OffBeat: Kompression
OffBeat: Die Beat-Werkstatt mit Florian Pilz
Für viele musikmachende Menschen ist Kompression nur ein Mittel zum Zweck. Laute Signale werden leiser gemacht (und im Umkehrschluss leise Signale lauter - zumindest relativ gesehen). Aufgrund der zahlreichen am Markt befindlichen Software-Emulationen haben aber inzwischen auch Personen ohne Racks voller Vintage-Outboard-Gear Zugang zu bewusst klangfärbenden Dynamikprozessoren. In der Hardwarewelt kann der Einsatz dieser Effektgeräte mit dem so besonderen Sound aber schnell ins Geld gehen. Muss das sein?
Klassiker wie der UREI 1176, die legendären SSL Bus-Kompressoren oder der aufwändige Teletronix LA-2A bleiben kostspielig, auch wenn mittlerweile erschwinglichere Kopien verschiedener Hersteller erhältlich sind. Günstige Hardware-Kompressoren sind klanglich meist unauffällig, es hat sich aber, vor allem in der elektronischen Musikproduktion, ein Modell durchgesetzt, dass auch zu einem sehr vernünftigen Preis ein wenig Persönlichkeit in DAW-lose Setups bringen kann: Der Alesis 3630 Kompressor und Limiter mit Gate.
Dieses nicht unumstrittene Dynamikwerkzeug kam 1991 auf den Markt und ist, zumindest laut Herstellerinformationen, der meistverkaufte Kompressor aller Zeiten. Modelle in gutem Zustand sind leicht zu finden und in vielen Fällen liegen sie ungenutzt in Proberäumen oder Abstellkammern herum. Preise um 50 Euro sind auf dem Gebrauchtmarkt keine Seltenheit. Ursprünglich als Low-Budget-Alternative für Live- und Home-Studio-Anwendungen gedacht, gelangte das Gerät Mitte der 90er-Jahre durch die Verwendung auf den Daft-Punk-Alben „Homework“und „Discovery“zu Weltruhm. Der stark pumpende, gummiartige und mitunter verzerrte Sound passt zu vielen elektronischen Musikstilen und gibt Drumloops oder auch ganzen Mixen einen speziellen Groove. Auch die Sidechain-Funktionalität macht Spaß. Dieser charaktervolle Sound geht allerdings mit einer Reihe von unschönen Begleiterscheinungen einher. So sind Nebengeräusche immer wieder ein Thema, Transienten werden in Mitleidenschaft gezogen und der Bassbereich nicht unerheblich beschnitten.
Zwar lassen sich diese Kompressionsartefakte durch den Einsatz von Parallelkompression (dem Mischen von komprimierten und unkomprimierten Signalen) mildern, es besteht aber auch die Möglichkeit, durch den Austausch einzelner Bauteile die Performance des Kompressors an sich zu verbessern. In verschiedenen Online-Foren hat sich ein regelrechter Kult um
Modifikationen für den Alesis 3630 entwickelt und es gibt detaillierte Anleitungen mit Bauteillisten und Fotodokumentation. Fortgeschrittene Lötkenntnisse und ein wenig Risikobereitschaft (vor allem das Entfernen der aktiven Bauteile ist nicht immer einfach) sind für solche Projekte jedoch ein Muss.
Neben dem aufwändigen Upgrade unzähliger aktiver und passiver Komponenten (VCAs, OpAmps, Widerstände, Dioden, Kondensatoren) können auch einfacher durchführbare Mods die Performance des Kompressors verbessern: Ein Austausch des unterdimensionierten original Netzteils durch ein Modell mit gleicher Spannung und höherer Stromstärke (Achtung: Wechselspannung!) sorgt für bessere Stromversorgung und das Durchtrennen zweier Kabelbrücken auf der Hauptplatine nimmt das die Klangqualität negativ beeinflussende Gate aus dem Signalweg. Zusätzlich kann die Erdung des Gerätes unkompliziert optimiert werden.
Der 3630 des Autors hat die volle Bandbreite möglicher Modifikationen erfahren und die Ergebnisse waren überraschend: Zwar wurden die oben erwähnten Probleme weitestgehend behoben und der Kompressor klingt sauberer, der legendäre Groove und Charme des Gerätes sind aber verschwunden. Man kann es mit den Mods also auch übertreiben. Links: Alesis 3630 und Daft Punk: www.mixonline.com/recording/daftpunk-372628 Mods für den Alesis 3630: www.diyrecordingequipment.com/blogs/ news/15851688-alesis-3630-compressormods
Achtung:
Die hier beschriebenen Modifikationen werden von den Herstellern nicht unterstützt, können die Garantiezeit verkürzen und im schlimmsten Fall das Gerät unbrauchbar machen. Sie sind also nur für risikobereite Soundschrauber/innen geeignet.