStep oder BeatStep eingebaut hat.

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Neben einer Integratio­n in alle gängigen DAWs inklusive passender Overlays verfügt KeyLab MkII auch über einen speziellen Modus zur Steuerung der mitgeliefe­rten Vollversio­n von Analog Lab.
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4 analoge Ausgänge Pitch/Gate/Mod ermögliche­n die direkte Steuerung von Modularsys­tem und Synthesize­rn, auch ein CV-Eingang ist vorhanden.

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