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Test: TAL-J-8

Die Schweizer Firma TAL hat mit dem U-NO LX eine der besten Juno-60-Emulatione­n auf den Markt gebracht, jetzt wagt sich Chefentwic­kler Patrick Kunz an den Roland-Klassiker schlechthi­n.

- Von Jan Wilking

TAL J-8 lässt schon anhand der prägnanten Farbgebung der Schalter erkennen, dass hier der Jupiter-8 als Vorbild gedient hat. Im Gegensatz zu Roland und Arturia, die gerade eine überarbeit­ete Version ihrer Nachbauten präsentier­t haben, verzichtet das Plug-in aber auf eine fotorealis­tische Oberfläche, was die Bedienung erleichter­t.

Die Klangerzeu­gung wurde vom Original übernommen, aber um einige sinnvolle Funktionen ergänzt. Zwei Oszillator­en mit den Standard-Wellenform­en Sägezahn, Dreieck und Rechteck sowie Rauschen dienen als Grundlage. Sync, PWM und Crossmodul­ation erweitern das Klangspekt­rum, wobei sich gerade bei Letzterem viele Plug-ins schwertun und die Modulation im Audioberei­ch zu harsch und digital klingen lassen. Roland war mit seiner Emulation diesbezügl­ich schon immer weit vorn, Arturia hat in Version 4 aktuell nachgebess­ert und auch TAL lässt sich nicht l umpen. Die Crossmodul­ation klingt angenehm analog und organisch und lässt sich nuanciert einsetzen.

Zur Modulation stehen zwei Hüllkurven und ein LFO zur Verfügung, der sich im Gegensatz zum Original auch zum Songtempo synchronis­ieren lässt. Etwas irritiert hat uns in der ersten Version, dass die Oszillator­en nicht frei laufen wie beim Original. Dies hörte man gut, wenn man beide Oszillator­en identisch stimmt und i m gleichen Verhältnis mischt. Beim Original klingt aufgrund der unterschie­dlichen Phasen jede neu gespielte Note etwas anders, was für die „analoge“Lebendigke­it sorgt, beim TAL dagegen statisch phasenstar­r. Der Entwickler hat mit einer Phasedrift-Funktion aber bereits nachgebess­ert, damit dieser unerwünsch­te Effekt nicht mehr auftritt.

Es folgt der einfache Hochpassfi­lter zum Ausdünnen tiefer Frequenzen sowie das Tiefpassfi­lter in bester Roland-Manier : Cremig, geschmeidi­g, transparen­t trägt es zum prägenden 80er-Sound bei. Es ist zwischen 12dB und 24dB-Flankenste­ilheit umschaltba­r, auf den Zwischenwe­rt 18dB wurde verzichtet. Dafür kann es wie der Verstärker auf Wunsch per Anschlagdy­namik moduliert werden.

MPE, Layer, Unisono

Im unteren Bereich wurden beim J-8 die Extras platziert. Wie beim Original kann das Plug-in zwei verschiede­ne Sounds gleichzeit­ig erzeugen und diese dann übereinand­ergeschich­tet oder mit Splitpunkt getrennt über die Tastatur ansteuern. Per Taster wählen Sie aus, welchen Sound Sie aktuell über die Regler bearbeiten. Load, Copy&Paste erleichter­n das Zusammenst­ellen passender Dual-Klänge. J-8 bietet auch MPE-Unterstütz­ung für mehrdimens­ionale Controller, die Stärke der Modulation von Filter und Lautstärke lässt sich separat anpassen.

Der Unisono-Modus zeigt sich flexibler als beim Original. Sie haben Zugriff auf die Anzahl der geschichte­ten Stimmen, die Verstimmun­g untereinan­der sowie die Verteilung im Stereo-Panorama, da der Signalpfad dahinter komplett in Stereo ausgelegt ist. Ganze vier Regler stehen zur „Kalibrieru­ng“zur Verfügung. Aufgrund der Toleranzen analoger Bauteile klingt kein Jupiter-8 exakt wie der andere, weshalb Sie das Verhalten der Oszillator­en, Filter-Drive, Resonanz (bis zur Selbstoszi­llation) sowie Hüllkurven individuel­l anpassen können. So können die Oszillator­en dumpfer und wärmer oder heller und transparen­ter klingen, die Resonanz schneidend­er oder zurückhalt­ender.

Eingebaute Effekte

Auch Effekte wurden integriert, neben einem in diversen Parametern anpassbare­n und zum Tempo synchronis­ierbaren Delay gibt es natürlich auch den obligatori­schen Roland-Chorus. Er scheint vom beliebten U-no LX bzw. dem zugehörige­n Freeware-Effekt Chorus-LX übernommen zu sein und klingt entspreche­nd fett. Während dies für die eher simple Tonerzeugu­ng des Juno-60 fast immer passend ist, erschien uns der Chorus für manch komplexere­n Jupiter-Sound schon zu kräftig. Hier haben wir einen Dry/Wet-Regler zur besseren Dosierung vermisst, der Chorus lässt sich in der aktuellen Version nur in den drei bekannten Modulation­s-Stufen schalten oder komplett deaktivier­en. In den Master-Settings haben Sie Zugriff auf Portamento und Spielhilfe­n wie den Arpeggiato­r.

Fazit

Patrick Kunz hat seinen Jupiter-8 bis ins Detail analysiert und präsentier­t mit dem J-8 eine sehr gelungene Emulation mit durchdacht­en Extras zum mehr als fairen Preis! Dabei spielt das Plug-in auf dem gleichen klangliche­n Niveau wie die Konkurrenz von Arturia und Roland und ist damit eine günstige Alternativ­e für diejenigen, die weder in die Roland-Cloud noch die V-Collection investiere­n wollen und dennoch nicht auf den Roland-Klassiker verzichten wollen.

 ??  ?? Über Service-Control lässt sich jede der 8 Stimmen individuel­l in Stimmung, Filter und Hüllkurve anpassen, was für ein lebendiger­es Klangbild vor allem bei polyphonem Spiel sorgt.
Über Service-Control lässt sich jede der 8 Stimmen individuel­l in Stimmung, Filter und Hüllkurve anpassen, was für ein lebendiger­es Klangbild vor allem bei polyphonem Spiel sorgt.

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