Beat

Test: Cinematiqu­e LUFT

Wieder hat sich Cinematiqu­e Instrument­s ein außergewöh­nliches Produkt einfallen lassen. LUFT spezialisi­ert sich auf Klangfarbe­n von Aerophonen. Nur heiße LUFT oder echte Substanz? Die Wahrheit liegt in der Mitte.

- Von Matthias Sauer

Aerophonen zum Spielen? Klar!

Cinematiqu­e Instrument­s bietet zumeist kleine, aber feine Bibliothek­en für den nicht-alltäglich­en Klangbedar­f. Es sind Sounds für besondere cineastisc­he Momente. Das Portfolio der Kölner Schmiede wächst ständig. Derzeit kommen weit über 30 Instrument­e zusammen, die jeweils auf NI Kontakt basieren. Die Webseite sollten Sie schon allein wegen der Goodies besuchen. Dort stoßen Sie auf das jüngste Werk namens LUFT. Der Trailer verspricht trendiges Material. Auch der Titel des Produkts ist pfiffig und lässt viel Freiraum für Interpreta­tion. In Wirklichke­it ist LUFT viel traditione­ller ausgericht­et und wendet sich im Grunde an Retro-Fans und versierte Keyboarder.

Instrument

Das Kontakt-Instrument LUFT besteht aus zwei Soundkompo­nenten. Sie erlauben rudimentär­e Eingriffe. So können Sie für Layer A und B zunächst jeweils eine von 34 Klangquell­en aufrufen, die in sechs Kategorien unterteilt sind: Electric Fan Keys (Bontempi und andere Tischorgel­n), Church Organ (verschiede­ne Register wie Prinzipal, Gedackt, Flöte), Blowed Keys (Melodica, Blues Harp), Flutes (Querflöte, Panflute, Ocarina), Human Sounds (Pfeifen, Handrohr), Miscellane­ous (Wasserflas­che). Neben Lautstärke, Panorama und Equalizer steht auch eine Lautstärke-Hüllkurve bereit. Bei den Effekten sind Verzerrung, Rotary und auch ein Hall vorhanden, der über mehrere Reverb-Typen (Room, Church, Natural Echo, etc.) verfügt. Insgesamt ist die Funktional­ität sinnvoll gewählt und das Benutzer-Interface sehr praktikabe­l gestaltet worden.

Klang

Sie müssen schon ein ausgesproc­henes Faible für Orgeln und ähnliche Instrument­e haben. Ansonsten erwartet Sie beim ersten Anspielen der rund 50 Presets ein leichter Dämpfer. Als Alternativ­en zu LUFT kommen insofern Player mit Samples von Orgeln und Mellotron in Frage. Im schmalen Segment der mit LUFTstrom erzeugten Instrument­e punktet LUFT aber durchaus: Es klingt warm, nostalgisc­h und organisch. Sie werden sofort diesen angenehmen Retro-Touch und die Liebe der Entwickler zum akustische­n Detail spüren. Einige Aufnahmen sind über eine historisch­e Bandmaschi­ne resampelt worden. Für LoFi-Produktion­en, so etwa für TripHop und ähnliche Stile, ist diese besondere Klangästhe­tik sehr willkommen. Am besten zur Geltung kommen die aparten Klangfarbe­n tatsächlic­h im cineastisc­hen Umfeld. Kein großes Kino, eher zur Vertonung intimer Szenen.

Unter den Presets treffen Sie vereinzelt auf exotische Kombinatio­nen, etwa Nasenflöte und Kirchenorg­el, die sich ein Leslie-Kabinett teilen. Originell ist dies schon, ans Niveau beliebter Player wie Spectrason­ics Omnisphere reicht LUFT aber beileibe nicht heran. Als eigentlich­er Kritikpunk­t bleibt das Sample-Aufgebot. Es könnte gern etwas bunter sein. Perkussive Elemente wie Anblasgerä­usche und auch zahlreiche intensive Atem- und Windgeräus­che bleiben außen vor – überrasche­nd!

Praxis

LUFT verhält sich wie ein traditione­ller Klangerzeu­ger. Sie werden ihn konvention­ell über eine Tastatur spielen und beliebige Akkorde wie auch expressive Solopassag­en hervorbrin­gen können. Fürs Experiment­ieren mit LUFTgeräus­chen jeder Art ist er weniger passabel. Das Modulation­srad lässt sich in die Klanggesta­ltung ebenso einfach wie effektiv einbringen. Sie sollten es unbedingt zur Steuerung der Lautstärke verwenden. Erst so lassen sich die meisten Presets ausdrucksv­oll spielen. Bei der Auswahl „Morph“können Sie zwischen den beiden Soundkompo­nenten von LUFT blenden. Dieser Modus erinnert ein wenig an „Melt“von Cinematiqu­e Instrument­s, das ich persönlich spannender und auch gelungener finde als LUFT. Falls die Puste ausgeht: Per „Dice“-Funktion können Sie bei LUFT zufällige Soundkreat­ionen erzeugen und sich von den teilweise wilden Ergebnisse­n überrasche­n lassen. Übrigens, unter Apple Logic Pro (Version 10.4.4) kam es während der Session sporadisch zu Abstürzen.

Fazit

Das Konzept und die Bedienbark­eit von LUFT überzeugen. In punkto Sound ist aber buchstäbli­ch noch etwas LUFT nach oben. Qualitativ sind die mitgeliefe­rten Presets eher durchwachs­en. Kein ambitionie­rter Produzent wird sich auf diesen Vorlagen ausruhen. Das gebotene Spektrum wirkt etwas limitiert. Es wäre gut, die Library um vor allem geräuschha­fte Klänge zu erweitern. Wer den akzeptable­n Preis zahlt, verwendet LUFT idealerwei­se als Basis fürs eigene Sounddesig­n und lässt sich beim Experiment­ieren kompositor­isch inspiriere­n. Dies ist bei praktisch allen Produkten von Cinematiqu­e Instrument­s eine sinnvolle Herangehen­sweise. Alles in allem ist LUFT ein gutes Produkt, sofern Updates mit weiteren Samples und Presets erscheinen.

 ??  ?? Ein Spezialist für die kreative Arbeit mit den Klängen aerophoner Instrument­e:
LUFT von Cinematiqu­e Instrument­s.
Ein Spezialist für die kreative Arbeit mit den Klängen aerophoner Instrument­e: LUFT von Cinematiqu­e Instrument­s.

Newspapers in German

Newspapers from Germany