Test: Erica Techno System
Mit Fusion Drone, Dada Noise und anderen hat Erica Synths schon diverse Systeme mit Schwerpunkt Klangforschung auf dem Markt. Mit dem Techno System kommt nun ein Kandidat nach gleichem Prinzip, aber mit musikalischem Thema. Da schauen wir genau hin.
Während die bereits erhältlichen Erica-Systeme auf Sounddesign und allerlei schräge Töne abzielen, geht‘s beim Techno System um Beats. Enthalten sind sieben Drum-Module, eins für Basslines, drei Mixer, zwei Effektmodule sowie ein Sequenzer und ein Link-Modul, das als Konverter von 6,3-Zoll- zu 3,5-Zoll-Klinken dient. Ein Slot im schicken Travelcase ist frei und für das Samplemodul reserviert, das im angegebenen Preis aber nicht enthalten ist und erst später erscheint. Intern ist der Sequenzer bereits vorverdrahtet, zum Loslegen müssen als nur die Audiokabel verbunden werden.
Der Bass
Die Hauptrolle dürften wohl Bass Drum und Bassline einnehmen, welche auch die meisten Eingriffsmöglichkeiten bieten. Bassline besteht aus einem Oszillator mit Rechteck, Sägezahn und Dreieck, einem Suboszillator, einem resonanten Multifilter, sowie Envelope-Reglern für Cutoff und Lautstärke, wobei beide auf vordefinierten Decay-Zeiten basieren. Richtige Hüllkurven sind nicht vorhanden. Per Detune und Frequenzmodulation lässt sich die Tonhöhe beeinflussen. Der Klang des Moduls ist eher ruppig und grob, für Techno also genau richtig. Dreieck und Rechteck besitzen eigene Audioausgänge, weswegen sich zusammen mit dem MAIN OUT alle drei Wellenformen gleichzeitig abgreifen lassen. Als Modulationsquellen sind diese aufgrund ihrer zu hohen Frequenz zwar weniger geeignet, aber gestackte Sounds für fette Basslines sind kein Problem.
Die Drums
Wie auch die Bassline besitzt die BASS DRUM etliche Regler, um den Klang zu definieren. PITCH, TUNE und TUNE DEPTH spielen hierbei die Hauptrolle. ATTACK und DECAY dienen als Lautstärke-Hüllkurve und DRIVE bringt mehr Mojo ins Spiel. Der Grundklang reicht von weich à la 808 bis zu bollernd à la 909, ohne aber den Rumms einer typischen 909-Kick zu erreichen. Schwerpunkt sind also eher Minimal, Trap und dergleichen, dank Distortion-Modul sind aber auch verzerrte Kicks für Gabber und Frenchcore kein Problem. Wirklich knallige oder spitze Kicks für Dubstep oder Psytrance sind nicht drin. Mit einer extra Hüllkurve als Modulator wäre noch etwas mehr machbar, doch die gibt es innerhalb des Systems leider nicht.
Mit der Snare konnten wir etliche Musikstile abdecken, denn ihr Klang reicht von kernigen Rimshots über klassische 808-Snares zu klatschenden Noise-Teppichen. Dank zahlreicher CV-Eingänge kann die Snare auch ordentlich moduliert werden und ist so einfach lebendig zu gestalten. Bei den restlichen Modulen sind die Möglichkeiten übersichtlicher, denn bei Toms, Hi-Hats, Clap und Cymbals lassen sich nur jeweils Tonhöhe und Decay variieren. Während die Cymbals immerhin verschiedene Samples als Grundlage bieten, sind die anderen Module auf einen festen Klang beschränkt. Vor allem bei den schwer nach 909 klingenden Toms würden wir uns einen größeren Wirkungsbereich wünschen als nur leichte Tonhöhenmodulationen.
Die Tools
Um die Drums weiter zu bearbeiten, stehen ein Distortion- und ein Multieffekt zur Verfügung. Ersterer bietet drei verschiedene Arten der Verzerrung und kann die Drums nach Strich und Faden vermöbeln. Statt Sättigung oder Röhrensound gibt‘s hier voll auf die Zwölf, im positiven Sinne. Dual FX wiederum offeriert neben je drei Delays und Reverbs einen Ripper und einen Pitchshifter. Klanglich gehen die Effekte eher Richtung Lo-Fi, was den Drums aber super steht. Insgesamt sind die beiden Effektmodule eine große Bereicherung für das System und eröffnen neue Klangnuancen. Die Kontrolle über die Patterns übernimmt der Drum Sequencer, das Feature-reichste Modul des ganzen Systems. Enthalten sind 16 Drumspuren und ein CV-Track für das Bassline-Modul, sogar inklusive Skalen. Accent und Wahrscheinlichkeit pro Step, Shuffle und Rhythmus pro Spur, verschiedene Abspielrichtungen, sowie weitere Features bieten einen riesigen Spielraum zum kreativen Erstellen von Patterns. Die Bedienung ist aufgrund des Umfangs zwar anfangs etwas kryptisch, dennoch ist der Sequenzer das Highlight des Systems. Nicht zuletzt, weil er auch beliebige andere Eurorack Module bedienen kann.
Fazit
Das Techno System ist einzigartig in seiner Art und sowohl akustisch als auch optisch ein Augenschmaus. Der Sequenzer macht viel Spaß und die Effekte bieten großen Mehrwert. Eine beinahe runde Sache, wäre da nicht der Preis. Für über 4000 Euro erhält man salopp gesagt zehn Drums und einen Bass. Es gibt keine Drum-Oszillatoren oder Rauschen, der Klang ist also vordefiniert und relativ wenig variabel. Für die Preisklasse lässt sich ein wahres Arsenal aus modularen und nicht-modularen Groove-Boxen mitsamt Effekten und Sequenzer zusammenstellen. Somit ist das Techno System wohl eher für wahre Enthusiasten interessant.