Beat

Test: Softube Model 72

- Von Jan Wilking

„Based on a classic analog monophonic synth from the early 70s“, umschreibt Softube ihren neuesten Synth. Aber optisch ist klar, worum es geht. Das letzte Wort in Sachen Minimoog Model D?

Der Name „Model 72“ist schon ein guter Hinweis, ein Blick auf die liebevoll gestaltete Bedienober­fläche des Plug-ins beseitigt letzte Zweifel: Hier wurde ein Minimoog Model D aus dem Jahre 1972 nachgebild­et. Da es bereits sehr gute Minimoog-Emulatione­n auf Software-Basis gibt, wie Synapse Audio The Legend, NI Monark, GForce Minimonsta, Arturia Mini V und u-he Diva, löst dies nicht direkt Begeisteru­ngsstürme aus. Allerdings haben Softube mit ihren bisherigen Produkten eindrucksv­oll unter Beweis gestellt, dass sie bezüglich der originalge­treuen Nachbildun­g analoger Schaltkrei­se ganz vorne mitspielen. Die Module in Softube Modular beispielsw­eise sind klanglich von den Hardware-Vorbildern kaum zu unterschei­den. Und damit kommen wir auch gleich zu einem Alleinstel­lungsmerkm­al des Model 72: Der virtuelle Minimoog installier­t sich nicht nur als eigenständ­iges Synthesize­r-und EffektPlug-in in allen gängigen Formaten, sondern auch als separate Module für Amp Room und Modular.

Sättigungs­effekte und FM

Die Klangerzeu­gung orientiert sich streng am Original. Drei Oszillator­en mit den Wellenform­en Dreieck, Sägezahn und Rechteck mit Pulsweiten bilden die Basis. Oszillator 3 kann von der Tonhöhe entkoppelt und in einen sehr langsamen Modus versetzt werden, um als LFO für Pitch- und Filtermodu­lation zu dienen. Oszillator 3 kann aber auch bei Frequenzen im Audioberei­ch zur

Frequenzmo­dulation der anderen Oszillator­en genutzt werden, und dann hört man auch schon erste Unterschie­de zu den anderen virtuellen Minimoogs. Die FM-Sounds klingen so überzeugen­d organisch und frei von digitalen Artefakten, wie man es von kaum einem anderen virtuell- analogen Synthesize­r kennt. Im Mixer steht noch ein zwischen rosa und weißem Rauschen umschaltba­rer Noise-Generator zur Verfügung.

Die berühmt-berüchtigt­e Feedback-Schleife, die das gefilterte Audiosigna­l abgreift und erneut durch das Filter schickt, ist auch vorhanden. Und auch hier spielt die Softube-Technik ihre Stärken aus, die bereits in zahlreiche­n Sättigungs­effekten wie Harmonics oder Tape bewiesen wurden. Hier klingt es nicht einfach fies digital verzerrt oder nach dem berüchtigt­en Rasierer, sondern warm, rund, harmonisch und fett. Auch das klassische 24dB-Tiefpassfi­lter wurde sehr gut getroffen, Filterswee­ps und Leads klingen herrlich cremig und Bässe schön satt. Höhere Resonanzwe­rte dünnen wie beim Original den Bassbereic­h hörbar aus, klingen aber nie unangenehm.

Spannende Extras

Für breite Sounds bietet Model 72 mit Doubling noch ein Schmankerl an. Doubling verdoppelt den Sound, der Spread-Parameter erlaubt dabei eine Verbreiter­ung des Stereobild­es. Ein polyphones Spielen wie bei The Legend oder zumindest ein paraphones Ansteuern der einzelnen Oszillator­en wie bei Behringers Poly D ist leider nicht möglich.

In einem versteckte­n Menü besitzt Model 72 weitere Einstellun­gensmöglic­hkeiten. So lassen sich Stimmungss­chwankunge­n für realistisc­heren Analogsoun­d einstellen, auch die Oktavsprei­zung lässt sich unreiner gestalten. Zudem können Sie in stufenlos einstellba­rer Intensität sowohl Lautstärke, Filterfreq­uenz als auch Filterhüll­kurve per Velocity modulieren und den Minimoog-Klon dadurch viel dynamische­r spielen als das Original.

Auch als Module verfügbar

In Softubes Amp Room steht das Filter des Model 72 als Modul zur Verfügung, ergänzt um einen Drive-Parameter sowie einen Envelope-Follower. So können Sie auch Gitarren, Bässe oder andere Instrument­e durch das legendäre Ladderfilt­er jagen. Und wer Softube Modular besitzt, erhält beim Erwerb von Model 72 gleich sieben neue Module für das virtuelle Rack: Oszillator, Noise/Glide, Preamp, Filter, VCA, Hüllkurve und Doubling-Effekt. Buchla Waveform Generator oder Braids durch Preamp und Moogfilter, Moog-Oszillator­en durch Korgasmatr­on – Model 72 erweitert mit seiner hervorrage­nden Moog-Emulation die ohnehin schon beeindruck­enden Möglichkei­ten von Modular noch einmal deutlich.

Fazit

Braucht die Welt noch eine weitere Minimoog-Emulation? Wir sagen ja, und zwar aus zwei Gründen: Model 72 setzt bezüglich der nachgebild­eten Frequenzmo­dulationen und harmonisch­en Sättigung/Verzerrung in unseren Ohren neue klangliche Maßstäbe, und auch die weiteren Komponente­n wie Filter und Oszillator­en überzeugen mit angenehm edel-analogem Sound und sauberem Bass. Und durch die Einbindung separater Module in Amp Room und Softube Modular ist Model 72 deutlich flexibler als die Konkurrenz, nur NI Monark mit seinen Modulen für Reaktor Blocks sow ie Diva können hier begrenzt mithalten.

 ??  ?? Model 72 ist nicht nur ein eigenständ­iger Synthesize­r, die einzelnen Module lassen sich auch in Softube Modular flexibel einbinden.
Model 72 ist nicht nur ein eigenständ­iger Synthesize­r, die einzelnen Module lassen sich auch in Softube Modular flexibel einbinden.
 ??  ??
 ??  ?? Mehr zum Thema
Mehr zum Thema

Newspapers in German

Newspapers from Germany