Test: Arturia Pigments 3
In der Version 3 bringt Arturia die Additive Synthese neben einigen weiteren Synthese-Features.
Damit wird Pigments 3 noch besser, flexibler und produktiver fürs Sound- und Musikdesign. Jetzt einsteigen?
Liebe auf den zweiten Blick. Seit der Version 2 ist Arturias Pigments einer der viel beschäftigten Software-Synthesizer in meiner DAW. Sicherlich sind die meisten Anwender schon glücklich mit dem aktuellen Stand. Arturia legt aber trotzdem nach und stellt ihr Glanzlicht für den Frühling 2021 vor: Pigments 3. Im Unterschied zu den zahlreichen Emulationen klassischer Synthesizer, die Arturia in der erfolgreichen V-Collection zusammenfasst, ist Pigments 3 ein eigenständiger und ziemlich musikalischer Soundlieferant. Er kombiniert mehrere Syntheseformen mit einem raffinierten Sequenzer und einer guten Effektsektion.
Wer Pigments 2 kennt, wird zunächst angesichts der Benutzeroberfläche kaum Änderungen entdecken. Für den ersten Kontakt mit der neuen Version von Pigments schauen wir uns daher die neuen Presets näher an. Genau sie zeigen die erweiterten Features. Also im Browser nach „Banks“filtern und die Library „Pigments 3.0“auswählen.
Additive Synthese
Nach Virtual Analog, Sampling, Wavetable, Granular kommt jetzt eine weitere Erngine hinzu: „Harmonic“bietet eine umfangreiche Additive Synthese mit bis zu 512 Partials und noch so einigen Möglichkeiten die Obertonstruktur zu gestalten.
Zugegeben, diese Syntheseform ist nicht gerade so sehr angesagt, die Presets von „Pigments 3.0“haben aber ihr Potenzial, was wir auch direkt akustisch demonstrieren. Ich bleibe erstmals beim Preset „Intro Pad“hängen. Mit nur einer Engine zeigt es, wie sich einzelne Teiltöne nacheinander kaskadieren und wie die Additive Synthese zu sanften Wellenfahrten fähig ist. Jetzt sollte man noch die inaktive Engine 2 einschalten und diesem Preset ein Piano-Sample hinzufügen.
Ähnliches bietet das Preset mit dem treffenden Titel „Harmonic Sweep“. Voilà – das sind zwei sphärische, leicht pulsierende Sounds, für die ich Arturia Pigments schätze (siehe Sounddemos „Intro Pad“und „Harmonic Sweep“).
Wavetable, Filter und mehr
Pigments 3 ist mit 64 neuen Wavetables sowie mit weiteren Samples ausgestattet worden. Sie sollte man zunächst pur kennenlernen: Nach Aufruf eines Template kann man direkt Engine 1 für Wavetable beziehungsweise Engine 2 für Samples nutzen und den Browser im Ordner „Pigments 3“durchstöbern. Man hört neben Drums und Pianos auf FM-Klänge und weitere synthetische Quellen. Was man aus kombinierter Wavetable- und Sample-Engine konstruieren kann, zeigen bereits die beiden neuen Presets. „Long Forgotten Tomorrows“und „Spy Movie Break-in Scene“. Pigments 3 ergänzt Engine 1 und 2 noch um eine „Utility Engine“, die drei Klangquellen enthält : Noise 1 und 2 sowie einen Sub-Oszillator mit allesamt weitreichender Parametrisierung.
Ansonsten sind noch der Tiefpass-Filter des Jupiter-8 sowie einige Zugänge in der Effeksektion zu nennen: Pitch Delay, Flanger, Chorus und ein Multiband-Kompressor. Nicht zu vergessen: Die Bedienung über das skalierbare und farblich strukturierte GUI ist angenehm. Man braucht aber nicht unbedingt selber Sounddesign zu betreiben, sondern kann Presets en masse konsumieren. Arturia stellt eine neue kommerzielle Soundbank mit 500 Extra Presets vor. Natürlich lassen sich auch frühere Soundpacks laden. All diese zusätzliche Soundware kann man bequem über den Browser („Store“) von Pigments 3 laden. Perfekt ist Pigments 3 vor allem für sphärische, mystische, cinematische und pulsierende Klänge oder Soundcollagen. Für extrem harte, direkte und brachiale Sounds sollte man besser andere Synthesizer nehmen.
Auch Nummer 3 überzeugt mich klanglich: Pigments 3 muss man nicht lieben, aber zumindest kennen oder haben. Es ist ein mächtiger digitaler Allround-Synthesizer, der individuell klingt, mit einer Fülle an musikalischen Presets beim Produzieren inspiriert und beim Sounddesign animiert. Wenn man bedenkt, dass Pigments immer wieder für 99 Euro im Sale zu ergattern ist, kann man von einem tollen Preisleistungsverhältnis sprechen. Für bisherige Besitzer ist das gelungene Update auf Version 3 gratis. Insgesamt beweist Arturia eine sehr gute Produktpflege. Falls die Entwickler bei ihrem hohen Arbeitstempo bleiben, sollten bald noch so einige weitere Überraschungen und vielleicht auch FM und Physical Modeling als weitere Synthesen folgen. Aber doch schon jetzt macht Pigments 3 viel Spaß und ist praktisch ein „Must Have“für alle Synthesizer-Fans, die fernab der Vintage-Sounds experimentieren wollen.