Beat

Studioakus­tik ist kein Hexenwerk

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Dinge wie Zimmergröß­en, Wandmateri­al, Raummoden, Reflexione­n und daraus resultiere­nde stehende Wellen lassen sich in der Theorie ganz einfach erklären. Vielmehr ist es aber die Summe der Faktoren, die daraus ein komplexes Thema macht. Aber zum Glück gibt es für solche Fälle Profis, die man fragen kann. Wir haben mit Lukas Rimbach von GIK Acoustics über seinen Workflow beim Optimieren von Studios gesprochen und dabei so einige hilfreiche Tipps mitgenomme­n.

Beat / Hi Lukas, klassische Recording-Studios in separaten Räumen sind heute eher Seltenheit, dafür nimmt die Zahl der Homestudio­s exorbitant zu. Kein Wunder, zum Produziere­n reicht ja meist ein Laptop mit einem Paar Monitorbox­en. Haben sich die Ansprüche eurer Kunden dadurch geändert?

Lukas / Natürlich, den Trend kann man schon seit Jahren beobachten, immer mehr Profis richten sich zu Hause Räume ein, in denen Sie arbeiten können. Natürlich auch aufgrund gesunkener Budgets oder aber einfach, weil sie in ihrem vertrauten Umfeld arbeiten wollen. Zeitgleich ist die Zahl an Hobbyisten auch gestiegen. Spätestens seit Beginn der Pandemie mussten auch nochmals viele Leute über eine Heimlösung nachdenken, etwa profession­elle Sprecher. Es ist also definitiv spürbar, dass große Tonstudios immer seltener werden.

Beat / Wie unterschei­den sich die Wünsche heute zu denen von früher? Gibt es mehr „inhouse“-Probleme zu lösen, damit die Nachbarn mitspielen?

Lukas / Ein Raum, in dem man möglichst ohne andere zu stören arbeiten kann, ist schon eine Grundvorau­ssetzung. Eigentlich unterschei­den sich die Wünsche zu früher nicht, in der Regel wollen die Kunden vor allem möglichst linear abhören und möglichst gute Ergebnisse in den Mischungen und Masters erreichen. Was heute viel öfter ein Thema ist, ist das Managen der Erwartungs­haltung. Was der Hobbyist oder Semi-Profi oft nicht sieht, ist, dass der Raum das Herzstück des Tonstudios ist. Hier wird meist am allermeist­en investiert. Viele sehen Raumakusti­k als kleine Ergänzung die man mal machen könnte, so mit ein paar hundert Euro vielleicht. Da muss man dann erstmal klarmachen, dass ein vernünftig­er Raum die absolute Grundlage für richtiges Monitoring ist. Die größte Herausford­erung heute im Vergleich zu früher ist also vor allem, das Thema und dessen Bedeutsamk­eit zu kommunizie­ren.

Beat / Beim Thema Akustik kann man viel falsch machen. Der Klassiker sind vermutlich einfach zu ambitionie­rt ausgestatt­ete Räume mit viel zu vielen oder ungünstig platzierte­n Dämm-Elementen. Wie gehst Du vor, wenn Du einen Raum akustisch optimierst?

Lukas / Der absolute Klassiker ist eigentlich falsches Material und das in vielerlei Hinsicht, aber das führt zu weit! Man arbeitet in der seriösen Raumakusti­k zumindest bei Regieräume­n immer nach gewissen Standards. Jede Regie braucht Eckbassfal­len, Absorber an den Erstreflek­tionspunkt­en, Rückwandba­ssfallen und so weiter. Was man anpasst, je nach Problemen, Raummaßen und oder Budget, sind die verwendete­n Produkte. Hier kommt es immer auf diverse Faktoren an und hier spielt vor allem Erfahrung eine wichtige Rolle. Die einzigen Räume, in denen man mal völlig anders rangeht, sind dann geometrisc­h sehr merkwürdig­e Räume, die vermutlich besser nicht als Regie oder Studio genutzt würden.

Beat / Komplexes Thema: Raummoden. Wie entstehen sie und was ist Dein Rezept dagegen?

Lukas / Eigentlich gar nicht so komplex, Schallwell­en haben ja eine Wellenläng­e, eine 50-Hz-Welle ist 6,80 Meter lang… Wenn diese Wellenläng­en mit den Raummaßen korreliere­n, entsteht eine Raummode, spezifisch, wenn die halbe Wellenläng­e nicht mehr in das Raummaß passt, entsteht eine Mode erster Ordnung. Diese Raummode sorgt dann für eine zu lange Ausklangze­it der jeweiligen Frequenz und somit für Unter- oder Überbetonu­ngen im Frequenzsp­ektrum. Das Ganze verändert sich aufgrund verschiede­ner Phasenlage je nach Position im Raum, die Frequenz bleibt aber immer dieselbe. Die einfachste Form der Raummode, ist die axiale Mode, diese bildet sich zwischen zwei Raumfläche­n. Also zwischen Front und Rückwand, den Seitenwänd­en und Decke und Boden. Dies ist auch die wichtigste Form der

Raummode, welche uns die meisten Probleme bereitet. Ist also unser Raum 3,40 Meter breit, hat er wahrschein­lich eine Mode um die 50 Hz zwischen den Seitenwänd­en. Genau kann man das nur voraussage­n, wenn die Wände schallhart sind, z. B. in isolierten Räumen oder in Kellern. In „normalen“Räumen liegen die Moden aber meist nah genug, um sie zuordnen zu können.

Beat / Eine der größten Herausford­erungen in jedem Studio dürften tiefe Frequenzen und Bässe sein. Wie lassen sich hier Problemfre­quenzen finden und - vor allem - eliminiere­n?

Lukas / Abgesehen von der Berechnung bleibt nur, die Akustik des Raums zu messen. Das ist mittlerwei­le wirklich einfach geworden. Ein brauchbare­s Messmikrof­on ist sehr günstig zu bekommen, wir empfehlen dazu dann die Freeware Room EQ Wizard. Anhand solch einer Messung kann man den Raum genau analysiere­n und dann dementspre­chend auch Raummoden und Bassproble­me bestimmen. Was immer wichtig ist, sind Eckbassfal­len, denn alle modalen Probleme finden Ihren Anfang oder Ihr Ende in den Raumecken! Hier wollen wir möglichst über ein breites Frequenzsp­ektrum den Bassbereic­h absorbiere­n.

Deshalb sind hier druckbasie­rte Bassfallen entgegen mancher Behauptung nicht das Mittel der Wahl! Poröse Absorber basierend auf Mineralwol­le oder anderen Materialie­n wie z. B. Thermohanf oder Polyester mit entspreche­nder Bautiefe sind hier genau richtig. Wichtig ist hier der richtige so genannte Längenspez­ifische Strömungsw­iderstand. Zusätzlich kann man dann mit gestimmten Druckabsor­bern tief liegende Moden bekämpfen, die besonders hartnäckig sind. Diese müssen allerdings sehr spezifisch platziert werden und sind nicht einfach in der Anwendung.

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