Studio Insights: Sub Focus & Wilkinson
Ihr gemeinsames Drum-&-Bass-Projekt entwickelten sie in der legendären Real World Studios von Peter Gabriel. Danny Turner fand heraus, wie das Album „Portals“, Gestalt annahm.
Um ihr gemeinsames Drum & Bass-Projekt weiterzuentwickeln, zogen sich Sub Focus und Wilkinson in die legendären Real World Studios von Peter Gabriel zurück. Danny Turner fand heraus, wie das Album „Portals“, welches das Genre neu definiert, Gestalt annahm.
Die beiden Drum & Bass-Schwergewichte Sub Focus (Nick Douwma) und Wilkinson (Mark Wilkinson) stehen bei vielen DJ-Festivals gemeinsam auf dem Billing. Nachdem sie beide bei Andy Cs RAM Records unterschrieben hatten, beschlossen sie 2017, ihre Talente zu bündeln und die Single „Take It Up“zu veröffentlichen, was wiederum im gemeinsamen Debütalbum „Illuminate“resultierte, das bis heute über sieben Millionen Mal gestreamt wurde.
Nach dem Erfolg des Albums beschloss das Duo, das Projekt in eine aufwendigere und experimentellere Richtung zu lenken. Angetrieben vom Wunsch, „echte“Instrumente aufzunehmen und mit einem ausgewählten Team von Sängern, Produzenten und Session-Musikern zusammenzuarbeiten, mieteten Douwma und Wilkinson die Real World Studios von Peter Gabriel in Wiltshire. Das Ergebnis sind die Single „Just Hold On“sowie das kommende Album „Portals“.
Beat / Wie habt ihr euch kennengelernt? Wir können uns vorstellen, dass sich eure Wege ziemlich oft gekreuzt haben.
Nick Douwma / Ich kann mich nicht erinnern, wann wir uns das erste Mal getroffen haben, aber es war mit ziemlicher Sicherheit irgendwo bei einem Auftritt. Es könnte nach einem der
EDC-Festivals in Las Vegas gewesen sein. Wir sind beide auf dem gleichen Label untergekommen, RAM Records, wodurch wir gewissermaßen verwandt sind.
Mark Wilkinson / Ich habe immer zu Nick und seinen Produktionen aufgeschaut. Als ich bei RAM unterschrieb, erinnere ich mich, dass Andy C zu mir sagte, dass dies das Klangqualitätsniveau war, das ich erreichen müsse. Wir haben angefangen, uns mehr zu sehen, und sind schließlich 2017 zusammen ins Studio gegangen.
Nick Douwma / Die Resonanz auf unsere Zusammenarbeit schien wirklich positiv zu sein, nachdem wir einen Track namens „Take It Up“gemacht hatten. Dann haben wir beschlossen, die Kooperation auf ein längeres Projekt auszudehnen.
Beat / Wie kam es ganz ursprünglich zu der Zusammenarbeit?
Nick Douwma / Mark hatte mit Dimension an einem Track namens „Rush“gearbeitet, dann habe ich wiederum mit Dimension an einem anderen Track gearbeitet. Alle in der Szene begannen sich ein bisschen mehr zu öffnen. Davor gab es definitiv eine gewisse Zurückhaltung was eine Zusammenarbeit angeht. Dabei ist es vorteilhaft, weil es erfrischend ist, zur Abwechslung mal
Feedback von jemand anderem zu bekommen, nachdem wir beide lange Zeit Solo-Produzenten waren.
Mark Wilkinson / Nick und ich gingen ins Studio und schauten einfach mal, wie wir die Dinge gemeinsam vorantreiben konnten, insbesondere bei diesem neuen Album. Wir haben viel geredet, bevor wir uns darauf eingelassen haben, und haben sogar darüber nachgedacht, etwas völlig anderes zu tun. Wir wollten ein Album produzieren, das ganz andere Musik enthält, als wir normalerweise machen – mehr ein Album zum Zuhören, das man gut zu Hause oder im Auto hören kann und das nicht primär cluborientiert ist.
Nick Douwma / Wir sind beide Fans elektronischer Acts, die diese Lücke schließen. Bonobo, Moderat und Jon Hopkins sind alle Produzenten, deren Arbeit wir wirklich mögen. Wir wollten Alben nachahmen, die zwar Dance Music sind, aber auch diese Live- oder eher zerebralen Elemente haben, die bei cluborientierten Single-Veröffentlichungen manchmal fehlen. Wir wollten etwas mit mehr Tiefe und Ambition machen.
Beat / Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit muss auf beiden Seiten Diplomatie herrschen. War das der Fall?
Mark Wilkinson / Es ist eine tolle Erfahrung, dass ich eine Stunde lang nicht am Mischpult sein kann und weiß, dass jemand wie Nick in die Bresche springt und am Ende etwas Cooles herauskommt. Wenn man alleine ist, kann man fünf Stunden lang mit einer Idee herumspielen, aber wenn man zusammenarbeitet, muss man lernen, den anderen Produzenten nicht zu unterbrechen, bis er eine Idee fertig gestellt hat.
Nick Douwma / Man muss in der Lage sein, die Körpersprache des Gegenübers zu lesen und zu lernen, ihm den Raum zu geben, wenn er gerade an etwas Gutem dran ist. Es ist auch praktisch, wenn man selbst in einem Song fest hängt. Wie jeder, der Musik produziert, weiß, hört man viel in Endlosschleife und verliert dabei leicht mal die Perspektive. Wir haben beide ziemlich hohe Standards und ich denke, es gab eine Lernkurve, ein gewisses Maß an Autonomie bei den Songs aufzugeben, da wir beide daran gewöhnt sind, das letzte Wort zu haben.
Beat / Was war der Grund für eure Entscheidung, die Real World Studios von Peter Gabriel für dieses Projekt zu nutzen?
Mark Wilkinson / Die Idee, einen Songwriting-Retreat zu machen, stand ganz oben auf der Liste. Wir haben zwar auch beide eine gewisse Menge an Outboard-Equipment, aber die Idee war, wirklich komplett aus dem Computer heraus in ein Studio zu treten und die Sachen auf andere Weise aufzunehmen. Das Wichtigste ist, dass wir es für uns gemacht haben – wir wollten ein Album zum Zuhören machen, auf das wir wirklich stolz sein können, und wir haben das Gefühl, dass wir das erreicht haben.
Beat / Spielte die Tatsache, dass Peter Gabriel das Studio besitzt, eine Rolle?
Nick Douwma / Wir haben über verschiedene Studios im Ausland gesprochen, kamen jedoch zu dem Schluss, dass es viel einfacher wäre, mit Menschen im selben Land zusammenzuarbeiten. Ich hatte schon immer das Gefühl, dies wäre ein großartiger Ort zum Arbeiten. Peter Gabriel hat einen Hintergrund in Weltmusik, daher gibt es unzählige verschiedene Instrumente und Mikrofone dort, und ein wesentlicher Aspekt war, dass wir in den Wohnräumen bleiben und intensiv schreiben konnten.
Beat / Als ihr dann in den Real World Studios wart, wie habt ihr euch die ersten Tage eingelebt?
Mark Wilkinson / Zu Beginn haben wir viel gejammt und verschiedene kreative Prozesse entwickelt, egal ob mit unterschiedlichen Instrumenten, Songwritern oder Sängern. Wir haben diese Produktionen dann weggelegt und entschieden, mit welchen wir weiterarbeiten. Nick arbeitet mit Ableton und ich mit Logic. Daher habe ich gewechselt, was den Prozess erleichtert hat, da der Versuch, mit zwei DAWs zu arbeiten, ein Albtraum gewesen wäre. Wir mussten die von uns verwendeten Plug-ins synchronisieren, was wirklich cool war, um neue zu entdecken, und am Ende hatten wir so ziemlich die gleichen Systeme. Wir hatten einen gemeinsamen Dropbox-Ordner, um die neuesten Versionen der Songs zu speichern, konnten aber nicht gleichzeitig daran arbeiten, da es dann abstürzte.
Nick Douwma / Im Real World Studio haben wir oft Live verwendet, um das Tempo unserer beiden Projekte mit Ableton Link zu synchronisieren. Zum Beispiel konnte ein Beat von Marks Ableton-Projekt und die Akkorde von meinem kommen, aber wir mussten die Projekte danach zusammenfügen.
Mir gefällt die Art und Weise, wie man Tracks durchsuchen und in alles hineinziehen kann, woran man in Ableton gerade arbeitet. Ich habe oft ganze Abschnitte genommen und sie in andere eingefügt. Es hat uns also definitiv viel gebracht, dieselbe DAW zu verwenden.
Beat / Vermutlich gibt es im Real World Studio ein Engineering-Team, das einem hilft?
Nick Douwma / Bei einem Studio dieser Größe muss man Hilfe haben, und der Chef-Engineer Oli Jacobs hat uns bei den Aufnahmen geholfen, als wir dort waren. Der Raum war anfangs eine leere Leinwand. Mark spielt Schlagzeug, also haben wir ein Drumkit im hinteren Teil des Raums mikrofoniert und ich hatte meinen modularen Synthesizer mitgebracht und habe ihn links von mir aufgebaut. Wir haben im Grunde einen Kreis an Instrumenten, die wir verwenden wollten, um uns herum aufgestellt.
Mark Wilkinson / Eines der Dinge, die Peter Gabriel seinen Engineers sagt, ist, dass der kreative Prozess im Flow sein soll und keine Zeit damit verschwendet werden soll, darauf zu warten, dass etwas mikrofoniert wird. Daher ist alles
Outboard-Effekt-Equipment und jeder Rechner mit dem SSL-Pult verbunden, das wirklich massiv ist. Zum Glück war jemand da, der sich damit auskannte.
Beat / Hattet ihr Demos entwickelt, bevor ihr gejammt habt?
Nick Douwma / Wir hatten einige Ideen, die wir vor den Sitzungen begonnen hatten. Am Ende haben wir zum Gerüst unserer ersten Single aus dem Projekt „Illuminate“Live-Elemente hinzugefügt, aber der größte Teil des Materials wurde im Real World Studio geschrieben.
Mark Wilkinson / Wir hatten im Grunde den ersten Tag für uns, um uns im Studio zurechtzufinden und ein bisschen herumzuspielen. Wir hatten hier und da ein paar Ideen und es kamen im Laufe der Woche immer mal Songwriter vorbei, was toll war, da man so in der Position ist, viel Input für verschiedenste Tracks zu bekommen. Am dritten Tag mieteten wir ein weiteres Produktionsstudio innerhalb des Komplexes, damit Nick und ich uns trennen konnten, um Ideen weiterzuentwickeln. Es wurde ein Writing Camp, wo ein Track im Hauptraum geschrieben wurde und im anderen Raum parallel zum Beispiel gerade die Idee für den Gesang entwickelt wurde.
Beat / Könnt ihr ein Beispiel für einen Track geben, der in Zusammenarbeit mit anderen realisiert wurde?
Nick Douwma / Bei den Sessions haben wir hauptsächlich mit Marks Live-Gitarrist Tom Varrall, einem Produzenten namens John Calvert und dem Sänger und Songwriter Tom Havelock zusammengearbeitet, mit denen wir beide schon zuvor kollaboriert hatten. Wir sind auch große Fans der House-Produzenten Icarus und haben einige Tage nach Beginn der Sessions mit ihnen gejammt. So entstand die aktuelle Single „Just Hold On“. Mark ist Schlagzeuger, also haben wir mit ihm einige Breakbeats in die Bandmaschine des Studios aufgenommen und sie gepitcht, um DrumSamples zu erstellen. Wir gaben diese Breakbeats dann Icarus, die sie zerhackten, layerten und einige Pads und Akkorde hinzufügten. Ich war wirklich begeistert von der Idee, das Modular-System in diesem Track zu verwenden, also habe ich einige lange Passagen mit fiependen Synth-Melodien erstellt und sie zerlegt, um die besten Teile in den Takes zu finden. Ich habe den Intellijel Metropolis-Sequenzer verwendet, mit dem man die Schritte umkehren oder zufällig anordnen kann. Er eignet sich hervorragend zum Erstellen von Melodien, die sich auf interessante Weise ändern und verwandeln. Der Track wurde ursprünglich für eine männliche Stimme mit Tom Havelock geschrieben und aufgenommen, aber wir hatten die Idee, ihn später von einer Sängerin neu singen zu lassen. Wir haben ihn dann mit Vula Malinga von Basement Jaxx nach Abschluss der Real-World-Sessions noch mal aufgenommen.
Beat / Das hört sich an, als seien es sehr flüssige Songwriting-Sessions gewesen. War das aus der Not heraus geboren?
Nick Douwma / Das meiste Material, das wir letztendlich verwendet haben, wurde innerhalb von 48 Stunden Mitte der Woche geschrieben. Das waren also unglaublich produktive Tage. Eines Abends trafen wir einen Cellisten namens Andrew Morgan, der in einem angrenzenden Studio aufnahm. Wir wollten unbedingt Streicher für „Just Hold On“und einen anderen Track und haben es geschafft, ihn davon zu überzeugen, mal rüber zu kommen und die Streicher aufzunehmen. Das war einer der besten Momente der Woche. Es kam aus dem Nichts und wir saßen plötzlich in einem stillen Studio und er spielte ein fantastisches Cellosolo.
Mark Wilkinson / Wir haben im Grunde genommen das Real World Studio verwendet, um all die Magie und Klänge zu realisieren, von denen wir wussten, dass sie die ursprüngliche Ebene der Musik bilden würden. Wir wussten auch, dass wir, wenn es darum geht, alle Drum & Bass-Klänge in den Sound zu bringen, Zeit in unseren eigenen Studios verbringen müssen, wo wir es gewohnt sind, zu mischen.
Nick Douwma / Als wir das Real World Studio verließen, waren wir so begeistert, weil wir sehen konnten, dass der Umriss der Platte schon da war
Wir wollten ein Album produzieren, das ganz andere Musik enthält, als wir
normalerweise machen.
(Mark Wilkinson)
und es nur noch darum ging, alles auszuproduzieren. Das Knifflige an Drum & Bass ist, dass der technische Standard sehr hoch ist. Deshalb haben wir versucht, mit vielen Songs einen guten Kompromiss zu finden. Wir möchten, dass sie nach live klingen, aber auch groß genug sind, um in unseren Sets zu funktionieren, ohne übermäßig bearbeitet oder quantisiert zu werden.
Beat / Drum & Bass ist ein sehr digital orientiertes Genre, aus dem viele Innovationen der elektronischen Musik stammen. Könnt ihr genau bestimmen, was das Real World Studio im Gegensatz dazu gebracht hat?
Nick Douwma / Die Aufnahme von echten Instrumenten bringt eine ganz andere Dimension mit sich, insbesondere für Klavier- und Streicherstimmen. Es ist schwierig, völlig realistische Annäherungen an reale Instrumente digital zu erstellen. Streicher und Blechbläser sind in einem Software-Sampler notorisch schwer nachzubilden, daher mussten einige von ihnen eben mit echten Instrumenten aufgenommen werden, um den ultimativen Realismus zu erzielen. Mark Wilkinson / Wir haben schnell gemerkt, dass wir diese Streicher nicht einfach mit unserem Computer kreieren können – sie haben so viel Emotion hinzugefügt. Wir waren baff, weil dieser Sound so einzigartig und anders war, als wir es gewohnt waren. Ich habe oft Kontakts Alicia Keys-Klavier verwendet, aber die Aufnahme im Real World Studio auf einem Klavier, das Alicia Keys tatsächlich verwendet hat, war dann wirklich unglaublich. Der Klang des Raumes hat in gewisser Weise etwas damit zu tun – der natürliche Nachhall und die Akustik machen ihn zu einer Skulptur.
Beat / Welches exotische Equipment habt ihr sonst noch benutzt, als ihr dort wart?
Nick Douwma / Wir haben für einige der Streicheraufnahmen ein binaurales Kopfmikrofon verwendet. Es ist ein kopfförmiges Mikrofon mit zwei In-Ear-Tonabnehmern. Wir haben auch ein Instrument namens Marxophon verwendet, ein wirklich altes viktorianisches Instrument. Es sieht aus wie eine Tischharfe mit Hämmern, mit denen man die Saiten schlagen kann.
Mark Wilkinson / Wir haben auch einen Flügel für unsere nächste Single „Air I Breathe“
aufgenommen. Wie bereits erwähnt, war es tatsächlich das Klavier, auf dem Alicia Keys ihr letztes Album aufgenommen hat.
Beat / Habt ihr das SSL-Pult viel genutzt?
Nick Douwma / Wir haben das Mischpult viel verwendet, um das Zeug, das wir aufnahmen, zu mischen. Vor allem das Schlagzeug und das Piano. Wir hatten beide Ausgänge von unseren Laptops, aber auch unsere eigenen Stereo-Eingänge. Der Großteil der Live-Instrumente und des Outboard-Equipments lief also über das SSL-Pult.
Mark Wilkinson / Wir brachten Oli entweder dazu, Teile aufzunehmen, die sich mit mehreren Spuren besser anfühlten, und wenn es nur ein StereoTrack war, ging er direkt in unsere beiden Laptops.
Wir hatten beide tragbare Soundkarten mit. Daher nahmen wir oft über das Mischpult direkt in Ableton auf und bei größeren Sachen wie den Drums nutzen wir Pro-Tools und exportierten dann die Spuren. Nick Douwma / Wenn man im Computer schreibt und Soft-Synthesizer verwendet, ist es so einfach, Sounds zu wechseln, dass es einem unvermeidlich an Engagement mangelt. Wenn man jedoch einen Drum-Beat richtig aufgenommen hat und er über das SSL-Pult und eine Bandmaschine lief, hat man ihm gegenüber eine ganz andere Verpflichtung und tauscht ihn nicht einfach mehr gegen einen anderen Breakbeat aus. Schließlich man hat viel Liebe und Schweiß investiert.
Beat / Nick, als wir dich das letzte Mal in deinem Studio besucht haben, hattest du keine Modulartechnik. Wie beeinflusst sie deine Produktionen heutzutage?
Nick Douwma / Seit wir das letzte Mal gesprochen haben, hat sich mein Studio von einem sehr spärlichen Status hin zu ziemlich viel Outboard-Equipment gewandelt. Ich bin vor ein paar Jahren in die modulare Welt gekommen und ein paar Module haben definitiv einige der Sounds auf dem Album beeinflusst. Einige der Prozesse inspirieren mich auch dazu, später Sachen mit Software zu tun, wie die Randomisierung von Melodien. Eine Technik, die ich auch gerne benutze, ist Skalen-Quantisierer oder Autotune auf Synth-Melodien zu packen, weil man diese seltsamen Bends und Gleitbewegungen bekommt. Eine andere Software-Technik, die wir während den Aufnahmen verwendet haben, bestand darin, einen Stack mit Vocals oder Synth-Akkorden zu erstellen und diese in das Plug-in Paul Stretch zu importieren, um diese langsamen, sich entwickelnden Akkordbetten zu erstellen. Es ermöglicht einem im Grunde, sehr lange Pad-Versionen des Sounds zu erstellen, den man hinein zieht. Diese bilden häufig den Ausgangspunkt eines Tracks.
Beat / Was sieht dein Modular-Setup aus?
Nick Douwma / Es handelt sich im Grunde genommen um ein 12U-Setup mit vier
Eurorack-Reihen. Die wichtigsten Dinge, die ich bei „Just Hold On“verwendet habe, waren Intellijel Metropolis, was ich als Sequenzer benutzt habe, der in den Intellijel Atlantis-Synthesizer geht – ein SH-101-Klon. Ich habe die Signale ziemlich trocken im Computer aufgenommen, damit ich später Effekte hinzufügen konnte, aber ich verwende oft Valhalla Shimmer und Modular-Hall, um dem Sound schöne Harmonische hinzuzufügen. Ich benutze auch hin und wieder Morphagene von Make Noise. Das ist ein granularer Sampler.
Mark Wilkinson / Ich liebe das modulare Konzept, aber ich weiß, dass es ein Geldloch ist, in das ich nicht wirklich geraten sollte, besonders wenn ich mir anschaue, was Flux Pavilion mit seinem modularen Aufbau so gemacht hat [lacht]. Ich habe kürzlich einen Moog Grandmother Synthesizer gekauft und werde mich damit erstmal beschäftigen. Ich habe auch einen Prophet-6 und einen Sub 37 und denke, der Sound ist sehr viel größer als bei Software. Ich bin kürzlich in ein anderes Studio umgezogen und versuche, mehr Outboard-Equipment zu verwenden, weil man damit etwas bekommt, das mit Soft-Synthesizern unmöglich ist. Sie bieten so viel Charakter und kreative Möglichkeiten und die Klangqualität ist viel besser. Es ist nicht nur ein Algorithmus, es passiert tatsächlich etwas Reales.
Beat / Apropos zusätzlicher Charakter, welches Outboard-Equipment habt ihr in den Real World Studios verwendet?
Mark Wilkinson / Viele Signale gingen durch den LA2A-Kompressor und nach dem Studioaufenthalt kaufte ich mir einen Culture Vulture, weil man so viel mehr Volumen und Charakter bekommt, wenn man Signale hindurch schickt. Wir haben auch die Bandmaschine und den Eventide Harmonizer viel benutzt. Sie haben einen Leslie-Lautsprecher, der sich in einer Box dreht, um einen wirklich schnellen Phasingeffekt zu erzielen. Wir haben es für einen Bass verwendet und er gab einige verrückte Geräusche von sich.
Beat / Hat Covid-19 das Projekt beeinflusst?
Nick Douwma / Wir waren kurz davor, das Album in unseren Studios fertig zu stellen, als der Lockdown begann. Also haben wir es aus der Ferne fertig gestellt. Wir haben ziemlich viele Remote-Vocal-Sessions mit Sängern via Zoom gemacht und hatten WhatsApp-Gruppen-Chats mit Sängern, die uns Ideen via Sprachnotizen schickten. Das war eine interessante Änderung in unserem Prozess, da wir unsere Arbeitsmethoden sehr schnell anpassen mussten.
Mark Wilkinson / Im Wesentlichen war der gesamte Prozess, wie dieses Album entstanden ist, völlig anders als wir es kennen. Wir sind es gewohnt, endgültige Mixdowns in Clubs testen zu können, und mussten uns daher auf einige Mixe festlegen, die nicht unterwegs getestet wurden.
Nick Douwma / Während es für alle eine anstrengende Zeit war, war das Timing in gewisser Hinsicht recht gut für uns. Normalerweise legen wir überall auf, hatten dann aber plötzlich keine Auftritte mehr im Kalender. Alles, was wir in den letzten Monaten getan haben, war die Platte fertig zu stellen. Da wir nicht davon beeinflusst waren, das Zeug zu spielen, konnten wir viel mehr aus der Perspektive des zuhause Hörens darüber nachdenken, was wir uns ja auch ursprünglich vorgenommen hatten.
Beat / Denkt ihr, dass sich eure Signatur-Stile bis zum Endprodukt durchgesetzt haben?
Nick Douwma / Es gibt definitiv Stücke, in denen ich Marks Stil raushören kann, und obwohl es ganz anders ist als das, was wir normalerweise machen, gibt es Tracks, die unseren Fans sehr vertraut vorkommen dürften. Nach diesem Prozess möchte ich ehrgeizigere Langzeitprojekte machen. Es war großartig, dass wir gezwungen waren, uns die Zeit zu nehmen. Es besteht immer die Gefahr, dass man ständig Konzerte gibt und nicht mehr genug Zeit hat, um Musik zu schreiben. Mark Wilkinson / Man legt jedes Wochenende auf der ganzen Welt auf, man muss wirklich laute Musik hören, sitzt mit Druck auf den Ohren im Flieger und am Montag ist man dann kaputt, muss aber Musik schreiben. Das ist super schwierig. Außerhalb der DJ-Kultur nehmen sich Musiker Zeit, um Musik zu schreiben, und darüber werde ich in Zukunft definitiv nachdenken, damit ich an diesen Punkt gelangen kann, ohne ständig aus dem Studio gezogen zu werden.
Nick Douwma / Ich denke oft an viele der Drum & Bass-Produzenten, die in den 90ern groß geworden sind, wie Photek und Dillinja. Sie legten nicht viel auf, weil sie ihren Lebensunterhalt als Musiker verdienen konnten, ohne touren zu müssen. Wenn man darüber nachdenkt, was diese Künstler für die Weiterentwicklung des Genres geleistet haben, muss es wichtig sein, über dieses Gleichgewicht nachzudenken.
Beat / Habt ihr durch die Zeit im Real World Studio für euch selbst ein Maß an Erwartung geschaffen, das ihr jetzt möglicherweise nur noch schwer erfüllen könnt?
Nick Douwma / Verschiedene Veranstaltungsorte passen zu verschiedenen Projekten. Daher denke ich, dass die Idee, zu einem Songwriting-Retreat zu gehen, um neue Inspiration zu finden, wirklich gut ist. Und ich bin sicher, dass es auch andere Orte gibt, an denen wir das machen können. Mark Wilkinson / Ich habe jetzt das Gefühl, dass Musik mehr ist, als einen Sänger oder Produzent ins Studio kommen zu lassen. Ich möchte die Welt bereisen, neue Leute kennenlernen und Inspirationen durch verschiedene Orte bekommen. Vor dem Aufenthalt im Real World Studio war mir nicht wirklich klar, wie wichtig oder einflussreich der Ort ist, an dem man Musik schreibt.
Nick Douwma / Es wäre irgendwie komisch, in die Real World Studios zurückzukehren. Wir haben so viele gute Erinnerungen an diese Sessions und irgendwie möchte man diese Magie nicht noch einmal erzwingen. Aber ich bin dennoch sicher, dass wir eines Tages wieder dorthin zurückkehren werden.