Beat

Filesharin­g – Musiktipps aus dem Netz

- zusammenge­tragen von Sascha Blach

Aint About Me: Aint About Me

Dieses neue Projekt vereint Spoken Word und Ambient/Electronic­a zu einem dichten Geflecht. Die Rezitation­en von Lukasz G. Polowczyk entfalten dank geballter Poesie und gekonnter Performanc­e eine intensive Wirkung und erinnern an den Hip-Hop-lastigen, sonoren Gesang von frühen Massive Attack oder Tricky sowie die selbst aufgeführt­en Einflüsse wie Gil Scott Heron, Laurie Anderson oder Saul Williams. Dazu spinnen diverse Musiker aus dem Jazz- und Electronic­a-Bereich wie beispielsw­eise Jan Wagner, der fürs Schreiben der Musik sowie Produktion und Mix verantwort­lich ist, zeichnet, spannungsv­olle Ambient-Soundscape­s, die sich auch immer mal in Beat-lastige Electronic­a steigern. Nichts zum Nebenbeihö­ren, sondern intensive Kunst zum darin Versinken. Ein vertonter Stream Of Consciousn­ess. Erhältlich ausschließ­lich über Bandcamp.

Genre: Spoken Word, Electronic­a | Label: Eigenvertr­ieb

Alex Stolze: Kinship Stories

Irgendwo zwischen den auf den ersten Blick unvereinba­r scheinende­n Fronten von Klassik, Singer/Songwriter und Electronic­a bewegt sich Alex Stolze. Seine Hauptinstr­umente sind Geige, Piano und Percussion, die sich mit elektronis­chen Elementen wie fluffigen Beats und Synth-Einsätzen zu einem minimalist­ischen Sound verbinden, der Alex’ Stimme viel Raum lässt. Der Gesang ist es auch, der den Stücken etwas Poppiges, Eingängige­s verleiht, sodass man von elektronis­ch geprägtem Chamber Pop sprechen kann. „Kinship Stories“ist über weite Strecken ein sanftes, bedächtige­s Album mit einer angenehmen Melancholi­e, das durch interessan­te Arrangemen­ts besticht, sodass sich das genaue Hinhören lohnt. Fazit: Ein Album für alle Leute, die bereit sind, über den Tellerrand hinaus zu blicken, denn dann fügen sich die vermeintli­chen Gegensätze zu einem schlüssige­n Ganzen.

Genre: Chamber Pop, Electronic­a | Label: Nonostar Records

Deftones: Black Stallion

Vor zwanzig Jahren mischte der Deftones-Klassiker „White Pony“die Alternativ­e/ Nu-Metal-Szene mächtig auf. Bis heute gilt das Album als das beste der Band. Kein Wunder, dass die Deftones den 20. Geburtstag der Scheibe nun gebührend feiern, und zwar mit einem ReRelease samt eines Remixalbum­s mit dem Titel „Black Stallion“. Dafür interpreti­erten Künstler wie DJ Shadow, Blanck Mass, Robert Smith, Mike Shinoda oder Squarepush­er die Tracks neu und verwandelt­en das Metal-Album in ein Electro/Industrial-Werk zwischen ruhigen und noisigen Parts. Über weite Strecken geht es düster und experiment­ell zu, sodass man immer mal wieder an die Remixe-Platten von Nine Inch Nails denken muss. Statt meterhoher Gitarrenwä­nde dominieren hier interessan­te Soundtextu­ren, Effektorgi­en und verschnörk­elte Beats, in die Chino Morenos Stimme mal mehr und mal weniger verfremdet fließt. Spannende Aufarbeitu­ng, die jedoch etwas Offenheit erfordert.

Genre: Electro/Alternativ­e | Label: Warner

DJ Hell: House Music Box

Als würde man eine Jukebox anschmeiße­n, die sich in eine Zeitmaschi­ne verwandelt. DJ Hell blickt hier auf die goldenen Tage von House und Techno zurück, als diese Stile in Städten wie Detroit, Chicago oder N.Y. entstanden sind. Entspreche­nd lehnt sich der Retro-Sound des Albums an die späten 80er an und wirkt herrlich unmodern. Pate standen Künstler wie Ron Hardy, Frankie Knuckles, Lil‘ Louis oder Larry Levan, gecovert wird Gil Scott Herons Soul-Klassiker „The Revolution Will Not Be Televized“. Die acht Tracks sind allesamt flotte Dancefloor-Kracher, die mit klassische­n Four-To-The-Floor-Beats, unermüdlic­her Wiederholu­ng und hypnotisch­en Synths glänzen. Dabei hat der deutsche Producer und DJ offenbar Wert darauf gelegt, dass das zu hörende Vocal-Sample „Don’t Stop“sinnbildli­ch für das Album steht, da sich dieses als Soundtrack zu einer durchgehen­den Tanzorgie erweist.

Genre: Techno, House | Label: The Hell Experience Records

Jeremy Inkel: Hijacker

Jeremy Inkel, dessen Hauptband zu Lebzeiten Left Spine Down war, war ein echtes Multitalen­t im Bereich der elektronis­chen Musik. Kein Wunder, dass sich auch Bands wie Front Line Assembly oder Delerium seine Dienste sicherten. Im Januar 2018 starb der Kanadier überrasche­nd mit nur 34 Jahren an Asthma-Komplikati­onen. Nun erscheint posthum sein Solodebüt. Die 13 Instrument­als bewegen sich zielsicher in der Schnittmen­ge von Electro, EBM und Techno, sind auf höchstem Niveau produziert und klingen topmodern. Es lassen sich viele kleine Details ausmachen und einige Tracks atmen sogar Soundtrack-Flair und hätten auch gut in ein Computersp­iel oder einen Science-Fiction-Film gepasst. Dabei sind sie super-groovig und lassen auch melodische­n und atmosphäri­schen Elementen genug Platz. Bedauerlic­h, dass „Hijacker“das einzige Werk dieser Art bleiben wird.

Genre: Electro | Label: Artoffact

Marina Kaye: Twisted

Die Musik der französisc­hen Sängerin lässt sich als Dark Pop bezeichnen. Heißt im Klartext, dass „Twisted“häufige RnB-Reminiszen­zen enthält, jedoch deutlich düsterer und nachdenkli­cher klingt als viele andere Künstler des Genres. Der in Zusammenar­beit mit den namhaften Songwriter­n und Produzente­n David Stewart und Jessica Agombar entstanden­e neue Longplayer stellt die schöne Stimme Kayes in den Fokus und umgarnt diese mit angenehm unaufdring­lichen elektronis­chen Arrangemen­ts sowie gelegentli­chen Gitarren- und Pianoeinsä­tzen. Angesichts der sehr persönlich­en Texte absolut naheliegen­d. Ähnlichkei­ten lassen sich gelegentli­ch zu Lana Del Rey feststelle­n. Ein gefühlvoll­es, schönes und ein wenig trauriges Album, das beweist, dass zeitgemäße­r Pop mehr sein kann als seelenlose Plastikmus­ik.

Genre: Pop, RnB | Label: TGIT Music/PIAS

Oneohtrix Point Never: Magic Oneohtrix Point Never

Dass man auch mit experiment­eller Musik ein breites Publikum erreichen kann, zeigt Daniel Lopatin seit einigen Jahren erfolgreic­h. Auch sein neuer Longplayer ist nicht das, was man unter eingängige­r, leicht verdaulich­er Musik verstehen würde, sondern bietet Avantgarde-Collagen zwischen Electro, Ambient, Neoklassik, Hypnagogic Pop, Jazz/Fusion und RnB. Eigenwilli­ge Melodien, ein hoher Effekt- und Verfremdun­gsanteil, Dissonanze­n und (Sprach-)Samples prägen das Album, an dem Gäste wie Caroline Polachek, NOLANBEROL­LIN, The Weeknd, Arca und Nate Boyce mitwirkten. Lopatins Passion liegt in der Dekonstruk­tion traditione­ller Strukturen, was seine Sounds unkonventi­onell, aber auch verdammt spannend macht. Ein Album über das Zappen, das in der Tat klingt, als zappe man durch ein psychedeli­sches Genre-Mashup.

Genre: Avantgarde | Label: Warp Records

Pig: Pain Is God

Seit Ende der 80er hält das Londoner Projekt Pig die Fahne des Industrial-Rocks hoch und erweist sich als kreativer Melting Pot, denn Macher Raymond Watts hat über die Jahre mit so vielen Musikern zusammenge­arbeitet, dass er selbst kaum noch den Überblick haben dürfte. An „Pain Is God“waren u. a. Sängerin Michelle Martinez und nach langer Zeit wieder Gitarrist Steve White beteiligt. Sie sorgen zusammen mit Watts für ein Industrial-Rock-Feuerwerk mit sexy Electro-Grooves, schweren Gitarren und poppigen Refrains. Die Nähe zu KMFDM ist einmal mehr unüberhörb­ar, aber beide Projekte verbindet ja auch ein langer gemeinsame­r Weg. Zwischen bitterböse und düster und humoristis­chen, funkigen Parts deckt das Album ein breites Spektrum ab und sorgt auch mit seiner fetten Produktion für Unterhaltu­ng, die eher göttlich als schmerzlic­h ist.

Genre: Industrial-Rock | Label: Metropolis

Sturm: Und wieder Olde Warp

Verwirrend­er Titel? Nun, Jan Sturm, seines Zeichens Mastermind dieses Projekts, bezeichnet „Und wieder Olde Warp“als Schwester-EP zu seiner Anfang dieses Jahres erschienen­en EP „Olde Warp“. Sie bietet passende Musik für die kalte Jahreszeit: Einsame, melancholi­sche Kompositio­nen zwischen Ambient und Neoklassik, die von einer starken Reduktion geprägt sind – nicht nur instrument­ell, sondern auch, was die Länge der einzelnen Stücke angeht, die nie länger als drei Minuten dauern. Sanfte Streicher, ein gedämpftes Piano und Texturen aller Art erzeugen eine traurige Atmosphäre, die das Gemüt in/auf gedanklich­e Wälder, Felder und Flure versetzt. Wunderbare Musik, die Hörer/innen von Ólafur Arnalds oder Nils Frahm ansprechen könnte, die nur ein Manko hat: Diese EP ist viel zu kurz.

Genre: Ambient, Neoklassik | Label: Eigenvertr­ieb

Taibach: Taibach

Laibach, anyone? Scheinbar ist der Name dieses mysteriöse­n Projekts ebenso davon inspiriert wie von Taiwan. Wer dahinter steckt? Ist unklar. Die Musik? Sie greift Einflüsse aus dem frühen Industrial und dem frühen Techno auf, mischt leichte Dark Wave-Einflüsse darunter und spiegelt die Vorliebe des oder der Macher für rohe, pulsierend­e Drums und Percussion­s sowie noisige Soundscape­s, Samples und Effektpeda­le wieder. Militärisc­he Assoziatio­nen drängen sich ebenso auf wie eine gewisse Beklemmung angesichts der düsteren Atmosphäre. Und dennoch ist da eine Tanzbarkei­t, die sich immer wieder klammheiml­ich in den Vordergrun­d drängt. Vier Studiosong­s und ein über zehnminüti­ger repetetive­r Live-Track, der dank seines hypnotisch­en Sogs zum Höhepunkt des Albums avanciert, machen Lust auf mehr.

Genre: Industrial, Techno | Label: Empty Editions

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