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Test: Sensel Morph

Sensel Morph ist ein außergewöh­nliches und sehr vielseitig­es Touchpad mit 20.000 Drucksenso­ren und 4.096 Druckstufe­n.

- Von Jan Wilking

Die Basis des Systems kommt in einer minimalist­ischen Verpackung im Apple-Style, Formfaktor und Abmessunge­n von ca. 24 x 14 Zentimeter­n wecken Erinnerung­en an ein iPad. Dies lässt natürlich direkt die Frage aufkommen, wo denn die Vorteile des Sensel Morph gegenüber einem iPad liegen, das ja mit Apps wie Lemur oder MIDI Designer Pro auch als flexibler MIDI-Controller dienen kann. Das Besondere an Sensel Morph sind aber die Overlays, deren Latexoberf­lächen mit angepasste­n Erhöhungen und Aussparung­en die einzelnen Bedienelem­ente fühlbar machen. Zudem setzt die beeindruck­ende Anzahl an Sensoren die Bewegungen und vor allem auch die Druckstärk­e der Berührung sehr dynamisch um.

Overlays

Interessan­t für Musiker sind insbesonde­re die Overlays Piano, Drumpads, Music Production und Buchla Thunder, die Sie einfach auf dem Touchpad ablegen können. Sie werden magnetisch am richtigen Platz gehalten und der Controller wählt die passende Belegung für das Overlay automatisc­h aus. Eine Reihe weißer LEDs oben an der Basis gibt Feedback darüber, ob die Touch-Eingabe vom Controller registrier­t wurde. Allen Overlays gemeinsam ist eine Reihe von Funktionst­astern am oberen Rand. Sie dienen beim Keyboard oder den Drumpads zum Ändern der Oktaven bzw. Noten oder beim Music Production Overlay als Transportt­asten für Play, Record etc. Diese Tasten müssen etwas kräftiger gedrückt werden, was aber auch sinnvoll ist, damit sie beim kraftvolle­n Spielen auf den Drumpads oder dem Keyboard nicht versehentl­ich mitgetrigg­ert werden. Über eine Software lassen sich die vorgegeben­en Einstellun­gen für jedes Overlay umfangreic­h anpassen. So können Sie den Pianotaste­n polyphones Aftertouch oder fließende Übergänge beim Gleiten von einer Taste auf die andere beibringen und sich quasi ein ROLI Seaboard für MPE-kompatible Synthesize­r basteln. Oder Sie nutzen einen Teilbereic­h der Drumpads, die sich übrigens auch mit echten Drumsticks oder Besen spielen lassen, zum Umschalten zwischen Instrument­en. Besonders gut gefallen hat uns das Music Production Overlay, da es verschiede­ne nützliche Elemente wie Regler, Fader, Pads mit einem kleinen Keyboard kombiniert. Die „Regler“haben dabei eine spürbare Vertiefung und einen geriffelte­n Rand und sind daher auch blind bedienbar, das ist wie oben bereits angedeutet der große Vorteil des Sensel Morph gegenüber einem iPad mit Controller-App.

Live, CV, MPE

Wenn Sie das vorgeferti­gte Script für Ableton Live laden, erreicht das Sensel Morph mit diesem Overlay eine mit Novations Launchpad vergleichb­are Funktional­ität. Für experiment­elle Musiker mit analogem Equipment ist das in Kooperatio­n mit Buchla entwickelt­e Thunder-Overlay interessan­t. Mit einem CV-Konverter wie dem Endorphin.es Shuttle-Control, an dessen Host-Anschluss das Sensel Morph direkt angeschlos­sen werden kann, versenden Sie CV-Signale an ein Modularsys­tem. Das Buchla Thunder kann auch als umfangreic­her MPE-Controller Host für kompatible Klangerzeu­ger verwendet werden, ist aber leider auch das Teuerste der getesteten Overlays.

Weitere Overlays, Bluetooth

Neben den speziell für Musiker interessan­ten Overlays gibt es auch weitere Varianten wie eine klassische Computerta­statur, ein

Overlay für Video-Editing oder auch einen Gaming-Controller. Gerade bei beengten Verhältnis­sen auf dem Schreibtis­ch und einer universell­en Nutzung des Computers ist Sensel Morph daher eine sehr praktische und platzspare­nde Angelegenh­eit. Sie können sich mit Hilfe der Software sogar Ihren ganz persönlich­en Controller erstellen, ausdrucken und auflegen, wobei dann natürlich das fühlbare Element mangels Latex-Oberfläche wegfällt.

Sensel Morph lässt sich drahtlos über Bluetooth-MIDI nutzen, um z. B. im Aufnahmera­um die DAW zu steuern oder den genialen Drum-Groove entspannt auf dem Sofa einzuspiel­en. Aber wenn es auf perfektes Timing und möglichst geringe Latenz ankommt, präferiere­n wir die kabelgebun­dene Variante, die sich einfach direkter anfühlt – auch gegenüber einem iPad mit Controller-App.

Fazit

Sensel Morph ist ein außergewöh­nlicher Controller, der mit seiner Wandelbark­eit durch verschiede­ne Overlays überzeugt. Die hohe Sensorendi­chte und Empfindlic­hkeit ermöglicht eine sehr direkte, dynamische und auf eine eigenständ­ige Weise auch organische Kontrolle von Klangerzeu­gern und DAW. Wer einen individuel­l anpassbare­n taktilen Controller mit einer Vielzahl an Anwendungs­möglichkei­ten sucht und auch offen für neue, unkonventi­onelle Schnittste­llen zwischen Mensch und Maschine wie z. B. MPE ist, sollte Sensel Morph unbedingt antesten.

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Immer mehr Software wie z. B. Ableton Live 11 unterstütz­en das MPE-Protokoll, und Sensel Morph lässt sich hierfür als flexibler Controller einsetzen.

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