So finden Sie das perfekte Interface
Am Thema Audiointerfaces können sich die Geister scheiden … einerseits braucht jeder Musiker, Producer oder Recorder eines, andererseits ist
Auswahl schier unüberschaubar. Auf was Sie besonders achten sollten, um die perfekt auf Sie abgestimmte Hardware zu finden, verrät uns Dankmar Klein, Produktspezialist bei Focusrite, Novation & ADAM.
Beat / Hi Dankmar, schön, dass Du Zeit gefunden hast. Was denkst Du sind die wichtigsten Punkte, auf die man bei der Anschaffung achten sollte?
Dankmar / Wenn man qualitativ hochwertige Mikrofonaufnahmen machen möchte, sollte das Audiointerface der Wahl über gute Vorverstärker und Wandler verfügen. Möchte man nicht nur mit virtuellen Instrumenten arbeiten, sollte die Anzahl der Mikrofon- und Instrumenteneingänge passen. Einfach gesagt : eine Band braucht ein größeres Audiointerface als jemand, der „nur“Vocals und eine Gitarre gleichzeitig aufnehmen möchte. Und das Interface sollte mit guten Treibern geliefert werden, damit ein stabiler Betrieb gewährleistet ist. Last, but not least ist auch eine niedrige Latenz wichtig, um den Spaß beim Spielen nicht zu verlieren!
Beat / Und was sind den typische Fallen bei Audiointerfaces, wo sollte man besonders gut aufpassen?
Dankmar / Leider werden manchmal zu kleine Audiointerfaces gekauft und dann merkt man nach einiger Zeit, dass man doch alle Synthesizer und Drummachines gleichzeitig anschließen möchte, oder dass man mal mit anderen Musiker*innen zusammen Aufnahmen machen möchte, aber leider hat man nur ein Audiointerface mit zwei Eingängen gekauft. Eine weitere Falle, die ich manchmal mitbekomme, ist, dass man 20 oder 30 Euro beim Kauf sparen möchte und dafür mit einem instabil laufenden und unter Umständen schlecht klingenden Audiointerface „bestraft“wird.
Beat / Lässt sich pauschal aussagen, worin sich günstigen Hardware meist von hochpreisigen Geräten unterscheidet? Muss man bei günstig wirklich zweimal kaufen, wie es doch so heißt?
Dankmar / Viele günstige Hardware kann heute so viel mehr, wenn man sie mit Hardware von vor 10 Jahren vergleicht. Das ist eigentlich traumhaft!
Die Entwicklung im technologischen Bereich geht immer voran. Hardware wird leistungsfähiger und besser. Man bekommt definitiv mehr für sein Geld. Und das ist gut so. Trotzdem gibt es, wie in fast allen Bereichen, immer noch Luft nach oben: Vorverstärker und Wandler könnten noch besser sein, ein Audiointerface kann mehr Ein- und Ausgänge haben, eine niedrigere Latenz und eine größere Anschlussvielfalt. Hier sehe ich die Hauptunterschiede zwischen günstiger und hochpreisiger Hardware. Wenn man günstig kauft, muss man nicht zwangsläufig zweimal kaufen. Man sollte nur vorher gut überlegen, was man braucht (unter Umständen auch in der Zukunft), was qualitativ zum bestehenden System passt und was man sich leisten kann und will.
Beat / Wo wir gerade dabei sind: Worin unterscheiden sich die Focusrite Claretts von den Scarlett Interfaces?
Dankmar / Die Claretts verfügen über noch hochwertigere Mikrofonvorverstärker als die Scarletts, eine größere Frequenz- und Dynamik-Range und einen größeren Headroom für weniger Noise. Außerdem wird beim AIR-Mode der Claretts die Impedanz der Vorverstärker verändert. Dadurch können wir der Charakteristik unserer Mikrofone eine andere „Farbe“hinzufügen. Und alle Clarett-Interfaces verfügen über ADAT-Schnittstellen.
Beat / In Zeiten von schlanken Laptop-Setups scheinen Schnittstellen wie ADAT, S/PDIF oder AES/EBU aus einer anderen Welt zu stammen. Sind Optionen wie diese überhaupt noch zeitgemäß?
Dankmar / Ich finde, dass diese Schnittstellen in manchen Setups nach wie vor absolut Sinn machen. Wenn ich zum Beispiel acht zusätzliche Mikrofoneingänge für Aufnahmen benötige, kann ich das über ADAT ganz einfach realisieren. Oder wenn i ch mit Effekten, Wandlern oder Studiomonitoren arbeite, die über AES/EBU oder S/PDIF-Schnittstellen verfügen, kann ich diese einfach in mein Setup einbinden, ohne noch einmal über die Wandler gehen zu müssen.
Beat / Beschäftigt man sich mit Audiointerfaces, stolpert man früher oder später auch über den Begriff „Dante“. Was hat es damit auf sich?
Dankmar / Dante ist ein vielversprechender Audioüber-Ethernet Standard, der vor ca. 15 Jahren von der australischen Firma Audinate an den Start gebracht wurde. Kurz gesagt ist Dante eine Kombination aus Hardware, Software und einem Netzwerkprotokoll, dass die Übertragung von sehr vielen Kanälen unkomprimierten Audios über Standard-Netzwerkkabel bei sehr geringer Latenz erlaubt.
Dieses Protokoll öffnet technologisch viele Türen: lange Kabelwege sind bei der Vernetzung und der verlustfreien und niedrig-latenten Übertragung überhaupt kein Problem mehr. Und Hardware verschiedenster Hersteller, die das Dante-Protokoll unterstützen, arbeiten in einem System perfekt miteinander. Dadurch empfiehlt sich Dante momentan sehr für die nachfolgenden Anwendungsbereiche: Live-Sound, Broadcast, Education, Post Production und größere Studios. Ich hoffe allerdings, dass sich der Dante-Standard irgendwann auch stärker zu einer Option für Homestudios hin entwickeln wird.
Focusrite hat mit seiner RedNet-Produkt-Reihe hier auch eine Menge zu bieten: hochwertigste Audiointerfaces, Mikrofonvorverstärker und Controller. Und alle arbeiten mit dem Dante-Protokoll.
Kleiner Tipp zum Testen fürs Live-Recording: Wenn ihr mal ein Konzert aufnehmen wollt und der Mixer verfügt über eine Dante Schnittstelle, ladet euch eine Demoversion der „Dante Virtual Sound Card“von der Audinate Webseite [1] herunter, verbindet Mixer und Rechner per LAN-Kabel miteinander und probiert aus, wie einfach verlustfreies Multitrack-Audio-Recording in so einer Situation sein kann.