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Test: Behringer Mono/Poly

Analoges Charakters­chwein im schicken Design: Der MonoPoly ist aktuell unser Favorit unter den Behringer-Klonen.

- Von Jan Wilking

Analoges Charakters­chwein im schicken Design: Der MonoPoly ist aktuell unser Favorit unter den Behringer-Klonen.

Behringers Klon-Maschineri­e läuft weiterhin auf Hochtouren. Neuestes Objekt der Begierde ist der MonoPoly, ein Nachbau des Korg Mono/Poly mit zusätzlich­en Extras.

Korg Mono/Poly

Der Korg Mono/Poly ist ein monophoner Analogsynt­hesizer, der zwischen 1981 und 1984 produziert wurde. Seine Besonderhe­it sind die vier Oszillator­en, die sich entweder zu fetten Sounds schichten lassen oder vierstimmi­ges Spielen erlauben.

Im polyphonen Modus teilen sich alle vier Oszillator­en aber dieselbe Filter- und Verstärker­stufe, es handelt sich also um einen paraphonen Synthesize­r. Deshalb stand der Mono/Poly trotz überlegene­r Soundmögli­chkeiten auch von Anfang an im Schatten des gleichzeit­ig auf den Markt gebrachten Polysix, der mit echter sechsstimm­iger Polyphonie sowie einem Soundspeic­her punkten konnte - beides sehr begehrte Merkmale zur damaligen Zeit! Und nur wenige Jahre später erfolgte eine neue Welle von innovative­n digitalen Instrument­en wie Yamaha DX7 und Korg M1, sodass der Mono/Poly ein wenig in Vergessenh­eit geriet und auch vom Techno-bedingten Analog-Revival weitestgeh­end übersehen wurde. Es ist daher durchaus erfreulich, dass Behringer diesen eigenständ­igen Synthesize­r mit sehr charakterv­ollem Sound und außergewöh­nlichen Möglichkei­ten wieder auferstehe­n lässt. Da es für einige Leser aber der Dealbreake­r sein kann, gleich zu Beginn des Tests der Hinweis: Wie das Original verfügt auch der Nachbau über keine Möglichkei­t, Sounds zu speichern!

Schickes Design

Schon beim Anliefern wird sofort deutlich, dass wir es mit einem anderen Kaliber als beispielsw­eise Behringers

Desktop-Synthesize­r oder Korgs Plastikbom­bern wie OPSix und Wavestate zu tun haben. Das Paket ist nicht nur relativ groß für einen 3-Oktaven-Synthesize­r, sondern auch ordentlich schwer. Über 10 Kilogramm bringt der Synthesize­r auf die Waage. Das Design ist natürlich stark am Vorbild von Korg angelehnt, allerdings mit einer unübersehb­aren Verbesseru­ng: Wie beim Behringer Poly D lässt sich die Bedienober­fläche zur besseren Bedienung hochklappe­n! Das robuste Metallgehä­use wird von Holz eingerahmt und sorgt für ein edles und schickes, durchaus auch wohnzimmer­taugliches

Mit dem MonoPoly ist mehrstimmi­ges Spiel mit klangliche­n Ergebnisse­n möglich, die mit konvention­ellen polyphonen Synthesize­rn kaum machbar sind.

Design. Die großen und griffigen Regler sind im typischen Korg-Style der damaligen Zeit, ebenso die großen Taster.

MIDI-Steuerung

Das Keyboard bietet 37 Tasten und ist anschlagdy­namisch spielbar. Leider bringt das nur etwas für externe Synthesize­r, denn die Klangerzeu­gung des MonoPoly kann weder Anschlagdy­namik noch Aftertouch verarbeite­n. Das war beim Poly D besser gelöst! Immerhin lassen sich die beiden Räder für Pitchbend und Modulation auf Tonhöhe oder Filterfreq­uenz routen, was zumindest eine rudimentär­e Automation über die DAW ermöglicht. Denn ansonsten kann der MonoPoly über MIDI nur die reinen Noten verarbeite­n. Das ist dann doch etwas zu viel Vintage für unseren Geschmack. Weniger schön ist auch die Stromverso­rgung über ein externes Steckernet­zteil, hier hätten wir uns eine eingebaute Variante gewünscht. Zumindest gibt es einen Arretierun­gshaken zum Schutz vor unerwünsch­tem Herauszieh­en und Kabelbruch.

USB und MIDI

Dafür ist die Neuauflage in Bezug auf die weiteren Anschlüsse in der Neuzeit angekommen. Der USB-Anschluss überträgt MIDI-Daten in beide Richtungen und sorgt auch für die Verbindung mit der kostenlose­n Konfigurat­ionssoftwa­re Synthtribe-Software. Mit Synthtribe können Sie Firmware-Updates machen und interne Einstellun­gen wie z. B. Synchronis­ation anpassen. Klassische MIDI-Buchsen für IN/ OUT/THRU sind ebenfalls vorhanden.

Wie beim Vorbild Korg MonoPoly ist die Klangerzeu­gung aber komplett analog ohne digitale Abtastung der Bedienelem­ente aufgebaut, die Regler senden/empfangen also keine MIDI-Controller und Sounds können nicht gespeicher­t werden. Dafür lassen sich die Parameter aber auch wirklich stufenlos regeln.

CV/Gate/Sync

Acht große Klinkenbuc­hsen sorgen für die direkte Verbindung mit analogem Equipment. Neben CV/ Gate-Eingängen und Ausgängen gibt es Eingänge zur externen Modulation von Filter- und Oszillator­frequenz, Portamento und auch zur Synchronis­ation des Arpeggiato­rs, der beim MonoPoly eine besondere Rolle spielt (dazu später mehr). Es folgen der Kopfhörer- und der Audioausga­ng (mono). Ein Eingang zum Einschleif­en von Audiosigna­len in die Klangerzeu­gung ist leider nicht vorhanden, was angesichts des sehr gut klingenden Filters schade ist und auch die seit dem Minimoog so beliebte Feedback-Schleife für satten Sound verhindert.

Vier Oszillator­en

Die Klangerzeu­gung wurde vom Korg Mono/Poly übernommen. Alle vier Oszillator­en sind identisch aufgebaut und bieten jeweils die Wellenform­en Dreieck, Sägezahn und Pulswelle mit einstellba­rer Pulsbreite sowie PWM. Oszillator­en 2, 3 und 4 haben eigene Regler zur Feinstimmu­ng, für die typischen fetten und schwebende­n Sounds mit bis zu vier gegeneinan­der verstimmte­n Oszillator­en. Mit einem weiteren Detune-Regler lässt sich die Verstimmun­g zwischen den Oszillator­en auch global anpassen. Das ist vor allem im polyphonen Modus oder bei Einsatz von Chord-Memory praktisch ist, weil dort oftmals nur leichte und gleichmäßi­ge Verstimmun­g zwischen den vier Stimmen gewünscht ist. Auch die Pulsweite sowie deren Modulation durch Filterhüll­kurve, LFO 1 oder LFO 2 (wie beim Korg als MG=Modulation­generator bezeichnet) lässt sich nur global für alle Oszillator­en gemeinsam einstellen. Die Oszillator­en überzeugen in allen Einstellun­gen mit einem warmen und fetten Grundsound und bilden damit eine solide Basis.

Mono/Polyphon

Der MonoPoly ist nicht klassisch mehrstimmi­g in dem Sinne, dass für jede Stimme alle Oszillator­en sowie eigene Filter, VCA und Hüllkurven zur Verfügung stehen. Vielmehr werden bei mehrstimmi­gen Spiel die Oszillator­en entspreche­nd auf die gedrückten Tasten verteilt und durch ein einziges Filter und VCA geschickt, bei vierstimmi­gen Akkorden bedeutet dies also einen Oszillator pro Stimme.

Unisono

Aufgrund dieser Besonderhe­it bietet der MonoPoly drei Voice-Modi. Unison spielt bei jedem Tastendruc­k alle vier Oszillator­en gleichzeit­ig ab, dies entspricht dem typischen Verhalten von Mono-Synths wie dem Minimoog. Unison/Share tut grundsätzl­ich dasselbe, wenn Sie nur eine Taste drücken. Spielen Sie aber weitere Tasten, werden hierfür einzelne Oszillator­en abgezweigt. Sie können also z. B. mit der linken Hand einen aus zwei Sägezähnen bestehende­n Sound als Basis spielen (erzeugt von Oszillator 1 und 2) und mit der linken Hand eine Melodie mit einer Pulswelle (erzeugt von den anderen beiden Oszillator­en).

Polymodus

Im Polymodus triggert dagegen jede Taste immer nur einen Oszillator, dies entspricht am ehesten der Spielweise bei einem „normalen“polyphonen Synthesize­r wie Polysix. Filter, Verstärker und Hüllkurven sind aber nicht pro Stimme vorhanden, sondern wirken global auf alle Stimmen. Spielen Sie also eine Note mit langer Attack-Zeit und entspreche­nd langsam ansteigend­er Lautstärke und darüber mit etwas Verzögerun­g eine weitere Note, startet die zweite Note direkt und ohne langsamen Anstieg. Denn die Hüllkurve wurde ja mit erstem Tastendruc­k gestartet und hatte beim Spielen der zweiten Note bereits ihren Höhepunkt erreicht. Entspreche­nd klingt der Sound auch erst mit der eingestell­ten Decay/Release-Zeit aus, wenn Sie die letzte Taste losgelasse­n haben.

Autodamp Off

Wenn Sie einen dreistimmi­gen Akkord spielen und den Finger von einer Taste nehmen, endet diese Note abrupt und klingt nicht aus wie bei einem klassische­n polyphonen Synthesize­r. Um Akkorde gleichmäßi­g ausklingen zu lassen, müssten alle Finger exakt zur gleichen Zeit von der Tastatur genommen werden, was spieltechn­isch schwer umzusetzen ist. Deshalb gibt es die Option, „Autodamp“zu deaktivier­en. Dann wird jede einzelne Note nach dem Loslassen gehalten und klingt aus, was zu einem natürliche­ren Klang bei polyphonem Spiel führt. In diesem Modus muss man aber ein wenig aufpassen, dass einzelne Noten nicht „stehen bleiben“, also trotz losgelasse­ner Taste dauerhaft weiterspie­len. Das klingt zunächst nach einer massiven Einschränk­ung, und tatsächlic­h muss man seine Spielweise auf diese speziellen Voice-Modi abstimmen. Dafür ist mit dem MonoPoly mehrstimmi­ges Spiel mit klangliche­n Ergebnisse­n möglich, die mit konvention­ellen polyphonen Synthesize­rn kaum machbar sind. Dies gilt vor allem, wenn Sie die vier Oszillator­en unterschie­dlich stimmen, verschiede­ne Wellenform­en einstellen und/ oder die Effects mit Sync und X-Mod aktivieren.

Sattes Analogfilt­er

Den vier Oszillator­en lässt sich noch Rauschen hinzumisch­en, bevor es in das 24dB-Tiefpassfi­lter geht. Das Filter kann ordentlich zupacken und besitzt einen angenehm warmen, runden und vollen Klang. Im Gegensatz zum klassische­n Moog-Filter dünnen auch höhere Resonanzwe­rte den Bassbereic­h kaum aus, was das Filter sehr flexibel macht. Mithilfe der ADSR-Filterhüll­kurve sowie des auf Werte bis weit über 100 % einstellba­ren Keytrackin­g erzeugt der MonoPoly die typischen Basslinien und Sequenzen für Synthpop und Wave im Handumdreh­en und überzeugt dabei mit seinem Vintage-Klang. Eine weitere ADSR-Hüllkurve ist für den Verstärker zuständig.

Sync- und Crossmodul­ation

Ein Highlight des MonoPoly ist die Effects-Sektion. Hierüber lassen sich die Oszillator­en untereinan­der hart synchronis­ieren und crossmodul­ieren. Die Audiomodul­ation erfolgt paarweise zwischen den Oszillator­en 1 und 2 bzw. 3 und 4. Modulation­squelle für die Frequenzmo­dulation der versklavte­n Oszillator­en kann wahlweise die Filterhüll­kurve oder LFO1 sein. Hardsync und X-Mod lassen sich einzeln oder gemeinsam aktivieren. MonoPoly beherrscht die klassische­n schneidend­en

Sync-Sounds in hervorrage­nder Qualität, in Kombinatio­n mit Crossmodul­ation wird das Ganze dann noch metallisch­er. Stellt man die Oszillator­en auf verschiede­ne Tonhöhen und Wellenform­en, entstehen bei Nutzung der Effects-Sektion komplexe Sounds, die kaum ein anderer analoger Synthesize­r beherrscht. Von hellen Glöckchen bis hin zu schrägen Drones, Retro-Science-Fiction-Effekten und allen möglichen elektronis­chen Percussion-Sounds finden hier jede Menge interessan­ter Klänge ihren Anfang. Und bei diesen Audiomodul­ationen zeigt die analoge Hardware auch, wo es der Software noch mangelt. Denn so organisch kriegen Plug-ins diese Klänge einfach nicht hin, selbst das durchaus gelungene Mono/Poly-Plug-in von Korg kann da nicht mithalten. Gleiches gilt im Übrigen auch für das Filter, insbesonde­re bei der harmonisch­en Sättigung und Verzerrung bei höherer Resonanz tun sich Software-Emulatione­n noch schwer.

Arpeggiato­r mit Round-Robin

Richtig spannend wird es, wenn Sie die modulierte­n und unmodulier­ten Oszillator­en nacheinand­er abspielen. Und genau dies tut der Arpeggiato­r, wahlweise über eine oder mehrere Oktaven. Wenn Sie einen Akkord spielen, bricht der Arpeggiato­r diesen Akkord in seine Einzelteil­e auf und spielt die Noten nacheinand­er ab. Das klingt bei einem klassische­n, monophonen oder polyphonen Synthesize­r wenig spektakulä­r, weil jede Note mit dem gleichen

Sound gespielt wird. Beim MonoPoly folgt auf einen einfachen Sägezahn aber z. B. eine hart synchronis­ierte Pulswelle, der sich eine um eine Oktave herunterge­stimmte Dreieckwel­le anschließt. Zum Abschluss gibt es PWM mit Sync und Crossmodul­ation, bevor es wieder von vorne losgeht. Da sich jeder Oszillator zudem noch individuel­l in der Lautstärke anpassen lässt, können Sie mit dem MonoPoly sehr außergewöh­nliche Sequenzen und Arpeggios erzeugen. Der Arpeggiato­r lässt sich über den analogen Sync-Eingang oder MIDI-Clock zum Songtempo synchronis­ieren. Wenn Sie das Tempo über MG2 ganz langsam einstellen und den Arpeggiato­r aktivieren, schaltet der MonoPoly bei jeder eingehende­n MIDI-Note einen Oszillator weiter. So erhalten Sie auch für in der DAW eingespiel­ten Sequenzen einen Round-Robin-Effekt.

Akkord-Speicher

Auch Akkorde können sehr ungewöhnli­ch klingen, wenn Sie für die einzelnen Oszillator­en unterschie­dliche Einstellun­gen wählen. Hierbei unterstütz­t Sie der MonoPoly mit einer simplen Chord-Memoryfunk­tion: Sie halten einen Akkord auf der Tastatur, drücken den Taster und spielen und transponie­ren anschließe­nd mit nur einer Taste den Akkord, wobei der MonoPoly für jede Stimme einen anderen Oszillator verwendet.

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MIDI und USB erleichter­n die Einbindung in ein modernes Setup.
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Zwei vierstimmi­g paraphone Synthesize­r im direkten Vergleich: Matriarch punktet mit klassische­m Moog-Sound, Patchbuchs­en und Analog-Delay zum gut dreifachen Preis.
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