Test: brainworx Knifonium
Mit dem neuesten Plug-in simulieren brainworx das Knifonium, einen der exklusivsten modernen Hardware-Synthesizer. Wie schlägt sich die Nachbildung des 17.500 Euro teuren Röhrensynthesizer im Vergleich zu Analogemulationen?
Die Klangerzeugung des Knifonium stützt sich auf zwei Röhrenoszillatoren, einen Ringmodulator und ein Ladder-Filter. Die Tolerance Modeling Technology bildet dabei alle 26 Röhren des Synthesizers sowie die natürlichen Variationen der Syntheseparameter nach. Im Gegensatz zu dem Hardware-Vorbild ist das virtuelle Knifonium auch polyphon spielbar: Wenn Sie das Plug-in achtstimmig spielen oder achtfache Unisono-Sounds erzeugen, werden dabei stolze 208 Vakuumröhren simuliert. Die beiden Oszillatoren des Software-Synthesizers bieten die klassischen analogen Wellenformen sowie Pulsweitenmodulation und Oszillatorsynchronisation. Nicht zuletzt dank der umfangreichen Möglichkeiten zur Ring- und Frequenzmodulation sind metallische und aggressive Sounds ein Kinderspiel. Des Weiteren gibt es einen Rauschgenerator. Mit dem Spread-Regler können Sie die Stereobreite des Oszillatorsignals einstellen. Wie bei analogen Synthesizern ist das Gain-Staging sehr wichtig: Stellt man im Mixer geringere Pegel ein, erhält man einen weicheren Sound. Die verschiedenen Portamento-Modi sowie die Möglichkeit, dass Glide und Pitchbend nur einen der beiden Oszillatoren beeinflussen, ermöglichen ein sehr expressives Spiel – besonders in Kombination mit dem Ringmodulator.
Filter- oder Folterbank?
Das resonanzfähiges 24-dB-Tiefpassfilter, das auch eine Selbstoszillation gestattet, erinnert mit seinem zupackenden
Klang an den Minimoog. Vor allem bei hohen Resonanzwerten besitzt das Filter einen ganz eigenen, markanten Klang. Eine Besonderheit ist der M/S-Regler, mit dem Sie bestimmen, welcher Anteil des Seitensignals das Filter passiert.
Dank des externen Audioeingangs können Sie den Synthesizer nicht nur mit einem Audiosignal füttern, sondern dieses auch zur Modulation der Oszillator- oder Filterfrequenz oder als Eingangs- oder Trägersignal f ür den Ringmodulator nutzen. Die Ergebnisse sind nicht immer musikalisch, Experimente können aber spannende dynamische Zerrklänge zutage fördern. Des Weiteren lässt sich Knifonium so als flexible Filterbank nutzen. Auch für diese Anwendung wird man schätzen, dass sich die beiden Hüllkurven von einem LFO oder dem externen Signal triggern lassen. Mit dem LFO gelingen auch sehr schnelle Modulationen, während der Sample-&-Hold-Generator nicht nur für abgespacte Effektsounds eine Bereicherung ist. Sehr gelungen ist zudem der Arpeggiator, der mit verschiedenen Abspielmodi inklusive Akkord- und Zufallsmodus aufwartet und es sogar erlaubt, die Noten im Stereopanorama zu verteilen.
Wie klingen 208 Vakuumröhren?
Ein Alleinstellungsmerkmal von Knifonium sind die flexiblen Möglichkeiten, den Klang zu färben, übersteuern und verzerren. So können Sie in der Ausgangssektion zwischen drei verschiedenen Röhrenverstärkermodellen wählen. Mit der Feedback-Schleife lässt sich der
Sound an mehreren Stellen im Signalfluss übersteuern oder verzerren. Auch in puncto Effekte leistet sich Knifonium keine Schwäche: Die Reihenfolge der neun hochwertigen Effekte lässt sich frei bestimmen. Mit von der Partie sind Equalizer, Delay, Hall, Modulationseffekte, Verzerrer und Wavefolder.
Alternativen
Mit seinem organischen, lebendigen und obertonreichen Sound verweist Knifonium seinen direkten Konkurrenten Air Music Vaccum Pro auf Platz 2. Wenn man den Klang eines guten virtuell-analogen Synthesizers durch eine hochwertige Röhrensimulation wie Overloud Sculptube oder Universal Audio Thermionic Culture Vulture schickt, kann man allerdings ähnliche klangliche Ergebnisse erzielen. Wenn Sie Wert darauf legen, dass die Röhrensättigung Teil der Klangerzeugung ist, könnten Unfiltered Audio Lion oder andere modulare Synthesizer-Plug-ins eine Alternative sein.
Fazit
Keine Frage, Knifonium ist ein Synthesizer, der es in sich hat! Mit seinem druckvollen und äußerst lebendigen Sound reiht er sich in die Auswahl der besten Analogemulationen ein. Das Spektrum reicht von klassischen analogen Klängen bis hin zu brachialen modernen Sounds. Dank umfangreicher Möglichkeiten, den Klang zu färben oder zu übersteuern, weiß das Plug-in vor allem bei aggressiven und bissigen Sounds zu überzeugen und auch Ringmodulation sowie Oszillator- und Filter-FM klingen hervorragend. Äußerst fett ist ferner der bis zu achtstimmige Unisono-Modus. Angesichts dieser Stärken nimmt man den Ressourcenhunger bei dem Spiel mehrerer Stimmen gerne in Kauf. Wer sich nicht davor scheut, den zugegeben recht hohen Preis zu investieren, wird mit einem rundum inspirierenden Instrument mit bemerkenswert organischem Sound belohnt.