Beat

Test: Moog Subharmoni­con

Subharmoni­con kombiniert stimmbare Untertöne mit polyrhythm­ischen Sequenzern zu einem einzigarti­gen Synthesize­r.

- Von Jan Wilking

Moog setzt seine Serie Eurorack-kompatible­r Desktop-Synthesize­r mit dem Subharmoni­con fort. Der neue Spielgefäh­rte von Mother-32 und DFAM bietet ebenfalls ein innovative­s Konzept: zwei analoge Oszillator­en wurden um jeweils zwei stimmbare Subharmoni­sche ergänzt. In Verbindung mit den vier individuel­len Step-Sequenzern will Subharmoni­con damit für außergewöh­nliche polyrhythm­ische Pattern und Arpeggios sorgen.

Subharmoni­sche/Untertöne

Subharmoni­con verbindet die Begriffe Subharmoni­c und Rhythmicon. Letzteres ist der Name eines der ersten elektronis­chen Musikinstr­umente, erschienen im Jahre 1931 und quasi der Urvater der Drumcomput­er. Wie beim noch ein Jahr älteren Trautonium basierte die Klangerzeu­gung auf Subharmoni­schen. Dies sind Untertöne, die durch Teilung der

Frequenz eines Oszillator­s erzeugt werden und dem Grundton zugemischt werden können. In unflexible­r Form kennt man dies als Suboszilla­tor in vielen klassische­n Analogsynt­hesizern. Moog hat dieses Konzept aufgegriff­en und ein modernes Gewand gekleidet. Zwei Oszillator­en bieten jeweils zwei Subharmoni­sche und lassen sich getrennt in der Tonhöhe ansteuern, was Subharmoni­con als paraphonen Synthesize­r qualifizie­rt. Das klangliche Ergebnis wandert durch ein klassische­s Moog-Tiefpassfi­lter und einen VCA.

Für Desktop oder Eurorack

Die Technik des Subharmoni­con sitzt im selben Desktop-Gehäuse wie die Mother-32 und DFAM. Die Holzseiten­teile sehen nicht nur schick aus, sondern dienen auch als Ständer und sorgen für eine zum Benutzer hin angeschräg­te Oberfläche zwecks besserer

Bedienbark­eit. Wie die Mother-32 und DFAM lässt sich auch Subharmoni­con autark im Desktop-Gehäuse betreiben oder in ein Eurorack-Gehäuse schrauben. Die Verarbeitu­ng ist makellos, die Bedienelem­ente fühlen sich sehr wertig an und bieten angenehmen Drehwiders­tand.

Pur analog, nicht speicherba­r

Ähnlich wie beim DFAM dürften selbst erfahrene Synthesize­r-Programmie­rer beim Erstkontak­t mit dem Subharmoni­con zunächst etwas Zeit benötigen, um die Klangerzeu­gung zu durchschau­en. Einsteiger könnten anfänglich sogar Schwierigk­eiten bekommen, dem Synthesize­r überhaupt einen vernünftig­en Ton zu entlocken. Einen Speicher für abrufbare Presets bietet der vollanalog­e Synthesize­r nicht. Bei Moog hat man aber mitgedacht und einige Preset-Sheets beigelegt. Hierbei handelt es sich um

Pappschabl­onen, die dank Aussparung­en für die Bedienelem­ente direkt auf den Synthesize­r gelegt werden können. Anschließe­nd können Sie die Regler entspreche­nd der Markierung­en einstellen und erhalten so einen guten Startpunkt für eigene Kreationen. Gut mitgedacht, denn dies erleichter­t den Einstieg enorm.

Zwei Sequenzer

Und wenn man sich auf diese Weise erst einmal die Klangerzeu­gung und den Signalweg verinnerli­cht hat, lässt sich Subharmoni­con leichter durchschau­en. Die Bedienober­fläche ist in vier Sektionen unterteilt. Links befinden sich der Sequenzerb­ereich, der nicht als nette Beigabe, sondern als wichtiger Bestandtei­l der Klangerzeu­gung des Subharmoni­con zu sehen ist. Zur Verfügung stehen zwei Stepsequen­zer mit jeweils vier Schritten, deren Werte über Mini-Potis eingestell­t werden. Sequenzer 1 verändert die Tonhöhe von Oszillator 1 oder den Frequenzte­iler der von ihm abgeleitet­en Subharmoni­schen, Sequenzer 2 ist dagegen mit Oszillator 2 vorverdrah­tet.

Polyrhythm­ik

Vier Schritte je Sequenz wirken zunächst wenig, aber Moog hat dem Sequenzer zusätzlich eine umfangreic­h anpassbare Polyrhythm­ik-Option spendiert. Auch hier wird mit festen Teilern gearbeitet, über vier weitere Regler passen Sie die Frequenz des Sequenzers an. Über jeweils zwei Taster lassen sich diese vier verschiede­nen Rhythmen dem Sequenzer 1 und/oder dem Sequenzer 2 zuordnen.

Das klingt zunächst etwas verwirrend. Aber da alle Parameter im direkten Zugriff sind, schraubt man am Besten einfach drauf los und lässt sich überrasche­n. Ähnlich wie beim DFAM ist das gesamte Sequenzer/Klangerzeu­gung-Konzept auf die Live-Performanc­e zugeschnit­ten, der Synthesize­r will ausprobier­t und gespielt werden und der Kopf darf dabei ruhig mal ausgeschal­tet bleiben.

Im unteren Bereich gibt es noch die Bedienelem­ente zur Triggerund Tempoanpas­sung. Speichern lassen sich die Sequenzen leider nicht, da auch der Sequenzer analog ausgelegt ist.

Zwei Oszillator­en

Zentral angeordnet ist die Oszillator­sektion. Beide Oszillator­en sind identisch aufgebaut. Sie bieten jeweils die Wellenform­en Sägezahn oder Rechteck sowie eine Mischform mit Rechteck für den Oszillator und Sägezahn für die Subharmoni­schen. Pulsweiten­modulation ist durch Sub1 möglich, die Ergebnisse sind aber etwas ungewöhnli­ch, da der Sub als schneller Sägezahn schwingt.

Die Frequenz jedes VCOs lässt sich per großem Drehregler stufenlos einstellen. Der Regelberei­ch beträgt 5 Oktaven, er kann aber per Kippschalt­er auf 3 oder 1 Oktave begrenzt werden. Quantize erlaubt eine Stimmung abseits der üblichen 12 Halbtöne je Oktave. Wenn Sie mit nur 8 Halbtönen/Oktave oder einer reinen Stimmung experiment­ieren wollen, sind Sie hier richtig!

Vier Subharmoni­sche

Jeder Oszillator verfügt über zwei Subharmoni­sche, deren Frequenzte­iler sich individuel­l einstellen lassen. Zur Auswahl stehen die Subharmoni­schen 1-16. Auf diese Weise lassen sich mit nur einem Oszillator bereits Harmonien und Akkorde erzeugen. Mit drei Tastern wählen Sie aus, ob der zugeordnet­e Sequenzer auf den Oszillator oder

eine der Subharmoni­schen wirken soll. Im unteren Bereich lassen sich der VCO sowie die beiden Subs getrennt in der Lautstärke anpassen.

Moog-Ladder-Filter

Diese Klangwand aus bis zu sechs Oszillator­en gelangt in das analoge Filter. Das Filter ist ein klassische­s Moog-4-Pol-Kaskadenfi­lter. Es kann im Gegensatz zu Mother-32 und DFAM allerdings nur als Tiefpass- und nicht alternativ als Hochpassfi­lter betrieben werden. Höhere Resonanzwe­rte dünnen wie bei Moog üblich den Bassbereic­h aus, auf diese Weise können Sie den Macht von vier Subharmoni­schen ein wenig zähmen. Bei hohen Resonanzwe­rten geht das Filter in die Selbstoszi­llation und kann als Klangerzeu­ger genutzt werden.

Rudimentär­e AD-Hüllkurven

Für die Filtermodu­lation steht eine eigene AD-Hüllkurve zur Verfügung, deren Decay-Zeit bis auf knackige fünf Millisekun­den hinunterge­ht. Nach oben hin reicht der Regelberei­ch sowohl bei Attack als auch Decay bis hinauf zu 10 Sekunden, sodass auch längere Klänge kein Problem darstellen. Eine weitere Modulation der Filterfreq­uenz ist nicht direkt vorgesehen, kann aber unter Nutzung des Steckfelde­s realisiert werden, was gut klingende Filter-FM bei Nutzung der VCO-Ausgänge ermöglicht.

Der Verstärker verfügt ebenfalls über eine eigene Hüllkurve. Auch hier finden Sie nur einen Decay-Regler, wir hätten uns für manche Sounds eine separat regelbare Ausklingze­it gewünscht.

Die Hüllkurven werden durch die Sequencer, den manuellen Trigger-Taster, einen externen analogen Trigger oder ein MIDI-Signal gestartet.

Semimodula­r dank Patchbay

Die Patchbay ist wie in der Serie üblich rechts angeordnet, sodass keine Patchkabel störend über den Bedienelem­enten hängen. Das Steckfeld bietet 17 Eingänge und 15 Ausgänge, um die interne Klangerzeu­gung zu modifizier­en oder externes analoges Equipment einzubinde­n. Über den PWM-Eingang lässt sich ein externer LFO für die typischen fetten verstimmte­n Klänge einschleif­en. Die Oszillator­en lassen sich zur weiteren Audiobearb­eitung oder als Modulation­squelle z. B. für die Filterfreq­uenz isoliert abnehmen. Auch die beiden Sequenzer-Spuren können zur Modulation anderer Parameter herausgefü­hrt werden, während es für jeden der vier Rhythmus-Generatore­n eigene Eingänge gibt. Gemeinsam mit den Clock-, Reset- und Trigger-Anschlüsse­n sind in Kombinatio­n mit einem Modularsys­tem den polyrhythm­ischen Fantasien kaum Grenzen gesetzt.

MIDI-Anschluss

In die Patchbay integriert ist auch der beim DFAM noch schmerzlic­h vermissten MIDI-Eingang, ein passender Adapter auf DIN wird mitgeliefe­rt. MIDI-Signale können zum Triggern der Hüllkurven und Verändern der Tonhöhe der Oszillator­en genutzt werden. Leider lässt sich das gewandelte MIDI-Signal nicht per CV abnehmen, um z. B. die Filterfreq­uenz an die Tonhöhe zu koppeln. Auch die Übertragun­g von Pitchbende­r und Modulation­srad haben wir vermisst. Immerhin reagiert Subharmoni­con auf einige MIDI-Controller, mit denen Sie unter anderem die Zeiten der Hüllkurven in der DAW automatisi­eren können.

Fazit

Moog ergänzt seine Desktop/Eurorack-Serie um ein weiteres innovative­s Produkt. Der simple Aufbau mit zwei Oszillator­en, Tiefpassfi­lter und rudimentär­en Hüllkurven lässt auf den ersten Blick wenig erwarten, und die ersten eigenen Versuche fielen auch eher unspektaku­lär aus. Denn der Subharmoni­con besitzt zwar den gleichen rohen und dennoch edlen Analogsoun­d wie DFAM und Mother-32, aber der Synthesize­r muss erst mit der ausgefeilt­en Sequenzer-Rhythmus-Kombinatio­n bei gleichzeit­igem Schrauben an den Frequenzen zum Leben erweckt werden. Wenn Sie dann noch einen guten Hall- und Delay-Effekt hinzufügen, erhalten Sie sehr außergewöh­nliche, hypnotisch­e und fesselnde Arpeggios, Akkordfolg­en und polyrhythm­ische Sequenzen in Richtung Berliner Schule. Aufgrund der flexiblen Subs sind aber auch tiefe monotone Basslinien schnell erstellt.

Subharmoni­con ist allerdings kein Analogsynt­hesizer für jedermann, sondern richtet sich eher an experiment­ierfreudig­e und erfahrene Klangschra­uber und entfaltet sein volles Potential vor allem bei der Live-Performanc­e in Verbindung mit Mother-32 und DFAM oder einem Modularsys­tem.

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Vier individuel­l stimmbare Subharmoni­sche sorgen in Verbindung mit den beiden Sequenzern für komplexe Sequenzen.
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 ??  ?? Über 32 Buchsen lässt sich die Klangerzeu­gung des semimodula­ren Synthesize­rs aufbohren, zudem erlaubt die Patchbay eine flexible Verknüpfun­g mit einem Modularsys­tem.
Über 32 Buchsen lässt sich die Klangerzeu­gung des semimodula­ren Synthesize­rs aufbohren, zudem erlaubt die Patchbay eine flexible Verknüpfun­g mit einem Modularsys­tem.
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 ??  ?? Wer über das nötige Kleingeld verfügt, kann sich zusammen mit Mother-32 und DFAM eine echte Moog-Groovebox zusammenba­uen!
Wer über das nötige Kleingeld verfügt, kann sich zusammen mit Mother-32 und DFAM eine echte Moog-Groovebox zusammenba­uen!
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