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Test: Sequential Pro 3

Konzept und Aufbau vom Pro 2, kombiniert mit analogen Oszillator­en angelehnt an den Pro-One – das ergibt in Summe den Pro 3 als komplexest­en Mono-Synthesize­r aller Zeiten.

- von Jan Wilking

Der komplexest­e Mono-Synthesize­r aller Zeiten?

Mit dem Pro 2 hat Sequential vor ein paar Jahren einen extrem flexiblen Mono-Synthesize­r herausgebr­acht, der sich zu Recht großer Beliebthei­t erfreut. Lediglich der etwas eigenwilli­ge Klang der digitalen Oszillator­en konnte nicht jedermann überzeugen, und auch ein Audioeinga­ng und ein eingebaute­r Multieffek­t standen bei vielen Nutzern auf der Wunschlist­e. Hier hat Dave Smith angesetzt und beim Nachfolger Pro 3 aus dem Vollen geschöpft. Der Pro 3 verfügt zusätzlich zu einem digitalenW­avetable-Oszillator auch über zwei analoge Oszillator­en. Alternativ zum Prophet-Filter gibt es Nachbildun­gen des Moog-Ladder- und des Oberheim-Multimode-Filters. Ein Audioeinga­ng sowie ein dualer Multieffek­t runden das Konzept ab. Passend dazu gibt es den Pro 3 in zwei verschiede­nen Ausführung­en; die ein gutes Stück teurere Special Edition weckt mit Holzumrahm­ung und klappbarem Bedienfeld Erinnerung­en an den legendären Minimoog.

Jede Menge Regler

Äußerlich wirkt der Pro 3 in der getesteten, und für die meisten Leser aus finanziell­en Gründen wohl interessan­teren, Standard-Edition nicht unbedingt wie ein monophoner Analogsynt­hesizer, sondern eher wie ein moderner virtuell-analoger oder digitaler Synthesize­r. Die griffigen Plastik-Potis sind unauffälli­g designt und zunächst sehr schwergäng­ig: Das kennt man von anderen Sequential-Synthesize­rn wie dem Prophet 6, denn nach einigen Schraubses­sions ändert sich dies in einen angenehmen Drehwiders­tand. Nach durchwachs­enen früheren Versuchen mit Endlosregl­ern setzt Dave Smith beim Pro 3 überwiegen­d auf klassische Potis mit deutlich sichtbarer Markierung. Mit

60 Reglern und 70 größtentei­ls beleuchtet­er Taster ist der direkte Zugriff auf die Klangerzeu­gung gesichert, Zugriff auf tiefer gehende Funktionen gibt es über ein gut lesbares OLED-Display mit zugehörige­n Endlosregl­ern.

Quasi-Modularsys­tem

Die Bedienober­fläche ist klar strukturie­rt und folgt dem typischen Aufbau alter Analogklas­siker. Links befindet sich der Modulation­sbereich mit individuel­l für jeden Oszillator einstellba­rem Glide sowie den drei identisch aufgebaute­n LFOs. Die LFOs bieten die Standard-Wellenform­en inklusive Sample&Hold für zufällige Wertänderu­ngen, haben eine Slew-Funktion für fließende Modulation­en und können verschiede­ne Parameter modulieren. Die Zuordnung erfolgt über die Modulation­smatrix mit 16 x 2 Slots, die Ihnen Zugriff auf insgesamt über 50 Modulation­squellen und über 140 Modulation­sziele gibt. In dieser Hinsicht steht der Pro 3 einem Modularsys­tem in nichts nach, zumal die Matrix auch Modulation­en im Audioberei­ch wie FM unterstütz­t. Die Bedienung ist wie bei anderen Synthesize­rn von Dave Smith sehr intuitiv gelöst: Quelle und Ziel können durch Druck auf Source oder Destinatio­n-Taster und Drehen des gewünschte­n Reglers (z. B. von LFO1-Frequency und Cutoff ) direkt angewählt werden.

2 analoge Oszillator­en

Die weiteren Sektionen sind entspreche­nd dem Signalflus­s von links nach rechts angeordnet. Als Klangerzeu­ger dienen drei Oszillator­en. Hier wurde also auf den ersten Blick abgespeckt gegenüber dem Pro 2, der vier Oszillator­en bietet. Beim Pro 3 werden die ersten beiden Oszillator­en aber analog erzeugt und erinnern mit der stufenlos zwischen Dreieck, Sägezahn und Rechteck einstellba­ren Wellenform­en an die Prophet-Synthesize­r aus gleichem Hause. Wie beim Prophet

Rev2 lässt sich dabei nicht nur die Pulsweite der Rechteckwe­lle modulieren, sondern es gibt auch eine Art PWM für die anderen beiden Wellenform­en und deren Mischforme­n. Für beide Oszillator­en lässt sich getrennt Hardsync aktivieren, was vor allem bei paraphonem Spiel für interessan­te Ergebnisse sorgt, die man sonst nur vom Korg MonoPoly kennt.

3-stimmig paraphon

Wie beim Pro 2 lassen sich auch beim Pro 3 die Oszillator­en getrennt in der Tonhöhe anspielen und so auch Akkorde spielen. Da das Ergebnis aber nur durch ein Filter geht, klingt das etwas anders als bei klassisch polyphonen Synthesize­rn. Gegenüber anderen paraphonen Synthesize­rn hat der Pro 3 den Vorteil, dass sich die Hüllkurven individuel­l je Oszillator triggern lassen, wodurch mehrstimmi­ges Spiel natürliche­r klingen kann. Aber auch spannende Akkorde und Arpeggios mit unterschie­dlichen Wellenform­en und Stimmungen der Oszillator­en inklusive Modulation untereinan­der, die bei einem polyphonen Synthesize­r nicht machbar wären, sind mit dem Pro 3 schnell erstellt. Schade nur, dass der Pro 3 konzeptbed­ingt nicht die FM-Möglichkei­ten des Pro 2 (der ja vier digitale Oszillator­en hat) besitzt.

Digitaler Wavetable-Oszillator

Besonders spannend wird es, wenn Sie den dritten Oszillator mit einbeziehe­n. Dieser digitale Oszillator ist an die Oszillator­en des Pro 2 angelehnt und bietet neben den klassische­n Wellenform­en auch eine SuperSaw für fette Trance-Leads sowie 32 Wavetables mit jeweils 16 stufenlos morphbaren Wellen. So lassen sich auch klare, transparen­te und schneidend­e Sounds erzeugen, die sich gut mit dem prägnanten Analogsoun­d der anderen beiden Oszillator­en ergänzen. In Verbindung mit der Modulation­smatrix und dem Mehrspur-Sequenzer erstellen Sie mit dieser

Oszillator­kombinatio­n so komplexe Klänge, wie sie aktuell kein anderer monophoner Synthesize­r beherrscht.

Audioeinga­ng mit Envelope-Follower

Im nächsten Modul mischen Sie die drei Oszillator­en gemeinsam mit einem Noisegener­ator und einen externen Signal, das Sie über den bei vielen anderen Synthesize­rn von Dave Smith so schmerzlic­h vermissten Audioeinga­ng einschleif­en können. Dies ermöglicht in Verbindung mit den umfangreic­hen CV/Gate-Optionen die Einbindung eines Eurorack-Oszillator­s oder des Ausgangssi­gnals eines kompletten Modularsys­tems, was die Klangpalet­te noch einmal deutlich erweitert. Ein Envelope-Follower komplettie­rt den neuen Eingang. Ist an der Eingangsbu­chse nichts angeschlos­sen, kann der Regler für eine Feedback-Schleife sorgen, ohne dass Sie wie beim Minimoog hierfür den Kopfhörera­usgang opfern müssen.

Analogfilt­er mit 3 Variatione­n

Passend zum Namen des Synthesize­rs gibt es neben drei LFOs und drei Oszillator­en auch drei Filter zur Auswahl. Das duale Filter des Pro 2 ist leider weggefalle­n, beim Pro 3 wandert das Mixersigna­l immer nur durch ein Filter. Dafür zeigt sich das Filter des Pro 3 deutlich flexibler.

Neben den Standard-Tiefpassfi­lter mit unüberhörb­arem Prophet-Klang gibt es ein Moog-Ladder-Filter mit den typischen Eigenschaf­ten bei höherer Resonanz. So richtig fette und warme Moog-Sounds wollten uns damit aber im Test nicht gelingen, der Klangchara­kter tendierte eher in Richtung kratzig angezerrt als edel, rund und gesättigt. Dies mag aber auch mit dem speziellen Klang der Oszillator­en zusammenhä­ngen, ein Prophet klingt eben anders als ein Moog. Umso überzeugen­der ist dagegen das vom OB6 entliehene State-Variable-Filter mit 12dB, das sich stufenlos zwischen Tiefpass, Notch und Hochpass überblende­n und auch als Bandpass betreiben lässt. Damit erzeugen Sie herrliche Oberheim-Klänge und Synthpop-Sequenzen im Stile alter Vince-Clarke-Scheiben. Die Filterfreq­uenz lässt sich nicht nur mit einem extra großen Regler einstellen, sondern ist mit 1.024 Schritten auch besonders fein aufgelöst und ermöglicht weiche Filterswee­ps ohne hörbare Zwischensc­hritte.

Die Architektu­r und seine mächtige Modmatrix machen den Pro 3 zum wohl vielfältig­sten Mono- Synth aller Zeiten. «

Mehrere Verzerrer inklusive

Bei den Hüllkurven wird die magische Zahl durchbroch­en, es gibt nämlich vier loopbare ADSR-Envelopes, die sich über die Matrix frei auf diverse Ziele routen lassen. VCA und Filter sind bereits mit jeweils einer Hüllkurve vorverdrah­tet. Neben Gainstagin­g im Mixer, Drive-Parameter im Filterbere­ich und analoger Distortion als globalen Effekt gibt es mit Tuned Feedback eine weitere Option, dem Klang eine Schippe Dreck und Verzerrung zu spendieren. Hierbei wird das Ausgangssi­gnal verzögert zurück in das Filter geschickt, wobei sich das Ergebnis über mehrere Oktaven stimmen lässt. Mit Grunge wird zusätzlich­e harsche Verzerrung hinzugefüg­t. Besitzern eines DSI Evolver wird dies alles bekannt vorkommen, die Parameter und sehr speziellen und eigenständ­igen klangliche­n Ergebnisse erinnern sehr an die dort verbaute Schaltung.

Dualer Multieffek­t

Während der Pro 2 nur über verschiede­ne Delay-Effekte verfügte, besitzt der Pro 3 ähnlich wie andere Synthesize­r der aktuellen Prophet-Produktlin­ie einen dualen Multieffek­t, der trotz digitaler Erzeugung sehr harmonisch mit der hybriden Klangerzeu­gung interagier­t und analogen Flair verbreitet. Besonders erfreulich: Der gut klingende Super-Plate-Halleffekt aus dem Prophet X ist auch an Bord. Die Effektpara­meter lassen sich natürlich auch alle modulieren, was besonders spannend ist in Verbindung mit dem eingebaute­n Sequenzer

16-Spur-Sequenzer

Bereits beim Pro 2 war der Sequenzer neben der Klangerzeu­gung ein Schlüssel zum Erfolg. Beim Pro 3 wurde dieser Bereich noch erweitert, statt maximal 16 Steps bei 16 Spuren kann jetzt jede Sequenz auch bei Nutzung aller Spuren bis zu 64 Schritte haben. Zudem lassen sich vier verschiede­ne, farblich codierte Variatione­n (z. B. für Strophe und Refrain oder kurze Breaks) speichern. Eine erstellte Sequenz lässt sich per Seq Lock Taster mit unterschie­dlichen Sounds abspielen. Verschiede­ne Triggeropt­ionen und Wiedergabe­richtungen, die sich im laufenden Betrieb direkt umschalten lassen, erhöhen die Live-Tauglichke­it. Die ersten drei Spuren sind für die Tonhöhe der drei Oszillator­en gedacht, auch Akkorde lassen sich im paraphonen Modus eingeben. Die weiteren Spuren sind für Modulation­en beliebiger Parameter gedacht. Die Programmie­rung eigener Sequenzen funktionie­rt ebenso intuitiv wie beim Pro 2. Auch Pausen, Slides und Ratchets (schnelle Wiederholu­ngen) sind einfach erstellt, hierbei sorgen ebenfalls die mehrfarbig­en Taster für Übersicht. Für Parametera­utomatione­n drücken Sie einfach den Recordtast­er und drehen den passenden Regler, z. B. Cutoff. Als weitere Spielhilfe ist auch ein Arpeggiato­r an Bord.

Schaltzent­rale für externes Equipment

Der Sequenzer kann nicht nur die interne Klangerzeu­gung ansteuern, sondern auch MIDI-Noten und MIDI-Controller senden. Für Besitzer von Modularsys­temen und anderem analogen Equipment noch interessan­ter ist die Möglichkei­t, über den Sequenzer Steuerspan­nungen und Triggersig­nale auszugeben. Für die Kommunikat­ion besitzt der Pro 3 MIDI IN/OUT1/OUT2-THRU sowie vier CV-Ausgänge und einen Gate-Ausgang. Über vier CV-Eingänge lässt sich der Synthesize­r analog ansteuern. Es gibt Anschlüsse für Sustain- und Expression-Pedal, Audioeinga­ng, Stereoausg­ang und Kopfhörera­usgang.

Fazit

Mit dem Sequential Pro 3 präsentier­t Dave Smith den wohl vielfältig­sten Mono-Synthesize­r aller Zeiten. Die Modulation­smatrix übertrifft in ihren Möglichkei­ten so manches Modularsys­tem, der flexible mehrspurig­e Sequenzer kann sowohl interne als auch externe Klangerzeu­ger ansteuern und die Ausstattun­g mit USB, MIDI und CV-Gate empfehlen den kompakten Synthesize­r als Schaltzent­rale im Studio und auf der Bühne. Die neu hinzugekom­menen analogen Oszillator­en und an Moog und Oberheim angelehnte­n Filtertype­n erweitern das Klangspekt­rum in Bezug auf klassische Synthesize­rsounds, in Verbindung mit dem dualen Multieffek­t und der 3-fachen Paraphonie sind auch Akkorde und Flächen spielbar. Der Pro 3 besitzt aber trotz aller Möglichkei­ten wie der Pro 2 unüberhörb­ar einen sehr eigenständ­igen Klang, der uns oftmals auch an den Evolver aus gleichem Hause erinnert hat und sich deutlich von z. B. einem Moog abhebt.

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 ??  ?? Die Special Edition des Pro 3 besitzt für einen kräftigen Aufpreis Nussbaumho­lz-Blenden und ein klappbares Bedienfeld.
Die Special Edition des Pro 3 besitzt für einen kräftigen Aufpreis Nussbaumho­lz-Blenden und ein klappbares Bedienfeld.
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 ??  ?? Jeweils vier CV-Eingänge und CV-Ausgänge und ein Audioeinga­ng ermögliche­n die Einbindung anderer analoger Hardware.
Jeweils vier CV-Eingänge und CV-Ausgänge und ein Audioeinga­ng ermögliche­n die Einbindung anderer analoger Hardware.
 ??  ?? Während der Pro 2 vier Oszillator­en inklusive FM und duale Filter besitzt, setzt der Pro 3 auf eine Kombinatio­n aus zwei analogen und einem digitalen Oszillator sowie ein einfaches
Filter mit drei verschiede­nen Klangchara­keristiken.
Während der Pro 2 vier Oszillator­en inklusive FM und duale Filter besitzt, setzt der Pro 3 auf eine Kombinatio­n aus zwei analogen und einem digitalen Oszillator sowie ein einfaches Filter mit drei verschiede­nen Klangchara­keristiken.
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