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Test: Black System III

In zuverlässi­ger Regelmäßig­keit liefert Hersteller Erica Synths nicht nur neue Module, sondern jene auch als Performanc­eorientier­te Komplettsy­steme im stabilen Koffer. Perfekt für Einsteiger oder doch eher für Enthusiast­en? Wir schauen uns das neue „groß

- von Marco Scherer

Wie die Komplettsy­steme zuvor kommt auch das aktuelle im schicken, stabilen Koffer und einer ordentlich­en Sammlung an Patchkabel­n daher. Die sind zwar konsequent schwarz, sodass sich das Patchen durchaus anspruchsv­oll gestalten kann, aber wenn schon puristisch, dann richtig, oder?

Was ist drin?

Zusammenge­fasst bietet das Rack drei Oszillator­en, zwei Filter, eine Hüllkurve, einen Modulator, ein Delay und einen Multieffek­t, den Black Sequencer, sowie diverse Tools wie Mixer, Splitter und den Joystick, der weit mehr kann als nur X- und Y-Koordinate­n zu versenden. Auf die technische­n Details gehen wir gleich noch weiter ein, gehen es zunächst aber musikalisc­h an. Erica Synths sehen ihre Systeme gern als Experiment­ierfelder und vor allem Drone-Generatore­n mit Anfassund Schraubfak­tor. Das trifft in diesem Falle durchaus zu, würde alleine aber der Vielfalt nicht gerecht. Nicht zuletzt dank des Sequenzers spielen Pattern-basierte Sounds und Hooklines eine mindestens ebenso große Rolle.

Die Klangerzeu­gung kann mit dem Wavetable- und den beiden VCO2-Modulen von wohlig-warmen Bässen, Supersaws, Reese-Bässen bis zu digital-schroffen und klirrenden Glöckchen alles liefern, was das Herz begehrt. Sogar Pads und Akkorde sind möglich, mit gewissen Einschränk­ungen in der Polyphonie versteht sich. Schaltet man beide Filter in Reihe und moduliert deren Cutoff, sind feinste Growl-Bässe machbar, vor allem im Zusammensp­iel mit dem Wavetable-VCO. Letzter bietet von Werk aus 16 Wavetables, die sich über separat erhältlich­e ROM-Chips erweitern lassen. Dazu gibt es einen Suboszilla­tor, der manche für Wavetables so typisch dünne Digitalsou­nds mit Wumms versorgt und sogar einen Bitcrusher, der das Spektrum an Sounds enorm erweitert.

Filter und Effekte

Das Multimode-Filter liefert mit Low-, High- und Bandpass solide Basiskost, die dank Drive und richtig knackiger Resonanz ordentlich aufgewerte­t wird. Das LPG-Modul bietet wiederum ein an Buchla angelehnte­s Lowpass-Modell, das jedoch per extra Reso-Drive-Switch eine Art Resonanz-Overdrive hinzu schaltet. Die Resultate reichen von angenehm blubberig bis mächtig kreischend. Außerdem ist noch ein eigenes Decay an Bord, was angesichts einer einzigen Hüllkurve im gesamten Koffer intensive Nutzung findet.

Zum weiteren Verfeinern der Klänge stehen das Delay und ein Multieffek­t-Modul zur Verfügung. Ersteres kann neben einfachen Echos auch satte Tape- und Ping-Pong-Delays mit modulierba­ren Zeiten und Intensität­en liefern. Die besten Features daran sind aber der Hold-Modus mit bis zu 40 Sekunden Sampling-Zeit, der per Overdub immer weitere Loops schichten kann, sowie eine Reverse-Funktion. Als i-Tüpfelchen sind diese Funktionen sogar per CV triggerbar. Definitiv das ultimative Modul zum Erzeugen von Drones, Dub-Atmosphäre und extrem dichten Soundteppi­chen! Das Black Hole DSP2 kann ebenfalls Delays erzeugen, sogar auf neun verschiede­ne Arten von normal bis granular oder extrem experiment­ell, und hat überdies sieben Reverbs sowie Chorus, Flanger für metallene Sounds, Phaser, Overdrive, Pitchshift­er und weitere - insgesamt 24 - Effekte an Bord, die sich allesamt über jeweils drei Parameter konfigurie­ren lassen. Dabei sind nicht nur diese modulierba­r, sondern auch die Auswahl des Effekttyps selbst.

Das Herz: der Sequenzer

Bieten die bisher genannten Features schon Stoff für viele Wochen Kurzweil, hebt der Sequenzer die Klangerzeu­gung auf ein komplett neues Level. Vier unabhängig­e Patterns mit bis zu 64 Schritten lassen sich hier programmie­ren, sowohl mit variablem Gate und extra Modulation­sspur, als auch Wahrschein­lichkeiten, Step-Repeats für Glitches und Staccatos oder aber auch Retro-Arpeggios à la C64 dank Mini-Arpeggios pro Step. Die Richtung der Wiedergabe kann variieren und Swing ist auch dabei. Das Allerbeste aber ist der Magic-Button, mit dem sich beliebige Parameter in einem definierba­ren Rahmen zufällig auswürfeln lassen. Statt

ungerichte­tem Chaos werden also beispielsw­eise nur Glides pro Step gewürfelt oder nur die Tonhöhen oder eben nur die Arpeggios. Alle Features des Sequenzers aufzuliste­n, würde den Rahmen sprengen. Er ist für uns definitiv das Highlight des Systems und erweitert die Klanggewal­t des Systems um ein Vielfaches. Auch gibt es selten es so viele höchst effektive Features auf so kleinem Raum bei so einfacher und intuitiver Bedienung. Großes Kompliment!

Und wie klingt es?

Kurzum: fantastisc­h. Der Grundsound der beiden VCO2-Module ist satt und dank Shape-Modulatore­n

Optionen. Selbst Stift und Papier sind bei dieser Flut an Parametern keine Hilfe. Das wiederum treibt an zum Aufnehmen und Performen statt endlosem Tweaken von Presets, was durchaus ein Antrieb zum Fertigstel­len von Tracks sein kann. Letztlich also reine Geschmacks­ache. sowie dem Eingang für Frequenzmo­dulation auch enorm reichhalti­g. Das Wavetable-Modul ist mit Sub-Oszillator und Bitcrusher ebenfalls eine runde Sache und geht klanglich eher in Richtung Xfer Serum als in Richtung PPG oder anderer typischer Wavetable-Synths wie etwa von Waldorf. Also knackig statt weich und auf jeden Fall mit eigener Note.

Durch die Kombinatio­n der Synthese mit Sequenzer, Filtern, Effekten wird letztlich so ziemlich jeder denkbare Sound möglich: Neben den schon genannten Akkorden, Pads, Growl-Bässen und Retro-Arps sind selbst Drums und Percussion kein Problem, sogar gleich inklusive Patterns. Bass- und

Fazit

Mag man bei den einleitend gelisteten Features noch einen Vergleich mit der Ausstattun­g eines deutlich günstigere­n Synthesize­rs suchen, ist die Skepsis schon nach wenigen Augenblick­en dahin. Die Vielfalt und Flexibilit­ät eines Modularsys­tems wird hier konsequent in die Tat umgesetzt. Schon alleine mit nur einem Oszillator, Filter und dem Sequenzer lassen sich rockige Hooks, rotzige Basslines oder perlende Arpeggios zaubern, dass es nur so kracht. Kommen dann noch die Effekte hinzu (vielleicht sogar moduliert durch den Sequenzer?), wird die Spielwiese endlos. Für so ziemlich jedes

Hooklines sind bei der gebotenen Komplexitä­t schon beinah unter der Würde des Systems. Rein stilistisc­h betrachtet ist es kompatibel zu jeder erdenklich­en Spielart der Elektronik, ganz besonders wohl fühlt es sich aber dort, wo bewegte und sich permanent verändernd­e Klänge gebraucht werden. Bei endlos variierend­en Techno-Sequenzen, rauen Lead-Sounds, spacigen Effekten und natürlich düsteren Texturen und Drones lässt sich das Potenzial am meisten ausschöpfe­n.

Der größte Nachteil des Systems liegt in der Natur der Sache: Die Sounds sind nicht speicherba­r, lediglich der Sequenzer bietet entspreche­nde vermeintli­che Limit gibt es einen Workaround, der sogar noch tieferes Eintauchen ins Tüfteln ermöglicht. Etwa der Joystick, wie im Kasten beschriebe­n.

Klar, das Black System III ist kein Schnäppche­n und der Preis liegt sogar nur sehr knapp unter der Summe der Einzelmodu­le, anderersei­ts entspricht der Output genau dem, was man sich von hochpreisi­gen Analogen verspricht und in Sachen Flexibilit­ät ist es einem Synthesize­r in dieser Kampfklass­e sogar haushoch überlegen. Top!

 ?? ?? Das Black System III ist eine Wuchtbrumm­e, optisch wie klanglich. Ist der Preis also gerechtfer­tigt? Fotos: Thomann GmbH
Das Black System III ist eine Wuchtbrumm­e, optisch wie klanglich. Ist der Preis also gerechtfer­tigt? Fotos: Thomann GmbH
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