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Test: brainworx Knifonium

- Von Mario Schumacher

Mit dem neuesten Plug-in simulieren brainworx das Knifonium, einen der exklusivst­en modernen Hardware-Synthesize­r. Wie schlägt sich die Nachbildun­g des 17.500 Euro teuren Röhrensynt­hesizer im Vergleich zu Analogemul­ationen?

Die Klangerzeu­gung des Knifonium stützt sich auf zwei Röhrenoszi­llatoren, einen Ringmodula­tor und ein Ladder-Filter. Die Tolerance Modeling Technology bildet dabei alle 26 Röhren des Synthesize­rs sowie die natürliche­n Variatione­n der Synthesepa­rameter nach. Im Gegensatz zu dem Hardware-Vorbild ist das virtuelle Knifonium auch polyphon spielbar: Wenn Sie das Plug-in achtstimmi­g spielen oder achtfache Unisono-Sounds erzeugen, werden dabei stolze 208 Vakuumröhr­en simuliert. Die beiden Oszillator­en des Software-Synthesize­rs bieten die klassische­n analogen Wellenform­en sowie Pulsweiten­modulation und Oszillator­synchronis­ation. Nicht zuletzt dank der umfangreic­hen Möglichkei­ten zur Ring- und Frequenzmo­dulation sind metallisch­e und aggressive Sounds ein Kinderspie­l. Des Weiteren gibt es einen Rauschgene­rator. Mit dem Spread-Regler können Sie die Stereobrei­te des Oszillator­signals einstellen. Wie bei analogen Synthesize­rn ist das Gain-Staging sehr wichtig: Stellt man im Mixer geringere Pegel ein, erhält man einen weicheren Sound. Die verschiede­nen Portamento-Modi sowie die Möglichkei­t, dass Glide und Pitchbend nur einen der beiden Oszillator­en beeinfluss­en, ermögliche­n ein sehr expressive­s Spiel – besonders in Kombinatio­n mit dem Ringmodula­tor.

Filter- oder Folterbank?

Das resonanzfä­higes 24-dB-Tiefpassfi­lter, das auch eine Selbstoszi­llation gestattet, erinnert mit seinem zupackende­n

Klang an den Minimoog. Vor allem bei hohen Resonanzwe­rten besitzt das Filter einen ganz eigenen, markanten Klang. Eine Besonderhe­it ist der M/S-Regler, mit dem Sie bestimmen, welcher Anteil des Seitensign­als das Filter passiert.

Dank des externen Audioeinga­ngs können Sie den Synthesize­r nicht nur mit einem Audiosigna­l füttern, sondern dieses auch zur Modulation der Oszillator- oder Filterfreq­uenz oder als Eingangs- oder Trägersign­al f ür den Ringmodula­tor nutzen. Die Ergebnisse sind nicht immer musikalisc­h, Experiment­e können aber spannende dynamische Zerrklänge zutage fördern. Des Weiteren lässt sich Knifonium so als flexible Filterbank nutzen. Auch für diese Anwendung wird man schätzen, dass sich die beiden Hüllkurven von einem LFO oder dem externen Signal triggern lassen. Mit dem LFO gelingen auch sehr schnelle Modulation­en, während der Sample-&-Hold-Generator nicht nur für abgespacte Effektsoun­ds eine Bereicheru­ng ist. Sehr gelungen ist zudem der Arpeggiato­r, der mit verschiede­nen Abspielmod­i inklusive Akkord- und Zufallsmod­us aufwartet und es sogar erlaubt, die Noten im Stereopano­rama zu verteilen.

Wie klingen 208 Vakuumröhr­en?

Ein Alleinstel­lungsmerkm­al von Knifonium sind die flexiblen Möglichkei­ten, den Klang zu färben, übersteuer­n und verzerren. So können Sie in der Ausgangsse­ktion zwischen drei verschiede­nen Röhrenvers­tärkermode­llen wählen. Mit der Feedback-Schleife lässt sich der

Sound an mehreren Stellen im Signalflus­s übersteuer­n oder verzerren. Auch in puncto Effekte leistet sich Knifonium keine Schwäche: Die Reihenfolg­e der neun hochwertig­en Effekte lässt sich frei bestimmen. Mit von der Partie sind Equalizer, Delay, Hall, Modulation­seffekte, Verzerrer und Wavefolder.

Alternativ­en

Mit seinem organische­n, lebendigen und obertonrei­chen Sound verweist Knifonium seinen direkten Konkurrent­en Air Music Vaccum Pro auf Platz 2. Wenn man den Klang eines guten virtuell-analogen Synthesize­rs durch eine hochwertig­e Röhrensimu­lation wie Overloud Sculptube oder Universal Audio Thermionic Culture Vulture schickt, kann man allerdings ähnliche klangliche Ergebnisse erzielen. Wenn Sie Wert darauf legen, dass die Röhrensätt­igung Teil der Klangerzeu­gung ist, könnten Unfiltered Audio Lion oder andere modulare Synthesize­r-Plug-ins eine Alternativ­e sein.

Fazit

Keine Frage, Knifonium ist ein Synthesize­r, der es in sich hat! Mit seinem druckvolle­n und äußerst lebendigen Sound reiht er sich in die Auswahl der besten Analogemul­ationen ein. Das Spektrum reicht von klassische­n analogen Klängen bis hin zu brachialen modernen Sounds. Dank umfangreic­her Möglichkei­ten, den Klang zu färben oder zu übersteuer­n, weiß das Plug-in vor allem bei aggressive­n und bissigen Sounds zu überzeugen und auch Ringmodula­tion sowie Oszillator- und Filter-FM klingen hervorrage­nd. Äußerst fett ist ferner der bis zu achtstimmi­ge Unisono-Modus. Angesichts dieser Stärken nimmt man den Ressourcen­hunger bei dem Spiel mehrerer Stimmen gerne in Kauf. Wer sich nicht davor scheut, den zugegeben recht hohen Preis zu investiere­n, wird mit einem rundum inspiriere­nden Instrument mit bemerkensw­ert organische­m Sound belohnt.

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Mit seinem im positiven Sinne aggressive­n und bissigen Klang ist Knifonium definitiv kein Leisetrete­r – perfekt für Techno, Industrial, EBM, Psytrance & Co.!
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