Test: Arturia Keylab mkII
Die Neuauflage des robusten Controller-Keyboards bietet neben verbesserter Software-Integration auch zusätzliche Akkord-Funktionen und CV-Anschlüsse.
Schaltzentrale im Studio – reloaded
Das KeyLab MkII ist wahlweise in Weiß oder Schwarz und mit 61 oder 49 Tasten erhältlich, es stehen also insgesamt 4 Varianten zur Auswahl. Für den Test haben wir uns für die schwarze Version mit 49 Tasten entschieden. Selbst diese kleinere Ausführung bringt aber einiges Gewicht auf die Waage, zum Auspacken war doch etwas Kraftaufwand notwendig. Dies ist keine große Überraschung, schon der Vorgänger gehörte mit seinem dicken Metallgehäuse zu den robusteren und schweren Masterkeyboards. Auch bei der MkII ist das Gehäuse aus solidem Aluminium gefertigt, auf die Seitenteile aus echtem Holz wurde aber diesmal verzichtet. Auffällig sind auf den ersten Blick die silbernen Räder für Modulation und Pitchbend, die von Arturias Synthesizer-Flaggschiff MatrixBrute übernommen wurden. Bei der Version mit 49 Tasten sind die Räder in klassischer Form links neben der Tastatur angeordnet, bei der 61er dagegen oberhalb der Tasten, weshalb die große Variante nur ca. fünf und nicht zwölf Tastenbreiten weiter ausgefallen ist.
Akkord-Funktionen
Auch die Tastatur kennt man bereits vom MatrixBrute. Sie verfügt über Anschlagdynamik und Aftertouch und vermittelt ein sehr gutes Spielgefühl ohne nerviges Klappern. Die Tastatur ist etwas leichter gewichtet als beim KeyLab MkI, dadurch lassen sich auch schnelle Sequenzen und Drumgrooves angenehm spielen. Die Tastatur kann mit frei wählbarem Splitpunkt in zwei Bereiche aufgeteilt werden, um externe Klangerzeuger getrennt anzusteuern. Oberhalb der Räder befinden sich vier Taster für Oktavlage, Transponierung und Chord. Letzteres speichert einen Akkord, der dann über die Tastatur transponiert werden kann. Diese simple Methode kennt man als Chord-Memory aus anderen Synthesizern oder dem hauseigenen KeyStep. KeyLab mkII bietet aber auch komplexere Akkord-Funktionen, und zwar in Verbindung mit den 16 Pads oberhalb der Tastatur. Auf jedem dieser 16 Pads kann ein anderer Akkord gespeichert werden. Anschließend feuern Sie den Akkord entweder über das entsprechende Pad ab und können dann über die Tastatur zusätzliche Noten spielen, oder Sie spielen den Akkord des aktuell gewählten Pads transponiert über die Tastatur. Zum Ausprobieren verschiedener Akkordfolgen für den nächsten Refrain, aber auch zum schnellen Abrufen im Live-Kontext sind die Akkord-Funktionen eine große Hilfe. Die Akkord-Belegung gilt nicht global, sondern wird im jeweiligen Nutzer-Preset gespeichert, sodass Sie nicht auf 16 Akkorde beschränkt sind.
16 Pads & Taster
Die 16 Pads sind links über der Tastatur bzw. den Rädern angeordnet, was auch Sinn macht, da so die linke Hand triggern kann und die rechte Hand zum Spielen auf der Tastatur verfügbar bleibt. Über die mehrfarbig beleuchteten, anschlagdynamischen und druckempfindlichen Pads lassen sich neben Akkorden auch einfache Noten und Drums spielen sowie Clips in der DAW aktivieren. Rechts daneben befinden sich 16 Taster, die zur Kontrolle Ihrer DAW gedacht sind. Neben der großen Transportsektion mit Play, Record, Metronom etc. gibt es fünf spurspezifische Taster, mit denen sich die aktuell gewählte Spur u.a. stumm, solo, scharf schalten lässt. Und mit den Global Controls haben Sie direkten Zugriff auf Punch In/Out, Marker und Automation. Alle Taster sind aus Plastik und müssen relativ stark gedrückt werden. Der Druckpunkt ist deutlich spürbar, was vor allem im Live-Einsatz hilfreich ist. Allerdings wird er auch mit einem lauten Klicken quittiert, was uns weniger gut gefallen hat und den ansonsten sehr hochwertigen Eindruck der Hardware ein wenig schmälert. Die Taster eines Komplete Kontrol MK2 wirken dagegen doch etwas seriöser.
Viele Controller
Zentral angeordnet ist das beleuchtete Display mit 2 x 16 Zeichen. Dies ist gegenüber den beiden großen grafikfähigen Displays der Komplete Kontrol S-Serie deutlich spartanischer, auch das Novation SL MKIII hat mit seinen fünf Displays mit grafischer Regleranzeige mehr visuelles Feedback zu bieten. Die
Bedienung mit dem großen gerasterten Push-Encoder und vier Navigationstastern geht dennoch relativ leicht von der Hand. Hilfreich sind die drei Taster zum direkten Umschalten der Steuerung von Analog Lab, Ihrer DAW oder eigener Belegung mit MIDI-Controllern.
Die rechte Seite nehmen die Bedienelemente zur Echtzeitsteuereung diverser Parameter ein. Sie sind in neun Spuren mit jeweils einem Drehregler, ausreichend langem Fader sowie einem Taster ausgestattet. Mit drei weiteren Tastern lässt sich zwischen drei Bänken mit unterschiedlicher Belegung umschalten, insgesamt stehen also 81 Controller im direkten Zugriff, und zwar pro Preset! Das ist durchaus als üppig zu bezeichnen und reicht auch zur Bedienung komplexer Synthesizer-Plug-ins oder Hardware-Expander im Benutzer-Modus. Da es aber nur das eine zentrale Display gibt und keine Parameteranzeige direkt über dem jeweiligen Regler, bedarf es ein wenig Merkfähigkeit, konsequenter Belegung und/oder Trial-&-Error, um auf Anhieb den passenden Regler für den gerade gewünschten Parameter zu finden. Alle Bedienelemente hinterlassen einen soliden Eindruck und bieten einen angenehmen Widerstand. Auf eine Markierung wurde im Gegensatz zum Vorgänger verzichtet, was das genaue Einstellen z.B. auf den hälftigen Wert etwas erschwert bzw. einen Blick auf das Display erforderlich macht. Zusammenfassend lässt sich aber auch durchaus feststellen, dass das KeyLab MkII in Sachen Design, Verarbeitung und Robustheit zur absoluten Spitzenklasse gehört. Da kann das ein gutes Stück teurere Komplete Kontrol mit seinem wenig verwindungssteifen Plastikgehäuse nur neidisch gucken, und Novation SL MkIII oder Akai MPC sehen lange nicht so edel aus und vermitteln nicht so ein „echter Hardware-Synthesizer“-Feeling wie das KeyLab MkII.
CV/Gate-Ausgänge
Auch CV-Ausgänge in Eurorack-kompatiblem Miniklinke-Format sind in KeyLab integriert, und zwar gleich vier Stück. Bei Erscheinen des Keyboards war dies ein Alleinstellungsmerkmal unter den verfügbaren Masterkeyboards, Novation hat mit dem SL MkIII aber schnell nachgelegt. Neben Pitch und Gate, die essentiell zum Ansteuern externer Analogsynthesizer sind, gibt es auch zwei Modulationsausgänge. Alle CV-Anschlüsse lassen sich am Gerät selbst oder über Arturias MIDI-Control-Center-Software skalieren und im Spannungsumfang von 1 bis 10 Volt anpassen, sodass eine Kompatibilität zu anderen Systemen sichergestellt ist. Auch Hz/Volt und S-Trig sind möglich, um beispielsweise alte Korg-Synthesizer wie den MS-20 sauber anzusteuern. Über die Mod-Ausgänge werden standardmäßig Anschlagdynamik und Modulationsrad als CV-Spannung ausgegeben, typische Ziele wären die VCA- und VCF-Eingänge am Synthesizer. Sie können aber auch andere digitale MIDI-CC auf die analogen Ausgänge routen und natürlich auch andere Parameter am Synthesizer damit modulieren, sofern dieser entsprechende CV-Eingänge bietet.
Jammerschade ist in diesem Zusammenhang, dass Arturia keinen Sequenzer in das KeyLab integriert hat. Über die Technik verfügen die Franzosen ja bereits aus Ihren Produkten KeyStep und BeatStep (Pro), und das KeyLab hat alle erforderlichen Bedienelemente wie Transportsektion, beleuchtete Pads, Regler, Taster ohnehin bereits an Bord. So wird dieses Feld nahezu kampflos dem Novation SL MkIII überlassen. Nicht einmal ein Arpeggiator steht als Spielhilfe zur Verfügung.
Analog Lab inklusive
Mitgeliefert wird die Software Analog Lab in der Vollversion. Unter einer übersichtlichen Oberfläche vereint das Standalone oder als Plug-in laufende Programm die virtuellen Nachbildungen von 21 Instrumentenklassikern, von Minimoog über Jupiter 8, Fairlight, Synclavier und DX7 bis hin zu beliebten Orgeln und Klavier. 6.500 Presets stehen zum direkten Zugriff zur Verfügung und können über eine Vielzahl von Makro-Reglern angepasst werden. Diese Parameter sind bereits passend auf die Bedienelemente des KeyLab gemappt, sodass Sie direkt loslegen können. Hierbei müssen Sie aber nach Gehör schrauben oder auf den Computermonitor schauen, da das KeyLab ja mit seinem einfachen Display nicht wie Novation SL oder Komplete Kontrol mehrere Parameternamen gleichzeitig unter/über den Reglern anzeigen kann. Mit Hilfe des Push-Encoders und der zugehörigen Taster browsen Sie komfortabel in den Presets nach Kategorien, Instrumenten und Klangcharakter. Die optimale Anpassung an Analog Lab lässt in Verbindung mit dem schicken Design und der hochwertigen Verarbeitung des KeyLab tatsächlich leicht vergessen, dass man nicht an einem echten Hardware-Synthesizer sitzt!
DAW-Integration
Auch der DAW-Modus zeigt sich vorbildlich unkompliziert. Für Ableton Live, Cubase, Logic ProTools, Reaper und Studio One sind optimierte Presets bereits integriert und es werden sogar passende Overlays zur passenden Beschriftung der Funktionstaster für jede dieser DAWs mitgeliefert. Nicht unterstützte DAWs können über die universellen Mackie-Protokolle MCU und HUI eingebunden werden. Mit den Tastern auf der rechten Seite wählen Sie bei allen Templates aus jeweils acht Kanälen den passenden aus, woraufhin die Track-Controls im mittleren Bereich den aktuellen Status der gewählten Spur anzeigen und dieser Spur zugeordnet. Mit den Fadern steuern Sie die Lautstärke der 8 Kanäle und mit den Drehreglern das Stereo-Panorama. Im dritten Modus können Sie alle Bedienelemente frei mit MIDI-Befehlen belegen, sogar unterschiedliche MIDI-Kanäle je Regler sowie eine Begrenzung der gesendeten Werte durch Eingabe von Minimal- und Maximalwert ist möglich. Die Einstellung kann direkt am Keyboard oder per Control-Center-Software erfolgen.
Blick auf die Konkurrenz
Gegenüber der Konkurrenz hebt sich das KeyLab vor allem durch das schicke Design und die wertige Verarbeitung mit Hardware-Feeling ab. Das Komplete Kontrol S-Serie kommt dagegen im weniger edel wirkenden Plastikgehäuse, bietet dafür aber zwei große grafikfähige Displays, die neben der Parameterbelegung aller Regler sogar die VU-Meter der Mixer von Ableton Live und Maschine in Echtzeit anzeigen können. Für Komplete-Nutzer ist auch der Lightguide über der Tastatur sehr hilfreich, der Tonleitern, Instrumentenbelegung, Splitpunkte und KeySwitches anzeigen kann. Dafür bietet das NI-Keyboard keine Pads und keine Fader, ebenso muss auf CV-Anschlüsse verzichtet werden.
Novation SL MkIII kann in Sachen Design und Verarbeitung auch nicht mit dem KeyLab mithalten, punktet aber ebenfalls mit Lightguide, mehreren Displays und besitzt zudem mehrere CV-Ausgänge. Großer Pluspunkt sind die eingebauten Sequenzer und Arpegiatoren, auf die beim KeyLab unverständlicherweise verzichtet wurde. Im Gegensatz zu NI und Arturia liefert Novation aber keine perfekt auf das Keyboard abgestimmte Instrumentensoftware mit.
Das oberflächlich sehr ähnlich wie das KeyLab aufgebaute Akai MPK249/261 bietet ebenfalls weder vergleichbar gut abgestimmte Software-Beigaben noch CV-Ausgänge, dafür aber einen Arpeggiator und Note Repeat.
Fazit
Dank des schicken Designs und des robusten Aluminiumgehäuses fühlt sich das KeyLab MkII in Kombination mit der mitgelieferten Software Analog Lab wie ein echter Hardware-Synthesizer an. Auch die DAW-Integration und die frei belegbaren MIDI-Funktionen sind umfangreich und unkompliziert gelöst. Hervorzuheben sind die vielen frei konfigurierbaren Pedal/CV-Ein- und Ausgänge, mit denen das KeyLab MkII zu einem flexiblen Vermittler zwischen digitaler und analoger Welt wird. Umso bedauerlicher ist, dass Arturia nicht auch einen Sequenzer im Stile des KeyStep oder BeatStep eingebaut hat.