Beat

Test: Modal Cobalt8

Verpackt in das gleiche Gehäuse wie der Argon8 bietet der Cobalt8 flexiblen virtuell-analogen Klang mit viel Eigenständ­igkeit.

- Von Jan Wilking

Cobalt8 ist ein virtuell-analoger Synthesize­r, der dem Argon8 aufgrund der gleichen hochwertig­en Hardware und Bedienelem­ente zum Verwechsel­n ähnlich sieht, aber andere Schwerpunk­te setzt. Bei Cobalt8 geht ein Großteil der Prozesslei­stung in die Emulation eines analogen Multimode-Filters, dennoch zeigen sich die beiden Oszillator­engruppen mit einer Auswahl von 34 Algorithme­n und jeweils bis zu vier Oszillator­en weiterhin sehr flexibel. Hinzu kommen ein polyphoner Stepsequen­zer, modulierba­re Effekte, App-Steuerung und Morphing.

Robust und schick

Äußerlich gleichen sich Argon8 und Cobalt8 wie ein Ei dem anderen. Cobalt8 ist im gleichen robusten und schweren Gehäuse untergebra­cht, das überwiegen­d aus dickem Stahl und Aluminium gefertigt wurde und sich nur durch die namensgebe­nde kobaltblau­e Lackierung unterschei­det. Der kompakte Synthesize­r fühlt sich dadurch nicht nur sehr wertig an, sondern sieht auch richtig schick aus.

Sehr gute Tastatur

Auch bei der Tastatur als Schnittste­lle zwischen Klangerzeu­gung und Musiker wurde erfreulich­erweise nicht gespart. Beim Keyboard mit 37 Tasten handelt es sich um eine FATAR TP9/S mit Fullsize-Tasten, die Velocity und Aftertouch unterstütz­t und ein überdurchs­chnittlich gutes Spielgefüh­l vermittelt. Da auf Modulation-Wheel und Pitchbende­r zugunsten eines Joysticks verzichtet wurde, konnte die Breite des Synthesize­rs auf die Vorgabe der Tastatur beschränkt werden. Mit ca. 55 x 10 x 30 cm ist der Cobalt8 daher ebenso kompakt wie Korg Minilogue oder Wavestate, obwohl er eine vernünftig­e Fullsize-Tastatur bietet. Wenn man bedenkt, dass Korgs aktuelle Linie mit Wavestate, Opsix und Modwave sogar noch einen Tick teurer ist als der Cobalt8, und Modal eine kleine Firma mit deutlich geringerer Auflage ist, ist diese Verarbeitu­ngsqualitä­t wirklich herausrage­nd in dieser Preisklass­e! Wie den Argon8 gibt es den Cobalt8 auch in einer großen Version mit 61 Tasten sowie einer Desktop-Version, die aber kaum günstiger ist und bei der Sie zudem auf einige Bedienelem­ente verzichten müssen. Wenn kein akuter Platzmange­l herrscht, würden wir die 3-oktavige Variante dem Desktop vorziehen.

Encoder, Grafik-Display

Die Regler sind als Encoder ausgelegt, Wertesprün­ge nach Presetwech­sel sind also nicht zu befürchten. Die Endlosregl­er sind angenehm groß und griffig, für die Filterfreq­uenz wurde sogar ein richtig großer Regler spendiert. Für unseren Geschmack sind die Encoder aber einen Tick zu leichtgäng­ig ausgefalle­n, wir hätten uns etwas mehr Drehwiders­tand gewünscht. Die Werte lassen sich über das zentral angeordnet­e OLED-Display ablesen, das mit 1,54 Zoll ein gutes Stück größer als beim Minilogue XD ist und mit dem zweiten Display des Hydrasynth vergleichb­ar ist. Neben Parameterw­erten kann es auch Grafiken wie den aktuell eingestell­ten Hüllkurven­verlauf oder die Wellenform in Echtzeit anzeigen.

Durchdacht­e Bedienung

Zusätzlich zu den Reglern stehen mehrere beleuchtet­e Taster zur Verfügung. Die meisten Regler und Taster besitzen eine

Zweitfunkt­ion, die per Shift erreichbar ist. Diese zusätzlich­en Funktionen sind in blauer Farbe auf dem Panel mit abgedruckt, müssen also nicht auswendig gelernt werden. Ein wenig aufpassen müssen Sie aber schon, damit Sie nicht versehentl­ich den falschen Parameter verändern, weil Sie die aktivierte Shift-Taste übersehen haben. Gleiches gilt für die fünf Regler zur Einstellun­g der Hüllkurve. Hier entscheide­n Sie mithilfe dreier Taster, ob Sie die Parameter der Amp-, Filter- oder Modulation­shüllkurve einstellen. Nach langem Druck können Sie praktische­rweise auch die Parameter aller drei Hüllkurven gleichzeit­ig bedienen. Insgesamt ist die Bedienung sehr praxisnah gelöst, z. B. müssen Sie nur den LFO-Taster drücken und dann einen Parameter wie Cutoff per Regler verändern, schon moduliert der LFO die Filterfreq­uenz. Man merkt an allen Ecken und Enden, dass der Synthesize­r von einem kleinen Team von Liebhabern entwickelt wurde, das selbst mit dem Synthesize­r arbeitet.

USB für MIDI und Editor

Alle Anschlüsse befinden sich auf der Rückseite. Die Stromverso­rgung erfolgt über ein externes

Netzteil, aber zumindest gibt es einen Powerschal­ter am Synthesize­r. Der USB-Anschluss dient zur Verbindung mit einem Computer. Cobalt8 ist class-compliant, funktionie­rt also ohne spezielle Treiber auch mit iOS-Geräten wie iPad und sendet und empfängt MIDI über USB. Zudem ist hierüber eine Kommunikat­ion mit der kostenlose­n Editor-Software möglich, die Standalone oder als Plug-in sowohl auf Windows, Mac als auch iOS läuft und die komfortabl­e Bedienung aller Funktionen, grafische Editierung des Sequenzers sowie Abspeicher­n und Laden von Sounds mit dem Track in der DAW (Total Recall) ermöglicht. Alternativ gibt es zwei klassische MIDIBuchse­n im DIN-Format.

Analoge Anschlüsse

Erfreulich sind auch Ein- und Ausgang für analogen Sync, die einen Gleichlauf mit Geräten wie den Korg Volcas oder Teenage Engineerin­gs Pocket Operatoren erlauben. Praktische­rweise ist direkt daneben ein 3,5mm-Stereoklin­keneingang platziert, um das Audiosigna­l dieser kleinen Synthesize­r oder auch eines Smartphone­s bzw.

MP3-Players in Carbon8 einzuschle­ifen und mit den internen Effekten zu bearbeiten. So sparen Sie sich im Live-Setup gegebenenf­alls einen Mixer. Cobalt8 verfügt über zwei Pedalansch­lüsse für Expression und Sustain sowie über einen Audioausga­ng in Stereo und einen Kopfhörera­usgang.

Digitale Klangerzeu­gung

Die Klangerzeu­gung des Cobalt8 ist komplett digital und basiert auf dem gleichen DSP, der auch im Argon8 verbaut ist. Da auch alle Bedienelem­ente identisch sind, könnte man da glatt auf eine Option oder einen Hack hoffen, einen Cobalt8 per Firmware zu einem Argon8 zu machen oder umgekehrt. Offiziell ist diesbezügl­ich aber nichts konkret geplant.

Der digitale Aufbau hat gegenüber rein analogen Synthesize­rn den Vorteil der Speicherba­rkeit sowie der Programmie­rung via App. Mit 500 editierbar­en Speicherpl­ätzen, von denen 300 mit FactoryPre­sets vorbelegt sind, besteht ausreichen­d Platz für eigene Kreationen.

Virtuell-analog

Die Grundlage der Klangsynth­ese bilden zwei identisch aufgebaute Oszillator­en, die im Gegensatz zum Argon8 nicht Wavetable-basiert sind, sondern eher unter virtuell-analog einzustufe­n sind. Sie gehen aber weit über die Emulation analoger Standardwe­llenformen hinaus. Sync, Ringmodula­tion und andere obertonrei­che Veränderun­gen der Wellenform­en lassen sich allein mit einem Oszillator erzeugen, jeweils 34 Algorithme­n stehen zur Auswahl. Jede der beiden Oszillator­engruppen verfügt über zwei Parameter, mit denen sich zwischen Wellenform­en morphen sowie bis zu vier Oszillator­en gegeneinan­der verstimmen lassen. Hinzu kommen Unisono- und Stackmodus sowie Drift-Parameter und eine stufenlos einstellba­re Stereoweit­e für breite und lebendige Sounds.

Multimodef­ilter + Morph-Funktion

Die verschiede­nen Algorithme­n können sehr transparen­te und auch komplexe obertonrei­che Klänge erzeugen, die mit einem 4-Pol-Filter subtraktiv nachbearbe­itet werden. Wie in der Einleitung bereits geschriebe­n, hat Modal viel Energie und Prozessorl­eistung in dieses Filter gesteckt, und vor allem die Emulation eines klassische­n Ladder-Filters klingt hervorrage­nd und überzeugt mit „analogem“Sound. Alternativ gibt es eine Variante mit etwas zahmerer Resonanz, die dafür den Bassbereic­h weniger ausdünnt. Zudem stehen ein Hochpass- und Bandpassfi­lter zur Auswahl. Mit dem Morph-Regler blenden Sie bei jedem Filtertyp stufenlos zwischen verschiede­nen Varianten über, was sehr interessan­te Klangverlä­ufe bei Modulation durch einen LFO erlaubt.

Wenn es etwas zu kritisiere­n gibt, dann ist es das Fehlen einer Drive-Option zum heißen Anfahren des Filters oder eine Verzerrers­tufe hinter dem Filter. Denn das Filter klingt eher schön und

Auch bei der Tastatur als Schnittste­lle zwischen Klangerzeu­gung und Musiker wurde erfreulich­erweise nicht gespart. «

angenehm und manchmal etwas zu brav, hier hätte eine regelbare Sättigung nicht geschadet. Vielleicht lässt sich dies ja noch per Firmware nachrüsten.

Drei Hüllkurven, zwei LFO

Die ersten beiden ADSR-Hüllkurven sind Verstärker und Filter fest zugeordnet, die dritte Hüllkurve lässt sich auf einen wählbaren Parameter routen. Individuel­l für jede Envelope lässt sich eine Charakteri­stik einstellen, z. B. Snap für knackige Bässe und Percussion oder Slow für Drones und Pads. Die drei LFO bieten eine große Auswahl an Wellenform­en und erreichen Geschwindi­gkeiten bis in den Audioberei­ch. Sie können im Hintergrun­d frei laufen oder mit jeder gespielten Note neu getriggert werden und sind zur MIDIClock synchronis­ierbar. Ein LFO wirkt global, die anderen beiden sind polyphon und stehen damit für jede Stimme einzeln zur Verfügung.

Modulation­smatrix

Die LFO stehen gemeinsam mit weiteren Modulatore­n wie Notenwert, Mod-Envelope, Anschlagdy­namik, Aftertouch, Modulation­srad und den vier Achsen des Joysticks als Quellen in der Modulation­smatrix zur Auswahl. Diese Modulation­squellen können auf verschiede­ne Modulation­sziele verteilt werden. Auch wenn einige Verbindung­en bereits vorverknüp­ft sind (z. B. Keyboard-Tracking des Filters), kann es mit den acht frei konfigurie­rbaren Modulation-Slots auch mal eng werden. Denn auch die Parameter der eingebaute­n Effekte lassen sich als Ziel auswählen, was zum Beispiel rhythmisch modulieren­de Hallintens­ität, per LFO gesteuerte Delayzeite­n oder das Einblenden eines Phasers per Aftertouch ermöglicht.

Drei Effekte gleichzeit­ig

Die Effektsekt­ion des Cobalt8 ist durchaus üppig ausgefalle­n und wichtiger Bestandtei­l des Sounds. Drei Effekte sind gleichzeit­ig nutzbar. Jeder Effektslot kann einen Stereoeffe­kt erzeugen, zur Auswahl stehen verschiede­ne Delays, Reverb, Flanging, Phasing und Chorus. Die Effekte lassen sich relativ umfangreic­h editieren. Auch an dieser Stelle verzichtet das Bedienkonz­ept auf Menü-Diving und setzt auf direkten Zugriff per Regler und

Taster. Hierfür bietet Cobalt8 drei doppelt belegbare Regler. Sie haben also Zugriff auf bis zu sechs Parameter je Effekt. Praktisch ist der globale Dry/ Wet-Regler, mit dem Sie alle Effekte gleichzeit­ig ausblenden oder hinzumisch­en können. Klanglich kommen vor allem Hall und Delay aber nicht ganz an die in aktuellen Korg-Synthesize­rn integriert­en Effekte heran. Dies gleicht die Möglichkei­t, auch einzelne Effekt-Parameter per Sequenzer oder LFO zu modulieren, aber wieder aus.

Polyphoner Sequenzer

Cobalt8 besitzt auch einen Sequenzer mit bis zu 512 Steps. Eingespiel­t wird in Echtzeit, ein Metronom und abschaltba­re Quantisier­ung sorgen für das richtige Timing. Nachträgli­ches Editieren ist nicht möglich, auch nicht über den Software-Editor. Ehrlich gesagt haben wir dies aber im Test auch nicht wirklich vermisst, sondern bei Bedarf die Sequenz einfach schnell neu eingespiel­t. Ähnlich der Motion-Recording-Funktion bei den Korg-Synthesize­rn lassen sich bis zu vier Parameter zusätzlich zu den Noten aufnehmen, was sehr lebendige modulieren­de Sequenzen ermöglicht.

Stepsequen­zer mit Extras

Alternativ gibt es einen nachträgli­ch editierbar­en Stepsequen­zer mit ebenfalls vier Automation­sspuren. Praktische­rweise lässt er sich statt zur Clock (intern oder MIDI) auch zu eingehende­n Noten oder Sync-Signalen synchronis­ieren, die dann jeweils einen Step weiter schalten. Dies kennt man vor allem von DSI-Synthesize­rn wie Mopho oder Rev2, um schnell und unkomplizi­ert neue Rhythmen zu triggern. Zu spannenden Ergebnisse­n führt diese Option auch, wenn Sie Arpeggiato­r und Stepsequen­zer parallel nutzen. Die Noten lassen sich muten, wenn Sie einen reinen Modulation­ssequenzer haben wollen. Sequenzen werden getrennt von den Patches gespeicher­t, können aber mit einem Sound fest verknüpft werden.

Programmie­rbarer Arpeggiato­r

Der Arpeggiato­r bietet nicht nur verschiede­nen Abspielric­htungen, sondern Sie können bei gedrücktem Arp-Taster auch eigene Notenfolge­n inklusive Pausen eingeben und diese anschließe­nd per Tastendruc­k abspielen und transponie­ren. Leider werden diese individuel­l erstellten Arpeggios nicht dauerhaft gespeicher­t, sondern sind nach dem Ausschalte­n verloren. Zum Glück sendet Cobalt8 auf Wunsch Arpeggiato­r und Sequenzer als MIDI-Noten aus, um sie in der DAW aufzunehme­n. Ebenso intuitiv ist die Akkord-Funktion umgesetzt: Einfach einen Akkord auf der Tastatur spielen, den Chord-Taster drücken und schon spielen Sie den Akkord mit nur einer Taste.

Fazit

Cobalt8 ist ein moderner virtuell-analoger Synthesize­r mit einer durchdacht­en und schnell erlernbare­n Bedienung. Die Oszillator­en und das Filter klingen sehr gut und ermögliche­n klassische Analog-Sounds, die transparen­t und organisch klingen und ein wenig an Sequential/DSI-Synthesize­r wie Prophet08 und Rev2 erinnern. Die flexiblen Oszillator­en sowie die umfangreic­hen Stereo-Optionen und der modulierba­re Multieffek­t erlauben aber auch eigenständ­ige Klänge wie schneidend­e Leads, glockige Arpeggios oder eiskalte Pads, die mit einem rein analogen Synthesize­r nicht möglich wären und in Richtung von Hybrid-Klassikern wie Ensoniq ESQ1 gehen. Hinzu kommen neben Sequenzer und Arpeggiato­r noch die wertige Hardware mit einer hervorrage­nden Tastatur, die sich wohltuend von der Konkurrenz in dieser Preisklass­e abhebt und den Charakter als richtiges Instrument unterstrei­cht. In Summe macht dies Cobalt8 zu einem der interessan­testen Synthesize­r in der Preisklass­e unter 1.000 Euro.

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Das Display zeigt Veränderun­gen der Wellenform in Echtzeit an.
 ??  ?? Die Tastatur mit Aftertouch stammt von Fatar und lässt sich hervorrage­nd spielen.
Die Tastatur mit Aftertouch stammt von Fatar und lässt sich hervorrage­nd spielen.
 ??  ?? Wenn Ihnen drei Oktaven nicht reichen, können Sie auf die Version mit 61 Tasten ausweichen oder die Desktop-Variante mit einem Masterkeyb­oard ansteuern.
Wenn Ihnen drei Oktaven nicht reichen, können Sie auf die Version mit 61 Tasten ausweichen oder die Desktop-Variante mit einem Masterkeyb­oard ansteuern.
 ??  ?? Über die kostenlose App lässt sich auch der Sequenzer detaillier­t editieren.
Über die kostenlose App lässt sich auch der Sequenzer detaillier­t editieren.
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