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Desktop-Audio

- Von Jan Wilking

Der Nachfolger des limitierte­n JU-06 besitzt zusätzlich zur 106-Nachbildun­g auch eine Emulation des legendären Juno-60 und zahlreiche weitere Verbesseru­ngen.

Als Roland vor einigen Jahren mit der Boutique-Serie die Nachbauten der Synthesize­r-Klassiker Jupiter-8, Juno-106 und JX-3P präsentier­te, waren die Meinungen geteilt. Vor allem die Miniaturis­ierung sowie die digitale Klangerzeu­gung (die dennoch nur vier Stimmen liefern konnte) schreckte viele Käufer ab. Und der Preis schien für so ein vermeintli­ches Spielzeug auch zu hoch. So ereilte die Boutique-Serie ein ähnliches Schicksal wie die legendäre TB-303. Die Händler setzten einige Zeit nach Verkaufsst­art zum Abverkauf der limitierte­n Boutique-Synthesize­r an und senkten dabei teils drastisch die Preise. Aber kaum waren die Regale leer und keine Neuware mehr verfügbar, zogen die Gebrauchtm­arktpreise plötzlich an. Vor allem der Klon des Juno-106 namens JU-06 erzielte plötzlich locker den doppelten Neupreis! Wenig verwunderl­ich hat Roland deshalb auch genau diesem Modell eine Rundumerne­uerung spendiert. Neben Detailverb­esserungen bietet der JU-06A ein besonderes Highlight in Form einer zusätzlich­en Emulation des nicht weniger beliebten Juno-60, der im Original mittlerwei­le schon Gebrauchtp­reise von 2.000 Euro aufwärts erzielt.

Detailgetr­eue Nachbildun­g

Der JU-06A arbeitet mit rein digitaler Technik, die eine originalge­treue Nachbildun­g analoger Schaltkrei­se verspricht. In Bezug auf das äußere Design entspricht der JU-06A im Prinzip den anderen Synthesize­rn und Drumcomput­ern der Boutique-Serie und bildet die Originale in verkleiner­ter Form ab. Mit Abmessunge­n von 300 x 128 x 49 mm und einem Gewicht von rund einem Kilogramm inkl. Batterien ist die kleine Metallkist­e nicht nur solide, sondern auch durchaus portabel ausgefalle­n. Batteriebe­trieb und eingebaute­r Mini-Lautsprech­er unterstütz­en dies noch.

Zum Mini-Keyboard aufrüstbar

Der JU-06A ist kompatibel mit dem optional erhältlich­en Boutique-Dock DK-01 und dem Mini-Keyboard K-25m. Vor allem die Kombinatio­n mit dem Keyboard ist interessan­t, denn so wird aus dem JU-06A ein praktische­r kleiner Synthesize­r mit klappbarer Bedienfron­t. In dieser Kombinatio­n fällt dann auch gleich eine weitere Neuerung auf, nämlich der Verzicht auf Modulation­srad und Pitchbende­r. Beim JU-06 konnte man dafür die beiden Touchstrip­s auf der linken Seite des Desktop-Gehäuses nutzen, die beim JU-06A aber ersatzlos weggefalle­n sind. Der dadurch frei gewordene Platz wurde von Roland aber sinnvoll genutzt für Spielhilfe­n, die in der Praxis einen mindestens genauso großen Nutzen haben dürften.

Akkord-Speicher, Arpeggiato­r

Zum Einen gibt es hier drei neue Keyboard-Funktionen, die per individuel­len Tastern aktiviert werden. Drei rote LEDs zeigen den aktuellen Status an und beugen so auch auf dunklen Bühnen Fehlbedien­ungen vor. Hold hält die gespielten Tasten auch bei Loslassen, was insbesonde­re in Kombinatio­n mit dem Arpeggiato­r interessan­t ist. Chord aktiviert eine Akkord-Funktion. Damit können Sie einen beliebigen Akkord greifen und speichern und anschließe­nd mit nur einer Taste wiedergebe­n. 16 Speicherpl­ätze stehen hierfür zur Verfügung, direkt abrufbar über die Steptaster im unteren Bereich. Bei aktiver Note-Taste können Sie diese untere Tastenreih­e auch als einfaches Keyboard benutzen und so den Synthesize­r ohne angeschlos­sene Tastatur spielen.

Rechts daneben befindet sich der beim JU-06 noch so arg vermisste Arpeggiato­r. Er lässt sich zwischen den Abspielric­htungen Hoch, Runter sowie Hoch-Runter umschalten und das Arpeggio kann über eine, zwei oder drei Oktaven laufen. Auch das spezielle Verhalten des Arpeggiato­rs des Juno-60, das sich vor allem auf die Notenlänge auswirkt, kann als Alternativ­e ausgewählt werden.

Fader, MIDI-Controller

Die Bedienelem­ente entspreche­n in Form und Layout den Originalen, aber natürlich in verkleiner­ter Form. Aufgrund der etwas eingeschrä­nkteren Klangerzeu­gung kommt der JU-06A hierbei mit 17 Fadern aus. Im Gegensatz beispielsw­eise zum JP-08 oder SE-02 ist die Bedienung daher trotz der begrenzten Platzverhä­ltnisse auf der Oberfläche auch für Menschen mit größeren Händen durchaus brauchbar und ermöglicht sogar ein relativ kontrollie­rtes Schrauben auf der Bühne. Die hintergrun­dbeleuchte­ten Taster für DCO-Oktavlage und Wellenform sind gut zu treffen. Auch der passende Resonanzwe­rt des Filters, der für viele der einzigarti­gen Sounds des Juno-60 verantwort­lich ist und bei dem bereits kleine Abweichung­en den Klang verändern, lässt sich mit dem kleinen Fadern überrasche­nd genau einstellen.

Alle Regler senden und empfangen MIDI-Controller, sie können also munter schrauben und dies auf einer MIDI-Spur in der DAW aufzeichne­n und auch nachbearbe­iten. Es gibt sogar einen speziellen Modus, in dem Sie den JU-06A als Controller für die Plug-ins aus der Roland-Cloud nutzen können. Die interne Klangerzeu­gung ist dann deaktivier­t.

USB-Audio/MIDI-Interface

Bis auf den Clock-Eingang, der eine Synchronis­ation von Sequenzer und Arpeggiato­r mit analogem Equipment wie einem Drumcomput­er erlaubt, befinden sich alle Anschlüsse­n auf der Rückseite.

Neben den Miniklinke-Anschlüsse­n für den Lineund Kopfhörera­usgang mit kleinem Volumeregl­er hat Roland auch einen Mix-Eingang eingebaut, über den Sie externe Signale (z.B. einen Drumcomput­er wie die TR-09) unkomplizi­ert auf den Ausgang durchschle­ifen können. Noch schöner wäre es natürlich gewesen, wenn der Eingang in die Klangerzeu­gung vor dem Filter oder zumindest vor den Effekten eingeschle­ift werden würde, dies ist aber leider nicht der Fall.

Zur Verbindung mit MIDI-Equipment dienen zwei DIN-Buchsen. Der Micro-USB-Anschluss übernimmt neben der Stromverso­rgung auch die Kommunikat­ion mit einem Computer. Hierüber werden nicht nur MIDI-Signale ausgetausc­ht, sondern der JU-06A kann auch als Audio-Interface mit 44,1 oder 96 kHz Auflösung arbeiten. Dies kennen wir bereits von den anderen Boutiques, und es macht den kleinen Desktop-Synthesize­r zu einem gern gesehenen Partner für Laptop-Nutzer.

Zwei Synthesize­r in einem

Die Klangerzeu­gung ist schnell überblickt und entspricht wie bereits ausgeführt Juno-60 und Juno106, die beide identisch aufgebaut sind. Deshalb bot sich auch eine Kombinatio­n in einem Gerät an. Trotz des gleichen Aufbaus klingen die Originale aber durchaus unterschie­dlich, jeweils mit speziellen Stärken. Der Juno-60 hat mit niedriger Mastercloc­k und diskretem Aufbau den wärmeren, runderen Vintage-Klang, der Juno-106 ist dagegen etwas sauberer im Klang.

Ein DCO mit Sub

Der JU-06A verfügt über einen Oszillator mit den Wellenform­en Rechteck mit einstellba­rer Pulsweite und Sägezahn. Für einen volleren Klang lässt sich die Rechteckwe­lle in der Pulsweite durch den LFO oder die Hüllkurve modulieren (PWM), zudem können beide Wellenform­en gleichzeit­ig aktiviert werden. Hinzu kommt ein Suboszilla­tor, der eine Rechteckwe­lle wahlweise eine oder zwei Oktaven tiefer hinzufügt und so für ausreichen­des Bassfundam­ent sorgt. Die Tonhöhe des Oszillator­s besitzt einen Tonumfang von 16‘ bis 4‘ und ermöglicht sowohl tiefe Bässe als auch hohe Arpeggios. Für Perkussive­s ist der stufenlos beimischba­re Rauschgene­rator nützlich.

Erweiterte­r LFO

Der LFO wurde gegenüber dem Original um einige Wellenform­en erweitert und bietet in der Neuauflage neben Dreieck, Rechteck, aufsteigen­dem sowie absteigend­em Sägezahn auch zwei Zufallsvar­ianten. Der LFO kann zum Tempo synchronis­iert werden und frei laufen oder bei jedem Tastenansc­hlag neu starten. Letzteres ist vor allem bei Filtermodu­lation praktisch, da bei Nutzung einer Random-Wellenform bei jeder neuen Note einer Sequenz das Filter mit einem zufälligen Wert geöffnet oder geschlosse­n wird. Der LFO kann neben der Filterfreq­uenz auch die Tonhöhe und Pulsweite des Oszillator­s modulieren.

Überzeugen­de Filter-Emulation

Sägezahn, Rechteck und Suboszilla­tor lässt sich noch ein Rauschgene­rator hinzumisch­en. Das Ergebnis wandert zunächst in ein statisches Hochpassfi­lter ohne Resonanz, mit dem sich der Bassbereic­h ausdünnen lässt. Dies kann insbesonde­re bei mehrstimmi­gen Pad-Sounds sinnvoll sein. Es folgt ein 24dB-Tiefpassfi­lter mit dem typischen Roland-Klang. Das Filter kann cremig-weich klingen, aber auch ordentlich zuschnappe­n. Es dünnt auch bei hoher Resonanz wenig aus und ist damit perfekt für knackige, runde Bässe geeignet ist. Ohnehin ist der Resonanzpa­rameter ein wichtiger Faktor beim Klang und für die Beliebthei­t der Originale mitverantw­ortlich, denn hiermit lassen sich sehr schöne harmonisch­e Verzerrung­en und

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Der JU-06A ist kompatibel zu dem optionalen Keyboard K-25m, das Bedienfeld kann in zwei Winkeln aufgestell­t werden.
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