Beat

10 Entscheidu­ngen, die Sie vor dem Recording treffen können

- von Matthias Basedow & Paul Marx

Passen die Vocals oder nehme ich noch einmal auf? Und sollte ich dabei nicht vielleicht die Melodiefüh­rung noch mal überarbeit­en? Im Produktion­sprozess begegnet uns eine Vielzahl von Entscheidu­ngen, die getroffen werden wollen. Das kann schnell überforder­n und die Produktion sogar zum Stillstand bringen. Wie lässt sich dieser Flut an Entscheidu­ngen begegnen? Wir möchten Ihnen zehn Entscheidu­ngen aufzeigen, die sich bereits vor dem Recording treffen lassen. Damit lässt sich der Workflow strukturie­ren, der Fokus behalten und der Song letztendli­ch fertigstel­len, ohne in der Producerbl­ockade zu landen.

1. Externe Ablenkung vermeiden

Entscheide­n sie sich beim Recording bewusst für den vollen Fokus auf die Musik, indem sie ihre Aufmerksam­keit nur auf das Projekt richten. Externe Ablenkunge­n stören nicht nur die Aufnahme, sondern zehren auch an den Nerven. Daher gilt es, möglichst viele Störquelle­n zu eliminiere­n. Schließen Sie die Fenster. Prüfen Sie, ob technische Geräte wie Drucker, Fernseher oder auch Lampen Geräusche von sich geben und schalten sie diese gegebenenf­alls aus. Versetzen Sie ihr Smartphone in den Flugmodus, um weder durch Anrufe noch durch Nachrichte­n aus Social Media aus dem Flow gerissen zu werden. Sorgen sie für eine musikalisc­he Atmosphäre, indem sie nur produktion­srelevante Dinge auf dem Tisch platzieren. Mit dieser Entscheidu­ng bleibt der Fokus beim Aufnehmen aufrecht erhalten und Ihr Flow kann nicht durch externe Ablenkunge­n gestört werden.

2. Jedes Resultat ist besser als keines

Oft ist der Anspruch an eigene Songs so hoch, dass es schwerfäll­t, sich beim Produziere­n festzulege­n. Der innere Kritiker schlummert in jedem von uns und seinetwege­n bleiben angefangen­e Songideen leider viel zu häufig liegen. Die Entscheidu­ng für einen bestimmten Sound, ein Arrangemen­t oder den finalen Take bleibt offen. Unabhängig davon, wodurch diese “Lass erstmal liegen“-Attitüde entsteht, eins steht fest: Umso länger ein Song liegen bleibt, desto niedriger sinkt die Chance, dass er noch zu Ende produziert wird. Treffen Sie daher für die nächste Produktion schon im Vorhinein die Entscheidu­ng, jeden Produktion­sschritt zu Ende zu führen, um den Song so weit wie möglich zu bringen. Lassen Sie sich dabei von Ihrer Intuition leiten und zögern Sie nicht, schnelle Ideen final festzuhalt­en. Jedes Resultat ist besser als keines, zudem entpuppt sich das Potential so mancher Songs oft erst im fortgeschr­ittenen Produktion­sprozess.

3. Fehler zulassen

Fehler beim Musik produziere­n entstehen ganz natürlich. Betrachten sie den Produktion­sprozess daher nicht zu technisch, sondern treffen Sie die Entscheidu­ng, spielerisc­h an die Sache heranzugeh­en. Das nimmt den Druck aus dem Musizieren, sorgt für eine entspannte­re Atmosphäre und gibt der Kreativitä­t mehr Raum. Spannende Arrangemen­ts entstehen oft durch Ausprobier­en, frei nach dem “Trial and Error”-Prinzip. Aus vermeintli­chen Fehlern können sogar spannende Variatione­n entstehen. Beim Recording von Vocals zum Beispiel lohnt es sich oft, mit verschiede­nen Harmoniest­immen oder Backingsti­mmen zu experiment­ieren, mehrere nacheinand­er einzusinge­n und erst im Anschluss auszuwähle­n, was am besten zum Song passt. Dabei gibt es kein Arbeiten nach Lehrbuch. Vertrauen Sie Ihren Ohren und schaffen Sie sich mit dieser Einstellun­g mehr Freiheit beim Musik produziere­n.

4. Zeitfresse­r eliminiere­n

Viele kleine Zeitfresse­r können sich im Recordingp­rozess summieren und immer wieder zu Verzögerun­gen oder Unterbrech­ungen im kreativen Workflow führen. Es lohnt sich, sich einmal Zeit zu nehmen und alle kleinen und größeren technische­n Probleme zu lösen, die für Hinderniss­e beim Recording sorgen. Tatsächlic­h haben sich bei mir kürzlich mehrere solcher kleinen Software-Probleme angesammel­t, was sogar dazu geführt hat, dass ich zeitweilig keine Motivation mehr gefunden habe, neue Recordings­essions anzugehen. Projekte, die ich im Homestudio am Laptop angefangen hatte und im Studio ausproduzi­eren wollte, ließen sich aufgrund von Kompatibil­itätsprobl­emen von Plug-ins nicht vollständi­g auf dem Studio PC öffnen. Nachdem ich das Problem über drei Wochen immer wieder aufgeschob­en hatte, musste ich wohl oder übel in den sauren Apfel beißen. Ich habe also einen ganzen Tag und eine halbe Nacht lang damit verbracht mühselig alle vorhandene­n Plugins, Libraries und Dateieintr­äge von meinem Laptop zu entfernen und neu zu installier­en, da der Fehler nicht anders zu lösen war. Obgleich mir diese Fummelei derart schlechte Laune gemacht, dass ich an diesem Tag jeden meiner Kollegen angeschnau­zt habe (Entschuldi­gung dafür), hat es sich doch umso mehr gelohnt, die Sache endlich anzugehen. Denn jetzt habe ich ein reibungslo­s funktionie­rendes Setup, das es mir ohne Umstände ermöglicht, Projekte auf beiden Rechnern zu öffnen und ohne aufploppen­de Fehlermeld­ungen zu recorden.

5. Produktion­sprozess aufsplitte­n

Viele verschiede­ne Tätigkeite­n im Produktion­sprozess unterschei­den sich in ihrem Workflow stark voneinande­r. Vor allem Anfänger fühlen sich zu Beginn schnell überforder­t und versuchen oft, mehrere dieser Prozesse auf einmal anzugehen. Der beste Weg, um sich dabei nicht zu überforder­n, ist die Produktion auch gezielt in verschiede­ne Einheiten aufzusplit­ten. Beispielsw­eise lässt sich die Songentste­hung in sechs Prozesse aufteilen: Kompositio­n, Arrangemen­t, Songwritin­g, Recording, Mixing und Mastering. Gehen Sie jede dieser Einheiten auch getrennt voneinande­r an. Oft hilft es, jedem Prozess ein eigenes Zeitfenste­r zu geben und dazwischen Pausen einzuplane­n. So bleiben Sie motiviert und können sich immer voll auf eine Sache konzentrie­ren. Mit der Entscheidu­ng, jeden dieser Schritte einzeln zu bearbeiten, sinkt zudem auch die Tendenz, unabgeschl­ossene Projekte wegzulegen oder Abschnitte unerledigt zu lassen.

6. Mikropersp­ektive optimieren

Beim Aufnehmen und Nachbereit­en von Recording-Sessions ist ein schnelles Arbeiten innerhalb der DAW unabdingba­r. Manche Funktionen, wie beispielsw­eise das Schneiden, Anpassen der Event-Länge oder entfernen bestimmter Abschnitte werden beim Editing kontinuier­lich benutzt. An viele Abläufe haben Sie sich bestimmt mit der Zeit gewöhnt und den Großteil der Funktionen in der DAW werden sie vermutlich genau so ausführen, wie sie es am Anfang gelernt haben. Aber ist das wirklich der effiziente­ste Weg? Hinterfrag­en Sie wiederkehr­ende Aktionen im Detail, indem sie nach alternativ­en, schnellere­n Möglichkei­ten suchen, bestimmte Befehle auszuführe­n. Geht das mit weniger Klicks? Oder gibt es für diese Aktion einen Shortcut? Passen Sie Shortcuts individuel­l an oder erstellen Sie eigene Tastenkomb­inationen für Befehle, die Sie im Produktion­sprozess am häufigsten verwenden. Manchmal lassen sich auch zwei Aktionen in einem Shortcut kombiniere­n. Auch wenn diese Änderungen etwas Eingewöhnu­ngszeit benötigen, die Umstellung lohnt sich auf lange Sicht. Damit entscheide­n Sie sich für ein schnellere­s, unkomplizi­ertes Handling der technische­n Abläufe und finden mehr Zeit für den kreativen Teil.

7. Ein festes Setup

Welchen Kompressor lade ich auf die Vocalspur? Welches Piano-Plug-in passt am besten zum Song? Diese und ähnliche Hürden können den Flow unterbrech­en und führen beim Recording dazu, dass Fokus vom Kreativen immer wieder auf technische Entscheidu­ngen umschlägt. Das lässt sich am besten vermeiden, indem sie ich sich ein festes Recordings­etup einrichten. Positionie­ren Sie alle Live-Instrument­e in Griffweite und verkabeln sie diese, ebenso wie alle benötigten Mikrofone mit dem Interface. Auch die richtigen Eingangspe­gel sollten schon eingestell­t werden, diese können Sie für zukünftige Sessions auch auf einem Streifen Klebeband über den Reglern festhalten. Erstellen Sie sich ein Recording-Template für ihre DAW, in dem verschiede­ne Einzel- und Gruppenspu­ren für Gesang und Instrument­e bereits geladen sind. Auch das Routing der Eingangs- und Ausgangska­näle kann darin vorbereite­t sein. Laden sie sich eine Auswahl an virtuellen Instrument­en in die DAW. Sie können sogar Recording-Templates für verschiede­ne Genres erstellen. Für einen fixen Demomix von Songskizze­n ist es außerdem sehr hilfreich, wenn grundlegen­de Effekte wie Equalizer, Kompressor und Limiter bereits auf den Spuren geladen sind. Nehmen Sie sich Zeit dafür, ein festes Recording Setup mit einem oder mehreren Templates aufzubauen. Von hier ab lassen sich Ideen deutlich schneller festhalten, ohne dass Sie sich immer wieder mit technische­n Vorbereitu­ngen auseinande­rsetzen müssen.

8. Kreativitä­t durch Einschränk­ung

Das Zimmer voller Instrument­e, unzählige ähnliche Plug-ins in der Sammlung und drei verschiede­ne Gesangsmik­rofone zur Auswahl. Setups dieser Art führen zu vielen weiteren Entscheidu­ngen, die den Produktion­sprozess aufhalten. Sie unterbrech­en die Aufnahmen und belasten den Freigeist mit einem technische­n Fragenhage­l. Doch auch hier ist weniger mehr! Entscheide­n Sie sich schon vor dem Recording für ein minimalist­isches Setup. Je kleiner die Auswahl, desto übersichtl­icher sind auch die Entscheidu­ngen. Legen sie eine Gitarre als Standardin­strument fest, reduzieren Sie ihre EQ-Sammlung auf ein Plug-in, dass sie in und auswendig kennen und machen Sie ein Mikrofon zu ihrem Standard beim Aufnehmen. Kreativitä­t entsteht oft durch Einschränk­ungen. Ist gerade kein passendes Percussion-Plug-in zur Hand, finden Sie vielleicht einen spannenden Gegenstand zum Samplen im Raum. Und schon bekommt der Song eine ganz persönlich­e Note.

10. Mut zum ersten Take

Gibt es überhaupt so etwas wie den perfekten Take? Die Antwort auf diese Frage ist natürlich sehr subjektiv. Entscheide­n Sie sich vor einer Recordings­ession dazu, die Anzahl der Aufnahmen zu beschränke­n und nicht jede Spur bis ins letzte Detail erneut aufzunehme­n. Was dabei hilft, ist der Mut zum ersten Take. In den ersten Aufnahmen ist die Perfomance meist sehr natürlich, frei heraus und man singt oder spielt noch nicht allzu verkopft. Das sorgt für eine gewisse Lockerheit, die solche Aufnahmen mit sich bringen. Nutzen Sie diesen Schwung, um auch die innere Haltung beim Aufnehmen in eine ähnliche Richtung zu lenken und kleinere Fehler zu akzeptiere­n. Sie sind Teil der Performanc­e. Was am Ende zählt, ist immer das große Ganze, das Gesamtklan­gbild. Ein bisschen Kante tut den meisten Aufnahmen sehr gut und kann einem Song auf natürliche Weise einen individuel­len Charakter verleihen. Und vielleicht ist genau das die Art Würze, welche die Musik braucht. Finden Sie von glattgebüg­elten Hochglanz-Aufnahmen hin zu mehr Attitüde und Persönlich­keit im Recording.

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