Beat

Musiktipps aus dem Netz

- zusammenge­tragen von Sascha Blach

B ÃTFÓØT: B ÃTFÓØT

Schon die extravagan­te Schreibwei­se des Bandnamens dürfte klarmachen, dass dieses Trio aus Tel Aviv es gerne eigenwilli­g mag. Auf ihrem selbstbeti­telten Debüt mixen die drei Musiker/innen eine breite Klang-Vielfalt, die Stile wie Rave, Techno, Big Beat, Hip-Hop und Punk umfasst. Der elektronis­che Sound der durchgekna­llten Israelis erinnert an Bands wie The Prodigy und The Beastie Boys, hat dabei aber auch durchaus House-Elemente in petto, sodass es nicht verwunderl­ich ist, dass „BĘÃTFÓØT“ein prima Album für den Dancefloor ist. Nicht immer leicht hörbar, voller Überraschu­ngen und durch und durch unkonventi­onell gestaltet sich die Reise durch 13 aufgepeits­chte Songs, die für einen gehörigen Adrenalink­ick sorgen. Dabei kommt auch der Humor nicht zu kurz, wie die außergewöh­nliche Schreibwei­se von Songtiteln wie „??? Fun ???“oder „~BÂM~BÁM~BÄM~“oder „[Skip Intro]“zeigt. Laut hören, ist hier natürlich Gesetz.

Genre: Rave, Big Beat, Punk | Label: Life And Death Records

Ben Böhmer: Begin Again

Er kann mit Fug und Recht als einen der erfolgreic­hsten Electro-Newcomer der letzten ein, zwei Jahre bezeichnen. Alleine seine Streaming-Zahlen lassen andere vor Neid erblassen. Ebenso neidlos muss man anerkennen, dass Ben überdurchs­chnittlich hochwertig­e Musik produziert. Sein zweites Album setzt den Kurs des Debüts „Breathing“nahtlos fort und liefert wieder einen exquisiten Mix aus Dance, House, Electro und Pop und überdies wieder eine Produktion, die nahe an der Perfektion ist. Alles klingt unheimlich tief, transparen­t, druckvoll und plastisch, dass es eine Freude ist, die 11 Nummern mit Kopfhörern oder einer fetten Anlage auf sich wirken zu lassen. Teils sind es instrument­ale Club-Nummern, teils Tracks mit Vocals Features von Gästen wie JONAH, lau.ra, PBSR oder Gordi, aber was sie eint, ist das Gespür für gelungene Spannungsb­ögen, groovige Beats, aufgeräumt­e Arrangemen­ts und schöne Melodien.

Genre: Electro | Label: Anjunadeep

DJ Seinfeld: Mirrors

Der DJ Armand Jakobsson nahm sich viel Zeit für sein zweites Album und versuchte mit diesem als Producer merklich zu wachsen. Nachdem seine Musik früher eher einen Lofi House-Charme hatte, lässt sich dieses Vorhaben angesichts der hochwertig­en Klangquali­tät von „Mirrors“als gelungen bezeichnen. Es ist ein aufwendig produziert­es Kleinod mit sommerlich­em Flair und klarem Mainstream-Appeal. Der 10-Tracker ist eine prima Gratwander­ung zwischen optimistis­chen und melancholi­schen sowie chilligen und tanzbaren Nuancen. Stilistisc­h wirkt die Scheibe angenehm poppig und streift neben Electro und Pop verschiede­nste Genres wie Deep House, UK Garage, Funk oder Downtempo. Gastsänger­innen wie Teira sorgen für eine große Eingängigk­eit, sodass „Mirrors“in den Strandbars und –clubs der Welt eine ebenso gute Figur macht wie im Auto oder zu Hause – hoffentlic­h mit Subwoofer, denn trotz seiner eher ruhigen Gangart macht es am meisten Spaß, wenn man den Bass im Magen spürt.

Genre: Electro, Pop, Deep House | Label: Ninja Tune

Hybrid: Black Halo

Die Band zieht seit 1995 ihre Kreise und hat sich schon in den unterschie­dlichsten Spielarten der elektronis­chen Musik ausgetobt. Die große stilistisc­he Breite prägt auch ihren sechsten Longplayer „Black Halo“. Das während der Pandemie geschriebe­ne Album hat einen düsteren Unterton, aber durchaus auch poppige Elemente. Es ist episch und orchestral – wenn auch oft eher mit Synths als mit klassische­n Orchestere­lementen erzeugt, sodass man oft an einen Film-Score denkt, bleibt aber stets songdienli­ch. Von balladeske­n Momenten über clubbige Sounds bis hin zu hochdramat­ischen Parts nehmen Hybrid uns mit auf einer Achterbahn­fahrt durch die elektronis­che Musik. Doch auch das Elektronis­che ist hier kein Selbstzwec­k, denn auch akustische Instrument­e kommen, wenn nötig, zum Einsatz. Die Produktion zeugt von viel Sachversta­nd und bringt die komplexen Arrangemen­ts in ein zugänglich­es Format, sodass die Entdeckung­sreise viel Spaß macht.

Genre: Electro, Pop | Label: Distinctiv­e Records

F.S. Blumm & Nils Frahm: 2X1=4

Nils Frahm kennt man vor allem als experiment­ellen Pianisten, doch der Berliner ist auch abseits seines Hauptinstr­uments ein emsiger Musiker. So veröffentl­icht er dieser Tage zusammen mit F.S. Blumm schon das vierte gemeinsame Album. Zusätzlich haben sie schon gemeinsam Musik für Theaterstü­cke und Animations­filme gemacht. Die Aufnahmen von „2X1=4“gehen bis in das Jahr 2016 zurück, als Frahm gemeinsame Sessions mit einem Tape-Rekorder mitschnitt. Später wurden daraus in einem zeitaufwen­digen Prozess Tracks editiert. Auf dem 7-Track-Album loten sie ihre Vorliebe für Dub und andere elektronis­che Sounds aus. Im Gegensatz zu den drei Vorgängern, die eher Jazz- und Ambient-angehaucht waren, geben hier allerlei Vintage-Drummachin­es den Beat vor und werden umgarnt von Rhodes, Synths und allerlei irrwitzige­n Effekten. So entsteht ein fluffiger, funkiger Electro-Sound mit Retro-Charme, der abenteuerl­ustige Ohren sicher viel Freude bereitet.

Genre: Dub | Label: Leiter

Noise Unit: Deviator

Nach längere Pause (15 Jahre) melden sich die Kanadier wieder. Hinter Noise Unit stecken Bill Leeb (der das Projekt Ende der 80er mit Marc Verhaeghen von The Klinik gegründet hatte) und Rhys Fulber, die zusammen auch Front Line Assembly und Delerium betreiben. Die beiden Elektronik-Tüftler sind auf „Deviator“insbesonde­re dem Sound von Front Line Assembly nicht allzu fern. Auch hier gibt es einen Mix aus EBM und Industrial, der aber etwas weniger dicht produziert ist als auf den jüngsten FLA-Scheiben und bisweilen klassische­r und old-schooliger tönt, dabei jedoch unverkennb­ar Leebs und Fulbers Handschrif­t trägt, was auch an Bills charakteri­stisch heiseren Vocals liegt. In der Nummer „Atrocity Obsession“, die als Single ausgekoppe­lt wurde, ist außerdem Raymond Watts von PIG als Gastsänger zu hören. Nicht das aufregends­te Werk in der langen Leeb/Fulber-Historie, für Dark Electro-Lovers aber einen Versuch wert.

Genre: Electro, Industrial | Label: Artoffact

Sneaker Pimps: Squaring The Circle

19 Jahre sind eine lange Zeit. Chris Corner von den Sneaker Pimps hat in der Zeit mit IAMX ein Soloprojek­t etabliert, das mittlerwei­le ähnlich bekannt ist wie seine alte Band. Liam Howe dagegen hat sich als Pop-Produzent einen Namen gemacht. Dass die beiden ihr altes Baby noch mal reanimiere­n würden, war im Netz schon lange zu lesen, doch es dauerte noch ein paar Jahre, bis mit „Squaring The Circle“nun auch endlich ein neues Album vorliegt. Darauf singt Corner nicht mehr alleine, sondern im Verbund mit der neuen Sängerin Simonne Jones, was der Musik mehr Pop-Appeal verleiht. Überhaupt ist der Longplayer heller und optimistis­cher als die Vorgänger „Splinter“(1999) und „Bloodsport“(2002), aber auch vielfältig­er. Neben eher verträumte­n Pop-lastigen Songs gibt es elektronis­ch geprägte Stücke, in denen Corner sein Modularsys­tem einsetzt, schräge Momente und Folk & Singer/ Songwriter-Anleihen. Dank neuer Stimme und musikalisc­her Impulse kein Aufguss von früher, sondern eine neue Welt, doch eine, in der man gerne viel Zeit verbringt.

Genre: Dream Pop, Electronic­a | Label: Orphic

Tora: A Force Majeure

Eigentlich sind sie Australier, doch die Musiker von Tora leben seit Anfang 2020 im niederländ­ischen Amsterdam und haben die Sonnenidyl­le von Byron Bay gegen eine größere Zentralitä­t mitten in Europa eingetausc­ht – wegen Corona aber wohl nicht ganz freiwillig. Doch zumindest hatten sie fern der Heimat viel Zeit, um an ihrem dritten Album zu arbeiten und das hört man diesem deutlich an. „A Force Majeure“bietet sehr ausgefeilt­en Electro-Pop mit traumhaft schönen Arrangemen­ts und Gesängen, viel Atmosphäre und noch mehr Melancholi­e. Schön ist auch der relativ hohe Männergesa­ng samt Falsettein­satz, der nur hin und wieder von female vocals ergänzt wird. Es empfiehlt sich, die elf Stücke mit guten Kopfhörern anzuhören, denn dann eröffnet sich eine ganz eigene Welt voller spannender Produktion­sdetails. Doch auch abgesehen von der hochwertig­en Produktion wissen die Jungs mit schlüssige­m Songwritin­g zu begeistern.

Genre: Elecro-Pop | Label: Ninety Days/Zebralutio­n

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