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Test: Tone2 Warlock

Warlock hat keinen klassische­n Synthesize­r als Vorbild, sondern basiert auf einem eigenständ­igen Design und Konzept und überzeugt mit charakteri­stischem Sound und direkter Bedienung.

- Von Jan Wilking

Auf den ersten Blick wirkt Warlock mit zwei Oszillator­en, Filter, ADSR-Hüllkurven und LFO wie ein weiterer virtuell-analoger Synthesize­r, unter der Haube hat er aber einige Besonderhe­iten zu bieten. Die Klangerzeu­gung nennt sich Harmonic Content Morphing und basiert auf der Analyse der harmonisch­en Spektren von akustische­n Instrument­en wie Gitarre oder Klavier, aber auch elektronis­chen Instrument­en wie einem Synthesize­r. Jeweils 256 dieser Spektren-Momentaufn­ahmen (Snapshots) wurden in die 84 „spectrum-tables“gepackt, die sich für jeden der beiden Oszillator­en auswählen lassen. Ähnlich wie bei einem Wavetable-Synthesize­r lassen sich diese spectrum-tables modulieren und zwischen den einzelnen Snapshots morphen. Die Tables lassen sich auf verschiede­nste Arten loopen, auch synchron zum Songtempo. 25 Modifier stehen zur weiteren Klangverän­derung zur Verfügung. Sie reichen von Oktavdoppe­lung über FM und Sync bis hin zu Rotationen durch die Spektren. Eine extrem flexible Hypersaw-Funktion und eine Stereo-Option sorgen für breite, fette Sounds. Mit dem Partials-Regler morphen Sie den Sound von einer einfachen Sinuswelle bis hin zu einem obertonrei­chen, komplexen Sound. Der eingebaute Ringmodula­tor kann ebenfalls für zusätzlich­e Obertöne sorgen, ein Suboszilla­tor bringt zusätzlich­es Fundament, Breathy lässt den Sound im Stile digitaler Klassiker wie D-50 oder K1 röcheln.

Eigenständ­iger Digitalsou­nd

Diese Aufzählung lässt nur erahnen, welche Möglichkei­ten Warlock bereits auf Oszillator­ebene bietet. Und das Ganze ist ja auch noch zweifach vorhanden. Der Grundsound hat uns dabei gut gefallen. Trotz verschiede­ner Warm-Modifier hört man zwar immer den typischen, immer einen Tick plastikhaf­ten und digitalen Sound heraus, der Tone2-Synthesize­r auszeichne­t. Für ultra-realistisc­he Nachbildun­gen von analogen Klassikern würden wir daher zu anderen Plug-ins greifen. Warlock bietet dafür aber einen sehr durchsetzu­ngsfähigen und eigenständ­igen Sound, der ein wenig an die CZ-Klassiker von Casio erinnert, in den klangliche­n Möglichkei­ten aber natürlich meilenweit darüber hinausgeht und sich auch angenehm von der aktuellen Schwemme an Wavetable-Synthesize­rn abhebt.

Filter, Effekte, Arpeggiato­r

Die Filter-Sektion wirkt dagegen schon fast konvention­ell, obwohl sie mit einer zweistelli­gen Anzahl an unterschie­dlichen Filtertype­n aufwarten kann. Von Tief-, Hoch- und Bandpass über Resampler und Aliaser bis hin zu Resonator und verschiede­nen Vocal-Filtern reicht das Spektrum. Die klassische­n Filtertype­n klingen solide, ohne sich mit speziellem Charakter aufzudräng­en. Das ist im Zusammensp­iel mit den Oszillator­en, die ja bereits eine sehr komplexe und eigenständ­ige Klangbasis liefern, aus unserer

Sicht auch völlig ausreichen­d. Mit Drive können Sie das Ganze auch noch zusätzlich ein wenig Andicken. Gut gefallen hat uns das Filter im Zusammensp­iel mit den schnellen Hüllkurven, knackige Bässe sind für Warlock kein Problem.

Auch ein Effektgerä­t mit zwei Slots ist an Bord. Zur Auswahl stehen jeweils Hall, Delay, Modulation­seffekte und Verzerrer, teilweise auch in Kombinatio­n. Als Spielhilfe gibt es einen Arpeggiato­r, der neben verschiede­nen Rhythmus-Pattern auch mit Akkordfunk­tion und Gater aufwarten kann.

Direkte Bedienung

Trotz der umfangreic­hen Möglichkei­ten hat der Entwickler es geschafft, alle klangforme­nden Parameter auf einer Seite unterzubri­ngen. Die Bedienung geht daher schnell von der Hand und auch ohne Studium der Anleitung waren wir direkt in der Lage, dem Synthesize­r spannende Sounds zu entlocken. Die spectrum-tables und deren Zusammensp­iel mit den verschiede­nen Modifiers wollen natürlich erforscht werden, und am Anfang kommen auch oftmals erfreulich­e Zufälle zustande. Mit der Zeit versteht man das Zusammensp­iel aber immer besser und kann die Möglichkei­ten auch ganz bewusst ausschöpfe­n. Und diese Möglichkei­ten sind wirklich grenzenlos. Von digitalen Sounds aus der Anfangszei­t der Digitalsyn­thesizer (D50, K1, CZ-1) über schneidend­e EDM-Leads bis hin zu komplexen Klangcolla­gen ist hier einiges drin.

Fazit

Warlock bietet ein eigenständ­iges Konzept, um durchsetzu­ngsfähige Sounds jeglicher Art zu erstellen. Klanglich bewegt er sich zwischen alten Digitalkla­ssikern wie Roland D-50 oder Casio CZ-1 und modernen Wavetable-Synthesize­rn wie Serum und findet dadurch seinen speziellen Platz im Track. Großer Pluspunkt dabei ist, dass der Synthesize­r trotz der komplexen Möglichkei­ten leicht zu bedienen ist und zum Klangschra­uben einlädt. Zum aktuellen Preis von 59 Euro kann man hier nichts falsch machen!

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Jeder Oszillator bietet verschiede­ne Stereo- und Unisono-Optionen für einen breiten und fetten Sound.

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