Test: Cherry Audio 8-Voice
Mit dem Eight Voice widmet sich Cherry Audio nach Roland, Moog und Arp jetzt einer weiteren Synthesizer- Legende, nämlich Oberheim.
Das Original stammt aus dem Jahre 1977, und wie beim Two Voice und Four Voice dienen als Basis mehrere SEM-Module. Ein solches Synthesizer Expander Modul enthält jeweils eine komplette analoge Stimme inklusive zwei Oszillatoren, Multimodefilter, Verstärker, zwei Hüllkurven und einem LFO. Vor allem das cremige klingende 12dB-Filter macht das SEM so beliebt. Die Kombination mehrerer dieser Module zu einem polyphonen Synthesizer hat den Vorteil, dass im Gegensatz zu klassischen polyphonen Synthesizern wie dem Jupiter-8 für jede der 8 Stimmen ein anderer Sound eingestellt werden kann. Bei leichten Abweichungen sorgt dies für ein lebendigeres Klangbild, bei komplett unterschiedlichen Sounds für jedes SEM sind auch außergewöhnliche Sequenzen und Akkorde möglich. Nachteil dieser Lösung in der Hardware-Welt ist, dass für einen einheitlichen Sound jedes SEM möglichst identisch eingestellt werden muss und bei jeder Klangänderung, z. B. bei Öffnen des Filters, alle Module einzeln nachjustiert werden müssen.
Erleichterte Bedienung
Da hat die Software klare Vorteile: Mehrere Module lassen sich koppeln, hierfür bietet das Plug-in zwei Link-Groups. Wenn Sie z. B. die Module 1-4 in Link-Group 1 verbinden und dann einen Regler bei einem dieser Module bewegen, wird dieser Parameter auch in allen anderen Modulen der
Gruppe angepasst. Auch ohne Verlinkung können Sie mit dem großen Filter-Offset-Regler gemeinsam für alle Module die Filterfrequenz absenken oder anheben, und zwar relativ zum aktuellen Wert. Gewollte Klangunterschiede zwischen den Modulen bleiben also erhalten. Und mit Voice Duplication kopieren Sie die Einstellungen eines Moduls auf ein ausgewähltes anderes oder alle verbleibenden Module. So können Sie zunächst nur mit einem Modul einen Sound nach Ihren Wünschen schrauben, diesen dann durch Duplikation mehrstimmig machen und bei Bedarf durch Feinanpassungen einzelner Module für gewisse Abweichungen im Klang sorgen.
Passend dazu lassen sich einzelne oder mehrere Module ebenso wie andere Teilbereiche per Mausklick in den Fokus setzen, sie erscheinen dann vergrößert auf dem Bildschirm. Denn der Startbildschirm mit allen Modulen auf einmal kann insbesondere für SEM-unerfahrene Nutzer mit den vielen Reglern erschlagend wirken.
Flexible Stimmverteilung
Neben monophonen und polyphonen Sounds lassen sich die 8 Module auch zu Split- und Layer-Sounds kombinieren. Da zahlt sich dann der interne Stepsequenzer aus, dessen 8 programmierbaren Schritte vor allem für eigenständige Arpeggios interessant sind. Für jedes Modul lässt sich individuell einstellen, ob es vom Sequenzer oder einer anderen Quelle getriggert wird. Split-Sounds mit einem Arpeggio-Bass im unteren und einer polyphonen Fläche im oberen Tastaturbereich sind daher ebenso umsetzbar wie Round-Robin-Sequenzen, bei denen jede Note einen anderen Sound hat.
AufbauSEMinar
Jedes Modul verfügt über zwei Oszillatoren mit den Wellenformen Sägezahn und Rechteck (mit PWM), gut klingendes Hardsync ist auch aktivierbar. Hinzu kommen Suboszillator und Rauschen, die Mischung hieraus wandert in das oben erwähnte Filter. Neben Bandpass kann es wie beim Original stufenlos von Tiefpass über Notch hin zum Hochpass geregelt werden. Und es klingt so schön edel und rund, dass Vince Clarke seine wahre Freude daran hätte. Die Hüllkurven sind nach wie vor eher simpel mit Attack, Decay und Sustain, dafür aber bei der Software mit wählbarer Intensität per Velocity steuerbar. Dadurch lässt sich der virtuelle 8-Voice sehr dynamisch spielen, zumal sich die Intensität für jedes Modul individuell einstellen lässt.
An Effekten gibt es Delay und Hall, die klanglich in Ordnung gehen, aber nur auf der Summe angewendet werden können. Tüpfelchen auf dem I wären eigene Sends für jedes Modul gewesen, oder besser noch Einzelausgänge des Plug-ins. Vielleicht wird das als Update nachgereicht?
Fazit
Cherry Audio hat den typischen Oberheim SEM-Sound sehr gut eingefangen und die Bedienung des klanglich sehr flexiblen Eight Voice mit vielen durchdachten Funktionen wie Link-Groups, Focus und Duplicate extrem vereinfacht. Ob monophon, polyphon, Split oder Layer: Cremige Pads und Leads sind ebenso überzeugend wie warme und runde Arpeggios und Bässe oder edel-schneidende Sync-Sounds. Klanglich ist die aktuelle Konkurrenz von G-Force OB-E (nur MacOS) zwar in unseren Ohren noch dichter am Original, dafür aber auch deutlich teurer. Mit aktuell 29 US-Dollar kann man den 8-Voice durchaus als No-Brainer bezeichnen.