Kreativboost durch Feedback Loops
Egal ob Anfänger, ambitionierter Amateur oder Profi: Wir alle kennen Techniken in der Musikproduktion, die jahrelange Übung, spezialisierte Tools und gewissenhafte Vorbereitung voraussetzen. Gibt es denn keine Techniken, die einfach zu bewerkstelligen sind, unabhängig von teuren Werkzeugen funktionieren und sofort befriedigende Ergebnisse liefern? Doch! Zum Beispiel Feedback Loops.
Viele Klangschrauber:innen haben schon des öfteren eifersüchtig auf die Klanggewalt der Rückkopplungen ihrer Gitarre spielenden Mitmenschen geschielt. Dabei sind vergleichbare und in vielen Fällen überlegene Ergebnisse oft nur ein Klinkenkabel entfernt. Während sich Gitarrist:innen die Resonanzen von Raum und Instrument bei hoher Verzerrung zunutze machen, lassen sich Feedbacks in elektronischen Setups genauer und bewusster steuern. Die Möglichkeiten sind endlos, sehen wir uns einige Beispiele an: Ein, üblicherweise sehr unauffälliger, Feedback Loop ist in beinahe jedem Delay verbaut um die Anzahl der Wiederholungen justieren zu können. Spezialisten wie das Roland Space Echo sind bei höheren Feedbackwerten von sich aus in der Lage ein weites Klangspektrum von rauchigen Dub-Kaskaden bis hin zu rhythmischem Lärm zu erzeugen. Anderen Effektgeräten kann unter Zuhilfenahme einfacher Werkzeuge nachgeholfen werden - ein kleines Mischpult oder Y-Splitkabel wirkt hier Wunder. Der kreativen Freiheit sind keinerlei Grenzen gesetzt. Sowohl der edle Klangcharakter von high-end Studio-Equipment als auch der Schmutz billiger Audio Tools wird durch die Rückkopplungsschleifen verstärkt und kommt deutlich zum Vorschein. Entscheidend ist, welche Signale wir in diese Schleifen schicken und wie wir sie dort bearbeiten. Oftmals reichen als Quelle aber auch die von den Geräten selbst erzeugten Nebengeräusche wie Rauschen oder Netzbrummen aus, die in der Feedbackschleife immer wieder verstärkt werden. Innerhalb des Loops können wir Einfluss auf Faktoren nehmen, die das Signal grundlegend verwandeln: Änderungen des Frequenzverlaufs durch Filter und EQs führen zu extremen Klangvariationen und der Einsatz von Delay, Reverb, Modulations- und Pitcheffekten kann das Signal bis zur Unkenntlichkeit transformieren.
Die Ergebnisse müssen aber nicht immer klingen wie aus einem Science-Fiction-Film der 60er Jahre; auch subtile Veränderungen des Klangs sind möglich. So kann ein zusätzlicher Output bei analogen Synthesizern wie dem Minimoog zurück in den Audioeingang gespeist und als weiterer Oszillator genutzt werden. Das Signal wird dadurch angedickt und wirkt extremer und brachialer, ohne dabei den ursprünglichen Klangcharakter vollständig zu verlieren. Beim Minimoog kommt dafür vorwiegend der Low Output zum Einsatz, eine Zweckentfremdung des Kopfhörerausgangs bei anderen Klangerzeugern ist aber immer einen Versuch wert. Eine ähnliche Funktionalität finden wir bei SynthPlug-ins wie dem beliebten NI Massive.
Natürlich ist es auch möglich innerhalb des Computers mit Feedbackloops zu arbeiten. Die extremen Pegelsprünge, die dabei auftreten
können, stellen DAWs jedoch vor Herausforderungen. Es ist ratsam hier als letzten Effekt Kompressions-, Limiting- und Sättigungsplug-ins einzufügen, um die Eigenschaften analoger Signalketten zu simulieren. Das Verhalten der Loops bleibt, nicht zuletzt aufgrund des fehlenden direkten Zugriffs auf die Parameter, eigenwillig. Viele aktuelle Delay-Plug-ins sind bereits für diesen Zweck optimiert, es ist im Normalfall allerdings nicht möglich weitere Effekte in die interne Rückkopplungsschleife einzufügen.
Feedbackloops sind ein Klassiker unter den Musikproduktionstechniken und können hilfreich sein, um kreative Blockaden zu lösen oder schnell und einfach zu unerwarteten Ergebnissen zu kommen. Sie sind naturgemäß chaotisch und mitunter schwer kontrollierbar, aber genau das macht ihren einzigartigen Charme aus. Das Schöne daran: die vollkommene Freiheit bei der Wahl des Equipments.
Florian “AudioPilz” Pilz hat viele Jahre als Tontechniker, Sounddesigner und Musikproduzent gearbeitet und betreibt einen YouTube Channel. Mit seiner Bad Gear Show begeistert er nicht nur sein Publikum, sondern bringt auch frischen Wind ins Studio, indem er vermeintliches „Bad Gear“in zeitgemäßen Tracks und Jams zu neuem Glanz verhilft.