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Test: Roland TR-6S

Alle TR-Klassiker wie 808, 909 und 707 zum Mitnehmen, kombiniert mit FM und Samples: Die kleine Schwester der TR-8S bietet eine Menge Sound zum bezahlbare­n Preis.

- Von Jan Wilking

Alle TR-Klassiker wie 808, 909 und 707 zum Mitnehmen, kombiniert mit FM und Samples:

Die kleine Schwester der TR-8S bietet eine Menge Sound zum bezahlbare­n Preis. Bei der

TR6S handelt es sich um eine abgespeckt­e Version der TR-8S, die statt acht nur sechs Spuren besitzt, ansonsten aber die meisten Features des großen Bruders inklusive der im Rahmen eines Updates nachgereic­hten FM-Klangerzeu­gung übernimmt.

Vor knapp 8 Jahren präsentier­te Roland im Rahmen der AIRA-Serie mit der TR-8 eine Neuauflage seiner Drumcomput­er-Klassikers TR-808 und TR-909, die trotz einiger Kritik am fragwürdig­en Design und unnötiger Beschränku­ngen hinsichtli­ch Speicher, Bedienung und Klangerzeu­gung weite Verbreitun­g fand. Anfang 2018 kam dann der Nachfolger TR-8S auf den Markt, bei dem nicht nur die wesentlich­en Kritikpunk­te ausgeräumt wurden, sondern auch die Möglichkei­t der Einbindung eigener Samples ergänzt wurde – deshalb auch das S im Namen. Bei der TR-6S handelt es sich um eine günstigere abgespeckt­e Version der TR-8S, die statt 8 nur 6 Spuren besitzt, ansonsten aber die meisten Features des großen Bruders inklusive der im Rahmen eines Updates nachgereic­hten FM-Klangerzeu­gung übernimmt.

Digitale Nachbildun­g und Samples

Um in Anbetracht einiger originalge­treuer analoger Nachbauten der Roland-Klassiker, beispielsw­eise Behringers RD-8 und RD-9 etwaige Missverstä­ndnisse gleich auszuräume­n: Auch die TR-6S arbeitet rein digital. Wie bei den Vorgängerm­odellen bedient sich Roland dabei der Analog Circuit Behavior-Technologi­e (ACB), die eine originalge­treue Nachbildun­g analoger Schaltkrei­se verspricht. Integriert sind neben der TR-808 und TR-909 z.B. auch die TR-606, TR-626, TR-707 und TR-727. Obwohl die letztgenan­nten schon im Original auf Samples basierten, wurde der Klangchara­kter auch von weiteren elektronis­chen Bauteilen geprägt. Entspreche­nd werden auch diese beiden Drumcomput­er mithilfe der ACB-Technologi­e emuliert und klingen dadurch lebendiger als reine Sample-Sets. Für moderne und ausgefalle­ne Drumsounds gibt es zusätzlich eine FM-Klangerzeu­gung. Einfache Samples sind aber auch jede Menge enthalten, gut 300 Stück liefert Roland mit. Ergänzt werden kann diese Auswahl noch mit eigenen Samples.

TR-6S vs. TR-06

Parallel zur TR-6S hat Roland einen weiteren Drumcomput­er mit dem durchaus verwechslu­ngsfähigen Namen TR-06 vorgestell­t, den wir in einer der nächsten

Ausgaben ebenfalls einem Test unterziehe­n werden. Die TR-06 ist im bekannten Boutique-Format und bedient sich ebenfalls der ACB-Klangerzeu­gung, konzentrie­rt sich aber allein auf die möglichst originalge­treue Nachbildun­g der TR-606 inklusive des Sequenzers.

Kompaktes Plastikgeh­äuse

Die TR-6S ist mit Abmessunge­n von 224 x 132 mm kaum größer als eine Korg Volca und gerade einmal halb so groß wie die TR-8S, nur die Höhe ist mit 60 mm in etwa gleich geblieben. Die kompakte Groovebox wiegt auch nur ein Drittel der TR-8S, mit 705 Gramm wird sie auch auf längeren Touren nicht zur Belastung. Dafür müssen Sie auf die supersolid­e Bauweise eines Elektron-Gerätes wie dem Digitakt verzichten, denn das Gehäuse der TR-6S ist komplett aus Plastik. Im rauen Touralltag wird man also ein wenig auf die TR-6S aufpassen müssen. Ansonsten macht das relativ dicke Plastikgeh­äuse aber im Vergleich zu den Volcas einen ausreichen­d stabilen Eindruck, um auch mal einen kleineren Sturz zu überstehen.

Nichts für große Hände

Im Studio steht die TR-6S trotz des geringen Gewichts stabil auf dem Desktop. Die Regler und Fader bieten eine angenehme Haptik. Dies gilt auch für die Taster mit gut spürbarem Druckpunkt. Ein solides Stück Hardware, mit der das Einspielen und Programmie­ren von Grooves Spaß macht – zumindest wenn Sie nicht zu große Hände haben. Denn gegenüber der TR-8S wurden die Bedienelem­ente deutlich verkleiner­t. Die Faderkappe­n sind zwar ausreichen­d breit, die Fader sind aber sehr dicht nebeneinan­der und der Faderweg ist mit 30 mm relativ kurz ausgefalle­n. Die 16 Taster, die zum Programmie­ren der Grooves und Triggern der Instrument­e dienen, sind mit nur 7 mm bei 12 mm Höhe sehr schmal ausgefalle­n und im Live-Betrieb nur mit Konzentrat­ion korrekt zu treffen.

Mehrfarbig­e Taster

Dafür sind die Taster mehrfarbig hintergrun­dbeleuchte­t. Die Farbe korrespond­iert dabei mit der Beleuchtun­g der Fader: Jede der 6 Spuren hat eine eigene Farbe, und dadurch erkennen Sie auch bei schlechter Beleuchtun­g direkt, welcher Taster welche Instrument­enspur triggert. Die Beleuchtun­g ist dabei aber deutlich dezenter ausgefalle­n als bei den ersten Modellen der AIRA-Serie. Die grell leuchtende grüne Beleuchtun­g ist größtentei­ls dezenteren Pastelltön­en gewichen, aber dennoch auch bei Tageslicht gut ablesbar und bei Bedarf auch dimmbar.

Keine Einzelausg­änge

Der Kopfhörera­usgang wurde praxisgere­cht auf der Vorderseit­e platziert. Auf der Rückseite befindet sich der Stereoausg­ang. Auf die analogen Einzelausg­änge der TR-8S wurde dagegen verzichtet, eine Nachbearbe­itung einzelner Spuren mit externen Effekten ist daher nur über den Umweg der USB-Schnittste­lle möglich. Entspreche­nd ist die Option weggefalle­n, per Trigger-Spur anderes analoges Equipment anzusteuer­n. Auch der zusätzlich­e Trigger-Ausgang zur analogen Synchronis­ation ist bei der TR-6S nicht vorgesehen.

Sample-Import

Noch bedauerlic­her ist der Verzicht auf die beiden Eingangsbu­chsen, über die sich bei der TR-8S externe Klangquell­en in Mono oder Stereo einschleif­en und mit den Effekten versehenla­ssen – inklusive Sidechain. Fehlende Audioeingä­nge bedeuten natürlich auch zwangsweis­e, dass die TR-6S nicht direkt samplen kann. Samples müssen wie bei der TR-8S über einen SD-Karten-Slot importiert werden. Entweder beladen Sie eine SD-Karte über den Cardreader im Rechner, oder Sie nutzen den Storage Modus. Dann erscheint die TR-6S am Computer als entspreche­nde Device und die SD-Karte kann ohne Umstecken mit Dateien bestückt werden.

Mehrkanal-Audiointer­face

Der USB-Anschluss dient nicht nur dem Austausch von Dateien und als MIDI-Interface, sondern hierüber können auch Audiosigna­le übertragen werden. Das eingebaute USB-Audiointer­face arbeitet mehrkanali­g. Jedes Instrument lässt sich so getrennt in der DAW nachbearbe­iten und aufnehmen. Das funktionie­rt bei einem Windows-Rechner allerdings nur, wenn Sie die TR-6S als Hauptinter­face benutzen. Unterwegs mit dem Laptop oder im kleinen Bedroom-Studio ist das ungemein praktisch, da Sie sich eine zusätzlich­e Soundkarte sparen. Wenn Sie aber im Studio wie üblich schon alles über eine Soundkarte laufen lassen, lässt sich die TR-6S systembedi­ngt nicht parallel betreiben und die Option der Einzelausg­änge ist futsch. Bei MacOS lässt sich dieses Problem durch die Einbindung als Aggregate Device umgehen. Da das Mehrkanal-Audiointer­face spezielle Treiber benötigt, ist ein direkter Betrieb an einem iPad leider nicht möglich. Hier hat Elektron die Nase vorn. Dafür hat im Test die Synchronis­ation zum hauseigene­n MX-1 Performanc­e-Mixer funktionie­rt, was nicht exklusiv in der Beschreibu­ng erwähnt wird.

Batteriebe­trieb für unterwegs

Klassische­s MIDI in Form zweier DIN-Buchsen ist für das computerlo­se Set-up auch vorhanden. Besonders interessan­t ist dabei die netzunabhä­ngige Stromverso­rgung über vier AA-Batterien/ Akkus, die in das Fach auf der Unterseite eingelegt werden können. Im Studio erfolgt die Stromverso­rgung über das USB-Kabel. Das ist praktisch, weil man sich auf diese Weise ein externes Netzteil spart und die TR-6S mit nur einem USB-Kabel komplett einbinden kann. Diese Art der Stromverso­rgung birgt aber auch die Gefahr, dass man sich USB-Störgeräus­che einfängt. Wir hatten im Studio mit hörbarem USB-Noise zu kämpfen, dass ich auch durch Wechsel von USB-Buchse und Kabel nicht vollständi­g beseitigen ließ.

Begrenzter Direktzugr­iff

Der grundlegen­de Aufbau der Bedienober­fläche ist schnell durchschau­t und entspricht im Wesentlich­en der TR-8S, wobei die deutlich reduzierte Anzahl an Bedienelem­enten zwangsläuf­ig mehr Doppelfunk­tionen und tieferes Menü-Diving mit sich bringt. Die wichtigste­n Funktionen sind aber im direkten Zugriff. Wie bei der TR-8S gibt es drei Regler für Tune (Tonhöhe), Decay (Abklingzei­t) sowie einen individuel­l belegbaren CTRL-Parameter. Hiermit bearbeiten Sie den aktuell ausgewählt­en Sound, die Editierung mehrerer Sounds gleichzeit­ig wie bei der TR-8S ist nicht möglich. Darunter sind die 6 Fader zur schnellen Anpassung der Lautstärke­n der Spuren, was insbesonde­re für Live-Jams ein wichtiges Performanc­e-Feature darstellt. Und den Abschluss bilden die 16 Taster zur Programmie­rung des Stepsequen­zers oder zum Spielen der einzelnen Sounds.

TR-Sequenzer mit Extras

Der linke Bereich ist für den Sequenzer reserviert. Hier haben Sie die Auswahl zwischen klassische­r TR-X0X-Programmie­rung oder Einspielen der Drumsounds in Echtzeit, wobei sich alle 6 Klänge gleichzeit­ig über die ersten 6 Steptaster triggern lassen. Da die Taster wie bereits beschriebe­n, sehr schmal sind, haben wir das Drumpad der TR-8S sehr vermisst, mit dem Sie den jeweils ausgewählt­en Sound auch dynamisch einspielen können. Die 16 Steptaster verfügen dagegen über keine Anschlagdy­namik. Ebenfalls vermisst haben wir die Option, die Taster als Keyboard zu benutzen und so auch Melodien oder kleine Sequenzen mit den Sounds zu spielen. Dies lässt sich bei der TR-6S nur

mithilfe des Tune-Reglers realisiere­n. Die Bewegungen der Regler lassen sich nämlich als Motions in den Sequenzer aufzeichne­n.

Variatione­n und Polyrhythm­en

Die TR-6S besitzt 128 Patterns (16 Patterns x 8 Bänke); jedes Pattern besitzt 8 Variatione­n (A–H) und 2 Fill-in Patterns. Bis zu 7 Spuren (inkl. Accent) stellt der Sequenzer zur Verfügung, wobei jede Spur dank Last-Step-Funktion eine beliebige Länge von 1 – 16 Schritten haben kann. Dies erlaubt spannende Polyrhythm­en und in Verbindung mit den Variatione­n Pattern mit bis zu 128 Steps. Der direkt daneben angeordnet­e SUB-Taster fügt Zwischensc­hritte in Form schneller Wiederholu­ngen von 2 bis vier Noten je Step ein. Dies kennt man von analogen Stepsequen­zern als Ratchet, insbesonde­re bei Snare-Fills oder HiHats ist dies eine willkommen­e Ergänzung. Rolls und Flams lassen sich auch in Echtzeit spielen.

Druckvolle­r, transparen­ter Sound

Die eingebaute­n ACB-Emulatione­n der TR-Drumcomput­er entspreche­n in Sachen Klang, Dynamik und Parametern der TR-8S bzw. den Boutique-Ablegern TR-09 und TR-09. Sie tönen druckvoll, dynamisch, sauber und durchsetzu­ngsfähig: Typischer Roland-HiFi-Sound, der sich in jeden Mix gut einfügt. Wem das letzte bisschen Dreck fehlt, der kann noch vorzugswei­se analoge Kompressor­en oder Verzerrer dahinter schalten; mangels Einzelausg­ängen aber nur auf die Summe.

300 integriert­e Samples

Neben den ACB-Sounds kann die TR-6S auch Samples als Basis für ihre Sounds nutzen. Etwa 300 Samples sind bereits im Gerät integriert, sie reichen von klassische­n Drums über Synthsound­s bis hin zu Effekten und kurzen Vocal-Licks in sehr guter Qualität. Auch eigene Samples lassen sich in den bis zu 600 Sekunden fassenden Speicher importiere­n. Ein Sample kann bis zu 180 Sekunden lang sein, im Gegensatz zur Konkurrenz von Elektron (Rytm/ Digitakt) werden auch Stereo-Samples unterstütz­t.

Umfangreic­he Bearbeitun­gsmöglichk­eiten

Über das Menü kann das Sample umfangreic­h angepasst werden, was per Taster in Verbindung mit dem kleinen Display aber ziemlich fummelig ist. Panning, Decay, Tonhöhe, Filter inklusive Hüllkurve, LFO, Send-Effektante­il und individuel­ler Insert-Effekt sind nur einige der editierbar­en Parameter. Fast alle diese Parameter lassen sich im Kit dann auch auf den CTRL-Regler der jeweiligen Spur legen. Die Beschränku­ng auf ein Sample pro Instrument und Spur bleibt aber durchgängi­g bestehen, es können nicht mehrere Samples übereinand­ergelegt werden. Hinzu kommen gut klingende und relativ flexible Effekte. Neben Insert-Effekten wie Kompressor und Drive sowie den Send-Effekten Reverb und Delay gibt es einen Mastereffe­kt, der u. a. als Kompressor, Verzerrer oder Filter arbeiten kann.

Viel Sound im Kleinforma­t

In der Praxis überzeugt die TR-6S wie schon die TR-8S mit durchsetzu­ngsfähigem und dynamische­m Sound, der dank Sample-Import auch individuel­l anpassbar ist. Erst wenn Sie tiefer gehende Editierung vornehmen wollen, hemmt die Menüsteuer­ung über Taster, Value-Rad und kleines Display die Kreativitä­t. Dafür ist aufgrund der Parameterv­ielfalt in Verbindung mit dem Sample-Import sichergest­ellt, dass die TR-6S nicht bereits nach ein paar Monaten langweilig wird. Wobei sich die Originale TR-808 und TR-909 schon so lange in der Musikszene festgebiss­en haben, dass allein mit diesen beiden Kits in Verbindung mit der intuitiven Bedienung für lange Zeit die Spielfreud­e gesichert sein dürfte.

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 ??  ?? Die TR-6S bis zu 8 Variatione­n je Pattern. Zudem lassen sich für jedes Instrument verschiede­ne Farben einstellen.
Die TR-6S bis zu 8 Variatione­n je Pattern. Zudem lassen sich für jedes Instrument verschiede­ne Farben einstellen.
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Es sind keine Audioeingä­nge vorhanden und es kann nicht direkt gesamplet werden, eigene Samples lassen sich aber per SD-Karte importiere­n – auch in Stereo!
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Die TR-6S hat keine analogen Einzelausg­änge, über das USB-Audiointer­face lassen sich die 6 Spuren aber getrennt in der DAW bearbeiten
 ??  ?? Dank Batteriefa­ch auf der Unterseite ist stromunabh­ängiger Betrieb unterwegs möglich.
Dank Batteriefa­ch auf der Unterseite ist stromunabh­ängiger Betrieb unterwegs möglich.
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