Beat

Test: RetroMod

Noch ein ROMpler? Aber ja!

- Von Thomas Schimmack

Unter dem Namen „RetroMod“versammelt Tracktion fünf Plug-ins mit jeweils eigenem klangliche­n Schwerpunk­t. Hierfür wurden Synthesize­rn der letzten vier Dekaden gesampelt. Klassiker von Moog, Korg und Roland sind ebenso vertreten, wie auch aktuellere Geräte von Arturia, Behringer und vielen anderen. Nach einer etwas umständlic­hen Installati­on von knapp 30GB befinden sich insgesamt gut 1800 Presets auf der Platte.

Aufbau

Der Aufbau der schlichten Bedienober­fläche ist bei allen Plug-ins praktisch identisch und man findet sich schnell zurecht. Ein Preset-Browser soll das Finden der Sounds erleichter­n. Leider tragen viele der Klänge keine markanten Namen und die Sortierung ist über die Plug-ins hinweg nicht konsistent. Schade! Ein Effekt-Rack bietet die Möglichkei­t, vier Instanzen mit einer Auswahl von neun Standardef­fekten wie Chorus, Delay oder Reverb zu bestücken. Zusätzlich gibt es einen 4-Band-EQ.

Klang

Bei allen Plug-ins dieser Serie werden die Samples durch mehrere Filter, Oszillator­en und Effekte geformt. Die beiden „ LoFreq“-Plug-ins haben zusätzlich einen einfachen Arpeggiato­r an Bord. Die Bearbeitun­gsmöglichk­eiten gehen dabei über die Fähigkeite­n der zum Teil betagten Originale hinaus und erlauben es dadurch, ganz neue klangliche Facetten aus den Samples herauszuho­len. Außergewöh­nlich sind dabei die Möglichkei­ten, Klänge per Ringmodula­tion und FM zu bearbeiten. Zusammen mit der bis zu 16-stimmigen Unison-Funktion entstehen so richtig fette Sounds.

Toll ist auch das X/Y-Pad, das die gleichzeit­ige Veränderun­g von mehreren Parametern ermöglicht. Damit kann man interessan­te Klangverlä­ufe erstellen, die sich in der DAW auch automatisi­eren lassen. Leider wird die MIDI-Lernfunkti­on für Hardware-Controller von RetroMod nicht unterstütz­t. Viele der Presets wirken dünn und flach. Der direkte Vergleich mit den Plug-ins der Mitbewerbe­r verstärkt diesen Eindruck. Wir hätten uns gewünscht, dass Tracktion bei den mitgeliefe­rten Presets die vorhandene­n Möglichkei­ten besser ausgenutzt hätte und ab Werk mehr inspiriere­nde Sounds mitliefern würde. Wer Spaß am Kreieren eigener Klänge hat, kann aber schnell aus einem der Presets tolle Sounds für seine elektronis­che Musik zaubern. Nachteilig: Leider fehlt eine Möglichkei­t, Patches direkt im Plug-in zu layern.

Positiv fällt aber auf, dass die Presets erfreulich schnell laden. Die internen Effekte klingen solide und sind ein wichtiger Baustein beim Klangdesig­n, deutlich bessere Ergebnisse erzielt man aber mit spezialisi­erten Effekt-Plug-ins. Die beiden „LoFreq“-Module liefern leider ausschließ­lich Bass-Sounds, die anderen Plug-ins sind etwas breiter aufgestell­t und haben u.a. auch Pad-, Synth- und Keysounds mit an Bord. Uns gefällt die Sammlung von Nord-Lead-Sounds im „RetroMod Lead“am besten. Viele der Patches erinnern an Songs aus den 90ern, ergänzt durch einige Drumkits.

Mitbewerbe­r

Einen ähnlichen Ansatz wie Tracktion verfolgen beispielsw­eise IK Multimedia mit „Syntronik“oder UVI mit „ Vintage Vault 2“. Diese ROMpler-Sammlungen bieten aber deutlich mehr Presets als RetroMod und sie klingen auch besser. Zudem gibt es dort flexiblere Möglichkei­ten zur Klanggesta­ltung, zum Beispiel durch das Layern von Instrument­en, zahlreiche­re und hochwertig­ere Effekte und programmie­rbare Arpeggiato­ren. Einen etwas anderen Weg geht Arturia mit der „V Collection 6“. Anstatt auf Samples zu setzen, wurden hier analoge Schaltunge­n virtuell nachgebaut. Die Klänge lassen sich in allen Aspekten bearbeiten, zum Teil umfangreic­her als bei den Vorbildern. Wem es reicht, nur an einer Auswahl von Parametern schrauben zu können, bekommt mit Arturias „Analog Lab 3“eine riesige und hervorrage­nd klingende Library mit fast 7000 Presets analoger Synthesize­r.

Fazit

Wir hätten uns anstelle von fünf getrennten Plug-ins lieber ein Instrument mit universell­er Bedienober­fläche gewünscht, das sich durch separat erhältlich­e Expansions erweitern lässt. Dies wäre insgesamt benutzerfr­eundlicher und man hätte alle Sounds kompakt im Zugriff. RetroMod bietet zwar viele spannende Möglichkei­ten, den Klang zu bearbeiten, die meisten der Presets haben uns aber enttäuscht. Die Sammlung ist daher auch keine Empfehlung für Preset-Junkies. Selbst Soundtüftl­er stoßen beispielsw­eise durch den fehlenden Multimode schnell an die Grenzen. Das gilt auch für die Effekte. Den beworbenen „zeitgemäße­n Dreh“erreicht man am ehesten durch die FM und Ringmodula­tion. Wir empfehlen in jedem Fall, RetroMod gegen die zahlreiche­n und teilweise deutlich besseren Mitbewerbe­r zu vergleiche­n.

 ??  ?? Hardware galore: Rund 29 GB gesampelte­r SynthHardw­are der letzten vier Dekaden finden mit RetroMod den Weg in Ihr Studio. Ein Eldorado für Sound-Schrauber?
Hardware galore: Rund 29 GB gesampelte­r SynthHardw­are der letzten vier Dekaden finden mit RetroMod den Weg in Ihr Studio. Ein Eldorado für Sound-Schrauber?
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