Test: Cinematique LUFT
Wieder hat sich Cinematique Instruments ein außergewöhnliches Produkt einfallen lassen. LUFT spezialisiert sich auf Klangfarben von Aerophonen. Nur heiße LUFT oder echte Substanz? Die Wahrheit liegt in der Mitte.
Aerophonen zum Spielen? Klar!
Cinematique Instruments bietet zumeist kleine, aber feine Bibliotheken für den nicht-alltäglichen Klangbedarf. Es sind Sounds für besondere cineastische Momente. Das Portfolio der Kölner Schmiede wächst ständig. Derzeit kommen weit über 30 Instrumente zusammen, die jeweils auf NI Kontakt basieren. Die Webseite sollten Sie schon allein wegen der Goodies besuchen. Dort stoßen Sie auf das jüngste Werk namens LUFT. Der Trailer verspricht trendiges Material. Auch der Titel des Produkts ist pfiffig und lässt viel Freiraum für Interpretation. In Wirklichkeit ist LUFT viel traditioneller ausgerichtet und wendet sich im Grunde an Retro-Fans und versierte Keyboarder.
Instrument
Das Kontakt-Instrument LUFT besteht aus zwei Soundkomponenten. Sie erlauben rudimentäre Eingriffe. So können Sie für Layer A und B zunächst jeweils eine von 34 Klangquellen aufrufen, die in sechs Kategorien unterteilt sind: Electric Fan Keys (Bontempi und andere Tischorgeln), Church Organ (verschiedene Register wie Prinzipal, Gedackt, Flöte), Blowed Keys (Melodica, Blues Harp), Flutes (Querflöte, Panflute, Ocarina), Human Sounds (Pfeifen, Handrohr), Miscellaneous (Wasserflasche). Neben Lautstärke, Panorama und Equalizer steht auch eine Lautstärke-Hüllkurve bereit. Bei den Effekten sind Verzerrung, Rotary und auch ein Hall vorhanden, der über mehrere Reverb-Typen (Room, Church, Natural Echo, etc.) verfügt. Insgesamt ist die Funktionalität sinnvoll gewählt und das Benutzer-Interface sehr praktikabel gestaltet worden.
Klang
Sie müssen schon ein ausgesprochenes Faible für Orgeln und ähnliche Instrumente haben. Ansonsten erwartet Sie beim ersten Anspielen der rund 50 Presets ein leichter Dämpfer. Als Alternativen zu LUFT kommen insofern Player mit Samples von Orgeln und Mellotron in Frage. Im schmalen Segment der mit LUFTstrom erzeugten Instrumente punktet LUFT aber durchaus: Es klingt warm, nostalgisch und organisch. Sie werden sofort diesen angenehmen Retro-Touch und die Liebe der Entwickler zum akustischen Detail spüren. Einige Aufnahmen sind über eine historische Bandmaschine resampelt worden. Für LoFi-Produktionen, so etwa für TripHop und ähnliche Stile, ist diese besondere Klangästhetik sehr willkommen. Am besten zur Geltung kommen die aparten Klangfarben tatsächlich im cineastischen Umfeld. Kein großes Kino, eher zur Vertonung intimer Szenen.
Unter den Presets treffen Sie vereinzelt auf exotische Kombinationen, etwa Nasenflöte und Kirchenorgel, die sich ein Leslie-Kabinett teilen. Originell ist dies schon, ans Niveau beliebter Player wie Spectrasonics Omnisphere reicht LUFT aber beileibe nicht heran. Als eigentlicher Kritikpunkt bleibt das Sample-Aufgebot. Es könnte gern etwas bunter sein. Perkussive Elemente wie Anblasgeräusche und auch zahlreiche intensive Atem- und Windgeräusche bleiben außen vor – überraschend!
Praxis
LUFT verhält sich wie ein traditioneller Klangerzeuger. Sie werden ihn konventionell über eine Tastatur spielen und beliebige Akkorde wie auch expressive Solopassagen hervorbringen können. Fürs Experimentieren mit LUFTgeräuschen jeder Art ist er weniger passabel. Das Modulationsrad lässt sich in die Klanggestaltung ebenso einfach wie effektiv einbringen. Sie sollten es unbedingt zur Steuerung der Lautstärke verwenden. Erst so lassen sich die meisten Presets ausdrucksvoll spielen. Bei der Auswahl „Morph“können Sie zwischen den beiden Soundkomponenten von LUFT blenden. Dieser Modus erinnert ein wenig an „Melt“von Cinematique Instruments, das ich persönlich spannender und auch gelungener finde als LUFT. Falls die Puste ausgeht: Per „Dice“-Funktion können Sie bei LUFT zufällige Soundkreationen erzeugen und sich von den teilweise wilden Ergebnissen überraschen lassen. Übrigens, unter Apple Logic Pro (Version 10.4.4) kam es während der Session sporadisch zu Abstürzen.
Fazit
Das Konzept und die Bedienbarkeit von LUFT überzeugen. In punkto Sound ist aber buchstäblich noch etwas LUFT nach oben. Qualitativ sind die mitgelieferten Presets eher durchwachsen. Kein ambitionierter Produzent wird sich auf diesen Vorlagen ausruhen. Das gebotene Spektrum wirkt etwas limitiert. Es wäre gut, die Library um vor allem geräuschhafte Klänge zu erweitern. Wer den akzeptablen Preis zahlt, verwendet LUFT idealerweise als Basis fürs eigene Sounddesign und lässt sich beim Experimentieren kompositorisch inspirieren. Dies ist bei praktisch allen Produkten von Cinematique Instruments eine sinnvolle Herangehensweise. Alles in allem ist LUFT ein gutes Produkt, sofern Updates mit weiteren Samples und Presets erscheinen.