Alternative Perspektive Streaming-Battles in der Pandemie
Es war seit Langem absehbar, dass dies die Welt des Medienkonsums komplett verändern würde – neue Spieler würden auftauchen, die „alten Medien“würden sich drastisch ändern müssen oder allmählich untergehen. Dieser Umbruch hat sich im Jahr 2020 vor allem im Video-Bereich dramatisch beschleunigt – was aber niemand vorhersehen konnte, war die unerwartete Rolle der Coronakrise. Ein Gastbeitrag von Hannes Prokoph, CEO der Audials AG in Karlsruhe.
Der Fernsehmarkt ist gigantisch: Im Durchschnitt sehen Menschen, j e nach Land, zwischen drei und vier Stunden täglich fern. Es ist tatsächlich – zusammen mit „schlafen“und „essen“– die weltweit wohl am meisten verbreitete Freizeittätigkeit. Nun heizte sich die Situation auf: Schon seit Jahren waren die Pioniere Netflix und Amazon Video verfügbar und hatten sich den Löwenanteil des dynamisch wachsenden Video-Streaming-Marktes erobert. Für die Akteure der „alten Fernseh-Welt“eine offensichtlich höchst bedrohliche Situation – sie mussten konsequent agieren oder würden verschwinden.
Disney nutzte seine Top-Inhalte konsequent: 2019 in den USA, und 2020 auch in Deutschland, wurde „Disney Plus“gestartet. Star Wars, das Marvel-Universum, die Pixar-Filme – dieser neue Dienst wurde weltweit ein überwältigender Erfolg, aus den „Großen 2“wurden die „Großen 3“Anbieter. Die beiden großen deutschen Privat-TV-Sendergruppen mussten ebenfalls reagieren: ProSiebenSat.1 konsolidierte alle Inhalte in den neuen starken Streaming-Dienst „Joyn“, während die Mediengruppe RTL „TV NOW“forcierte. Auch die öffentlich-rechtlichen verbesserten ihre Angebote in ihren „Mediatheken“kontinuierlich. Die Auswahl an starken Inhalten für die Nutzer vergrößerte sich enorm.
Frühling 2020 – Covid schlägt zu, Video-Streaming boomt
Völlig unerwartet tauchte ein neues Coronavirus auf und kurz danach kam der Lockdown. Für viele Menschen war dieser erste Lockdown aber nicht nur bitter, sondern vor allem auch eines: langweilig! So beschäftigten sich viele damit, die Möglichkeiten der „schönen neuen Videostreaming- Welt“zu entdecken. Netflix musste sogar überlegen, die Qualität zu drosseln – was sie aber weitgehend vermeiden konnten.
Schließlich war der Lockdown vorbei, die „Zeit der Lockerungen“begann. Die Nutzung von Streaming blieb hoch – denn wer einmal die Freiheit genossen hat, zu sehen was er will, wann er will, will nicht mehr zurück zum linearen Fernsehen. Für den wichtigen Fall Sendungen Live und in Echtzeit sehen zu können, etablierte sich stattdessen „Twitch“, aber auch „Youtube Live“als zentrale Plattformen. Auch Podcasts und Hörbücher konnten ihren Boom fortsetzen.
Der Spätherbst – Corona 2.0, schleichender Tod der Kinos?
Gleichzeitig heizten sich die „Streaming Wars“weiter auf: Mit „HBO Max“startete ein weiterer der ganz großen Inhalte-Anbieter, Warner Media, zunächst in den USA, einen eigenen Streaming-Dienst. Um gegen die bereits etablierten Platzhirsche Netflix, Amazon und Disney+ bestehen zu können, zog HBO Max einen Trumpf aus dem Ärmel: Bisher war es üblich, dass in der „Filmverwertung“eine Reihenfolge eingehalten wird: Zuerst sind neue Filme nur um Kino zu sehen. Nach Monaten erscheinen sie dann in Streaming-Diensten, auf Blu-ray oder DVD. Für viele Menschen ist dies der wesentliche Grund für Kinobesuche: Zwar konnte man auch zu Hause, dank riesigen 4k-Fernsehern, in höchster Qualität schauen – aber nur im Kino waren die allerneusten Filme verfügbar.
Die Kinos litten sowieso schon enorm unter der Corona-Pandemie, es war ihnen in 2020 schlicht weitgehend verboten Filme vorzuführen. Nun veröffentlichte Warner den Film „Wonder Woman“gleichzeitig auf HBO Max und in den wenigen noch offenen Kinos. Kommerziell war das ein Riesen- Erfolg, sodass sie haben durchblicken lassen, das zukünftig „bis auf Weiteres“immer so machen zu wollen. Es ist absehbar, dass die anderen Inhalte-Produzenten nachziehen werden – denn die „Streaming- Wars“sind brutal und erfordern „maximalen Einsatz“. Und leider ist auch absehbar, dass dies der „Sargnagel“für viele der Corona-geschwächten Kinos werden könnte, denn es entzieht ihnen eine wesentliche Existenzgrundlage. Manche Filme versuchen sich noch an die alte Filmverwertung zu halten – und leiden: So verzögerte sich die
Veröffentlichung des neuen James Bond Filmes „No Time to Die“bereits über ein Jahr.
2021 - Wie geht es weiter?
Die Entwicklung im Streaming-Markt ist jedoch unumkehrbar. Es ist absehbar, dass Streaming den gesamten Fernseh-Markt weltweit, aber auch Radio- und Musikhören komplett übernimmt, und langfristig zur einzigen Übertragungstechnologie wird. Es wird einen harten Kampf der Anbieter geben; einige werden florieren, während andere untergehen werden. Hierbei bleibt das Credo „Content is king“: Nur wer die besten Inhalte bietet, und das exklusiv, kann gewinnen.
Die Nutzer werden von vielen, hochklassigen Medien profitieren, aber auch unter der Unübersichtlichkeit und wechselnden Verfügbarkeit leiden – hier hat sich Audials vorgenommen, weiter zu helfen und arbeitet bereits mit Hochdruck an neuen, spannenden Erweiterungen ihrer Software und Apps um Streaming-Inhalte zu entdecken, aufzunehmen und die eigene Mediensammlung zu genießen.