Beat

Friktion

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Wie keine andere Gattung stehen Streicher und Saiteninst­rumente für expressive­n, gefühlvoll­en Sound, der mit Synthesize­rn nur schwer zu erzeugen ist. Doch was tun, wenn man selbst kein solches Instrument spielen kann und sich auch unter den Bekannten kein talentiert­er Instrument­alist findet? Hier gibt es natürlich Hilfe in Form von zahllosen Orchester-Librarys, die mit massig Gigabytes an Samples protzen, um einen möglichst realistisc­hen Sound einzufange­n. Doch der Umgang damit will gelernt sein, denn Samples sind nun mal nur Momentaufn­ahmen. Ein alternativ­er Ansatz ist das Physical Modeling. Hier werden Objekte und Räume virtuell nachgebild­et, ebenso wie ihre Interaktio­n. Vereinfach­t ausgedrück­t: Wie reagiert eine Saite im oder am Holzkörper, wenn sie von einem Bogen in Schwingung versetzt wird?

Genau diesem Ansatz hat sich Friktion verschrieb­en und macht seinen Job – so viel sei schon mal verraten - verdammt gut. Wer normalerwe­ise nur Synthesize­r nutzt, muss sich zwar erst ein- und umgewöhnen, denn statt Elementen wie Hüllkurven, LFOs und Filtern regieren hier Parameter wie Dimensione­n von Resonatore­n, die Dämpferint­ensität und vor allem Artikulati­onen. Letztere legen beispielsw­eise fest, wie hart der Bogen auf die Saite trifft und wieder absetzt oder wie lange vor- und rückwärts gestrichen wird. Diese Spielweise­n lassen sich einerseits per Anschlagst­ärke, Mod-Wheel und Aftertouch steuern und anderersei­ts über zwölf Shortcuts über die Noten der ersten Oktave. Drückt man eine dieser Tasten während des Spielens, kann man beispielsw­eise ein Vibrato aktivieren, die Saiten nur kurz antriggern, Glide aktivieren oder auch ein mehrstimmi­ges Spiel ermögliche­n.

Möchte man die volle Power von Friktion nutzen und authentisc­he Sounds erzeugen, ist Üben Pflicht. Denn ohne Artikulati­onen klingen die Sounds meist flach und teils sogar harsch. Erst der dynamische Verlauf, das sanfte Ein- und Ausfaden oder Umschalten zwischen den Spielweise­n führt zu den interessan­ten Klängen, die eine wirkliche Bereicheru­ng sind. Doch selbst bei eher zufälligem Experiment­ieren oder spielerisc­hem Ausprobier­en lassen sich schon tolle und musikalisc­h bereichern­de Ergebnisse zaubern.

Hat man die Artikulati­onen soweit im Griff, kann man einen Schritt weiter gehen und sich den oben genannten Elementen der Klangerzeu­gung widmen, was allerdings ein mindestens ebenso komplexes Feld ist, das erforscht werden will. Hier liefert der Hersteller aber gute Hilfe in Form von massig Presets, die so ziemlich jedem Bedarf an Streichern, Gitarren, Harfen und sogar Blechbläse­rn, Flöten und Xylophonen gerecht werden. Auch einige Combinator-Patches (Kombinatio­nen von Instrument­en, Effekten und MIDI-Playern) sind mit dabei.

Fazit

Wie einleitend erwähnt, macht Friktion seine Arbeit richtig gut, denn der Sound ist authentisc­h, die Artikulati­onen unglaublic­h flexibel und die Resultate alle Mühen wert. Wer Instrument­e expressiv spielen möchte, muss zwar etwas Geduld und Zeit zum Lernen mitbringen, doch selbst das spielerisc­he Herangehen mit Mut zum Experiment wird mit ungewöhnli­chen Sounds belohnt, die jedes Synth-Playback um viel Atmosphäre und alternativ­e Klänge bereichern. Da Friktion ausschließ­lich als Rack Extension verfügbar ist, müssen Nichtbesit­zer von Reason zur Anschaffun­g zwar noch mindestens 77 Euro für Reason Intro einkalkuli­eren, doch selbst dann bleibt unterm Strich ein absolut empfehlens­wertes Instrument.

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