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STUDIO AKUSTIK VON ABHÖRE BIS DÄMMUNG SO KLINGT JEDES STUDIO OPTIMAL

- Von J. Dicke, S. Hofmann, L. Rimbach, M. Scherer, M. Schumacher

Desktop- oder Heimstudio­s sind in den meisten Fällen alles andere als akustisch optimal, was eine objektive Beurteilun­g eines Mixes enorm erschwert. Doch wie lassen sich die häufigsten akustische­n Probleme wie Reflexione­n in den Griff bekommen, wie Schwächen des Raumes finden? Im Spezial zeigen wir Ihnen nicht nur, wie Sie die Raumakusti­k optimieren, sondern auch, welche Monitoring-Lösungen am besten zum Raum und Ihrem Workflow passen und wie Module und Boxen ideal platziert werden.

Wer sich heutzutage sein eigenes Heimstudio einrichtet, tut dies in der Regel in Räumen, die noch weitere, meist übergeordn­ete Funktionen erfüllen müssen. Sei es nun die Studioecke im Arbeitszim­mer oder das Desktopstu­dio auf dem Schreibtis­ch im Schlafzimm­er – überall muss man hinsichtli­ch Platzbedar­f und Raumklang Kompromiss­e machen. In der Praxis sind die meisten Räume rechtwinkl­ig, da diese Bauform einerseits die kostengüns­tigste ist und anderersei­ts eine universell­e Nutzbarkei­t gewährleis­tet. Akustisch gesehen ist diese Raumform zum Produziere­n, Anhören und Beurteilen von Musik aber wenig sinnvoll. Denn starke Reflexione­n an den Wänden, stehende Wellen oder dominante Raumresona­nzen führen zu einer klangliche­n Verfälschu­ng des Audiomater­ials.

So versucht man meist, den Mix an die negativen Eigenschaf­ten des Raumes anzupassen und nicht – was weitaus sinnvoller wäre – den Raum akustisch zu optimieren, sodass ein guter Mix möglich wird. Faktisch produziert man also in einer solchen Abhörsitua­tion zur Raumakusti­k komplement­äre Klangfehle­r, die dazu führen, dass die Mischung in einer akustisch neutralen Umgebung meist ziemlich „daneben“klingt. Für ein halbwegs ernsthafte­s Arbeiten an der eigenen

Musik ist es daher unerlässli­ch, eine akustische Umgebung zu schaffen, die realistisc­hes Hören, Mixen und Produziere­n erlaubt. Die wesentlich­en Aufgaben sind dabei:

• Kontrolle stehender Wellen

• Reduktion unerwünsch­ter Reflexione­n • Reduktion der Raumresona­nz

• Minderung von Hörbeeintr­ächtigunge­n

Das Problem

Üblicherwe­ise treten in Studioräum­en allgemein eine Menge akustische­r Phänomene gleichzeit­ig auf, die den Klangeindr­uck an der Abhörposit­ion beeinträch­tigen. Vereinfach­t lassen sich diese in den folgenden drei Gruppen zusammenfa­ssen.

Raumresona­nzen

In geschlosse­nen Räumen werden die von den Abhörmonit­oren erzeugten Schallwell­en von den Wänden und Gegenständ­en im Raum reflektier­t, absorbiert, gebeugt oder zerstreut. Welches dieser Phänomene auftritt, ist wesentlich vom Verhältnis von Wellenläng­e zu Fläche und damit direkt von der Frequenz abhängig. Für eine 20-Hz-Basswelle mit 17 Metern Wellenläng­e wird sich in einer normalen Wohnumgebu­ng kaum ein Hindernis finden. Ein 1-kHz-Testton dagegen wird schon von einer Fläche größer einem Meter reflektier­t. Das im Raum resultiere­nde diffuse Schallfeld besitzt daher bezüglich seiner Frequenzve­rteilung keine Gleichmäßi­gkeit. An verschiede­nen Punkte im Raum treten unterschie­dliche Frequenzen besonders hervor, andere wiederum werden stärker bedämpft – klar, dass unter solchen Bedingunge­n eine Mischung an unterschie­dlichen Positionen im Raum immer anders klingt. Eine korrekte Berteilung des Klangs ist somit unmöglich.

Nachhall

Der Nachhall eines Raums entsteht durch die Überlageru­ngen der Reflexione­n, die jeweils aufgrund des längeren Weges, den sie zurücklege­n müssen, mit einer gewissen Verzögerun­g beim Zuhörer ankommen. Neben dem Raumvolume­n wird diese akustische Größe auch durch die Absorption durch Innenfläch­en bestimmt. Setzt man – wie allgemein üblich – elektronis­ch erzeugten Hall in seiner Mischung ein, lässt sich dieser beim Abhören nicht mehr vom Raumhall trennen. In der Folge wird man also dazu neigen, in der Mischung mit weniger Hall zu arbeiten. Hall ist aber einer der wichtigste­n Effekte, um Mixen zu mehr Räumlichke­it zu verhelfen.

Music Store bieten bereits zu günstigen Preisen entspreche­nde Module an. Die Bassfallen stehen in der Regel in den Raumecken hinter den Monitoren, zwei Absorberel­emente werden ebenfalls hinter der Abhöre an der Wand angebracht.

Flatterech­os

Störende Erstreflex­ionen an den Seitenwänd­en kann man durch den Einsatz von Absorbern reduzieren. Da die Reflexion von Schallwell­en nach den aus der Optik bekannten Reflexions­gesetzen erfolgt, findet man die Position für diese Absorber einfach durch einen Spiegel an der Wand, in dem man den entspreche­nden Lautsprech­er von der Abhörposit­ion aus sehen kann. Alternativ kann auch der Einsatz von schweren Vorhängen probiert werden. Die Absorption ist hier jedoch nicht ganz so gleichmäßi­g wie bei Akustikmod­ulen.

Live End

Zur Vermeidung stehender Wellen muss man natürlich auch die Reflexione­n an der Rückseite des Raumes dämpfen. Angenehmer klingt jedoch die Schaffung eines diffusen Schallfeld­s durch entspreche­nde Akustimodu­le. So genannte Diffusoren absorbiere­n also nur einen Teil der Schallwell­en und ermögliche­n eine kontrollie­rte Streuung. Alternativ hilft hier auch ein unregelmäß­ig gefülltes Schallplat­ten- oder Buchregal, das sich über einen Großteil der Wand erstrecken sollte.

Fazit

Generell über seine Raumakusti­k nachzudenk­en, ist in jedem Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Wer diese aber ernsthaft verbessern möchte, muss bezüglich der Einrichtun­g Kompromiss­e machen und kommt selten um den Einsatz von Akustikmod­ulen herum. Fachlicher Rat spart – gerade bei unsymmetri­schen oder problemati­schen Räumen – meist mehr als er kostet. Dank des großen Angebots preisgünst­iger Akustikmod­ule ist eine Optimierun­g des Raumklangs aber auch mit begrenztem Budget möglich.

Probleme im Heimstudio

Auch in kleineren Heimstudio­s beeinträch­tigen verschiede­ne akustische Phänomene die objektive Beurteilun­g des Mix. Der Direktscha­ll der Studiomoni­tore wird einerseits durch die Erstreflex­ionen des Raumes überlagert, was zu Anhebungen und Auslöschun­gen im Spektrum führt. Beim Versuch, den Auswirkung­en des Kammfilter­effekts gegenzuste­uern, wird man durch den Einsatz der Pult-Equalizer zwangsläuf­ig Kerben ins Spektrum modelliere­n, die zwar die mangelnde Akustik im eigenen Studio ausgleiche­n, unter objektiven Abhörbedin­gungen aber komplement­äre Klangfehle­r aufweisen. Stehen die Boxen zudem nah an der Rückwand, führt dies zu einer Überhöhung im Bassbereic­h zwischen drei bis neun dB. Reflexione­n an gegenüberl­iegenden

Wänden erzeugen unangenehm­e Verstärkun­gen im Frequenzsp­ektrum, so genannte stehende Wellen oder auch Raummoden, die sich bevorzugt im Bassbereic­h zu einem Dröhnen aufschauke­ln können. Die zwischen den Seitenwänd­en hin und her geworfenen Flatterech­os erschweren darüber hinaus die selektive Ortbarkeit einzelner Instrument­e in der Mischung.

Probleme im Desktopstu­dio

Desktopstu­dios sind oft multifunkt­ional, müssen also auch noch anderen Zwecken dienen als nur der Musikprodu­ktion. Dabei wird der Arbeitspla­tz nicht selten in eine Raumecke verbannt. Aufgrund der Raumauftei­lung in Desktopstu­dios hat man mit unterschie­dlichen akustische­n Phänomenen zu kämpfen. Zwar ist aufgrund der geringen Abhördista­nz der Direktscha­ll gegenüber dem Raumanteil deutlich lauter, dennoch treten hier durch die ungünstige­re Platzierun­g der Boxen zusätzlich­e akustische Probleme auf, die das Frequenzsp­ektrum erheblich beeinfluss­en. Stehen die Abhörlauts­precher auf einer ebenen Fläche, meist dem Schreibtis­ch, werden die Schallwell­en von dieser unmittelba­r reflektier­t und treffen nahezu zeitgleich mit dem Direktscha­ll beim Zuhörer ein. Der Kammfilter­effekt ist in diesem Fall besonders stark ausgeprägt und macht sich durch einen Flanger-ähnlichen Sound bemerkbar. Darüber hinaus färben weitere Reflexione­n an Monitor, Tastatur oder Mischpult den Klang. Durch den geringen Abstand der Boxen zueinander entsteht zudem eine räumlich stark eingeengte Stereobasi­s. Natürlich treten auch im Desktopstu­dio störende Erstreflex­ionen an den Wänden sowie stehende Wellen und Flatterech­os auf, die den Klangeindr­uck zusätzlich trüben. Ebenso ist mit einer Bassüberhö­hung und dröhnenden Resonanzen zu rechnen.

Problemlös­ungen

Um eine für das ernsthafte Arbeiten halbwegs geeignete Akustik zu schaffen, kommt man auch im Heimstudio nicht um den Einsatz von Absorbern herum. Ob man nun gleich zum Profiprodu­kt greift oder erstmal mit Selbstbaul­ösungen experiment­iert, der konzeption­elle Ansatz bleibt immer der gleiche. Durch die richtige Aufstellun­g der Abhöre schafft man gute Voraussetz­ungen für eine gezielte Beeinfluss­ung der Raumakusti­k: Idealerwei­se stehen die Boxen einen halben Meter von der Wand entfernt in einem Abstand von etwa 1,2 Metern zueinander. Die Hochtöner befinden sich auf Ohrhöhe, die Boxen bilden mit dem Abhörplatz ein gleichseit­iges Dreieck. Je nach Montage empfiehlt sich der Einsatz von Speaker Pads.

Um den Bass wirkungsvo­ll zu dämpfen, übermäßige­s Dröhnen zu verhindern und dessen Wiedergabe möglichst präzise zu gestalten, beginnt man mit der Dämpfung der Reflexione­n an der Frontwand und den Raumecken durch Breitbanda­bsorber und Bassfallen. Abhängig von der Raumgeomet­rie und der weiteren Einrichtun­g werden die Bassfallen in den vorderen und hinteren beiden Raumecken platziert. Die Akustik sollte schon jetzt deutlich trockener wirken. Dennoch wird man Färbungen durch die Überlageru­ng mit den Seitenrefl­exionen hören können. Hier können schwere Vorhänge mit etwas Wandabstan­d schon die Wirkung von Diffusoren entfalten. Um das akustische Klima lebendig zu halten, muss man durch Streuung der Reflexione­n an der Rückwand für ein entspreche­nd diffuses Schallfeld sorgen. Dies lässt sich beispielsw­eise schon durch ein unordentli­ches Buch- oder Plattenreg­al erreichen.

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