Das Studio als „Space“zum Abschalten
Sicher, viele Homerecorder üben im heimischen Studio einen Beruf aus, doch für die meisten ist es eher selten ein Arbeitsplatz, sondern ein Ort der Entspannung. Und dort möchte man sich wohl fühlen und nicht durch lästige TechnikQuängeleien gestört werden. Unser Leser Jules aka Ygravity hat in seinem „Space“alle Kabel außer Sichtweise verbannt und das Design bis zur Perfektion getrieben. Aber warum?
Von Anfang an war es mein Ziel, dass so ziemlich cleanste Bedroom-Producer-Studio aufzubauen, das ich mich vorstellen kann. Ein Studio, in dem ich mich einfach wohl fühle und voll und ganz der Musikproduktion hingeben kann. Außerdem sollte alles natürlich gut erreichbar und für einen effektiven Workflow perfekt angeordnet und optimiert sein.
Aber der Reihe nach: Zuerst möchte ich einmal die Frage beantworten, wie man auf die Idee kommt, ein Studio so aufzubauen. Ganz einfach: Musik ist mein Leben! Ich spiele Schlagzeug seit ich 5 Jahre alt bin und habe aktiv etwa fünf Jahre nonstop und größtenteils als Solokünstler auf allen möglichen Bühnen in Clubs und bei Veranstaltungen verbracht. Irgendwann stieß ich durch Zufall auf die DAW FL Studio. Irgendwie fühlte ich mich damit gleich ziemlich wohl und sog den ganzen Input durch YouTube-Tutorials und Tipps von befreundeten Producern wie ein Schwamm auf.
Vor etwa 1,5 Jahren war es dann soweit und ich schmiss meinen normalen Job und produziere seitdem in Vollzeit Musik für Imagefilme, Kinospots, Werbefilme, Audiobrandings usw. Alles mit FL Studio und in einem Studio etwa 20 Gehminuten von Zuhause entfernt. Dort arbeite ich tagtäglich. Ich liebe meinen Job über alles und bin unfassbar dankbar, dass ich dieser Tätigkeit so und in dieser Form nachgehen kann.
Wenn ich bis zum Folgetag eine abwechslungsreiche 17-minütige Hintergrundmusik erstellen muss, dann muss alles schnell gehen. Bei den heutigen VSTs absolut kein Problem und machbar und genau das ist der Punkt. Ich liebe es, so zu arbeiten und genieße es wirklich sehr, allerdings möchte ich bei meiner privaten Musik nicht „tschacka tschacka“schnell schnell ans Ziel kommen, sondern den gesamten Prozess der Musikproduktion noch bewusster wahrnehmen und einfach mehr Jammen. In all den Jahren hatte ich immer wieder ein Auge auf die KORG-volca-Familie geworfen: Richtige Knöpfe drehen, Synthesizer verstehen und einfach den musikalischen Horizont erweitern. Was ich wollte, war ein kleines, aber leistungsfähiges Studio, das keine 10 Meter von meinem Bett entfernt ist. Ein Setup, das es mir auch Mittwoch Nacht um 3:40 Uhr ermöglicht, eine plötzlich durch den Kopf schießende Melodie zu spielen und so einzufangen. Nach diversen Youtube-Videos stand fest: Ich brauche KORG volcas (Danke an „Spuckfunkel“an dieser Stelle!). Also erwarb ich vier volcas (keys, bass, fm und beats) und begann sofort, mich in die Materie einzuarbeiten.
Genau das hatte ich gesucht! Was für geniale kleine Maschinen! Allerdings nervte mich das Jammen mit flach auf dem Tisch liegenden volcas und so suchte ich nach passenden Ständern. Die Holzständer, die man bei eBay & Co. bekommt, gefielen mir allerdings nicht. Und die 4er-Racks bei Thomann passten irgendwie nicht zu meiner Idee, die Volcas um mich herum anzuordnen. Also suchte ich nach Tablet-Halterungen für den Schreibtisch… auch Murks… passte zwar, sah aber nicht schön aus.
Irgendwann kam mir die Idee mit den Laptopständern. Hier habe ich glaube ich zehn verschiedene ausprobiert, bis ich schließlich durch Zufall auf Laptopständer stieß – ein Traum! Die Teile passen perfekt und sehen zudem noch super aus. Ganz zu schweigen von dem Preis, der im Gegensatz zu den meisten volca-Racks super günstig ist. Daraufhin skizzierte ich die grobe Idee zum kompletten Aufbau und fuhr mit einem sehr gut befreundeten Producer-Kollegen ein paar hundert Kilometer zu Thomann.
Ich hatte tausend Fragen wie „Wie steuere ich alle volcas mit Midi an?“, „Was ist meine MIDI-Clock?“oder „Wie recorde ich das alles?“. Die Kollegen vor Ort haben mich super beraten, allerdings meinen Plan ein bisschen belächelt und konnten mit meinem ganzen Gekritzel nicht so viel anfangen… Einer der Angestellten der Studio Abteilung vor Ort erbarmte sich allerdings und half mir. Voll bepackt mit allerlei Equipment stellte ich alles vor mir auf den Tisch und probierte ewig viele Stunden herum. Was sollte wo stehen und was macht wie Sinn? Irgendwann fiel mir auf, dass die Laptop-Ständer etwas nachgaben und die volcas mit der Zeit und vor allem nach einer Jam Session verrutschten. Also kurzerhand wieder alle Synths runter und die Laptopständer in der gewünschten Position mit 2-K-Klebstoff fixieren.
Doch warum so viele Kabel? Sync in, Sync out, Stromzufuhr und das ganze mal die Stückzahl der Geräte… So wirklich clean wie geplant würde das Ganze so nicht werden und da gab es für mich nur eine Lösung. Sobald klar war, was eben wo genau stehen würde, begann ich sozusagen Level 2 meines Plans in die Tat umzusetzen.
Nachdem ich fünf Durchgangslöcher in meinen Tisch gebohrt hatte, konnte ich alle Kabel nach unten verlegen. Wie auf dem Bild zu sehen, wuchs auch die Synth-Familie etwas weiter.
Mit jeder Idee, die ich hatte und jedem hinzugefügten Teil wuchs allerdings unter dem Tisch der Kabelsalat… Mittlerweile zählte ich schon gar nicht mehr, wie oft ich Kabel nachbestellen musste. Durch all die vielen verschiedenen Netzteile und Verlängerungskabel ärgerte ich mich nun mit allerlei Surrgeräuschen und nervendem Rauschen in meinem Audiosignal herum. Also verbaute ich erst einmal mehrere Ground-Loop-Isolatoren, um das Problem so in den Griff zu bekommen. Hinzu kamen außerdem abgewinkelte Klinkenkabel.
Als alles auf der Oberseite des Tisches so funktionierte wie es sollte, kontaktierte ich die Firma myVolts bezüglich meines Projektes. Auch die haben mir wirklich super geholfen und die Lösung waren zwei Netzteile mit Splitter und dadurch die Möglichkeit, gleich fünf Synths an einem einzigen Netzteil anzuschließen. Klar kommt nun bestimmt die Frage bei euch auf, warum ich nicht mit nur zwei Netzteilen und den beiden volca mix in meinem Set alles betrieben habe… Die Originalkabel von Korg sind leider sehr kurz und komischerweise hatte ich damit noch mehr Surren in meinem Audiosignal. Ist ja bekannt, dass viele volcas mit Batterie rauschfreier unterwegs sind als mit Netzteil, aber dieses Set mit Batterien zu betreiben, entsprach einfach nicht meiner Grundidee. So orderte ich alles bei myVolts, um endlich das Chaos unter dem Tisch zu beseitigen. Das Warten auf die bevorstehende Lieferung überbrückte ich mit dem Anbringen der LED-Beleuchtung und der finalen Steckdosenleiste.
Als die Lieferung endlich eintraf, konnte es losgehen. Neben den Netzteilen hatte ich noch den mickXer von myVolts geordert. Dieser bündelt das Audiosignal von beiden volca mix und der DAW. Das Teil ist der Hammer und besitzt außerdem noch einen Rauschfilter! Wie auf dem nachfolgenden Bild zu sehen ist, habe ich mich da wirklich verkünstelt und etliche Stunden mit dem Verkabeln verbracht. Ich dachte mir „Wenn, dann mach ich das jetzt konsequent clean fertig“. Die 4er-Midi-Through-Box fand ihren Platz unter dem Macbook.
Was jetzt noch fehlte, war noch die Möglichkeit, alles aufzunehmen. Dies geschieht mit Hilfe des USB-Audio-Interface Behringer U-Control. Wie auf den folgenden Bildern zu sehen ist, habe ich außerdem drei Webcams in das Set integriert. Hier gab es auch allerlei Hürden zu meistern, da die USB-Stromzufuhr nicht für das ganze Equipment und die Webcams ausreichte. Das Macbook hat leider nur vier freie USB-C-Ein-/Ausgänge und da einer davon zum Laden des Macbooks selbst benutzt wird, blieben nur noch drei übrig. Allerdings reichen die nicht aus. Nach vielen Stunden Trial & Error fand ich die simple Lösung: USB-Hubs mit externer Stromzufuhr.
Jetzt fragen sich viele bestimmt, warum ich das Ganze nicht einfach mit drei Kameras recorde, die gar nicht mit dem Set verbunden sind. Klar, das wäre eine Option, allerdings müsste ich so nach einer Musiksession das Videomaterial erst einmal auf den Mac ziehen, dann den aufgenommenen Sound synchronisieren und alles mit einer Videosoftware schneiden. Ich bin zwar fit in Premiere Pro, aber eigentlich will ich Musik machen und trotzdem guten Content für YouTube produzieren. Jetzt kann ich mit einem Klick alle drei Cams und den Sound aufnehmen und mich voll und ganz auf die Musik konzentrieren.
Mittlerweile hat sogar Korg meine Studiobilder auf Facebook geteilt und ich werde von mehreren VST-Herstellern supportet. Dadurch macht das Ganze natürlich noch mehr Spaß als ohnehin schon. Doch das Wichtigste ist nach wie vor die Musik, denn für die lebe ich. In diesem Sinne vielen lieben Dank für die Aufmerksamkeit.
Auf meinem Youtube-Kanal gibt es übrigens jeden Samstag ein neues Video aus meinem „ Spaceship Music Studio“- quasi direkt „live from space“: